Pilzkartierung - Gefahr oder Chance ?

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  • Es gibt ja einige Vereine die Pilzkartierung betreiben und veröffentlichen. Hier mal einige Beispiele:


    http://brd.pilzkartierung.de/
    http://www.pilze-deutschland.de
    http://www.pilzoek.de/
    http://austria.mykodata.net/


    und momentan ist die DGFM anscheinend doch mal ernsthafter am werkeln
    http://www.kartierung.dgfm-ev.de/


    die Polen haben sogar einer kostenpflichtige Community, in der man sich über aktuelle Fundgebiete austauscht
    http://www.grzyby.pl/wystepowanie.htm


    Was haltet ihr davon? Findet ihr es nützlich, wenn man dadurch seine Pilzplätze erweiter kann oder seht ihr es eher als Gefahr durch Raubbau in euren Lieblingswäldern? Und um noch Salz in die Diskussion zu streuen: wie ganau dürften die Angaben sein, damit ihr es noch tollerieren würdet - von Messtischblattgröße bis zu Metergenauer GPS-Koordinate.


    Meine Meinung:
    Ich selbst finde es gar nicht so schlecht, überhaupt mal zu wissen, was Andere schon in den Waldgebieten in meiner Nähe gefunden haben. Die Kartierung lebt sicherlich von vielen vielen Ehrenamtlichen Mitarbeitern, und die Daten lassen oft große Lücken offen. Duch Tipps einer Kartierungsseite hab ich dieses Jahr aber tatsächlich das erste Mal Morcheln in einem nahegelegenen Auenwald gefunden! Also Vorteile hat es schon, und fair wäre es erst wenn Personen die davon Profitieren auch eigene Fundberichte eintragen würden. Da man aber nicht jeder X-beliebigen Person erlauben kann einen Fund einzutragen, zwecks Korrektheit und Seriösität, wird's schnell ganz kompliziert, die Sache mit der Pilzkartierung...


    Was meint Ihr dazu?


  • Nein, nein! Ich finde das gar nicht gut. Für wissenschaftliche Zwecke und dann nur für Wissenschaftler und Pilzberater, da wäre das gut. Habe da vor vielen Jahren auch mal dazu beigetragen. Doch für die Allgemeinheit wäre das der Natur nicht zuträglich.
    Hier kommt alljährlich mal einer auf die Idee sich zu Beginn der guten Pilzsaison mit seinen Superfunden in der Zeitung ablichten zu lassen. Und was ist am nächsten Tag? Da steht unter jedem Pilz im Wald ein Auto und alles latscht durch die Gegend, schnippelt alles ab was nur einigermaßen nach essbar aussieht und alles andere wird zertrampelt oder umgestoßen.
    Für Polen, wo es noch viele Wälder gibt die einigermaßen in Ordnung sind und bestimmt auch noch pilzreicher, da denke ich mal mag das gerade noch angehen. Aber hier wäre das sicherlich für den Wald eine Kathastrophe.
    LG Reinhilde

  • Pilzkartierung sollte in den Händen derer bleiben, die Mykologie wissenschaftlich betreiben. Alles andere ist völlig sinnlos. Pilzkartierung bedeutet nicht, dass man essbare Pilze kartiert, um deren Standort für andere verfügbar zu machen, damit diese mehr Ertrag daraus erzielen.


    Wenn man eine größere Fläche kartiert, dann wäre das z.B. ein Bundesland und man würde Pilzvorkommen in MTBs unterteilen, soll heißen: Wenn der Pilz im MTB 5104 schonmal gefunden wurde, bekommt dieses MTB einen Nachweis (z.B. in Form eines Punktes), ganz egal wo im MTB der Pilz gestanden hat. GPS-genaue Angaben sind zwar eben noch genauer und mögen auch ganz hilfreich sein, aber ich glaube, dass eine Beschreibung des Standortes, der für viele Arten typisch ist und bei einem einzelnen Fund nicht ermessbar sein kann, bedeutender ist. So kann nämlich jeder andere daraus Informationen beziehen, um in seinem Gebiet nach entsprechenden Stellen zu gucken.


    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau


  • Pilzkartierung sollte in den Händen derer bleiben, die Mykologie wissenschaftlich betreiben. Alles andere ist völlig sinnlos. Pilzkartierung bedeutet nicht, dass man essbare Pilze kartiert, um deren Standort für andere verfügbar zu machen, damit diese mehr Ertrag daraus erzielen.


    Wenn man eine größere Fläche kartiert, dann wäre das z.B. ein Bundesland und man würde Pilzvorkommen in MTBs unterteilen, soll heißen: Wenn der Pilz im MTB 5104 schonmal gefunden wurde, bekommt dieses MTB einen Nachweis (z.B. in Form eines Punktes), ganz egal wo im MTB der Pilz gestanden hat. GPS-genaue Angaben sind zwar eben noch genauer und mögen auch ganz hilfreich sein, aber ich glaube, dass eine Beschreibung des Standortes, der für viele Arten typisch ist und bei einem einzelnen Fund nicht ermessbar sein kann, bedeutender ist. So kann nämlich jeder andere daraus Informationen beziehen, um in seinem Gebiet nach entsprechenden Stellen zu gucken.


    lg björn


    Genau so sehe ich das auch.
    Und genau daran habe ich vor ca. 40 Jahren mal mitgearbeitet und zwar hier für den Raum Vogtland.
    LG Reinhilde
    LG Rei

  • Aus der Perspektive eines "Pilzsuchers", welcher in erster Linie für die Liebe zum Hobby und die Pfanne auszieht und erst in zweiter Linie für die "Wissenschaft".


