Bovist oder Trüffel?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 6.689 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von bwergen.

  • Hallo zusammen,


    gestern war ich auf am Bodensee nahe der schweizer Grenze unterwegs und entdeckte mitten auf einem Kirchplatz einen Pilz, bei dem mal wieder meine Bestimmungsbücher nicht ausreichen. Vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen? Das wäre super!


    Standort: ca. 20 km von Radolfzell (Bodensee); mitten in einer Ortschaft auf einem Kirchplatz; eingefasstes Beet in dem nur eine kleine Eiche und ein kleiner Ahorn stand; der gesamte Boden war mit Rindenmulch abgedeckt.


    Zu dem Pilz: In dem "Beet" wuchsen ca. 10 dieser Pilze; Alle schienen oben wie "aufgeplatzt" zu sein; sie fühlten sich sehr fest an (vielleicht wie eine Kartoffel); obwohl sie aussahen als ob sie auf dem Boden lagen, waren sie sehr fest mit einer Art von Fuss angewachsen; dieser Fuss war weißlich, hatte jedoch auch einen partiellen gelben Bereich, Geruch: Eher nach nichts (vielleicht ein wenig erdig), beim Aufschneiden war die Schnittkante weiß, verfärbte sich vielleicht nach einer Minute nahe dem schwarzen inneren Sporenbereich ganz leicht rosabraun.


    Vielen Dank und viele Grüße
    Holger

  • Hallo Holger,
    ich denke da an einen Gefelderten Kartoffelbovisten.. die Aussenhaut ist ja nicht komplett glatt sonder eher leicht aufgerissen.
    Aber ich halte auch Wurzeltrüffel nicht für ausgeschlossen..
    Schade, dass Du kein Bild von dem "Beet" hochgeladen hast.


    Gruß
    Petra

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    Einmal editiert, zuletzt von Petra_ ()

  • Guten Tag!


    Mangels des Gebrauchs von wissenschaftlichen Ausdrücken und des (wahrscheinlich) "geistigen Zusammenwerfens" verschiedener Gattungen der Bauchpilze könnte ich mir vorstellen, dass Ihr beide nicht vom Gleichen redet:


    So denkt Matti wohl eher an einen Vertreter der Gattung der Kartoffelboviste (Scleroderma), da die Bezeichnung "Kartoffelbovist" alleine natürlich nicht ausreicht, um eine bestimmte Art zu definieren. Die Oberfläche der Fruchtkörper der Vertreter der Gattung Scleroderma wird in aller Regel als "feldrig" oder als "feldrig aufgerissen" bezeichnet, was daher kommt, dass die (ursprünglich glatte) Außenschicht allmählich aufreisst. Aus meiner mir vorliegenden Sammlung derselbigen kann ich allerdings den Dickschaligen Kartoffelbovisten (Scleroderma citrinum) ausmachen, der manchmal eine "grobfeldrige bis geschuppte" Außenschicht (Quelle: Gerhardt) haben kann, was aber in diesem Fall offensichtlich nicht der Fall ist.


    Holger meint mit "schuppig" wahrscheinlich die Außenschicht von beispielsweise den Vertretern der Stäublinge (Lycoperdon), die als "bestachelt" bezeichnet wird, keinesfalls aber als "schuppig" oder eben auch den Dickschaligen Kartoffelbovisten (S. citrinum).


    Und die Moral von der Geschicht'...: Bitte schreibt doch einfach den wissenschaftlichen Namen zu Euren Vermutungen, damit sich der eine oder andere ellenlange Gedankengang erübrigt...!

    Eine Wurzeltrüffelart (Rhizopogon) wage ich übrigens auszuschließen, da diese keine aufplatzenden Peridie ("...Alle schienen oben wie "aufgeplatzt" zu sein...") besitzen und eine andere Ökologie bevorzugen (Naldelwald, Kiefern, sandige Böden). Die Bunte Schleimtrüffel (Melanogaster variegatus) kann zwar in Gärten vorkommen, scheidet aber auf Grund des Schnittbildes für mich aus.


    Echte Trüffeln (Tuber) scheiden ganz aus (auch hier: Trüffel sind nicht gleich Trüffel, also welche Gattung genau meinst Du mit "Trüffel"?)


    Ob diese meine Überlegungen in allen Belangen fachlichen Anforderungen entsprechen oder nicht, muss aber letztendlich Björn entscheiden.

    Zudem gelingt es mir mangels Erfahrung nicht, Zusatzmerkmale wie den erwähnten gelben Bereich, den (fehlenden) Geruch, den "Fuß", das Vorhandensein von Rindenmulch oder auch die Verfärbung in Richtung Rosa richtig zu deuten, auch hier bin ich sehr gespannt auf Björn's Meinung zur Sache!


    Vielleicht doch eine Überraschung?


    Gruß, Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

  • Hallo Freddy,


    vielen Dank für Deine Antwort! Du hast natürlich vollkommen Recht mit den wissenschaftlichen Namen: Ich habe vielleicht ein wenig zu allgemein geschrieben und so kommt es zu Verwirrungen (was ich natürlich nicht will). Entschuldige bitte!


