Einführung in die Mikroskopie (Kap. II)

Es gibt 22 Antworten in diesem Thema, welches 20.578 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bergwald.

  • Hallo,


    angesichts eines schönen Fundes von Lepista personata, Lilastiel-Rötelritterling, möchte ich euch hier auf mikromorphologischer Ebene skizzieren, wie ein Pilzfruchtkörper aufgebaut ist. Selbstverständlich ist die Gattung Lepista nicht repräsentativ für die ganze Agaricales (Ordnung der "Lamellenpilze"), hat aber gewisse Merkmale, die absolut typisch sind für einen Pilz, der Fruchtkörper mit Hut, Lamellen und Stiel bildet.


    Die Gattung Lepista, zu deutsch Rötelritterling, ist eine vergleichsweise kleine Gattung mit etwa 20 mitteleuropäischen Arten, die sich in der Familie der Ritterlingsverwandten (Tricholomataceae) befindet. Ritterlinge sind gewöhnlich robuste Pilzarten mit dicken Stielen und kompakten Hüten. Sie weisen mikroskopisch keinerlei Besonderheiten auf, d.h. weder strukturell auffallende Zystiden, keine Sporenoberflächenstruktur und keine pigmentierten Sporen. Sie stehen somit weit unten auf der evolutionären Leiter innerhalb der Agaricales. Die Lepista-Arten dagegen haben nicht nur leicht gefärbte Sporen, diese sind auch noch mit einer Oberflächenstruktur versehen (fein warzig). Mehr zu dem Thema Evolution gibt es aber in einem Vortrag ab April 2012 zu sehen.


    Kommen wir doch zur Mikroskopie. Wie man mikroskopiert und welche Gegenstände notwendig sind, um dies auch richtig zu machen, habe ich bereits in Kapitel I erläutert. Weit verbreitet ist das Anfertigen eines sogenannten Quetschpräparats, dabei wird das Objekt einfach zwischen Objektträger und Deckgläschen mit Hilfe eines Radiergummis leicht gequetscht, sodass die Hyphen auseinandertreiben und sich somit die Sichtbarkeit einzelner Strukturen deutlich verbessert. Man sollte nur vor allem bei Oberflächenpräparaten nicht zuviel quetschen, sonst erkennt man unter dem Mikroskop nicht mehr, was die Oberfläche eigentlich ausgemacht hat.


    So hier aber erstmal das "Material":


    lepistapersonata1a.jpg
    Lepista personata, Lilastiel-Rötelritterling


    lepistapersonata1c.jpg
    Hyphen im Stiel. Die meisten verlaufen geradewegs nach oben, sind dünnwandig, regelmäßig septiert und jeweils mit Schnallen (nächstes Foto). In jedem der Zellen befinden sich 2 Kerne (=dikaryotisch). Die Hyphenlänge hat eine gewisse Grenze, das heißt ab einer bestimmten Phase teilen sie sich nicht mehr, sondern wachsen nur noch in die Länge. Das macht im Sinne des Wachstums der Hyphen auch Sinn.


    lepistapersonata1e.jpg
    Hyphe mit Septierung und Schnalle. Solche Schnallen entstehen bei der Teilung der Kerne, wobei einer geradewegs in die jeweils vorangegangene Zelle wandert, der andere einen "Bogen" und somit die Schnalle macht.


    lepistapersonata1d.jpg
    Stieloberfläche mit herausstehenden Hyphen, welche im Ganzen den Stiel rau, faserig, genattert oder schuppig erscheinen lassen kann.


    lepistapersonata1f.jpg
    Schnitt durch eine Lamelle. Gut erkennbar ist unten das regulär verlaufende Lamellentrama (Hyphen verlaufen parallel zur Lamellenschneide hin und biegen knapp unter der Lamellenfläche zur Bildung des Hymeniums um (das Hymenium mit den Basidien ist im Bild oben zu sehen).


