Wer kennt diese Pilzlein

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 3.501 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von bwergen.

  • Hallo ihr Lieben.


    Ich war heute morgen wieder im Wald, nicht ohne meine kleine Camera und fand dieses kleine schneeweiße Pilzlein. Er sieht aus wie ein weißer Pfifferling und ist ca. 2,0 cm groß. Er wächst am Wegrand eines Mischwaldes bestehend aus Ahorn, Buchen, Birken und Eichen. Das ganze Jahr ist es sehr feucht in diesem Waldstück. Ich denke das sein Äusseres sich noch verändert wenn er weiter wächst.





    Diesen hatte ich ein paar Tage zuvor vor meine Linse bekommen und bin mir nicht sicher welcher Bowist dies sein könnte. Auch hier meine Frage
    what kind of mushroom?


  • Hallo Cheyenne !
    Du solltest Deinen Pilz auch von unten ablichten sonst ist nicht mal die Bestimmung der Gattung möglich
    Gruss Harry

    Essensfreigaben gibts nur beim Pilzsachverständigen vor Ort

    Chipcounter : 115

  • Ja lieber Harry mit unten drunter war heute noch nicht möglich.....2,0cm, da krieg ich ärger mit der Camera.
    Versuche es morgen noch mal, dann ist der Pilz bestimmt ein bisschen größer und ich komme dann auch von unter dran.


    Aber danke für den Hinweis,...... sorry bin ja noch FRISCHGEBACKENER FOREN-Neuling und muß erst lernen wie was geht.


    Liebe Grüße


    Andrea

  • Hallo Andrea,

    auf jeden Fall schauen die Kollegen auf Bild 1 knubbelig und richtig herzig aus :)!
    Mal sehen, was daraus wird! Solche Babies zu bestimmen ist immer etwas schwierig, aber eventuell möglich, wenn Du morgen oder sogar übermorgen mal die nötigen Bestimmungsmerkmale bringst.


    Toll wäre, wie schon erwähnt, eine Ansicht von unten (Form und Art der Poren oder Lamellen?), ein Bild des gesamten Fruchtkörpers (mit Stielbasis! ---> den Pilz nicht abschneiden, sondern komplett entnehmen), ein Bild des Querschnittes (Verfärbungen in der Basis, im Stiel und im Hutfleisch beschrieben!), eine Angabe zu Verfärbungen bei Druck (Lamellen oder Poren, Stiel, Hutfleisch), eine Angabe zur Beschaffenheit der Oberfläche (rauh, schleimig, trocken etc.) sowie Angaben zu Geruch (auch beim Anschneiden mal testen, manchmal kommen typische Gerüche erst im Schnitt zum Vorschein!) und Geschmack (Geschmacksprobe per Lecken oder Kauen, Probe in jedem Fall wieder ausspucken!). Vielleicht kannst Du auch feststellen, dass der Pilz auf Holz wächst (kann auch vergraben im Boden sein) und nicht auf dem Erdboden. Das ist meist schon ein entscheidendes Kriterium!


    Um das alles zu testen, genügt es vollkommen, wenn Du einen einzigen Fruchtkörper entnimmst, den Rest kannst Du stehen und "leben" lassen :) !


    Anmerkung: Hoffentlich habe ich jetzt alles...:/, ächz... obwohl: alles kann man eigentlich nie haben, aber weitergehende Informationen wie solche zur Bodenbeschaffenheit etc. sind nun wirklich was für Fortgeschrittene... und für die Koryphäen blinkt und blitzt dann noch das Mikroskop von seiner polierten Arbeitsplattform...


    Bei Deinem zweiten Pilz würde ich ich mal etwas weiter aus dem Fenster lehnen wollen und auf Grund der Form, der Oberfläche, des eher unsymmetrischen Eindruck und seiner offensichtlichen nicht besonders waagrechten Ausrichtung einen Schleimpilz in Erwägung ziehen wollen.
    Wenn dies der Fall wäre, müsste der Schleimpilz im gezeigten Stadium noch ziemlich weich sein. Einfach mal draufdrücken!


    Bei der Bestimmung von Bovisten besteht die erste Hürde meist schon darin, dass die meisten Pilzfreunde sowohl Stäublinge (Gattung Lycoperdon) als auch Arten der Gattung Scleroderma (zu der die Bovisten gehören) als solche bezeichnen.


