Wie einige sicher schon gesehen haben, lohnt es sich, in Karrenfurchen oder auf bestimmten Erdböden (festgefahrene Stellen, bestenfalls ohne Sand/Kies und nicht allzu feucht) nach kleinen Pilzen zu suchen. Die meisten von ihnen gehören zu den Schlauchpilzen (Ascomycetes) und werden 1-50 mm breit (siehe Orangebecherling).
Mit etwas Erfahrung kann man die Erfolgsquote, solche kleinen Schmuckstücke zu finden, auf bis über 50% Fundwahrscheinlichkeit erhöhen. Dabei reicht allerdings bloßes Vorbeigehen in den meisten Fällen nicht, man sollte sich ein wenig (oder auch mehr :D) Zeit nehmen, um sich die vermeintlichen Stellen näher anzuschauen. Also unbedingt an Knieschoner oder alte Hosen denken
Die Arten, die ich in den letzten 16 Monaten an solchen Stellen gefunden habe, sind die folgenden:
Orangebecherling, Aleuria aurantia (4)
Behnitz's Kotling, Ascobolus behnitziensis (1)
Areolensporiger Violettbecherling, Boudiera areolata (1)
Kleiner Sandborstling, Geopora arenicola (1)
Halbkugeliger Borstling, Humaria hemisphaerica (6)
Netzsporiger Moosbecherling, Lamprospora retinosa (1)
Ockerbrauner Borstenbecherling, Leucoscypha patavina (1)
Winziger Borstenbecherling, Leucoscypha semi-immersa (1)
Großer Moosbecherling, Octospora humosa (2)
"Sporenfresser", Octospora phagospora (1)
Kastanienbrauner Becherling, Peziza badia (2)
Flacher Violettbecherling, Peziza depressa (1)
Punktiertsporiger Lilabecherling, Peziza howsei (1)
Langsporiger Becherling, Peziza lividula (1)
Gelbfleischiger Becherling, Peziza michelii (7)
Gelbmilchender Becherling, Peziza succosa (2)
Rotleuchtender Kissenbecherling, Pulvinula constellatio (1)
Cejp's Borstling, Scutellinia cejpii (1)
Scharlachroter Borstling, Scutellinia scutellata (2)
Napfförmiger Tigelbecherling, Tarzetta cupularis (4)
Boudier's Braunhaarborstling, Trichophaea boudieri (1)
Geselliger Borstling, Trichophaea hybrida (4)
Kurzhaariger Braunhaarborstling, Trichophaea pseudogregaria (1)
Woolhope's Braunhaarborstling, Trichophaea woolhopeia (1)
So, meint noch jemand, das lohnt sich nicht?
Jedenfalls möchte ich euch hier mein "Forschungsgebiet" vorstellen, auch wenn es nicht ganz einfach ist, denn es gilt: ohne Erfahrung und erst recht ohne Mikroskop ist bei den meisten Arten kaum etwas zu machen, wenn sie denn nicht unbedingt Orangebecherling heißen.
Neben dem Mikroskop sollten die gängigen Chemikalien, also Baumwoll-Lactophenol, Lugol oder Melzer vorhanden sein, um eventuelle Reaktionen oder Sporenoberfläche oder der Sporenschlauchspitze festzustellen. Zu den unterschiedlichen Reaktionen und Reagenzien komme ich später noch einmal zu sprechen.
Der hier erstelle Beitrag befasst sich mit der Gattung Braunhaarborstling (Trichophaea), die in Mitteleuropa aus etwa 8 Arten bestehen dürfte. Die Auffassungen hierzu sind sehr unterschiedlich, verwendet man Nordic Macromycetes (Vol 1), so gelangt man verschiedentlich bis Trichophaea hybrida, die hier als Sammelart aufgefasst wird, mit der Bemerkung, dass sich womöglich weitere Arten hier verbergen. Wie es denn so ist, so ist das "Verborgene" mein erklärtes Forschungsgebiet. Denn das Interessante, also Steinpilze oder Pfifferlinge, ist für mich kalter Kaffee und wird daher lieber den Pilzsammlern überlassen, die entweder aufrecht gehen oder, wie Rada, auf dem Boden herumkriechen
Sei es drum, jedenfalls ist die Gattung Trichophaea makroskopisch gut erkennbar an den 1-8 mm breiten, becher- bis flach tellerförmigen Fruchtkörpern mit mehr oder weniger deutlich braunhaarigem Rand sowie grauer bis graubrauner Fruchtschicht. Die Fruchtschicht ist wie bei den meisten Schlauchpilzen aufgebaut aus Sporenschläuchen (Ascus, pl. Asci) und Paraphysen. Die Paraphysen sind fädige, keulige oder kopfige Endzellen, die zwischen den Sporenschläuchen aus der Fruchtschicht herausragen und steril sind, also keine Sporen ausbilden. Sie enthalten bei vielen Arten einen granuliert-körnigen Inhalt, der bisweilen farbig sein kann und somit in der Gesamtheit die Farbe der Fruchtschicht bildet. Beim Orangebecherling wäre dies orangerötlich, weil die Paraphysen ein orangerötliches Pigment enthalten.
