Blutige Milch

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 5.849 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Rada.

  • Hallo, ihr Mycos,


    ich möchte euch heute eine Fotoserie des Blutmilchpilzes (Lycogala epidendrum) präsentieren.


    Als ich das erste Mal die maximal 1 cm großen Fruchtkörper-Kügelchen (Aethalium) dieses Schleimpilzes sah, dachte ich an Mini-Boviste. Hier im Forum wurde ich aber rasch aufgeklärt. Auch das blass rosafarbene Sporenpulver ist ein wichtiges Merkmal:



    Mittlerweile habe ich etwas Erfahrung. Daher kann ich sogar das Schleimstadium (Plasmodium) zeigen:



    Wenn die Fruchtkörper jung sind, beherrschen rote Farben das Bild:



    Beim Anstechen der jungen Fruchtkörper entweicht eine blutrote Flüssigkeit:



    Später verflacht die Intensität der Färbung:



    Hier lebt der Blutmilchpilz in enger Nachbarschaft zum Geweihförmigen Schleimpilz (Ceratiomyxa fruticulosa):



    Auf der Oberfläche zeigen sich warzenartige Erhebungen:



    Manchmal findet man größere Ansammlungen. Da hatte das Plasmodium eine besonders ergiebige Nahrungsquelle erschlossen:



    Reife Fruchtkörper sind grau-oliv:



    Auch Schleimpilze müssen den Weg alles Irdischen gehen. Hier macht sich eine Made an die Reste:



    Bleibt noch zu ergänzen:
    - Der Blutmilchpilz kommt weltweit vor.
    - Es ist der älteste in der Literatur beschriebene Schleimpilz (PANCKOW 1654).
    - Etymologie des wissenschaftlichen Namens: Lycogala (gr. lycos = Wolf, gala = Milch); epidendrum (gr. epi = oben auf; dendron = Baum)


    H Gr Dryocopus

  • Wow!
    Was für eine feine und schöne Dokumentation! :thumbup:
    So was sehe ich gerne.


    Die vielen verschiedenen Farben verwundern mich Ahnungslosen schon etwas.
    Sicher daß nicht auch andere Arten als der Blutmilchpilz aus der Gattung Lycogala darunter sind ?
    Ich habe ja keinen Plan wie sich die anderen Arten darstellen.

  • Hallo Dryocopus!


    Sehr schön dokumentiert mit klasse Fotos!


    In dieser Art findet man Schleimpilze (fast oder gar?) nirgends (im Netz) beschrieben, zumeist muss man sich die Einzelstadien einer Art mühsam zusammensuchen und dabei kumulieren sich die Bestimmungsungenauigkeiten ins Unkalkulierbare.


    Sehr schön auch Deine Namenserklärung, die m. E. den "Wissenschaftlichen-Namen-Verweigerern" zeigt, dass dieselbigen durchaus auch ihren Sinn haben und (im Falle entsprechender sprachlicher Voraussetzungen) natürlich auch bestimmungmäßig gesehen sehr hilfreich sein können.
    Zudem beinhalten sie in diesem Falle sogar die Empfindungen eines Menschen, der sich bereits vor Jahrhunderten mit diesem Lebewesen auseinandersetzte. Ich finde das sehr interessant!

    Ich denke doch, dass es auf jeden Fall von großer Bedeutung wäre, sich einmal das Kompendium von Karlheinz Baumann anzusehen.


    Kennst du die drei Bände von "Die Myxomyceten Deutschlands und des angrenzenden Alpenraumes unter besonderer Berücksichtigung Österreichs"?


    Du scheinst Dich sehr in die Materie eingearbeitet zu haben... --> siehst Du eine makroskopische Unterscheidungsmöglichkeit von L. epidendrum und seinem "Angstgegner" L. terrestre?


    In diesem Zusammenhang wäre es noch ganz interessant, warum diese Art das Attribut "terrestre" bekommen hat...?


    Grüße Dich,


    Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!


  • Es ist ziemlich sicher alles dieselbe Art. Es gibt bei uns insgesamt vier Lycogala-Arten:


    - Lycogala epidendrum (s. o.; Aethalien bis 10 mm, graurosa, gelbbraun, braun bis schwarz etc.; eine der häufigsten Schleimpilzarten überhaupt)
    - Lycogala exiguum (kleine Aethalien: 2- 5 mm, gedrängt wachsend, dunkelbraun oder schwärzlich)
    - Lycogala flavofuscum (Aethalien grau, silbrig glänzend, bis 30 mm)
    - Lycogala conicum (Aethalien konisch, Hülle mit zellähnlicher Struktur, 1- 3,5 mm)


    vgl. Neubert/Nowotny/Baumann: Die Myxomyceten, Band 1.


    H Gr Dryocopus[hr]


    Hallo, Fredy,


    ich bin ein blutiger Anfänger und begeistere mich an den Farben und Formen, die ich fotografisch dokumentiere. Natürlich möchte ich wissen, was ich abgelichtet habe. Deswegen habe ich mir auch neuerdings die Monographie von Neubert/Nowotny/Baumann zugelegt.


    Das Mikroskop habe ich noch nicht zur Hand genommen (wird aber folgen).


    Du bist ein alter Fuchs und weißt natürlich auch von Lycogala terrestre, eine Art, die bei Baumann nicht verzeichnet ist. Ich halte die Diskussion noch nicht für ausgegoren und sehr im Fluss. Insofern könnte es natürlich sein, dass ich zwei Zwillingsarten abgelichtet habe. Man beachte aber, dass nach der Diskussion bei PilzePilze sogar die Mikromerkmale übereinstimmen!


    H Gr Dryocopus

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Dryocopus,


    tolle Dokumentation! Es macht richtig Spaß, sich das anzuschauen und durchzulesen!


    Danke dafür!


    lg,
    Melanie

    Gnolmige Gnüße, Gnelmanie die Rote

    "In den Wäldern sind Dinge,
    über die nachzudenken,
    man jahrelang im Moos liegen könnte."

    -Franz Kafka-
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  • Sehr schön dokumentiert :thumbup:


    Gruß

    Pilzsachverständiger DGfM - Pilzberatung und Lehrwanderungen in Hessen
    Genaue Bestimmung der Funde und Essensfreigaben gibt es nur von Pilzsachverständigen vor Ort

  • Ahoi, Dryocopus,


    kann mich dem vorher Gesagten nur anschließen:
    tolle Doku, bring' ruhig mehr von der Art!


    LG
    Malone

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    Link: Verzehrfreigaben gibt es online nicht

    Galerie: Pilzfotos "zum Anfassen"/Stereobilder

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  • Eine wirklich brauchbare Doku mit hervorragenden Bildern. Dokumentationen sollten dem Betrachter dienen, die eigenen Beobachtungen im Feld nachzuvollziehen und einordnen zu können. Das ist Dir ganz hervorragend gelungen. :thumbup: