Pilz meiner Kindheit. Wer kennt den? Sarkosoma globusum

Es gibt 25 Antworten in diesem Thema, welches 14.787 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Joli.

  • Ich würde sehr gern wissen, ob jemand von euch diesen Pilz mal getroffen hat, wann und wo.


    Sarkosoma globusum - das war Pilz meiner Kindheit, der erste Pilz im Frühling, den wir als Kinder gesammelt haben, um mit der –žErdbutter–œ Durst zu löschen. Meine Mutter hat den auch in einem Eintopf gekocht. Das sind aber viele Jahre her und ich habe seit mindestens 30 Jahren diesen Pilz nicht mehr gesehen.
    Hier ein Bericht von Rannar=Igor aus dem russischen Pilzforum Gribnik-club.ru, der mir erlaubt hat, seinen Text und seine Bilder euch zu zeigen.
    http://gribnik-club.ru/forums/index.php?showtopic=6233


    http://gribnik-club.ru/forums/index.php?showtopic=6209


    –ž In jedem Pilzbuch gilt dieser Pilz als selten oder sogar sehr selten. Er ist von Legenden umgeben, man sagt ihm Heilwirkung nach, man erzählt, dass er einmal in 8-9 Jahren erscheint.
    In unseren Tajga-Wäldern gilt Sarkosoma als sehr verbreitet. Das ist der erste Frühlingspilz, er erscheint früher als Morcheln. In einigen Jahren gibt es wenig Pilze, in anderen –“ mehr, aber sie gibt es im Frühling immer. Wenn man sie sieht, ist es schwer zu glauben, dass dieser Pilz als äußerst selten gilt und unter Naturschutz steht.
    Mai 2013 war sehr kalt und das begünstigte Wachstum dieser Pilze. Es gab tausende von Sarkosoma. Sobald man das Dorf verlassen hat, stolperte man über diese Pilze.
    Witzige braune Pilz-Fässchen, lederartig von außen, gefüllt mit durchsichtiger Flüssigkeit (Erdbutter), sind die ersten Suchobjekte des Frühlings. Trotz einigen Büchern, die ihn als ungenießbar einstufen, sind sie essbar. Die Einwohner unseres Dorfes, Zharowsk, essen die gerne gedünstet in eigenem Saft. Aber die meisten Pilze bleiben trotzdem im Wald, weil man einfach nicht alle aufsammeln kann, und Sarkosom reift auf dem kühlen Boden weiter.









    Sarkosoma globusum wächst in großen Familien, überwiegend im niedrigem Moos oder auf den von Blättern bedeckten Boden. Eine bis zwei Pilz-Familien können problemlos einen 12-Liter Eimer auffüllen. Junge Pilze verstecken sich gern unter den Blättern, die zu suchen und zu finden –“ ein Genuss für einen Pilzsammler. Entdeckst einen, der etwas älter ist, bückst dich und auf einmal entdeckst dutzende von Pilzen. Bei etwas älteren Pilzen ist es schwer, die nicht zu sehen.






    Das ist eine junge Sarkosoma im Schnitt. Die Flüssigkeit ist auf den Teller rausgelaufen, aber sie ist so durchsichtig, dass man sie auf dem Foto kaum sieht.

    Während des Wachstums vergrößert sich der Pilz und nimmt dabei oft bizarre Formen.


    Bei reifen Pilzen ist die Flüssigkeit durch die Sporen gelb gefärbt. Einige –žexplodieren–œ mit lautem Knall und so zerstreuen ihren sporenhaltigen Saft. Danach bleibt nur die äußere Schale, die schnell gammelt und spurlos verschwindet.

    Einige Sarkosoma platzen nicht, sondern öffnen sich und lassen ihren Sporensaft auslaufen.

