Peziza

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 5.188 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Gelbfieber.

  • Hallo Pilzfreunde,


    diesen Becherling habe ich heute auf einem alten, morschen Baumstamm gefunden. Kann jemand bei der Bestimmung helfen?





    Zusätzliche Angaben kann ich, wenn notwendig, noch machen. Ich habe den Pilz noch und kann auch evtl. noch weiter mikroskopieren.


    LG
    Rita

  • Hallo Tanja, Gernot,


    danke für eure Hilfe!


    Hier noch eine Aufnahme von den Paraphysen. Die Aufnahme ist nicht besonders gut, aber ich denke, man kann das Wesentliche erkennen.



    LG
    Rita

  • Hallo und guten Abend Gernot,


    ob nun Tanja Peziza varia s.l. geschrieben und P. micropus gemeint hat hilft Rita aus meiner Sicht nicht weiter. Das Pilzchen sollte auch einen Namen bekommen! Peziza varia ist doch eigentlich mikroskopisch rel. leicht von P. micropus zu trennen.
    Zur Absicherung von Peziza varia ist aus deiner Sicht noch die Form der Paraphysen sehr hilfreich. Meinst du jetzt P. varia oder P. micropus?


    Eine gute Zeit und Tschüß
    Gelbfieber

  • Hallo Uschi,


    was Tanja meinte, ist das der Artenkomplex um Peziza varia sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in mehrere Arten auftrennen lässt, wie dies derzeit in manchen Schlüsseln gehandhabt wird. Dies betrifft in erster Linie die Arten cerea, micropus, repanda und varia. Alles dasselbe! Es gibt keine durchgehenden Merkmale die mit der Ökologie korrelieren. Ich kenne holzbewohnende Kollektionen mit moniliformen Paraphysen und bodenbewohnende ohne solche. Es gibt dunkelbraune an Stein und gelbe an Holz. Die in der Literatur erwähnte Mehrschichtigkeit des Excipulum gegenüber einem einschichtigen geht auf unterschiedliche Schnitttechnik zurück: einmal radial geschnitten, das andere mal tangential ....
    Neben meiner eigenen Erfahrung mit dieser Gruppe stammen diese Aussagen voprrangig auf den Erkenntnissen eines Mykologen her, der Peziza als Dissertationsthema bearbeitet. Sie basieren auf sehr vielen Kollektionen. Meine vielleicht zwei Dutzend untersuchten decken sich mit dieser Einschätzung.


    Nun gibt es aber noch eine andere Peziza micropus, nämlich ss. DONADINI. Die zeichnet sich, neben anderem das ich vergessen habe, in erster Linie durch die fein warzigen Sporen aus. Sehr fein, feiner als bei P. arvernensis, etwas so wie bei Miladina lechitina.
    Diese Peziza micropus ss. DONADINI ist möglicherweise, sogar recht wahrscheinlich (wiederum laut dem Peziza-Dissertenten) die echte P. micropus - und ist sowohl tatsächlich existent (wenn auch selten) als auch sicher vom varia-Komplex verschieden.


    Nun weiß ich nicht, welche micropus Du meinst, aber ich vermute mal die glattsporige, so wie sie ja zumeist aufgefasst wird. Diese anhand der eingeschnürten Paraphysen gegenüber den nicht eingeschnürten zu trennen, scheint mir nicht gerechtfertigt (s.o.). Hast Du noch weitere Merkmale? Würde mich interessieren, weil ich mir auch lange an dieser gruppe die Zähne ausgebissen habe und recht glücklich war als ich vor einigen Jahren von dieser unveröffentlichten Peziza-Arbeit erfuhr.


    beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo und guten Tag Andreas,


    vielen Dank über deine Einschätzung im Bereich Peziza varia.


