... wird das meist sehr interessant.
Vorausgeschickt: Ich bin der Verrückte und Björn der Experte.
Angefangen hat das alles voriges Jahr, als ich bei der Suche nach jemandem, der mir etwas mehr über Pilze erzählen kann, auf Björn Wergen gestoßen bin. Björn ist Pilzsachverständiger und, wie ich später feststellen konnte, ein wandelndes Pilzlexikon. Und nicht nur für die üblichen Wald- und Wiesenpilze (eine sehr passende Metapher), sondern auch für die Welt der kleinen, mit bloßem Auge kaum wahrnehmbaren, Pilze. Innerhalb kürzester Zeit war ich infiziert von dieser eigenen Welt, die sich einem Unbedarften nicht erschließt.
Björn ist ein sehr netter, sympathischer Mensch. Unendlich geduldig, ausgestattet mit einem Laptop, auf dem er tausende von Pilzfotos hat, die er vor und/oder nach einer Tour auch sehr gerne zeigt. Wer mal mit ihm Kontakt aufnehmen möchte, kann das über diese Homepage gerne tun
Doch jetzt zur letzten Tour.
Gegen 10 Uhr kamen wir in meinem Sammelgebiet an. Ich hatte Björn schon prophezeit, dass wir ob der Trockenheit vermutlich diesmal nicht besonders viel finden würden. Eine Prognose, die sich zum Glück nicht erfüllte.
Björn steigt aus dem Auto, bückt sich, und hat sofort die ersten Becherlinge. Direkt am Straßenrand, da wo ich noch nicht mal mit der eigentlichen Suche begonnen hätte.
Grade mal 15m weiter hatte jemand schon vor etwas längerer Zeit Rasenschnitt entsorgt. Wer kuckt da schon nach Pilzen?
Na Björn halt.
Und findet tatsächlich auf Anhieb winzige Becherlinge, die sich später auch noch als recht seltene Exemplare und Erstfund für meine Gegend herausstellen sollten.
Es stellte sich erneut heraus, dass ich noch immer aufs Neue "angefixt" werden muss um den Blick und Bezug für diesen Mikrokosmos zu bekommen. Das geht aber von mal zu mal schneller und besser.
Etwas später stießen wir auf eine recht interessante Rißpilzart, Björn erklärte mir (zum 127sten mal) die Merkmale der Rißpilze, so dass ich die jetzt zumindest auf die Gattung bezogen einigermaßen sicher einordnen kann.
Es folgten Helmlinge, Saftline, Tintlinge und ichweißesnichtmehralles.
Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, sich all die Informationen zu merken, die Björn einem auf wenigen hundert Metern vermittelt. So versuche ich jetzt, die Gattungen auseinanderzuhalten, bevor ich mich irgendwann mal daran mache, die einzelnen Arten zu unterscheiden.
Dabei beschränke ich mich zunächst auf ein oder zwei Arten, die ich pro Ausflug sicher bestimmen lernen möchte.
Nun, auch wenn all die kleinen, ungenießbaren und giftigen Arten hochinteressant sind, ich interessiere mich natürlich auch für die kulinarische Seite. Mit der Frage " eßbar oder nicht" kann man Björn nicht nerven, im Gegenteil. Auch hier gbt er bereitwillig und gedulig Auskunft.
So standen wir dann vor roten Lacktrichterlingen. Die kannte ich und war mir zu 99,99 % sicher bei der Bestimmung. Das ist genau 0,01 % zu wenig um sie der Küche zuzuführen. Diesen fehlenden Wert bekomme ich persönlich nur draußen in der Natur am "lebenden" Objekt, und den hat Björn mir dann erklärt. In Zukunft sollten sie sich besser ducken, wenn ich mit Korb unterwegs bin.
Auch zum Thema Täublinge hab ich ihn gelöchert und habe nun die Sicherheit, zumindest genießbare von ungenießbaren sicher unterscheiden zu können. Auch das hatte ich in der Theorie schon "drauf". Die sachkundige Bestätigung vor Ort wird so manchem Täubling zukünftig das gleiche Schicksal widerfahren lassen, wie den roten Lacktrichterlingen.
Weiter ging es in eine kleine Fichtenschonung. Dort hatte ich zuletzt Öhrlinge entdeckt, die ich Björn nun zeigen konnte. Wir fanden aber auch Pfifferlinge, Steinpilze, Trompetenpfifferlinge, Knollenblätterpilze und diverse Cortinarien.