    lepistapersonata1b.jpg
    Blick auf das Hymenium mit Sporen im Vordergrund.


    lepistapersonata1g.jpg
    Blick auf die Hutoberfläche. Oben erkennt man irregulär verlaufende, dünne Hyphenstrukturen mit Zwischenräumen. Dies ist die Huthaut des Pilzfruchtkörpers, und diese ist hier etwas gelatinös, d.h. die oberen Hyphen sind in eine gelatinöse Schicht eingebettet. Darunter sind die Hyphen dicker.


    lepistapersonata1h.jpg
    Hyphen der Huttrama (Hutfleisch) deutlich dicker.
    -------


    In der Präsentation sieht dies dann so aus:
    pptlepistapersonata.jpg
    Mikromorphologie von Lepista personata



    Die Art wurde übrigens mitten in Köln auf einer kleinen Grasfläche zwischen einem Fahrradweg und des Ehrenfeldgürtels gefunden.


    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

    Einmal editiert, zuletzt von bwergen ()

  • Hallo Björn,


    vielen Dank für Deinen schönen mikroskopischen Beitrag. Ich würde gerne einen ergänzenden Hinweis zur mikroskopischen Untersuchung von Pilzen geben.


    Im Rahmen der präparativen Pilzbearbeiten kommen verschiedenste Reagenzien zum Einsatz. Leider lässt sich Pilzmaterial häufig nur unter Verwendung aggressiver, anorganischer Lösungsmittel und Verbindungen darstellen, die in der Regel gleichzeitig als Einschlussmittel dienen. Hier seien exemplarisch genannt:


    Ammoniak, Natron- oder Kalilauge, Schwefelsäure, Iod, usw.


    Die Mehrzahl dieser Verbindungen ist in der Lage, die Metallfassungen, die Linsenverspiegelungen und die Linsenkitte der mikroskopischen Optiken (der Objektive) anzugreifen und so stark zu schädigen. Besonders solche Verbindungen, die leicht Ausgasen (Ammoniak, Salzsäure/Chlorwasserstoff) oder Sublimieren (Iod) können trotz eines Abstandes zwischen Deckglas und Objektiv eine Schädigung verursachen.


    Um eine Schädigung zu vermeiden, ist zu empfehlen, dass Pilzmaterial zunächst in einem Präpariernapf (kleiner Glastrog) zu mazerieren. Das gequollene Pilzmaterial wird in kleinen, zugetrimmten Stücken auf einem Standard-Objektträger (76 x 26 mm) übertragen und mit einem Deckglas belegt, das ausreichend Platz zum Rand des Objektträgers ausspart (z. B. ein Deckglas mit den Maßen 21 x 26 mm). Wird das Pilzmaterial gequetscht, sollte der austretende Überstand sorgfältig und möglichst vollständig entfernt werden. Anschließend wird der Deckglasrand mit einem Deckglaslack oder Nagellack umrandet. Bei Nagellack sollte die Umrandung doppelt aufgetragen werden (beachte hohe Schwindung des Nagelackkunstharzes). Nachdem der Nagellack vollständig getrocknet ist, sollte das gesamte Präparat einmal unter Wasser gespült (zur Entfernung verschleppter Säure- oder Laugenreste) und druckfrei mit einem Zellstofftuch abgewischt werden. Eine derartige Präparation mit sicherer Umrandung garantiert, dass die mikroskopische Optik keinen Schaden nimmt, besonders dann, wenn mit Immersionen (Objektive hoher Aperturen) gearbeitet werden muss.


    Viel Freude beim Mikroskopieren!


    Dieter

  • Hallo Dieter,


    vielen Dank für die Hinweise. Ich arbeite eher selten mit den schädlicheren Materialien und falls ja, dann äußerst vorsichtig und nach der dir hier beschriebenen Methode (siehe dazu bald auch zum Thema Gloeozystiden von Peniophora in "The Chemical Cabinet").


