Welcher Schneckling oder Schleimkopf?

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 2.471 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Graubart.

  • Guten Abend,
    bei einem Spaziergang mit schönen Funden (über die schreibe ich getrennt) bin ich auf einen Pilz gestossen, bei dem ich erst gedacht habe: da habe ich keine Chance, den zu bestimmen. Ich habe ihn trotzdem fotografiert.


    Inzwischen habe ich zwar einige Ideen, was es sein könnte, aber keine passt zu 100%. Vielleicht kann mir jemand auf die Sprünge helfen.


    Zuerst: es war nicht ein Pilz, es waren viele, die gesellig im Gras zwischen Forstweg und Wald (und ein wenig im Wald in der Laubstreu) wachsen.
    Der Waldabschnitt wird dominiert von kräftigen Rotbuchen, dazwischen mächtige Eichen, und im Waldrandbereich Hainbuchen. Die Hainbuchen sind zum Teil Bäume, zum Teil schmächtige Sträucher.
    Für die Pilzbestimmung kann man daher nur Nadelbäume und Birken ausschließen.


    Boden: basisch, Silikat (verwitterter Basalt, nördlicher Vogelsberg, TK 5320), 300 m hoch gelegen.


    Hutdurchmesser der voll entwickelten Pilze: 5-7 cm, Stiellänge etwa genauso, Hut ca 1 cm Höhe


    Geruch (voll entwickelter Pilz): streng, für mich unangenehm.
    Geschmack (voll entwickelter Pilz):wässrig, zuerst ohne Geschmack, dann bitter (dann ausgespuckt)


    Dann komme ich zu den Bildern:


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    Es hat an dem Tag häufiger geregnet. Der Hut war sehr schleimig, der Stiel war für mein Gefühl trocken, allenfalls ein wenig glatt.


    Beim Schlüssel von "Großpilze von Baden-Württemberg, Band 3" komme ich bei Hygrophorus lindtneri var. unicolor = Hygrophorus unicolor = Seidiggerandeter Schneckling oder Orangefalber Schneckling heraus.
    Leider wird dort die Morphologie gar nicht beschrieben sondern nur auf den Schlüssel und auf Aufsätze von G. J. Krieglsteiner verwiesen, was ja nicht der Sinn so eines Buches sein sollte.


    Im Schlüssel wird auf die dunklere, farbige Mitte hingewiesen. Das passt.


    Skeptisch bin ich wegen dem Geruch / Geschmack - es sei denn, die Exemplare sind älter und stärker verwest als es für mich den Anschein hatte.


    Außerdem steht bei fast allen Schnecklingen, dass die Lamellen entfernt stehen, was meiner Meinung nach auf meinen Fotos nicht der Fall ist.


    Alternativen mit ähnlichem Aussehen:
    - Hygrophorus poetarum (schöner Name) = Isabellrötlicher Schneckling. Aber "Hut creme bis fleischfarben, Lamellen elfenbein" trifft nicht zu.
    - Hygrophorus eburneus var. discoxanthus = Hygrophorus discoxanthus = Verfärbender Schneckling. Hier soll aber der Hut weiss sein und erst im Alter die Farbe vom Rand in Richtung Mitte wandern. Bei "meinen" Pilzen ist der Rand heller als die Mitte.


    Bleiben wegen unangenehmem Geruch noch die Schleimköpfe, die mit den Klumpfüßen eine Gruppe der Schleierlinge (Cortinarien) bilden. Aber ich kann nichts von einem Schleier entdecken. Davon hatte ich neulich Exemplare gefunden, aber als Anfänger hat man da anscheinend keine Chance.


    Was ist Eure Meinung?


    Viele Grüße
    Lothar

  • Hallo Lothar,
    Hebeloma, Fälbling, typischerweise mit Rettichgeruch und bitterem Geschmack. Es gibt aber auch geruchliche Querschälger von Kakao über Marzipan bis irgendwie süß. Deine hatten sicher Rettichgeruch.
    Grüße
    hübchen

  • Was hübchen noch sagen wollte: Hebeloma erkennst du an den milchkaffeefarbenen Lamellen. Die sind auch oft gesägt, gekerbt und mit dunklen Punkten versehen (= eingetrocknete Guttationstropfen). Viele Hebeloma-Arten haben im feuchten Zustand eine schmierig-schleimige Hutoberfläche.


    Hygrophorus-Arten hätten schmierige, weiche Lamellen (wie Wachs, daher auch "Wachsblättler", Hygrophoraceae). Diese sind oft hell, weißlich, gelblich, cremefarben, nie aber so graubraun wie hier.


    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

  • Vielen Dank! Darauf wäre ich nie gekommen. Ich hatte zwar ab und zu im Forum von den Fälblingen gelesen, aber nicht gedacht, dass die mir unterkommen und dass es dabei schleimige gibt. Vor kurzem hatte ich Elfenbeinschnecklinge gefunden, stimmt, die hatten weiße Lamellen. Die hatten mich auf die Idee mit den Schnecklingen gebracht.


    Ich hätte doch mal bei den Blätterpilzen den Schlüssel von vorne angehen sollen statt zu raten.


    Na, dann schau ich mal bei den Fälblingen, den mir bisher unbekannten Wesen.


    Vielen Dank,
    Lothar

  • Hallo Björn und Hübchen,


    war bei mir schon wieder fast in Vergessenheit geraten, obwohl es mir auch Gerd erst vor Kurzem gesagt hatte. Die milchig - kaffebraune Farbe der Lamellen bei hebeloma, Fälbling. Danke für die Erinnerung.


    VG Markus

  • Dieses Mal hat der Bestimmungsschlüssel von HORAK (Röhrlinge und Blätterpilze in Europa. 2005) bei der Bestimmung der Art geholfen.


    Ich bin bei
    Hebeloma crustuliniforme = Tongrauer Tränenfälbling oder Tonblasser Fälbling, gelandet. Er wird auch Kleiner Rettichfälbling genannt wegen der Ähnlichkeit zum (Großen) Rettichfälbling (Hebeloma sinapizans) .
    Den Geruch nach Rettich kann ich jetzt bestätigen, ich hatte ein Exemplar mitgenommen. Ich fürchte aber, da ich den Radi-Geruch nicht sofort erkannt habe, bekäme ich Schwierigkeiten bei der Einbürgerung in Bayern ;) . Farbe der Sporen: "zimtbraun" stand in einem der Schlüssel. Das trifft es auch gut.


    Auf den Webseiten der Zeitschrift "Der Tintling" ist er kurz und knapp dargestellt
    <a href="http://www.tintling.com/pilzbuch/arten/h/Hebeloma_crustuliniforme.html">http://www.tintling.com/pilzbuch/arten</a>/h/Hebeloma_crustuliniforme.html
    Das gilt auch für die anderen Artenportraits der Gattung Hebeloma.


    Fazit: ich bin zufrieden, freue mich noch mehr, wenn ich die Pilze sehe, und bedanke mich ganz herzlich besonders bei hübchen und Björn


    Viele Grüße
    Lothar