Erstere kann ich natürlich. Ich fand es aber sehr schön, dass Björn auch für die in Expertenaugen "profanen" Arten ein Auge hat und sich an der Schönheit eines knorrigen, simplen Steinpilzes erfreuen kann.
Zu unser beider Freude stießen wir dann auf eine wunderschöne Ringelnatter, die sich zwar in Sicherheit brachte, dies aber langsam genug für ein schönes Foto und eingehende Betrachtung tat.
Weiter gings durch einen Altbuchenbestand, dessen Pilzvorkommen schon eher meiner vorherigen Prognose entsprach. Trotzdem lernt ich da einen fast weißen, grauen Wulstling kennen.
Hätte ich den selbst zu bestimmen versucht, ich wäre auf alles mögliche gekommen, aber nicht auf einen grauen Wulstling. Ein beeindruckendes Beispiel dafür, dass die Farbe eben kein zuverlässiges Merkmal bei der Bestimmung ist.
Kurz darauf, Björn war etwas abseits, stieß ich auf einen alten Knochen einer (vermutlich) Kuh. Ziemlich groß, ziemlich angegammelt, ziemlich alt.
Mehr spielerisch stieß ich ihn mit dem Fuß an und fragte aus einer inneren Eingabe heraus: " Du Björn, gibt es eigentlich Pilze, die auf alten Knochen wachsen?"
" Ja, aber nur ganz wenige und die sind extrem selten"
Björn hob den Knochen auf, betrachtete ihn kurz und sagte: " Das gibts doch nicht "
Tatsächlich wuchsen auf genau jenem Knochen winzige rote Pilzchen. Ein sechser im Lotto, bei dem ein Blinder den Schein ausgefüllt hat.
Der Knochen wurde auf einem Baumstumpf "gebunkert" um auf dem Rückweg mitgenommen zu werden.
Wieder ein Stück weiter stießen wir auf imposante Riesenporlinge. Die hatte ich, mit Hilfe von Melanie und einigen Boardmitgliedern, schon vorher alleine bestimmen können. Ein Stück davon wurde für Björns Pilzausstellung im Oktober ebenfalls für den Rückweg auf Seite gelegt.
So wanderten wir weiter, stießen auf Gallertköpfchen, Semmelstoppelpilze, winzige Räslinge (wenn ich das noch richtig im Kopf habe) und auf Austernpilze. Die hatte ich schon verher gemeinsam mit Melanie an diesem Stamm gefunden, war mir aber ob des Erscheinungszeitraumes nicht sicher, ob es tatsächlich Austenpilze waren oder eie andere Seitlingsart. Björn bestätigte den Austernpilz und erklärte dass man vermute, es handle sich bei der Sommerform um ausgebüxte Zuchtformen, die keine Kälte zur Fruktifikaton benötigen und daher auch im Sommer zu finden seien.
Schließlich begann der Rückweg mit einer Schleife durch einen älteren Fichtenbestand. Hier hatten schwere Forstmaschinen ihre Kettenspuren hinterlassen und in diesen Spuren haben sich Moos und Algen angesiedelt.
Ein gutes Revier für kleine Becherlinge.
Bald wurde auch der erste entdeckt und es ging auf die Knie. Die Nase auf den Erdboden, den Hintern in die Höh, krochen wir die Fahrspuren entlang und fanden weitere dieser kleinen Gesellen.
Nun kann ich sie zwar finden, habe aber nicht die geringste Ahnung, um was es sich dabei handelt. Also hab ich meine Entdeckungen mit Fetzen von Papiertaschentüchern makiert ( die anschließend natürlich wieder eingesammelt wurden), während Björn in der anderen Spur suchte.
Abschließend hat Björn dann meine Entdeckungen begutachtet.
Mir dreckigen, durchgeweichten Knien und Ellenbogen ging es dann zurück, Riesenporling und Knochen eingesammelt und wieder zum Auto.
Björn hatte von unseren Funden vor Ort Fotos gemacht und auch Proben gesammelt, die er später zu Hause unter dem Mikroskop genau bestimmen wollte.
Bei mir zu Hause wurden dann der Porling und vor allem der Knochen blicksicher verpackt. Björn war mit der Bahn angereist und mit einem großen, gammeligen Knochen durch die vollbesetzte Bahn zu turnen hätte unter Umständen zu Komplikationen, mindestens aber zu seltsamen Blicken, geführt.
Ja, das war die Exkursion mit Björn. Ich habe davon bereits im NRW-Thema hier im Forum kurz berichtet. Da dort wohl eher lokale User reinschauen, hab ich den ausführlicheren Bericht hier eingestellt.