    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

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    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

  • Hervorragende und sehr anschauliche Präsentation! Die Diskussion über aggressive Chemikalien lässt allerdings erahnen, welche Mühe hinter diesen Ergebnissen steckt. Gleichzeitig zaudere ich noch mehr, mir ein Mikroskop anzuschaffen, aber auf Dauer - das ist klar - geht es nicht ohne.


    H Gr Dryocopus

  • Hallo Herr H Gr Dryocopus,


    mit meinem Beitrag wollte ich Sie keinesfalls von der mikroskopischen Bearbeitung von Pilzen abschrecken. Ich möchte sogar etwas weiter gehen und behaupten, dass man die Organisation eines Pilzes erst vollständig verstehen kann, wenn man auch die zugehörig mikroskopische Anatomie kennt.


    Die mikroskopische Bearbeitung von Pilzmaterial ist im Vergleich zur zoologischen oder botanischen Histologie im Ansatz einfach und gut praktikabel. Schnitttechniken sind in der Regel nicht erforderlich und Befunde lassen sich ohne großen Zeit- und Materialaufwand erhalten.


    Mit der von mir beschriebenen Einschlusstechnik ist sichergestellt, dass die mikroskopische Optik keinen Schaden nimmt, so dass es möglich ist, das Objekt unbeschwert zu bearbeiten. Hierzu gehört aber auch die Kenntnis und das Bewußtsein, welche Reagenzien mit welchen Inhaltsstoffen zum Einsatz kommen. Ein einfaches Bespiel sei benannt: Ein gern genommenes und auch hier im Forum schon mehrfach beschriebenes Reagenz und Einschlussmittel ist Lactophenol-Baumwollblau. In diesem Reagenz ist ein hoher Anteil an Milchsäure enthalten. Milchsäure wirkt korrosiv auf den Metallkörper und die Verspiegelung des Objektives. Zwar handelt es sich hierbei nicht um eine in Wasser stark dissoziierende Säure, aber mit der Zeit leistet auch Milchsäure ihr Werk. Häufig wird die Schädigung am Objektiv nicht direkt, sondern erst Wochen später sichtbar. Aus diesem Grunde empfehle ich, die von mir vorgestellte Einschlusstechnik mit Sorgfalt an jedem Präparat vorzunehmen, damit die Freude an der mikroskopischen Bearbeitung von Pilzen nicht verloren geht. Neben dem Schutz des Objektives wirkt der Lackeinschluss auch einer Austrocknung des Präparates entgegen.


    Herzliche Grüße!


    Dieter

  • Hallo,


    wieder einmal danke für den Hinweis.


    Ich habe Baumwoll-Lactophenol-Präparate bis jetzt nicht mit Nagellack behandelt, aber auch bei meiner vergleichsweise hohen Mikroskopierfrequenz hat das Objektiv nach den nun schon 1,5 Jahren, in denen ich diese Chemikalie vor allem bei den Pezizales intensivst verwende, keinerlei Schaden genommen. Wie ist das dann zu erklären? Vielleicht durch besonders vorsichtiges Mikroskopieren?


    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

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    Schwarzwälder Pilzlehrschau

  • Hallo Björn,


    es ist eine gute Nachricht zu hören, dass Deine Optik noch keinen Schaden genommen hat, was sicher auf einen sorgfältigen Umgang mit Deinem Mikroskop (das Du auch offensichtlich sehr schätzt) zurückzuführen ist.


    Eine Kontamination von Objektiven tritt in der Regel bei gedankenlosem Arbeiten (von dem sich wohl keiner ganz freisprechen kann), zum Beispiel bei einem Vergrösserungswechsel, auf. Das Risiko steigt ab dem Gebrauch des Objektives mit einer Maßstabszahl von 40x und nimmt stark bei Verwendung von Immersions-Objektiven zu. Deinem Beitrag entnehme ich, dass Du "vielleicht" nach meinem Eintrag Deine Objektive durchgesehen hast (ein Automatismus eines pflichtbewußten Mikroskopikers!).


