Ein bisschen Winter vom 16.11.

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 3.910 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Andreas.

  • Hallo miteinander,


    auch bei uns sind die Temperaturen inzwischen auf winterliches Niveau gesunken, hat der Frost sich des Bodens bemächtigt und türmt der Schnee sich in den Wäldern. Dennoch habe ich die Mühe auf mich genommen, habe ich mich durch die Schneemassen gekämpft, um nach Überlebenden Ausschau zu halten.


    Zunächst ein Bild, das schildert welch wideren Bedingungen ich und mein Fahrrad sich ausgesetzt haben. Dem geübten Betrachter fällt auf, dass die Schneedecke hier lokal bis zu wenige Millimeter erreichte, womit ich eingestehen muss, dass es durchaus noch möglich war, 'Überlebende' zu finden.



    1 - Wenngleich dieser hier sich wohl nicht entdecken lassen wollte, färbte er sich doch wie der hier und da verbliebene Schnee. Ich kann ja eigentlich kaum glauben, dass es sich hierbei um einen Pilz handelt, da es eine sehr fellige, flauschige Konsistenz besaß, lasse mich aber gern eines besseren belehren.



    2 - Bei den Folgenden wusste ich woran ich bin, waren ihre Brüder und Schwestern doch erst kürzlich in meiner Pfanne gelandet. Bei denen handelte es sich allerdings noch um Frisch- und nicht wie hier inzwischen um Tiefkühlkost. ( mäxxi: da hatten wir den gleichen Gedanken ;)) Judasohren (Auricularia auricularis-judae:(



    3 - Auch diesen nicht unweit unter gefrorenen Laub hervorglimmernden, von Flöckchen bedeckten, Tintlingen fröstelte es wohl etwas. Glimmertintlinge (Coprinus micaceus:(



    4 - Gut vor Kälte geschützt und erst nach reichlich Umbauarbeiten an ihrem Nadelgeästhäuschen zugänglich gemacht, hatten sich diese Unbekannten eingebunkert. (Lactarius spec.)



    5 & 6 - Ein anderes Verständnis von einem zu Hause hatten die folgenden beiden. Nicht überdacht hofften sie wohl durch ihre geringe Größe der Witterung zu entgehen.



    7 - Meine unbekannten Milchlinge hatten selbiges wohl mit beheizten Dachswimmingpools versucht. Wenig erfolgreich, aber ganz ansehnlich. (Lactarius spec.)



    8 - Diese Trompetenpfifferlinge (Cantharellus tubaeformis) versuchten durch Tarnung der Kälte zu entkommen, womit sie auch einer Entdeckung durch mich fast entgangen wären. Erst als ein in der Nähe befindlicher Semmelstoppelpilz (Hydnum spec.) orange aus dem Laub hervorleuchtete, fielen sie mir ins Auge. Von oben betrachtet hielt ich sie erst für altersschwache Verwandte des Hydnums, aber ein Blick unters Dach zeigte, dass die Verwandschaft etwas entfernter ausfiel.



    9 - Noch ein Paar auffälligerer Genossen, bei näherer Betrachtung aber eher ein paar mehr.



    10 - Eine weitere Art des Schutzes - Assimilierung des Feindes. Gelbstielige Muschelseitlinge (Panellus serotinus) einmal ohne und einmal mit wärmendem Schneedeckchen. (Diese und folgende vorher/nachher Bilder sind übrigens an zwei unterschiedlichen Tagen entstanden)



    11 - Die Weißen Raslinge (Lyophyllum connatum) taten es ihnen gleich.




    12 - Den Austernseitlingen (Pleurotus ostreatus) reichte das offensichtlich nicht aus. Eine dicke Panzerung musste her, um ausreichenden Schutz zu gewährleisten.



    13 - Diese Helmlinge(?) trieben es damit auf die Spitze und legten sich eine undurchdringliche Rüstung zu.



    14 - Nun aber zu den richtigen Eispilzen, deren Zähne wirklich Grund zum Zittern hatten, womit sie gleich mehrerer ihrer Namen gerecht wurden. (Pseudohydnum gelatinosum)



    15 - Diese hier hatten ihre Schutzschicht schon parat, als der Frost noch fern war. Sie mussten den Schleim nur gefrieren lassen.



    16 - Die beiden älteren Herrschaften, die sich auf einer nahen Bank niedergelassen hatten, fragten sich offenkundig, was an den steinernen, moosbewachsenen Wegbegrenzungen denn so photogen sei. Dabei hatten sich die dortigen Pilze so gute Tarnkappen besorgt, dass sie schon wieder auffielen.



    Gleich noch ein paar Bilder aus dem mehr oder minder winterlichen Wuppertal.

  • 17, 18 & 19 - Auf dem Weg zurück in heimische Gefilde hielt eine alte Buche nahe eines Baches inkl. Teich einige Überraschungen für mich bereit. Hier war offensichtlich das Rückzugsgebiet für die verschiedensten Pilzarten, die sich hier sogar in ungefrorenem Zustand niederlassen konnten.
    Zunächst diese drei Unbekannten die ich bei Cantharellus, Cratherellus und Coprinus einordnen würde?



    20 - Die Violetten Lacktrichterlinge (Laccaria amethystea) ließen dagegen keine Fragen offen.