    Die Mindestbestimmungsanforderungen für Stäublinge und Bovisten sind eine Ansicht im Schnitt (Lycoperdon innen erst weiß, niemals schwarz, meist oliv-bräunlich, Scleroderma anfangs auch für kurze Zeit weiß, aber schon jung eher schwarz), verschiedene "Dicken" der Schale sind gute Merkmale, eine Beschreibung des Geruches (Scleroderma eher stechend, metallisch, Lycoperdon "harmlos"), eine Beschreibung der Oberfläche (glatt, warzig oder was auch immer) sowie eine Angabe, ob der Fruchtkörper auf Holz oder nicht auf Holz gewachsen ist!


    Ach ja: Bei den Stäublingen gibt es noch die Gattung "Calvatia" zu der beispielsweise der große Beutelstäubling (Calvatia excipuliformis) gehört. Die Arten dieser Gattung haben oben kein Loch, weil sich der gesamte Kopfteil in Sporenmasse umwandelt und die Sporen nicht durch eine verbleibende Hülle nach außen geblasen werden müssen! Interessant nicht?


    Ich hoffe, ich konnte Dir ein bisschen Schützenhilfe geben und bin gespannt auf Deine weiteren Bestimmungsangaben zum Fund / zu den Funden!


    Grüße, Fredy


    P. S.: Wenn dies ein Rätsel wäre, würde ich bei der "Jungtruppe" einmal Nebelkappen (Clitocybe nebularis) in den Ring werfen!

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

    Einmal editiert, zuletzt von Fredy ()

  • Lieber Fredy,
    vielen Dank für deine ausfühliche Beschreibung (war aber bestimmt viel Arbeit), mit dieser Hausaufgabe kann ich was anfangen. Ich kann ´s gar nicht abwarten bis morgen, um einige der Kriterien unter die LUPE zu nehmen. Hoffentlich ist das kleine Weisse gewachsen.


    Liebe Grüße


    Andrea

  • Hallo bin momentan im Urlaub, habe aber vorher noch ein paar Aufnahmen von dem kleinen Unbekannten gemacht. Er wächst allerdins sehr sehr langsam, deshalb hoffe ich, wenn ich wieder im Ländle bin das man mehr erkennen kann. Sofern er dann noch vorhanden ist.


    Also ein wenig Geduld..... neue Bilder und Sezierungen kommen zur gegebener Zeit.


  • Bei der Bestimmung von Bovisten besteht die erste Hürde meist schon darin, dass die meisten Pilzfreunde sowohl Stäublinge (Gattung Lycoperdon) als auch Arten der Gattung Scleroderma (zu der die Bovisten gehören) als solche bezeichnen.


    Boviste zählen zu Scleroderma? Ich hätte es eher andersrum gesagt, die Scleroderma-Arten sind ihrer Morphologie nach Boviste. Und diese kennzeichnen sich durch den fehlenden Stiel. Man muss sich das so vorstellen: Im Querschnitt haben die Stäublinge einen fertilen Kopfteil, der bei Reife braun wird, UND einen sterilen Stielteil, der vor allem im Alter schwammig ist. Boviste dagegen haben nur den fertilen Kopfteil, der ist von einer mehr oder weniger dicken Hülle umgeben. Sowohl bei Bovisten als auch bei Stäublingen unterscheidet man weiterhin noch Exo- und Endoperidie, wovon die Exoperidie die Außenseite ist, die ganz unterschiedlich gestaltet sein kann (stachelig, glatt, rissig usw).


    Es gibt aufgrund gentechnischer Untersuchungen eine Neuformierung der Bauchpilze, und zwar scheinen wohl die "echten Stäublinge und Boviste", also Bovista, Lycoperdon, Disciseda, Calvatia usw. mit den Champignons verwandt zu sein, sie befinden sich aktuell zusammen mit Agaricus (Champignons) und Lepiota (Schirmlinge) in einer Familie. Das gilt nicht für die Kartoffelboviste. Aufgrund ihrer "trüffelartigen" Struktur und wohl auch ihrer Gen-Eigenschaften zählen sie in die Ordnung "Boletales", also zu den Röhrlingsartigen. Wenn man sich das so anschaut, erkennt man, dass "Bovist" und "Kartoffelbovist" zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe sind.


    Als Hilfe für Neulinge erkläre ich aber immer Kartoffelboviste, Boviste, Stäublinge und sogar Erdsterne (die sich nochmal woanders befinden, systematisch gesehen) als Bauchpilze, auch wenn das systematisch gesehen nicht mehr in dieses Konzept passen würde (so, wie es einmal war...).


    Die Merkmale der Arten hat Fredy ja weitgehend und gut erläutert ;)


    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

    Einmal editiert, zuletzt von bwergen ()

  • Hallo Björn,


    vielen Dank für Deine weiterführenden Ausführungen!