    Herzliche Grüße!


    Dieter


  • Hallo, Dieter,


    ich weiß, dass ich früher oder später am Mikroskop nicht vorbeikomme. Die Ergebnisse sind, wie man hier sieht, faszinierend und für präzise Bestimmungen unerlässlich. Solange meine Formenkenntnis noch gering ist, empfinde ich noch nicht den Zwang, mit dem Mikroskop zu arbeiten, aber ich denke schon über die Anschaffung nach.


    Die Hinweise auf die Aggressivität der Chemikalien sind sehr wichtig und ich danke dafür, denn ich hätte nicht besonders darauf geeignet - es werden ja immer nur Tröpfchen von Chemikalien eingesetzt. Aber natürlich gilt auch hier: Steter Tropfen ätzt die Optik.


    H Gr Dryocopus

  • Hallo Dieter
    Wie schon einmal erwähnt, bin ich auch Novize in der wissenschaftlichen Bearbeitung/Untersuchung von Pilzmaterial. Durchlicht-Mikroskop REichert Neopan Binokular mit Objektiven 4, 10, 40 und 100 Fluor Oel mit Iris sind bestens vorhanden, Köhlersche Beleuchtung ist installiert, Graufilter und Polarisationsfilter, sowie Reagenzien sind vorhanden. Reagenzien habe ich heute vom Kollegen (Dr. chem.) Kantonsschule Schaffhausen erhalten: Melzer, Lugol mit Chloralhydrat, Phloxin: Cyanosin, Eosinblau, sowie Kongorot in Pulverform, Karminessigsäure, H2O gereinigt und Methylalkohol, sowie Reinbenzin. Leider war Baumwollblau Lactophenol nicht dabei. Genügen diese Reagenzien oder benötige ich noch weitere dazu? Wie verwende ich die Pulver? mischen mit Alkohol oder H2O? Wo bekomme ich das Immersionsöl? Apotheke? Ist Cyanosin, Eosinblau ein Ersatz für Lactophenol? Greifen diese Reagenzien die Optiken ebenfalls an?
    Vielen Dank für Deine Infos.


    Werner
    [hr]
    Hallo Dieter


    Ich habe noch eine Frage, die ich beim letzten Beitrag vergessen habe. Für die Dauerfixierung des Präparates wird ja wie Du auch beschreibst, mit Nagellack um das Deckglas gearbeitet. Nun ich habe keinen Standard Nagellack, aber einen mit einem antimycoticum versetzt (pharmazeutisches Präparat gegen Nagelmycose) Kann ich den auch verwenden? Oder zerstört dieses Antimycoticum unter Umständen das Präparat?


    Danke und Gruss


    Werner


  • Wie verwende ich die Pulver? mischen mit Alkohol oder H2O?


    Zumindest da kann ich Dir helfen, weil ich auch das Pulver verwende.


    Ein Tropfen Wasser auf den Objekträger (seitlich am Rand), mit einem Zahnstocher ö.ä. eine winzige !! Menge Pulver einstreuen und leicht verrühren. Das zu färbende Objekt in die gefärbte Flüssigkeit legen und kurz ziehen lassen. Die rote Flüssigkeit mit einem Taschentuch absaugen.
    Ein Stück daneben einen neuen Tropfen klares Wasser auftragen und das gefärbte Präparat dort reinziehen. Deckglas drauf, quetschen, Fertig.

