Hallo ihr Lieben. Seit einigen Tagen tummele ich mich (fortgeschittener Anfänger) im Verborgenen in diesem Forum herum und freue mich über Gleichgesinnte. Zum Einstand möchte ich euch heute über eine Pilzvergiftung berichten, die ich nach dem Verzehr von Speisemorcheln erleben musste.
Im April 2011 fanden wir im Odenwald auf einer Wiese am Waldrand viele schöne Speisemorcheln. Bitte geht davon aus, dass ich diese Morcheln nicht mit der Frühjahrs-lorchel verwechselt habe. Die Morcheln haben wir mit einer Sahnesoße und ausreichender Garzeit zubereitet. Es hat meiner Partnerin, ihrem Sohn und mir hervorragend geschmeckt.
Bei meiner Partnerin und bei mir kam es nach ca. 12 Stunden (am nächsten Morgen) zu neurologischen Störungen, wobei ich stärker betroffen war. Anfangs machte es sich durch, Schwindel oder leichtes Trunkenheitsgefühl mit Gleichgewichtsproblemen, Bewegungs-störungen (leicht amotorische und zeitverzögerte Bewegungen) bemerkbar. Im laufe der Zeit kamen Zitterigkeit, erweiterte Pupillen, Blendungsgefühl, Andeutungen von Halluzinationen bzw. undefinierbare Sehstörungen sowie Augenzittern hinzu.
Sehr belästigend empfand ich die Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinnes mit instabiler Motorik, dem Unvermögen sicher zu Stehen und zu Gehen, das Zittern und die leichte dauernde Erregung verbunden mit einer inneren Unruhe.
Es muss jedoch erwähnt werden, dass ich in der Lage war zu gehen (ich war an dem Tag auf einer Tagung) und man musste schon sehr genau hinsehen um festzustellen, dass etwas mit mir nicht stimmte.
Gegen Abend schwächte sich die Vergiftung ab, war jedoch bei mir bis Mitte das nächsten Tages zu spüren, Nachwirkungen gab es keine. Zu keiner Zeit gab es Magenschmerzen, Kopfschmerzen, Übelkeit oder gar Erbrechen.
Ich möchte erwähnen, dass sich diese neurologische Störung kein angenehmer Rauschzustand ist, den ich gerne noch einmal erleben möchte, auch wenn die Vergiftung ohne weitere Folgen blieb. Ich hatte wohl die größte Portion Morcheln gegessen oder den größten Anteil des Vergifteten Pilzes erwischt. Der Sohn meiner Freundin hatte keinerlei Folgen nach dem Essen des Pilzgerichtes. Deshalb ist es auch mein Verdacht, dass nur wenige, vielleicht sogar auch nur einer der Pilze dieses hitzebeständige Toxin in sich hatten.
Wenn das so sein sollte, dann kann eine größere Portion für ein Kind durchaus bedenkliche Folgen haben. Mich erstaunte, dass in keinem meiner 5 Pilzbücher zur Vorsicht geraten wird. Nach Recherchen im Internet durfte ich erkennen, dass ich nicht der erste Vergiftungsfall bin.
Literatur dazu konnte ich finden: Dr. Siegmar Berndt "Neurologisches Syndrom nach Morchelgenuss."(in: Zeitschrift für Mykologie 76/1, März 2010) Meine Symptome stimmten mit denen von Dr. Berndt beschriebenen Symptomen überein. Sie waren allerdings keine Begleiterscheinungen zu Erbrechen, Unwohlsein und Kopfschmerzen, sondern traten komplett isoliert auf.
Weitere sehr hilfreiche Studie: Speisemorchel (Morchella esculenta agg.)
Da das Toxin laut Dr. Berndt in alten Morcheln vermutet wird, möchte ich Jedem raten, sehr genau darauf zu achten dass keine älteren Exemplare der Speisemorchel auf den Tisch kommen. Mit den Folgen ist nicht zu spaßen.
Wenn ihr dazu noch Fragen habt, stehe ich gerne zur Verfügung
Harald Kraus, Karlsruhe 05.10.2011