    Ich habe mich dem Thema noch einmal gewidmet und habe mittlerweile (glaube ich) auch einigermaßen verstanden, was Du vorgehend so ausführlich beschrieben hast.


    Selbstverständlich sollte man auch als Nicht-Experte seine Ausführungen erst veröffentlichen, wenn diese Hand und Fuß haben oder seine Erklärungen zumindest als Beispiel und nicht als die ganze Wahrheit eines Bestandes deklarieren!


    Eigentlich hätte es vollkommen ausgereicht, wenn ich statt "zu der die Bovisten gehören" geschrieben hätte: "zu der die Kartoffelbovisten" gehören.


    ---> Zugegebenermaßen hätte dies aber die tatsächlich vorhandene Wissenslücke nur vertuscht...


    Dennoch hoffe ich, dass die eigentliche Grundproblematik richtig "rübergekommen" ist als die da lautet:


    Nicht jeder Bauchpilz ist ein Bovist (erklärt von mir am Beispiel der Stäublinge, die "populärwissenschaftlich" oftmals als "Boviste" bezeichnet werden)...


    ...und als Résumée Deiner Ausführungen könnte man dem noch anhängen:


    ...selbst wenn er in seiner ankerkannten deutschen Bezeichnung als solcher bezeichnet wird (z. B. Kartoffelbovist).


    Letztendlich sind also nur Arten der Gattunge "Bovista" auch wirklich Bovisten, alle anderen Arten "vergleichbarer" Gattungen sind keine Bovisten, selbst wenn sie irreführenderweise in ihrer anerkannten deutschen Bezeichnung den Namensteil "Bovist" tragen.


    ---> Habe ich das nun richtig interpretiert und


    stimmt es also auch, dass es sich beispielsweise bei Arten wie dem Riesen-Bovisten (Langermannia gigantea) oder Arten der Gattung Tulostoma (Stielbovisten) im eigentlichen Sinne nicht um Bovisten handelt, obwohl die deutsche Namensgebung dahingehend nicht zu differenzieren scheint oder


    handelt es sich lediglich bei der Bezeichnung des Kartoffelbovisten um einen "Fehler", da dieser einer anderen Ordnung zugerechnet werden muß?


    Und abschließend: Könnte man diese "Problematik" als Plädoyer für den strikten Gebrauch wisschenschaftlicher Namen von Pilzen ansehen?


    Gruß, Fredy


    Edit: Gerade ergab sich noch eine neue Frage bezüglich des Kartoffelbovisten, die aufkam, als ich Deine Bemerkung "die Scleroderma-Arten sind ihrer Morphologie nach Boviste" noch einmal überdacht habe. So wie ich das nach neuerlichen Recherchen verstehe, kann man den Begriff "Kartoffelbovist" oder auch "Hartschalenbovist" als eigenständige Bezeichnung stehen lassen, so lange man sich über die Abgrenzung zu anderen Bovisten im Klaren ist. Ich sehe aber keine morphologische Beziehung zu anderen Bovisten, da diese eben halt keine Hartschalenboviste sind...?

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

    Einmal editiert, zuletzt von Fredy ()

  • Scleroderma-Arten sind morphologisch, aber nicht systematisch "Boviste". Ob sie nun eine harte oder weiche, dicke oder dünne Schale haben, ist irrelevant. Es handelt sich schlichtweg um die bereits genannte Merkmalsstruktur "Endoperidie-Exoperidie".


    Tulostoma sind keine Boviste im eigentlichen Sinne, sondern "Stielboviste". Da sie Stiele haben, entsprechen sie nicht der eigentlichen Definition von Bovist. Diese ist wie folgt:


    Zitat

    Fruchtkörper epigäisch, mehr oder weniger kugelig, stiellos, bestehend aus einer Gleba (Innenraum) und einer Hülle, bestehend aus Endo- und Exoperidie.


    Also: Langermannia gigantea zählt dazu, ebenso wie die Scheibenboviste der Gattung Disciseda, Bovista, Montagnea, Scleroderma und sicher den einen oder anderen weiteren.



    Zu Tulostoma noch: Sie gehören in die Tulostomataceae, eine eigene Familie ebenfalls zu den Agaricales gehörend.


    Resultat: Du kannst gerne zwischen Hartschalenboviste, Stielboviste und Boviste unterscheiden, ich finde es morphologisch und systematisch sinnvoll, außerdem macht es das für Neulinge einfacher.


    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau