Hallo,
aufgrund der laufenden Problematik bezüglich der Unterscheidung der beiden Arten "Gifthäubling" (Galerina marginata) und "Stockschwämmchen" (Kuehneromyces mutabilis) möchte ich hier nun etwas ausführlicher darauf eingehen. Es soll geklärt werden, auf welche Merkmale man unbedingt achten muss und ab welchem Zustand die Fruchtkörper schlichtweg nicht mehr mitgenommen werden sollten, weil eine korrekte Bestimmung im Einzelfall mit Risiko verbunden ist.
Ich hoffe, das hilft euch allen weiter. Falls Fragen sind, =>PN an mich.
(EDIT von Rada: Da die Bilder von Björn über einen externen Server hochgeladen und inzwischen gelöscht wurden, habe ich Bilder aus meinem Fundus zu Björns Text eingefügt )
Galerina marginata, 17.10.2011, Lerbacher Wald bei Bergisch Gladbach, an stark verrottetem Laubholz !! (verm.Robinia), gesellig, nicht büschelig wachsend.
Galerina marginata, 17.10.2011, Lerbacher Wald bei Bergisch Gladbach, an stark verrottetem Nadelholz (Picea) büschelig wachsend.
Kuehneromyces mutabilis, Kürten, Bergisches Land, an Laubholzstumpf (Betula), büschelig wachsend.
Systematische Einordnung:
Galerina marginata wird aufgrund morphologischer Merkmale, mittlerweile unterstützt durch phylogenetische Studien, zu den Träuschlingsartigen (Strophariaceae) gezählt, während das Stockschwämmchen wegen des schuppigen Stiels schon lange in Verbindung mit den Schüpplingen (Pholiota) gesetzt wird. Die Schüpplinge sind allerdings ebenfalls Träuschlingsverwandte.
Vor nicht langer Zeit galt die Gattung Galerina als verwandt mit den Schleierlingen (Cortinarius) und war entsprechend in deren Familie Cortinariaceae anzutreffen.
Gemeinsamkeiten:
Als gemeinsame Merkmale möchte ich hier diejenigen aufzählen, deren Verwendung zur Unterscheidung nicht relevant ist, d.h. im Einzelfall nicht auffallend ist, jedoch nach längerer Beobachtung als konstant herausgearbeitet werden kann (!).
Beide Arten haben ähnlich große Fruchtkörper mit einer Hutbreite zwischen 20 und 80 mm (G. marginata: 20-50mm), gleichsam am Stiel angewachsene oder etwas ausgebuchtete und mit Zahn herablaufende Lamellen, gleiche bzw. variable Hut- und Stielfarben (=Grundfarbe).
Unterschiede:
Die hier aufgeführten Unterscheidungsmerkmale sind sortiert nach ihrer Relevanz:
a) Stieloberfläche und Ring
=> G. marginata: silbrig weiß überfasert oder fein weißgrau genattert auf dunkelbräunlichem Grund. Ring stets hängend und vergänglich, oft scheinbar nur als orangebraune Ringzone vorhanden.
=> K. mutabilis: mindestens im frischen Zustand mit deutlich abstehenden, hellen Schüppchen auf dunkel rotbraunem Grund, mit deutlich abstehendem, dunkelbraunem Stielring, welcher auf der Ober- oder/und Unterseite gerieft oder rillig gestreift ist (evtl. Lupe!). Stieloberfläche oberhalb des Stielrings fast glatt ("Pholiota"-Merkmal! Stiel oberhalb des Rings glatt, unterhalb schuppig!!).
b) Hutoberfläche und -farbe
=> G. marginata: völlig glatt, höchstens Hutrand mit sehr vergänglichen Velumresten behangen, feucht relativ einheitlich warm orangebraun, Rand schwach gerieft.
=> K. mutabilis: mindestens im frischen Zustand (keine alten Fruchtkörper betrachten) mit locker verstreuten, hellen Schüppchen bedeckt (siehe zweites Bild). Falls dieses Merkmal entdeckt wird, ist das ein sicherer Hinweis auf einen Schüppling und schließt den Gifthäubling zu 100% aus (=> Pholiota-Merkmal!). Falls nicht, Hutfarbe schmutzig ockerbraun, gelbbraun, rotbraun, aber nie so orangebraun wie beim Gifthäubling (Vorerfahrung notwendig!).
Alle weiteren Merkmale, Geruch, Fk-Größe, Lamellenfarbe usw. sind z.T. abhängig von der Witterung und vom Standort und daher nicht unbedingt als konstant anzusprechen. Der Unterschied in der Lamellenfarbe fällt nur beim direkten Vergleich auf (den man nicht immer hat).
Zum den ökologischen Anspruchen kann man nur folgendes sagen: Beide Arten bevorzugen Holz als Substrat (G. marginata tendenziell mehr Nadelholz [80% der Funde], K. mutabilis mehr Laubholz [75% der Funde]), sie können auch an einem Stamm gleichzeitig nebeneinander wachsen. G. marginata wächst jedoch eher einzeln (=> Galerina-Merkmal), während K. mutabilis in der überwiegenden Anzahl der Funde büschelig wachsend angetroffen wurde.
Alle weiteren Merkmale zur Unterscheidung sind nur dann anwendbar, wenn beide Arten schon mehrere Male in typischer UND untypischer Ausprägung angetroffen und korrekt bestimmt worden sind. Im besten Fall legt man sich jeweils Fotoalben an.
lg björn