  • Hallo Werner,


    zunächst möchte ich mich bei Dir entschuldigen, dass ich Dir erst jetzt antworten kann. Ich habe mir im Internet einmal das Mikroskop Reichert Neopan angesehen. Es scheint mit der von Dir beschriebenen Ausrüstung gut zur Pilzmikroskopie geeignet zu sein. Leider weiß ich nicht, welche Apertur Dein Kondensor besitzt. Bei einem Objektiv (100x) mit einer Apertur > N.A. 0,9 brauchst Du auch einen Kondensor, der in der Lage ist, ein derartiges Objektiv homogen auszuleuchten. Er solte eine Apertur von N.A. 1,25 oder 1,40 besitzen. Die Blende an Deinem Objektiv 100x ist zur Erniedrigung der Apertur bei der Mikroskopie im Dunkelfeld gedacht. Hierfür ist ein spezieller Dunkel-feldkondensor nötig. Wenn Du Pilzsporen im Hellfeld beobachten möchtest, sollte die Blende immer maximal geöffnet sein!!!


    Den Polarisator wirst Du (in Kombination mit einem Analysator) bei der Pilzmikroskope nur selten brauchen um vielleicht einmal eine (calcitische) Inkrustierung sichtbar zu machen, eine Metachromasie zu verstärken oder eine Lichtstreuung zu schwächen. Für die Pilzmikroskopie ist vor allem die Verwendung des Phasenkontrastes hilfreich. Sollte Dir für Dein Mikroskop einmal eine derartige Einrichtung zum akzeptablen Preis angeboten werden, so wäre es sicher eine sinnvolle Ergänzung.


    Bei den Färbelösungen für die Pilzmikroskopie ist folgende Unterteilung hilfreich:


    1. Farbstofflösungen, die für die direkte Pilzmikroskopie an Zupf- oder Quetschpräparaten eingesetzt werden.


    2. Farbstofflösungen und Reagenzien, die für Nachweisreaktionen oder für die Darstellung spezifischer Pilz-strukturen gebraucht werden.


    3. Farbstofflösungen und Reagenzien, die zur Färbung von Mikrotomschnitten nötig sind.


    Da Du dich selber als Einsteiger der Pilzmikroskopie beschreibst, trifft auf Dich vermutlich die erste Formulierung zu. Eines der wichtigsten Farbstofflösung ist Lactophenol-Baumwollblau. Hierbei wirkt der Milchsäureanteil ("Lacto-") aufhellend und aufweichend. Der Phenolanteil wirkt quellend (vermittelte Wasserbindung) und konservierend, während das Baumwollblau als Vitalfarbstoff den Protoplasten der Pilzzelle anfärben kann. Lactophenol-Baumwollblau ist somit ein muss!


    Als weitere Farbstofflösungen würde ich Dir für die direkte Beobachtung eine basische Fuchsinlösung und eine basische Toluidinblau-Lösung (metachromatischer Farbstoff) empfehlen. Des Weiteren leistet auch das in der Botanik häufig verwendete, simultan färbende Fuchsin-Safranin-Astrablau-Farbstoffgemisch (n. Etzold) gute Dienste. Alle bisher beschriebenen Farbstofflösungen dienen der direkten Mikroskopie.


    Die Verwendung der unter Punkt 2 beschriebenen Farbstoffe und Reagenzien sind im Buch "Pilzmikroskopie" von Bruno Erb und Walter Matheis ausführlich beschrieben. Dieses Buch kann auch als PDF heruntergeladen werden.


    Ob und in welcher Weise, die von Dir erworbenen Farbstoffe korrosiv auf Deine Optik wirken können, vermag ich so nicht abzuschätzen. Da ich stets alle Farbstofflösung selber herstelle, weiß ich auch, was in Summe enthalten ist. Bei gekauften Lösungen sind die weiteren Zusätze häufig ein streng gehütetes Geheimnis. Hinzu kommt noch, dass zwar der Farbstoff beschrieben wird, aber Angaben zu den weiteren, färbebestimmenden Anteilen (siehe Lactophenol-Baumwollblau, das käuflich manchmal nur als Baumwollblau beschrieben wird) fehlen.


    Als weitere unumgängliche Chemikalie für die direkte Pilzmikroskopie ist 5%ige Kalilauge (KOH) zu nennen. Hierbei ist zu beachten, dass Reste der Kalilauge aufgrund seiner hohen Alkalität viele Farbstoff zu "Flocken" vermögen. Sollte eine Färbung angeschlossen werden, so muss diese auf KOH abgestimmt sein (z. B die Phloxinfärbung) oder das Pilzmaterial vor der Färbung KOH-frei gewaschen werden. Eine KOH-Vorbehandlung sollte in einem Färbenapf und nicht direkt auf dem Objektträger vorgenommen werden. Besser ist es, das Pilzstück getrennt in KOH zu behandelt, anschließend ein kleines Stück abzuschneiden und nur dieses zu einem Einschluss- oder Quetschpräparat zu verarbeiten. Diese Vorgehensweise erspart viel Sauerrei!


    Des Weiteren sollte bei der direkten Pilzmikroskopie bzw. -färbung immer etwas neutrales Tensid (Spülmittel) bereit stehen, das mit einer Nadel in Spuren zugerührt werden kann. Das Tensid wirkt benetzend und sorgt dafür, dass der Farbstoff zum Pilzmaterial vordringen kann. Ohne die Verwendung des Tensides entstehen häufig zusammengeschobene "Matschpräparate" (z. B. bei Schimmelpilzen), die mikroskopisch nur schwer auswertbar oder fotografierbar sind.


    Ich habe mir angewöhnt, grundsätzlich jedes Pilz-Frischpräparat nach Auflage des Deckglases mit Nagellack zu umranden. Hierbei benutze ich einen typischen Fingernagel-Klarlack (er ist am günstigsten), der in fast jeder Drogerie erhältlich ist. Die Viskosität des Klarlackes sollte beibehalten werden, was durch einen nachträglichen Zusatz von Aceton leicht möglich ist.


    Das Thema: "Welches Immersionsöl soll ich nehmen?" ist schon häufig diskutiert worden. Ich habe vor einigen Jahren einmal sieben Immersionsöle unterschiedlicher Hersteller spektrometrisch untersucht. Hierbei hat sich gezeigt, dass die Öle, trotz gleicher Brechungsindices, unterschiedlich zusammengesetzt waren. Neben natürlichen Ölen, wahren modifizierte, paraffinische Öle und phthalsäureesterhaltige Weichmacher vom Typ Dioctylphtalat (DOP) darunter. Da die Linsenverkittungen durch den Gebrauch eines ungeeigneten Immersionsöles angegriffen werden können, sollte eigentlich nur das vom Hersteller empfohlene Öl verwendet werden. Da Du ein älteres Mikroskop erworben hast, würde ich Dir empfehlen, Deine Optik im Mikroskopie Forum, in dem Du ja auch Mitglied bist, vorzustellen und zu erfragen, wer an gleicher Optik mit welchem Immersionsöl arbeitet. Das ist wohl der sicherste Weg.


    Vielleicht helfen Dir diese Ausführungen ein wenig weiter!


    Dieter

  • Hallo Dieter


    Herzlichen Dank für deine Ausführungen. Ich drucke sie mir sogleich aus. Bin erst jetzt wiedereinmal dazugekommen, das Forum zu betrachten. Ich werde, wie jeder Wissenschaftler, nun mal eine zeitlang "ausprobieren" unter Berücksichtigung deiner Hinweise bezüglich Vorsicht mit den Objektiven und den Reagenzien. Das Baumwollblau muss ich wohl noch zulegen. Und gemäss Deinem Hinweis, werde ich im Microforum ebenfalls mal nachfragen, wer mit welchem Oel arbeitet. So wie es mir scheint, ist das Mikroskop sehr in Ordnung. Die ersten Versuche haben ein ansprechendes Resultat ergeben. Mit der Erfahrung in der Handhabung des Mikroskopes wird sicherlich früher oder später weiteres Zubehör dazukommen oder ev. andere Mikroskope mit erweiterten Möglichkeiten bezüglich Hellfeld/Dunkelfeld/Phasenkontrast. Es gibt ja auch immer wieder gute Angebote im Gebraucht-Markt. Hilfreich für die Microfotographie ist sicherlich auch ein Fototubus, leider bei den älteren Modellen schwerlich zu erhalten. Da wird es wohl auch noch einer Anschaffung bedürfen, zumindest für eine Kamera, die geeignet ist.