    Im Frühling, bevor Morcheln sich zeigen, sammeln wir Sarkosoma. Meine Frau dünstet diesen Pilz in eigenem Saft (also mit der Flüssigkeit aus dem Inneren des Pilzes) zusammen mit Kartoffeln. Einige Frauen im Dorf machen auch noch Gesichstmasken, viele Einwohner benutzen diesen Pilz für äußere Anwendungen bei Rheuma." Rannar=Igor

    Liebe Grüße
    Lara


    Träume werden wahr! Auch Hornberg war mal ein Traum...:)

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  • Hallo Lara,


    ich kenne Sarcosoma globosum nur vom Namen her, hab die Art aber selbst noch nie gesehen. Das ist nämlich eine echte Rarität. Sie gehört zur Familie Sarcosomataceae innerhalb der Echten Becherlinge (Pezizales), wo im Übrigen auch noch einige weitere, sehr seltene Arten drin sind, z.B. Urnula craterium oder Plectania melastoma. Das sind alles so komische, teils gallerartige, dickfleischige, sehr dunkel gefärbte Becherlinge.


    Wie heißt es da? Spacibo! :D


    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

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  • Hallo und Danke Lara,


    sehr interessant, auch das rusische Forum ;)


    Brutus wünscht einen schönen Tag und lasst Euch vom Gemüsehändler nicht über den Tisch ziehen, auch Pfifferlinge können verderben!

  • Liebe Lara,


    nie gehört, nie gesehen und jetzt bin ich total fasziniert :thumbup:


    Ein toller Bericht und es zeigt mal wieder, das in anderen Ländern auch andere Pilze wachsen, die ich hier vermutlich niemals zu Gesicht bekommen werde *schnüff*


    Wie haben sie Dir eigentlich geschmeckt? Wenn sie gallertartig sind, stelle ich sie mir relativ geschmacksneutral vor, ähnlich wie das Judasohr, die ich hauptsächlich wegen der knackigen Konsistenz gerne esse :)


  • Mit ein bisschen Zucker, Glukosesirup, Säuerungsmittel, Zitronensäure, Carnaubawachs und entsprechenden Aromastoffen kann man doch sicher ein einziges, großes Gummibärchen daraus machen, oder? :D[hr]
    Und HARIBO verkaufts dann als Fungi Frutti...


    HAHA ich hab heut den Clown-Tag :D

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    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

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  • Hallo Lara,


    ich möchte mich auch bei dir und dem russischen Forum für diese schöne Fotoserie nebst Beschreibung bedanken. :thumbup:


    LG Hans

    Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen.


    Johann Wolfgang von Goethe


    Derzeitige PC 100 - 2 - 2 - 6 = 90 (23.10.14) :(

  • Hallo Lara,


    herzlichen Dank für die sehr interessante Vorstellung und die Mühe deinerseits. Einen Dank auch an den Pilzkollegen.


    Und wenn man Bild 5 betrachtet, wird klar, warum Björn so gut drauf ist. " Überall Herzen " :evil:


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Servus,



    ich zitiere mal aus der"Rote Liste gefährdeter Großpilze Bayerns":

    "Sarcosoma globosum –“ Schwarze Gallertkugel


    Diese auch deutschlandweit verschollene Art kam in bodenfeuchten, moosreichen, montanen Nadelwäldern vor. Aktuelle Funde sind aus Skandinavien und Osteuropa (westliche Taiga) bekannt. Der letzte bayerische Nachweis stammte aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Trotz intensiver Suche an passenden potenziellen Fundstellen konnte die makroskopisch auffällige Art seitdem nicht mehr nachgewiesen werden"






    Von daher dürfte es schwierig werden diesen Pilz zu Gesicht zu bekommen :(



    Gruß


    Sebastian

  • Hallo Lara,


    Deine beitrag hat mich mitten ins Herz getroffen


    Sarcosoma globosum ist apsolute nr.1 auf meine wunschliste, leider ich glaube in Östereich werde sie nie finden. dafür muß ich wohl nach deine Heimat fahren.


    Ich habe in die Schule 8 Jahre russisch gelernt, leider auch vieles vergesen, aber bei besuch von Russische forum, plötzlich habe ich vieles verstanden.


    Gruß Zarko.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Lara!


    Echt vielen Dank für den spannenden Beitrag. Den Dank bitte gerne auch an Rannar /Igor weiterreichen! :thumbup:


    Ein wirklich toller Pilz, ich bin völlig fasziniert.
    Der kommt auf meine "in Hornberg zu finden Liste".
    Dafür schmeiße ich den Kaiserling wieder raus. ;)



    LG, Pablo.

  • Ein fantastischer Pilz, den ich noch nie gefunden oder live gesehen habe.


    Danke fürs Zeigen.


    Gruss Stephan

    Ein Pilzler Namens Guschti Frei

    fand im Wald ein Hexenei.

    Voll Gwunder pocht er ein`ge Male

    an die butterweiche Schale;

    ob wohl ein Vogel drinnen sei?


    Chipcount 68: 100 -15 Beitrag APR2017, +10 Platz 8 (APR2017), +14 Platz 2 (Platzwette APR2017), -15 Beitrag APR2018 +10 Platz 6 (APR2018) - 15 Beitrag APR2019,

    -10 Beitrag APR2020, +6 PLatz 9 (APR2020), +3 Platz 4 (Platzwette 2020), -10 Beitrag APR2021, -10 Beitrag APR2022

  • Hallo Lara,


    sensationell, danke für das Einstellen; hätte sonst nie von diesem Pilz erfahren.


    Gruss



    Jorge

    Genieße jeden Tag, aber nicht jeden Pilz, es könnte sonst Dein Letzter sein

    100 Pilzchips

    Einmal editiert, zuletzt von Jorge ()

  • Liebe Lara,


    Ganz herzlichen Dank für den schwarzen Gruß aus deiner Kindheit!


    LG Rudi

    aktuell vor dem APR21: 8 Punkte... Eintritt: 8-5= 3 Punkte - inzwischen durch Stummmalus 3-5= -2 Punkte

    Platz12 : +4P, Segmentwette: +4P, Pltzierungswette: +10P= 16 Chips

    wp.markones.de

  • Hallo Lara,


    vielen lieben Dank für die tolle Vorstellung, dieses sehr interessanten Pilzes.
    Jetzt habe ich noch einen Pilz ganz oben auf der Wunschfundliste :D :thumbup:.
    Kann man den Pilz echt essen und den Saft, was in dem Pilz ist trinken?
    Wie schmeckt der Pilz und der Saft denn?
    Von der Konsistenz denke ich mal, das dieser Pilz genaus ein Biss hat, wie das Judasohr.


    Liebe Grüße


    Michael

    Man sollte nur Pilze sammeln, die man auch 100% als Speisepilze kennt.
    ___________________________________________________________
    "Antonius behüt"
    _______________
    Ma hat ma Glück, Ma hat ma Pech, Ma hat ma Gandhi

  • wow, was es nicht alles gibt auf der Welt.
    Vielen Dank für diesen tollen Bericht.
    LG.Alina

    :sun:Etwas lernen bedeutet, mit einer Welt in Verbindung zu treten, von der man nicht die geringste Vorstellung hat (Paulo Coelho)
    --------------------------------------------------------------------------Pilzchips: 98


  • Moin Sebastian


    Danke schön. Das wäre doch eine Suche wert im Oberharz, dort kommen auch verstärkt skandinavische Pilze vor.


    Vielen Dank Lara, für das Zeigen des sehr interessanten Pilzes.