Bilder gibts natürlich auch. Doch das Einstelen selbiger möchte ich Björn überlassen, da er auch die Bestimmungsarbeit macht und ich mich nicht mit fremden Federn schmücken möchte. Einige davon sind schon im NRW Thema eingestellt und ich werde einen Moderator bitten, diese hierhin zu kopieren. Weitere Bilder folgen dann noch.
Mein wichtigstes Anliegen für diesen Bericht ist, zu zeigen wie interessant und spannend, lehrreich und wichtig Exkursionen mit Fachleuten sind. Diese gibt es bundesweit und man kann überall Anschluß finden.
Man kann hundert Bilder hier im Forum einstellen, tausend Fragen stellen Und sollte das auch tun), aber man wird nie die letzte Sicherheit bekommen, die man mit einem Experten draußen vor Ort erreichen kann. Neben dem Spass und der Freude an ausgefallenen Sachen, die ja nicht jeder unbedingt teilen muss, ist es die beste Möglichkeit hinsichtlich des Bestimmen lernens zu Speisezwecken, zu verhindern, dass man sich selbst was unangenehmes oder dummes antut, wie auch an etlichen Leckereien vorbeizulaufen, weil man sie nicht kennt und/oder (zu Recht) nicht traut.
Danke Björn, für einen lehrreichen und spannenden Tag.
Es folgen Bilder und Kommentare von Björn Wergen. Die hatte er in einem anderen Thema eingestellt. Leider ist beim Zusammenführen irgendwas schief gelaufen, drum stell ich sie nun für Björn nochmal ein.
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Kommentar und Bilder von Björn:
Bevor die größeren Pilzchen folgen, hier kurz ein Zwischenstand:
Lamprospora retinosa (Velen.) T. Schumach. 1993
Netzsporiger Moosbecherling
Erkennungsmerkmale: Fruchtkörper 1-2 mm breit, gelblich mit etwas farblich abgesetztem, fransigen Rand. Sporen auffallend weitmaschig netzig, kugelig.
Hier liegt eine Vergesellschaftung mit Moosen vor, die auf dem Bild gut erkennbar sind.
Erstfund für Bergisches Land.
Octospora humosa (Fr.) Dennis 1960
Roter Moosbecherling
Erkennungsmerkmale: Fruchtkörper 1-4 mm breit, flach scheibenförmig, orangerot bis orangegelblich. Sporen breitelliptisch mit 2 Tropfen. Paraphysen auffallend gebogen und mit orangefarbenem Inhalt, welcher der Grund für die Farbe der Fruchtkörper ist.
Vergesellschaftet mit unterschiedlichen Moosarten.
Sofern nicht von Rada bereits vorher gefunden, Erstfund für Bergisches Land.
Scutellinia cejpii (Velen.) SvrÄek 1971
Kurzhaariger Schildborstling
Erkennungsmerkmale: Fruchtkörper 2-8 mm breit, flach scheibenförmig, leuchtend rot, mit kurzen, borstigen Randhaaren. Sporen auffallend unregelmäßig grobwarzig (anfärben!), langelliptisch.
Saprophytisch auf Erdboden (Humus, Pflanzenreste).
Erstfund für Bergisches Land.
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Die übrigen Sachen folgen die Tage noch. U.a. hat Rada ja schon den Fund an dem Knochen erwähnt, hierbei dürfte es sich dem Aussehen nach um einen kleinen Pustelpilz (Haematonectria s.l.) handeln. Der wird heute Abend mikroskopiert und hier irgendwo vorgestellt
War ganz lustig gestern, wären wir Schnecken gewesen, wir hätten den halben Wald mit Kriechspuren zugedeckt
Für Fragen bin ich immer offen.
lg björn
PS: nicht vergessen: die Sporen wurden mit "Baumwoll-Lactophenol" angefärbt, dies hat den Sinn, dass man Oberflächenstrukturen, die evtl. ohne weiteres nicht erkennbar sind, sichtbar gemacht werden. In diesen beiden Fällen konnte man die Struktur aber auch schon ohne Anfärben gut sehen. Gefärbt sieht es aber oft besser aus.
[hr]
Kurze Erklärung:
Beim zusammenfügen der Bilder aus dem NRW Thread und meinem Bericht ist leider was schief gegangen, so dass das Thema verloren ging. Drum hab ich das Ganze zusammengefasst und nochmal neu eingestellt.