    Leider ist das nur ein Tipp für mich, denn um Pilze zu bestimmen muß ich mich an die veröffentliche Literatur halten und die trennt nun mal P. varia von micropus.
    Diese unveröffentlichte Peziza Arbeit mag sicherlich interessant sein und neue Erkenntnisse zeigen doch hilft sie uns momentan bei der Bestimmung nicht weiter. Schau mal Andreas, wenn ich nun meine Arbeit (nicht veröffentlicht und noch nicht abgeschlossen) die deiner Auffassung zu Peziza varia nicht entspricht auch noch in die Wagschale werfe dann kommen wir zu keinem gescheiten Ergebnis.
    Ich denke wir sollten uns an die einschlägige veröffentlichte Literatur halten und danach Pilze bestimmen.


    Eine gute Zeit und Tschüß
    Gelbfieber


    PS.: Gernot sagt gar nichts mehr –¦.. nanu?!

  • Zitat

    Zur Absicherung von Peziza varia ist aus deiner Sicht noch die Form der Paraphysen sehr hilfreich. Meinst du jetzt P. varia oder P. micropus?


    Beide, nachdem P. varia und P. micropus (nicht P. micropus ss. Donadoni, damit da keine Missverständnisse entstehen) das selbe sind.

  • Hallo Uschi,


    Zitat


    vielen Dank über deine Einschätzung im Bereich Peziza varia.
    Leider ist das nur ein Tipp für mich, denn um Pilze zu bestimmen muß ich mich an die veröffentliche Literatur halten und die trennt nun mal P. varia von micropus.


    natürlich ist das nur eine Einschätzung. Das ist es immer, egal ob veröffentlicht oder nicht.
    Die Literatur trennt varia von micropus? Das mag bei der von Dir verwendeten so sein, aber es gibt auch andere Publikationen.


    Zitat


    Diese unveröffentlichte Peziza Arbeit mag sicherlich interessant sein und neue Erkenntnisse zeigen doch hilft sie uns momentan bei der Bestimmung nicht weiter.


    Es sind nicht wirklich neue Erkenntnisse, es ist "nur" eine Bestätigung derer, die auch vorher schon für eine Zusammenlegung mangels konstanter Trennmerkmale plädiert haben. Und übrigens ohne molekulare Untersuchungen, eine rein morphologische Arbeit. Und natürlich hilft sie bei der Bestimmung weiter. ALLES hilft weiter, egal ob publiziert oder nicht, jede Erfahrung eines jeden Forumsteilnehmer hilft mir weiter. Darum liebe ich diese Foren ja auch so.


    Zitat


    Schau mal Andreas, wenn ich nun meine Arbeit (nicht veröffentlicht und noch nicht abgeschlossen) die deiner Auffassung zu Peziza varia nicht entspricht auch noch in die Wagschale werfe dann kommen wir zu keinem gescheiten Ergebnis.


    Aber ist das nicht oft so? Man bestimmt einen Pilz. Dann schaut man sich den in weiterer Literatur an, entdeckt Unstimmigkeiten. Entweder zwischen den verschiedenen Artauffassungen, den verschiedenen Literaturen (sorry an alle Germanisten ...) oder zwischen den eigenen Erfahrungen und "der" Literatur usw.. Das wirft man dann in die Waagschalen und tendiert dann zu einem Ergebnis. Welches man selbst vielleicht 10 Jahre später wieder revidiert, weil NOCH MEHR eigene Erfahrung dazugekommen ist, NOCH MEHR Literatur gelesen wurde, usw.


    Zitat


    Ich denke wir sollten uns an die einschlägige veröffentlichte Literatur halten und danach Pilze bestimmen.


    Da bleibt uns meist nix anderes übrig. Aber wenn ich die Möglichkeit habe, (noch?) unveröffentlichte Quellen ebenfalls in meine Erwägungen miteinzubeziehen, dann werde ich das natürlich tun. Jede Aussage hier im Forum à la "bei mir wächst der aber auch unter Kiefern" z.B. ist eine unveröffentlichte "Publikation", die ich natürlich registriere und wie auch immer gewichte.