    LG Harzi

  • Vielen Dank euch allen für nette Kommentare. Entschuldigung, dass ich jetzt nicht alle namentlich nenne. Als ich diesen Bericht schrieb, stand die Reise nach Hornberg unmittelbar bevor. Da hatte ich zeitliche Engpässe und danach habe ich das Thema aus dem Auge verloren.
    Ja, wie schmeckte nun der Saft? Nach so viel Jahren schwer zu sagen. Aber es war eher neutral, weil ich schon als Kind sehr wählerisch war und nicht alles, was anderen schmeckte, entsprach meinem Geschmack. Ich habe den "Saft" des Pilzes getrunken, weil es sehr neutral, leicht ölig und recht süffig war. Der Pilz selbst ist auch eher Geschmacksträger, von Konsistenz, genau wie Michael vermutet, erinnert den Judasohr, aber etwas fester und dicker. In einem Eintopf täuscht er vor, ein Stück Fleisch zu sein:D
    Harzpilzchen,
    falls du einen finden solltest, sag Bescheid. Ich bin bereit für diesen Pilz sogar nach Sibirien zu reisen. :D Obwohl, laut russischem Forum, wächst er Ende März auch bei Moskau:evil:, also viel viel näher als Sibirien. ;)

    Liebe Grüße
    Lara


    Träume werden wahr! Auch Hornberg war mal ein Traum...:)

  • Hallo Lara,


    heute bin ich ganz zufällig auf diesen Bericht gestoßen, als ich nach diesem Pilz gesucht habe um mehr Informationen zu finden.
    Ein toller Bericht, vielen Dank dafür! :thumbup:



    Harzpilzchen,
    falls du einen finden solltest, sag Bescheid. Ich bin bereit für diesen Pilz sogar nach Sibirien zu reisen. :D Obwohl, laut russischem Forum, wächst er Ende März auch bei Moskau:evil:, also viel viel näher als Sibirien. ;)


    Lara, Hartmut,
    ihr müsst nicht so weit fahren, wenn ihr Sarkosoma globusum finden wollt. Denn... Ich habe gerade gelesen, dass in den letzten Jahren dieser seltener und gefährdeter Pilz auch in Litauen gefunden wurde! :P :)


    Da der verlinkte Artikel auf Litauisch geschrieben ist, hier ist eine kurze Zusammenfassung:
    Auf Litauisch wird Sarkosoma globusum "Paprastasis taukius" genannt (wortwörtlich übersetzt - "Gewöhnlicher Schmalz"). Unter der Landbevölkerung wurde der Pilz früher auch als "Erdschmalz" genannt. Man hat ihn verwendet, um die Räder von Pferdewagen zu schmieren oder daraus Heilsalben zur Behandlung von Rheuma, Wunden u.ä. herzustellen.
    Bis vor kurzem galt dieser Pilz auch in Litauen als ausgestoben. Die letzten Funde wurden registriert zuletzt zwischen 1960 bis 2008. In den letzten 5 Jahren wurden mindestens 5 Fundorten registriert.
    Er wächst gerne in älteren Fichtenwäldern und insb. am Rande eines solchen Waldes. Es erscheint im Frühjahr nach der Schneeschmelze oder auch in den wärmeren Winterperioden. Der Pilz fruktifiziert allerdings nicht in jedem Jahr. Manchmal erscheint er aber auch 2 x pro Jahr. Im Regionalpark von Sartai (ganz in der Nähe von meinem Heimatort!) wurde dieser Pilz zuletzt sogar zwei mal gefunden - im Frühling und Winter!


    In drei Wochen bin ich für einen Kurzurlaub in Litauen und werde mich auf jeden Fall nach dem Sarkosoma globusum auf die Suche begeben. Falls ich welche finde, werde ich auf jeden Fall darüber berichten! :)

    LG
    Joli

    Alles ist miteinander verbunden, und hat einen Sinn. Obwohl dieser Sinn meist verborgen bleibt, wissen wir, daß wir unserer wahren Mission auf Erden nah sind, wenn unser Tun von der Energie der Begeisterung durchdrungen ist.
    - Paulo Coelho, Der Zahir -

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