Ich liebe Suggestivfragen.
Heute morgen stellte ich ein paar ganz harmlose Fragen.
"Schatz, wollen wir heute mal in die Grube Cox fahren? Da können wir sicher so einiges an Tierkacke einsammeln. Außerdem muss ich das Gebiet gründlich erkunden, besonders den Sumpf. Am Samstag will ich mit Björn dorthin und da muss ich ja wissen, ob sich das überhaupt lohnt.
Und da finden wir bestimmt ne Menge Minipilze, von dem wir jeden eine Dreiviertelstunde lang von allen Seiten fotografieren können. Du musst halt nur die Hunde immer an der Leine halten, weil da viele Spaziergänger mit Dobermännern, Rottweilern und Schäferhunden vorbeikommen."
Zu meiner völligen Überraschung wollte Schatz nicht mit.
Ja und die Hunde kann ich ja auch nicht mitnehmen, wenn ich alleine gehe. Wegen der Dobermänner und so.
Gebont. Ich kann nicht nur alleine weg, Schatz ist auch noch glücklich dass ich nicht darauf bestehe dass sie mitkommt. Juhuuu.
(Anmerkung) Normalerweise freue ich mich, wenn meine Angetraute mitgeht. Aber heute wollte ich halt mal ganz alleine und ungestört nach Herzenslust......
In der Grube angekommen wollte ich vor allem den hinteren Bereich erkunden, in dem wir noch gar nicht nachgeschaut haben. Bisher hat uns das reichhaltige Pilzvorkommen bis dorthin gelangen lassen.
Nun, ich bin noch keine 10 Meter in der Grube, da sehe ich diese im Gebüsch.
Becherlinge? Nix da. Die Hochgerippte Becherlorchel (Paxina acetabulum). Und zwar in Mengen. Überall sprießen sie aus dem Laub.
Ein hübscher Pilz und vor allem ein persönlicher Erstfund. Klar dass die ausgiebigst fotografiert wurden.
Weiter gehts zum Ufer des kleinen Sees. Hier steht jede Menge Schilf, mal sehen ob es da was zu finden gibt.
Ja klar. Jeder zweite am Boden liegende Halm ist mit kleinen Becherlingen bewachsen. Hellgraue, dunkelgraue. mit Rand, ohne Rand, weiße, Cremefarbene, Ojeoje.
Mitnehmen? Nee, kann ich sowieso nicht bestimmen und am Samstag kann Björn vor Ort selektieren. Ein Foto mach ich aber doch.
Da fällt mir das Kriechende Fingerkraut (Potentilla reptans) ins Auge. Muss auch digital mitgenommen werden.
Weiter gehts. Hochgerippte Bechermorcheln allüberall. Kucke links, Bechermorchel. Kucke rechts, Bechermorchel. Bechermorchel, Bechermorchel, Becherm....oooment. Bechermorchel????
Sieht aber irgendwie anders aus.
Mal genau nachgesehen. Aha, ein Napoleonhut.
Das sollte die Grubenlorchel ( Helvella lacunosa) sein. Super, der zweite persönliche Neufund heute. Ich freu mich.
Ein paar Meter weiter steht direkt am Seeufer dann dieser filzige Winzling. Grad mal einen Zentimeter ist der Hut breit. Keine Ahnung, wem der gehört. Mikroskopiert hab ich ihn, dann aber die Segel gestrichen.
Das blaueste blau hat hier der Ehrenpreis (Veronica chamaedrys)
Das grünste gelb, oder das gelblichste grün die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias)
Mr. Big-eye steht jedenfalls drauf.
Und dann, nomen est omen, absolut pünktlich und muss nicht benannt werden.
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Und darüber hab ich mich ganz besonders gefreut. Wenn ich mich nicht irre, ist es das Atlantische Hasenglöckchen, auch Waldhyazinthe genannt. (Hyacinthoides non-scripta). Ganz sicher bin ich nicht, aber ich glaub schon. Hab ich auch noch nie in Freiheit gesehen.
Hier komm ich dann auch in bisher unerforschtes Terrain. Und da finde ich den Oberhammer. Nein kein Pilz, keine Pflanze, ein absolut abgefahrenes Biotop, wie man es in unserer Gegend so gut wie nicht mehr finden kann.
Auf etwas über einem Hektar hat hier der Wald gebrannt. Das muss vor etwa zwei Jahren gewesen sein, wenn ich mir die neue Vegetation anschaue. Überall liegen verkohlte Baumstümpfe, Äste, Kohlestücke, Große Flächen mit teils nackter Erde, teil jungem Moos bedeckt.
Hier werden wir reiche Beute an abgefahrenen Arten machen, die auf Brandstellen angewiesen sind, da bin ich sicher. Vor allem weil das Biotop schon "eingefahren" ist.
Jetzt reicht die Zeit nicht für eine genaue Untersuchung. Ich will vorrangig das Gebiet erforschen und schauen, wo es sich demnächst richtig lohnen könnte.
Trotzdem finde ich natürlich Pilze.
Zum Beispiel den Glimmertintling (Coprinus micaceus). Nicht selten, aber hübsch.
Aber auch dieser, mir unbekannte Geselle steht hier.
Der Maiporling (Polyporus ciliatus) ist mir schon ein paarmal begegnet. Wird trotzdem nochmal abgelichtet.
Den dagegen hatte ich, so glaube ich, bisher noch nicht. Er wuchs auf einem angekokelten Laubholzstubben. Welches Laubholz konnte ich nicht mehr bestimmen. Die Oberseite ist knochenhart, die Fruchtschicht lässt sich mit dem Fingernagle leicht ritzen. Verfärben tut er nicht, jedenfalls nicht in den paar Minuten die ich fürs fotografieren brauchte. Hinweise auf die Identität sind willkommen.
Dann mal zwei Pflanzen, die ich nicht einordnen kann. Zum einen dieses hübsche Blümchen.
Zum anderen dieser Baum. Ich kann mich nicht erinnern, den schonmal gesehen zu haben. Die stehen hier in großer Zahl und werden richtig groß.
Die Samenstände dürften so charakteristisch sein, dass ich es mir erspart habe, den ganzen Baum zu fotografieren.
Ich krieg das morgen sicher raus, aber heute bin ich zu müde, vielleicht weiß es ja jemand aus dem Lameng.
Wie gesagt, überall liegen verkohlte Sämme. Manche haben schon Pilzgesellschaft. Insbesondere die auf Kohle wachsenden Rindenpilze könnten hier interessant sein. Davon gabs viele verschiedene.
Auf dem Heimweg kam ich dann noch bei Froschns vorbei. Die machten ein Mordsgetöse. Leider sind sie genauso scheu wie laut, so dass ich nur mit vollem Zoom und entsprechend schlechter Qualität fotografieren konnte. Den letzten, der angesichts des verlockenden Hinterteils vor sich die Backen aufbläst, musste ich tortz Unschärfe zeigen.:)
So, das war es. Ich hoffe es gefällt und Björn kriegt den Sabber angesichts der monumentalen Brandstelle.
[hr]
Ach so, der Titel.
Als ich nach einigen Stunden nach Hause kam, fragte meine bessere Hälfte wo ich so lange gewesen sei.
Lost in paradies....;)