    Übrigens sind Dissertationen gültige Veröffentlichungen, denn sie sind in einer gewissen Auflage erschienen und sind zumindest über die Uni, an der sie abgegeben wurden, auch einsehbar, und damit auch öffentlich zugänglich. Wenn auch recht kompliziert. Nichts desto dennoch, wenn jemand in seiner Dissertation eine Art neu beschreiben würde, dann wäre diese gültig veröffentlicht.


    beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo und guten Abend Andreas,


    in deiner Antwort erwähnst du u. a.:


    Zitat

    Die Literatur trennt varia von micropus? Das mag bei der von Dir verwendeten so sein, aber es gibt auch andere Publikationen.


    Um einen Einblick zu gewinnen warum in den –žanderen–œ Publikationen P. varia nicht von micropus getrennt wird habe ich eine Bitte.
    Sei bitte so lieb und teile mir Herausgeber, Titel und Verlag dieser anderen Publikationen mit so das ich mich mit Hilfe dieser Veröffentlichungen informieren kann. Nicht zu vergessen natürlich die Dissertation die du erwähnt hast.


    Eine gute Zeit und Tschüß
    Gelbfieber

  • Hallo Uschi,


    habe mal in meiner Literatur so auf die Schnelle gekramt und nicht allzuviel gefunden - bin halt doch schon recht lange aus den operculaten raus. Aber dennoch, den eigentlichen Schlüsselartikel habe ich als pdf und kann ihn Dir auf Wunsch auch gerne mailen:


    HANSEN, LASSOE & PFISTER: Phyllogenetic diversity in the core group of Peziza inferred from ITS sequences and morphology. Mycological Research 106(8): 879-902, 2002.


    Schau Dir auch z.B. mal den Bestimmungsschlüssel in den "Nordic Macromycetes" an. Schlüsselpunkt 36/36* zeigt Peziza cerea und Peziza micropus. Kannst Du irgendeinen Unterschied in den beiden Schlüsselbschreibungen herauslesen? Ich nicht.


    Hier der Schlüssel von SVRCEK (Ceska Mycologia 1970(2)) über die varia-Gruppe:
    3b) Sporenwand glatt ....... 4
    4a) Thezium hell ockergelb, manchmal sehr blaß. Medulla oft ohne faserige Mittelschicht. Vorwiegend auf bloßem, besonders durch menschliche Tätigkeit berührtem Boden, in Gebäuden, Kellern und Höhlen ........ PEZIZA CEREA Bull.ex Merat
    4b) Thezium ockerbraun bis kastanienbraun. Medulla mit deutlicher faseriger Mittelschicht. Auf faulem Holz, besonders auf liegenden Laubstämmen ........ PEZIZA MICROPUS Pers.ex Pers.
    4c) Thezium gelbbraun bis dunkelbraun. Medulla mit deutlicher, vorwiegend bräunlich gefärbter faseriger Mittelschicht. Auf dem Erdboden, auf Schutthalden, auf abgefallenem Mörtel usw. ....... PEZIZA VARIA (Hedwig) ex Fr.


    Der immer mal wieder erwähnte Unterschied in der Stärke der Mittelschicht ist je nach Wachstumsbedingungen mal stärker mal weniger stark ausgeprägt und kein geeignetes Trennmerkmal. Selbst SVRCEK gibt ja bei cerea an "oft ohne ....", was also im Umkehrschluss bedeutet "gelegentlich mit ...."


    Die erwähnte Dissertation stammt von G. HIRSCH, eingereicht an der Friedrich-Schiller-Univeristät Jena. Das Jahr kann ich Dir nicht sagen, ich schäze mal so etwa 1980 oder so. Werde Gerald aber bei Gelegenheit danach fragen, er wollte mir das Teil eh mal mailen. Wenn ich es habe werde ich es Dir weiterleiten.


    Mehr fällt mir grad nicht ein dazu, ich hoffe, das hilft Dir schon mal etwas weiter.