    21 - Ganz im Gegensatz wiederum zu meinem persönlichen Highlight der Woche. Überhaupt einen Röhrling zu entdecken hielt ich für nahezu unmöglich, aber dann noch einen solch schönen. Mein Tipp fällt auf den Blutroten Filzröhrling (Boletus rubellus), aber das heißt ja noch längst nichts.



    22 - Die letzten Begleiter auf dem Weg nach Hause waren verstreut an einem Hang stehende Semmelstoppelpilze (Hydnum spec.). Interessant allein die Unterschiede ihrer Stoppeln. Auf eine nähere Bestimmung habe ich mangels Kundigkeit verzichtet.



    Das war's dann aber auch.


    Grüße...

  • 8|8| Wow, c0ug4r,


    ein ganz dickes Sonderlob kriegst Du von mir für diesen Beitrag mit fantastischen Bildern von Pilzen, die mich in einen fernen Herbst entführen :thumbup:. Und dann noch so wunderbar getextet :thumbup::thumbup:: ein Lesegenuss von der ersten bis zur letzten Zeile. Weltklasse!!


    Danke und lieber Gruß,
    mäxxi

    We shall by morning
    Inherit the earth.
    Our foot's in the door.

  • Hallo c0ug4r,


    Zu deinen Röhrlingen (21): Die halte ich alle für bereifte Rotfuss-Röhrlinge - Xerocomus pruinatus, Xerocomus rubellus hat eine chromgelbe Basis und die Mycelfäden sind ebenfalls gelb. (Laux)


    Ansonsten, schöne Bilder. :thumbup:

  • Hallo cOug4r,


    1) zeigt sogenanntes Haareis (also kein Pilz), 3) könnte durchaus C. micaceus zeigen, allerdings sind da auch andere Tintlinge makroskopisch nicht immer zu unterscheiden, 5) dürfte einen Gemeinen Trompetenschnitzling (Tubaria furfuracea) zeigen, 6) Mäuseschwanzrüblinge (Baeospora myosura), 9) Samtfußrüblinge (Flammulina velutipes), 16) Kaffeebrauner Gabeltrichterlinge (Pseudoclitocybe cyathiformis), 18) Verbogene Leistlinge (Pseudocraterellus sinuosus), 19) Graue Falten-Tintlinge (Coprinus atramentarius) und 21) Herbst-Rotfußröhrlinge (Xerocomus pruinatus).


    Schöne Grüße
    Gernot

  • Hallo cOug4r,
    sehr schöne Fotos und herrlich getextet, das hat Spaß gemacht. Danke!


    @ mäxxi: Haareis, Eiswolle... was es nicht alles gibt. Habe ich noch niemals gehört, geschweige denn gesehen. Man lernt hier jedesmal dazu. Auch hierfür einen Dank!
    Herzliche Grüße Sabine

  • Hallo miteinander,


    und erstmal Danke für euer Lob.


    Ich kann mich Sabine nur anschließen - Haareis - was es nicht alles gibt. Jetzt im Nachhinein fällt mir ein, dass ich es nur mit Handschuhen 'untersucht' habe, aber selbst wenn ich es mit den Händen zum Schmelzen gebracht hätte, wäre ich nicht weniger erstaunt gewesen.


    Danke natürlich auch für die Bestimmungen der nicht-eisigen Exemplare. Scheint soweit alles im Bereich des Möglichen zu liegen. Wusste nicht, dass ein Rotfußröhrling so ins Violette gehen kann.


    Grüße...

  • Hi c0ug4r,


    danke, du hast mir den langweiligen Abend gerettet!:thumbup:


    Fußball, Show, Reportagen - Fernsehen war heute nicht mein Fall.
    Im Radio läuft Dudelmusik und die Zeitung hatte ich schon heute Morgen gelesen.


    Ein Blick in das Pilzforum - you made my day!;)


    Super Reportage, tolle Bilder, klasse Begleittext - wo kann man sowas für den Pulitzer vorschlagen?:)


    Danke.
    schönes Restwochenende
    euch allen,
    lieben Gruß,
    Meinhard

    Erfahrungen sammelt man wie Pilze: einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist.

    Einmal editiert, zuletzt von emmess2006 ()

  • Hallo zusammen,



    @ mäxxi und c0ug4r: Unglaublich, dieses Haareis hab ich auch noch nie gesehen. 8| Danke für die Bilder, c0ug4r :thumbup:



    Ja, Xerocomus pruinatus kann auch solche Farbtöne besitzen. (Aber nie so intensiv oder blutrot wie Xer.rubellus.)
    Hier weitere Infos und Fotos:


    Blutroter Röhrling (Leider kein Foto von der Wurzel)


    und


    Bereifter Herbst-Rotfuss


    LG
    Andreas

  • Hallo Meinhard,


    freut mich, wenn ich ein wenig Entertainment liefern konnte; danke für die Lobeshymne :)


    Danke, Andreas, für die Bildquellen. Es ist schon ein gewisser Unterschied von einem dunklen Violett zu einem blutigen Rot zu erkennen.


    Grüße...

  • Hallo Bird,


    Zitat


    Ich hätte gern auch mal nen Sack voll Judasohren... aber bei uns habe ich noch nie welche gesehen


    Mir gehts da ähnlich, hab die schon lange nicht mehr gesehen. :/ Judasohren sind aber nicht gefährdet sondern kommen ganzjährig und eigendlich überall auf verschiedenen abgestorbenen Laubholzarten vor.


    Schönes Wochenende wünscht


    Andreas