Hallo,
ich hatte ja folgendes noch zu klären:
Nun, ich bin vor 2 Std nach Hause gekommen und hab mich sodann ans Mikro gesetzt, in Erwartung, dass das Teil irgendein Rindenpilz aus der Gattung der Traubenbasidien (Botryobasidium) sein könnte. Am Ende hieß es aber Schrauben anstatt Trauben
Naja, ich hab von dem vermeintlichen Rindenpilz etwas abgekratzt, habs unters Mikro gelegt und sofort irgendwas komisches gesehen: Sporenständer, die tatsächlich aussehen wie Schrauben, so ganz anders als die gewöhnliche, zylindrische Form mit den meist 4 "Hörnern" oben dran.
Dass diese Sporenständer nicht immer so aussehen, war ja schon vorher klar. Dafür braucht man nur Pilze wie das Judasohr, den Klebrigen Hörnling oder den Goldgelben Zitterling zu untersuchen, denn diese Arten gibt es ja sowieso an allen Ecken. Hier kann man kugelige, längs- und/oder quergeteilte Sporenständer mit megalangen Sterigmen entdecken.
Die Form dieser Sporenständer hat nach aktueller Ansicht eine bedeutende Rolle, wenn es darum geht, Pilze zu verstehen und deren stammesgeschichtliche Entwicklung nachzuvollziehen. Man geht also davon aus, dass diese unförmigen Sporenständer, die aus mehreren Einzelzellen bestehen, primitiv sind, und sich erst viel später daraus die ungeteilten, meist 4sporigen, zylindrischen Basidien gebildet haben (wie wir sie bei etwa 80% aller Ständerpilze kennen!).
Erstmals kann ich euch hier also eine Art vorstellen, die als Brücke zwischen diesen urtümlichen, heute bei den Rostpilzen angesiedelten Arten und den Pilzen der Neuen Ära gelten darf.
Colacogloea peniophorae, Aufsitzender Schraubenbasidienpilz
Merkmale:
Fruchtkörper bestehend aus kugeligen, etwa 1-4 mm breiten, blassgelblichen Individuen, die mit zunehmendem Wachstum auch zusammenfließen können. Die Fruchtkörper sitzen direkt der Fruchtschicht des Rindenpilzes auf und parasitieren wohl an diesem.
Mikroskopisch auffällig sind natürlich die schraubenartig gedrehten Sporenständer mit seitlich abzweigenden, bis 50 µm langen Sterigmen, an deren Ende sich jeweils eine elliptische, hyaline Spore befindet. Auf dem Foto habe ich mittels eines Programms die Basidie rot, die Sporen blau gefärbt. Es sind auf den Bildern auch einige, spindelige, schmale Konidiensporen zu erkennen, die ebenfalls zu dieser Art gehören sowie weitere, schiffchenförmige Sporen, die wohl zum Wirt (wahrscheinlich Botryobasidium!) gehören.
Funddaten:
17.X.2012, Bergisches Land, an feuchtliegendem, entrindetem Holz von ?Fagus, leg./det. bwergen.
Und jetzt zum Schluss die Erkenntnis:
Schraubenbasidie auf Traubenbasidie!
That's mycology
lg björn
[hr]
Übrigens: Der Pilz ist auch makroskopisch sichtbar, hier nochmal das Bild von oben, diesmal mit dem Pfeil, der auf einen Fruchtkörper von Colacogloea peniophorae zeigt.
lg björn