    Nochmal kurz zu der Geschicht: Also ich habe die Pilze gestern in dem besagten Beet gesehen (naja, es war eigentlich kein richtiges Beet, sondern eine, auf einem Kirchplatz ummauerte, offene Stelle mit einem jungen Ahorn und einer jungen Eiche. Die ganze Stelle war mit Rindenmulch bedeckt). Ich dachte zuerst auch an Scleroderma sp. aber da ich zuvor noch nie eine Art dieser Gattung in freier Natur sah, habe ich meine Bücher gewälzt.
    Bei Kosmos "der große Pilzführer (E. Laux)" bin ich dann tatsächlich bei Sclerodermataceae gelandet. In dem Buch werden Scleroderma verrucosum, Scleroderma areolatum und Scleroderma citrinum beschrieben.
    Was mich bei meinen Pilzen jedoch stutzig machte, war die Peridie: Bei meinen Exemplaren würde ich diese eher als dunkelbraun und glatt bezeichnen (und großflächig aufgerissen mit zum Teil kleineren Rissen). Bei Laux wird bei Scleroderma areolatum und Scleroderma citrinum die Peridie als schuppig bezeichnet. Ich schaute mir daraufhin Fotos der beiden Arten im Internet an und wurde mir unsicher. Die Bilder zeigten tatsächlich schuppige und viel hellere (ockerfarbene) Gesellen. Für mich Anfänger blieb also nur noch Scleroderma verrucosum übrig. Ich blätterte weiter und sah Bilder von Rhizopogon roseolus und Melanogaster variegatus und fand diese auf den ersten Blick sehr ähnlich (dunkler und nicht schuppig) aber die Beschreibung passte überhaupt nicht. Ich wurde unsicherer. Ich schaute daraufhin im Pareys Buch der Pilze (Bon). Hier wird die Peridie bei Scleroderma citrinum und Scleroderma areolatum wieder als feinschuppig und warzig beschrieben. Scleroderma verrucosum wird leider nicht aufgeführt sondern eine neue Möglichkeit tat sich auf: Scleroderma bovista. Die Peridie wird hier aber als sehr dünn und rotbraut beschrieben (was bei meinen Exemplaren nicht der Fall war). Ich suchte weiter und stolperte über die Abbildung von Pisolithus arrhizus. Ich schaute mir im Internet Bilder dieser Art an und fand, dass meine Exemplare recht ähnlich aussahen aber die erbsenähnlichen Pseudoperidiolen fehlten. Also neuer Versuch mit neuem Buch: Die Großpilze Baden-Württembergs Band 2. Hier wird auf die Sporen eingegangen, doch leider habe ich kein Exemplar mitgenommen (ich dachte nämlich gestern, dass es sicher nicht ganz so schwer werden könnte:-)). In dem Buch fand ich auch eine Beschreibung und eine Abbildung von Scleroderma verrucosum. Die Peridie wird dort mit graugelblich und dunkleren Schuppen beschrieben und die Abbildung zeigt ganz anders gefärbte und beschuppte Gesellen als meine. Also wieder Fehlanzeige:-(. Ein paar Seiten weiter stolperte ich über Abbildungen verschiedener Melanogaster sp. und fand diese Abbildungen ziemlich treffend jedoch passten die Beschreibungen wiederum überhaupt nicht. Also Griff zu einem anderen Buch: Großes Handbuch der Pilze (coventgarden). Hier fand ich nichts was irgendwie passen könnte.
    Nun war die Unklarheit perfekt und vielleicht hat hier jemand schon so ähnlich Pilze gefunden und kann mir weiterhelfen?


    Viele Grüße Holger

  • Hallo Holger!


    Ja, so ähnlich geht's mir auch und das bei wesentlich weniger Literatur!


    Ein großer Vorteil ist es aber schon, wenn man sich zumindest sicher ist, dass etwas unsicher ist :D !


    Das zeugt in aller Regel von einem gewissen Respekt der Materie gegenüber und vor der Materie "Bauchpilze" habe ich allergrößten Respekt:


    ---> da heißt eben nicht alles, was rund und braun ist "Kartoffelbovist"...


    Wenn ich als kleinen Verbesserungsvorschlag Folgendes anbringen dürfte:


    Erfahrungsgemäß ist eine Détail-Aufnahme zwar sehr hilfreich, aber ein zu kleiner Ausschnitt der Situation kann die Perspektive und den Überblick dramatisch einschränken: Ich hätte zumindest je ein zusätzliches Foto der Gesamtsituation gewidmet (Ökologie und verschiedene Fruchtkörper im Überblick), welches auch einen optischen Eindruck der Größe ermöglicht hätte sowie auf jeden Fall noch eines der Darstellung von Fruchtkörpern in verschiedenen Stadien (alt und jung, verschiedene Größen etc...).
    Bilder der erwähnten Verfärbungen oder auch der Unterseite (Stiel, Mycel...etc.) wären ebenso sehr aufschlußreich.


    Nun denn: bestimmt lassen sich an Hand Deiner Aufnahmen und der Beschreibungen für den Experten gewisse Vermutungen bekräftigen oder gar ausschließen.


    Viele Grüße, Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

  • Es spricht doch nichts gegen einen Dünnschaligen Kartoffelbovisten (Scleroderma verrucosum). Die Farbe paßt und leicht felderig aufreißen kann der auch.

    Viele Grüße aus dem Norden (Insel Rügen)

    Einmal editiert, zuletzt von Uwe58 ()

  • Also für mich ist das S. areolatum. Warum? Vergleichsweise dünnschalig UND rötet beim Überschneiden. Die Oberfläche ist zudem nicht typisch S.citrina-artig.


    lg björn


    Uwe: schau dir S. verrucosum nochmal an. Die ist gestielt.

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

    Einmal editiert, zuletzt von bwergen ()