    Und bitte, um klar zu stellen: Ich stelle MEINE Meinung dar, die ich mir aufgrund gelesener Literatur, Diskussion mit anderen und eigener Erfahrungen gebildet habe. Die ist nie fix und kann durch weitere Funde, Literatur, Diskussion natürlich auch geändert werden. Und natürlich erwarte ich nicht, dass Du/jeder/jemand MEINE Meinung teilt, schon gar nicht unkritisch. Naturwissenschaft lebt von der kritischen Hinterfragung!


    beste Grüße,
    Andreas

  • Hallo und guten Tag Andreas,


    das mikroskopische Merkmal inflated paraphyses bei P. varia in Nordic Macromycetes werde ich bei einem Vergleich Peziza varia –“ Peziza micropus nicht außer Betracht lassen da auch u. a. Hohmeyer und B&K diese angeschwollenen Paraphysen erwähnen. Auch im DENNIS ist varia mit eingeschnürten angeschwollenen Paraphysen angegeben und im Vergleich zu P. micropus - schlank, gerade, leicht kopfig. Ob sich varia von micropus über ihre Färbung trennen lässt möchte ich momentan nicht beurteilen aber der Standort rottening wood of deciduous trees für P. micropus ist doch schon mal was. In wet cellars and garages on plaster covering timber, straw (laut Nordic macromycetes) für P. cerea ist doch auch ein rel. gutes Trennungsmerkmal. Was Moravec in A World Monograph of the genus Cheilymenia zu dieser Gruppe sagt werde ich in der kommenden Woche nachlesen (Buch z.Z. nicht zur Hand) und berichten. Peziza cerea, micropus, repanda und varia in einen Topf zu werfen, sprich zu sagen ist alles das gleiche, ist in meinen Augen zu früh da zumal im überwiegenden Teil der Literatur und selbst in der Online-Kartierung diese Arten getrennt werden. Leider ist mikroskopisch nicht allzu viel zu machen. Sporen ohne Ornament und bei fast gleicher Größe geben für eine Bestimmung dieser Gruppe halt nichts her. Ich denke meine/unsere Hoffnung zu Unterscheidung (wenn überhaupt) liegt bei den Paraphysen, dem Standort und den makroskopischen Merkmalen –“ warten wir es ab ;)
    Mit deinem Schlusssatz


    Zitat

    Und bitte, um klar zu stellen: Ich stelle MEINE Meinung dar, die ich mir aufgrund gelesener Literatur, Diskussion mit anderen und eigener Erfahrungen gebildet habe. Die ist nie fix und kann durch weitere Funde, Literatur, Diskussion natürlich auch geändert werden. Und natürlich erwarte ich nicht, dass Du/jeder/jemand MEINE Meinung teilt, schon gar nicht unkritisch. Naturwissenschaft lebt von der kritischen Hinterfragung!


    kann ich sehr gut leben und denke auch das es sehr wichtig ist, wie du es geschrieben hast, das hinterfragt wird.
    Bertüblich finde ich das aus deiner Aussage

    Zitat

    –¦–¦.–œ ist das der Artenkomplex um Peziza varia sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in mehrere Arten auftrennen lässt, wie dies derzeit in manchen Schlüsseln gehandhabt wird. Dies betrifft in erster Linie die Arten cerea, micropus, repanda und varia. Alles dasselbe! –¦–œ


    wenig später durch einem Leser in einem Folgebericht die sehr wichtigen Worte MIT HOHER WAHRSCEINLICHKEIT weggelassen wurden und Peziza varia und P. micropus als das selbe bezeichnet wurde. So wird sprichwörtlich aus einer Mücke ein Elefant. Ein Schnellschuss der andere Leser ohne einschlägige Literatur doch sehr verwirren kann.
    Rita
    Dein Pilzchen würde ich Peziza spec. nennen. Es ist m. E. kein Beinbruch ein Pilzchen nicht vollends bestimmt zu haben. Herr Professor Butin hat mir einmal bei einer missglückten Bestimmung gesagt –¦ –žFrau Kozik, das ist ihr Hobby und keine wissenschaftliche Arbeit –“ haben sie Freude daran–œ
    Andreas, Literatur über Peziza und allgemein über Ascomyceten ist im –žHause Gelbfieber–œ immer willkommen :) Den Schlüssel von SVRCEK habe ich aber die Arbeit von HANSEN, LASSOE & PFISTER interessiert mich schon.


    Eine gute Zeit für euch FÜNF und Tschüß
    Gelbfieber