    Also nochmals herzlichen Dank


    Werner

  • ...


    Die Verwendung der unter Punkt 2 beschriebenen Farbstoffe und Reagenzien sind im Buch "Pilzmikroskopie" von Bruno Erb und Walter Matheis ausführlich beschrieben. Dieses Buch kann auch als PDF heruntergeladen werden. ...


    Hallo miteinander, weiß denn wer wo ich das Buch runterladen kann?


    Der Brutus will auch mikroskopdingsbumsen:)

  • Ein ganz toller Beitrag und genau das, was mir gerade gelegen kommt, um irgendwann demnächst nach vielen Jahren wieder einen Blick durchs scharfe Glas zu werfen und ihn zum ersten Mal überhaupt auf Pilze zu richten. Großes Lob dafür, Björn! Wenn man jetzt noch die Bilder wiederherstellen könnte, wäre es perfekt!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Craterelle!


    In der Tat, das ist schade, daß die Bilder fehlen.
    Die Arbeit von Björn ist famos, aber schwer nutzbar ohne die bildlichen Erklärungen.
    Die Links im Beitrag führen zu einem externen Hoster, wahrscheinlich sind die Bilder dort einfach nict mehr erreichbar.
    Du kannst ja Björn mal eine PN schicken, ob er eine Möglichkeit sieht, die Bilder wieder zu erneuern.
    Ansonsten wird's nämlich schwierig, müsste ja auch jemand Bilder haben, die genau zum text passen.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Moin!


    Eventuell könnte man ja auch mal andenken, daß Björn die Bilder einem anderen Moderator zuschickt, der sie dann hier einbindet.
    Das wäre für ihn vielleicht etwas einfacher.



    LG, Pablo.

  • Hallo zusammen,

    kann man die Bilder die Björn hier eingebunden hat, noch runterladen, oder öffnen. Gegebenenfalls wie? Mir gelingt es jedenfalls nicht.

    VG

    Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.

  • Hallo Christoph,

    danke dir. Sehr schade, aber eventuell schaut Björn nochmal rein und bindet die Bilder hier ein.

    VG

    Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.

  • Hallo Thomas,


    wie Christian schon schrieb, hat Björn bis 2012 die Bilder über den externen Hoster "Imageshack" hier eingebunden und damit leider aufs falsche Pferd gesetzt.:(

    2016 wurde in diesem Thread schon mal darüber diskutiert, wie der Beitrag wieder komplettiert werden könnte.

    Er hatte damals keine Zeit und wird die auch heute kaum haben.


    Am besten schreibst Du ihn persönlich an.

    Eine E-Mail an die Schwarzwälder Pilzlehrschau scheint mir der sicherste und schnellste Weg.


    Das mit den Bildern betrifft leider auch die meisten der wunderbaren "Pilzfestivals", wegen denen ich einst hier hängen blieb.==14


    Liebe Grüße vom Nobi, und vielleicht geht da ja noch was.

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Hallo Nobi,

    danke für deine ausführliche Antwort.

    Das ist "witzig", nachdem ich hier geschrieben hatte, kam mir auch die Idee, Björn direkt anzuschreiben, was ich auch getan hatte. Mal schauen, ob er was machen kann und ob er die Zeit dazu findet. Leider ist es oftmals schwierig Bilder die man eingestellt hat in vernünftiger Zeit auch wieder zu finden. Aber einen Versuch ist es wert.

    Liebe Grüße aus München.

    Thomas

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