    Von meinem persönlichen Standpunkt des Sammlers (welcher der Meinung ist viel zu wenig zu finden) aus begrüße ich vordergründig solche Projekte, da sie mir in den "Einöden" der (angeblich so) "bodensaueren" und "sandflächigen" Mark Brandenburg Rückschlüsse auf Fundstellen eher "untypischer" Pilze bieten könnten.


    Als Sammler und Verzehrer müsste ich mir natürlich auch die Frage stellen, inwiefern ich mich selbst an solch einem Projekt ehrlich beteiligen würde. Profitieren wäre einfach, aber würde man auch eigene Fundstellen freiwillig mit anderen teilen wollen?


    Ein gesundes, nicht-kommerzielles "Pilzesammeln" darf natürlich nicht zum Raubbau an der Natur führen. Ermöglicht man der laienhaften "Masse" einfach und unkompliziert auf solche (durch GPS sehr genauen) Kartierungen zuzugreifen, könnte man genau dies befürchten.


    Zum Thema GPS: Aus Erfahrung (in anderen Bereichen) kann ich sagen, dass es Menschen gibt, welche mithilfe einer GPS-Navigation (nicht nur beim Autofahren) den Geist völlig abschalten und in eine Art "Panzermodus" verfallen. Da werden Leute über öffentliche Plattformen mit GPS-Koordinten "interessanter Ort" versorgt und sobald sich die Massen in Bewegung setzen kommt es an ungünstigen Stellen teils zu massenhaft "Flurschaden". Deswegen sage ich: GPS macht stumpf! Mit starrem Blick auf den "Navigationspfeil" der elektronischen Helfer wird nicht mehr viel Anderes wahrgenommen und entsprechend einfach plattgetrampelt. Ich nehme teilweise auch GPS-Koordinaten von neuen oder interessanten Fundstellen für den privaten Gebrauch, würde es jedoch ablehen, diese öffentlich zu machen. Für rein mykologische Zwecke sehe ich das durchaus anders.


    Schließlich bleibt es für mich als Sammler auch eine Frage nach der Romantik. Was wären denn die "alten Pilzkauze" ohne ihre langjährige Erfahrung bezüglich "ihrer" Reviere und Arten - das wäre doch eine förmliche "Entzauberung" des Pilzesammelns.


    Eine Veröffentlichung von "Pilz-Koordinaten" für die breite, hungrige Masse sollte nachwievor nur in Form von Werbung zur "Zuchtchampignon"-Theke des nahen Aldis führen und nicht in den Wald!


    Gruß


    Andreas

    Der Brieselang ist eine schwindende Macht, an Terrain verlierend wie an Charakter, aber auch noch im Schwinden ehrwürdig, voll Zeichen alter Berühmtheit und alten Glanzes. Fontane

  • Die Kartierung ist eine ebenso notwendige, wie personell hoffnungslos unterbesetzte Sache. Die Kartierung hat auch nicht den Sinn, die Fundstellen von Speisepilzen zu erfassen, sondern dient zur Erarbeitung der roten Listen und damit vor allem dem Schutz von Arten und - noch wichtiger - indirekt von Biotopen.


    Heute werden Kleinbiotope leider viel schneller überbaut, mit Monokulturen bepflanzt oder sonstwie zerstört, als dass erfasst werden kann, welche Arten dort wachsen und ob eine Veränderung überhaupt zugelassen werden dürfte.


    Aus diesem Grund sind auch GPS-Koordinaten wichtig, denn die Angabe eines Quadranten auf einer topografischen Karte erfasst immer noch ein viel zu großes Gebiet, als das man daraus Rückschlüsse auf wichtige Kleinbiotope ziehen könnte.


    Bezogen auf die üblichen Speisepilze, die beliebtesten Sammelarten, kann man wohl feststellen, dass eben diese in der Regel keinen besonderen Schutzstatus benötigen. Um es mal ganz grob zu sagen: Wenn die " Horden" eine Fichtenschonung stürmen und dort die Steinpilzvorkommen plündern, ist das zwar unschön, aus Sicht der Arterhaltung und Biodiversität aber unerheblich.


    Viel fataler wäre es, wenn sich Fachleute der Kartierung verweigern, weil sie Pilgerfahrten zu solchen, oder auch zu Vorkommen extrem seltener Arten, verhindern wollen. Denn letzteres ist vielleicht noch viel kritischer anzusehen, als die Plünderung von Speisepilzvorkommen.


    Als Fazit kann man festhalten, dass die Kartierung eine extrem wichtige und Gute Sache ist, dass GPS-Daten jedoch nicht öffentlich und für jedermann einsehbar sein sollten.