Bei den hier behandelten Arten enthalten die Paraphysen aber kaum Farbpigmente, daher sind die Fruchtschichten der Arten eher trist angelegt. Die Sporenschläuche enthalten 8 Sporen, die kettenartig aneinander gereiht sind. Die Sporen selber sind breitelliptisch bis schlank spindelförmig und entweder glatt oder deutlich ornamentiert (punktiert bis grobwarzig). Die Haare sind von Art zu Art unterschiedlich lang und daher ein Bestimmungsmerkmal!
Sehr ähnlich, aber nicht in der gleichen Gattung ist der Halbkugelige Borstling (Humaria hemisphaerica) mit bis über 20 mm breiten Fruchtkörpern und elliptischen Sporen, deren Ornament regelmäßig feinwarzig ist und die ebenso regelmäßig 2 Tropfen enthalten.
Die häufigste Art, die ich in NRW bis jetzt feststellen konnte, ist der Gesellige Borstling (Trichophaea hybrida, siehe auch Fundliste). Wenn ich außer der hier vorgestellten Art noch eine weitere finde (was sehr wahrscheinlich sein könnte), so wird sie hier hinzugefügt. Das Material aus dem letzten Jahr ist leider mehr oder weniger mikroskopisch unzureichend dokumentiert (sagen wir es einfacher: die Bilder sind schlecht :D).
Egal, gehen wir es an mit
1. Kurzhaariger Braunhaarborstling
Trichophaea pseudogregaria (Rick) Boud. 1907
Beschreibung: Fruchtkörper 2-6 (8) mm breit, anfangs kugelig geschlossen, dann halbkugelig bis becherförmig, im Alter mehr und mehr flach ausgebreitet; Fruchtschicht glatt, graubraun. Außenseite besetzt mit büschelweise zusammengepackten, braunen Haaren. Sporen 19-21,5x9,5-10,5 µm, elliptisch bis spindelförmig, jung glatt mit 2 Tropfen, bei Reife deutlich unregelmäßig grobwarzig, 2-3 größere Tropfen enthaltend, Warzen bis 1,5 µm breit und hoch. Asci 150-210x14 µm, 8sporig, zylindrisch. Paraphysen zylindrisch, 2-3 µm breit, an der Spitze bis 4 µm verdickt, septiert. Haare 300-400 (450) µm, auch an der Basis nicht sonderlich verdickt, zugespitzt, braun, dickwandig, Basiszellen hyalin. Struktur unterhalb der Haare kugelig.
Fundort: 14.09.2011, Vossenack-Germeter (Nordeifel, NRW), an lichter Stelle auf nackter Erde zwischen vereinzelten Moosen, rasig wachsend.
Verbreitung: weitgehend unbekannt, vermutlich oft mit T. hybrida zusammengefasst.
Bemerkung: T. hybrida ist eine makroskopisch kaum unterscheidbare Art, auch ihre Sporen sind spindelförmig, aber größer und zudem ganz fein punktiert (nicht grobwarzig wie hier!).
Anmerkung: Bild 4 zeigt einen Sporenschlauch, Bild 5 zeigt zwei Randhaare.
Auch hier wird es wie bereits oben angesprochen eine Erweiterung geben. Ich bin mir sicher nachweisen zu können, dass es hier mehr als nur eine Trichophaea hybrida gibt (vielleicht findet Rada am Sonntag ja weitere Arten ).
lg björn