"Ich hätte mir den Geschmack intensiver vorgestellt!"

Es gibt 40 Antworten in diesem Thema, welches 13.466 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von fidelis.

  • Das ist ein interessantes Thema bei dem mehrere Welten aufeinandertreffen.


    Kenne ich auch Menschen, da geht ohne kräftig Flüssigwürze garnix
    andere brauchen immer Ketchup. Und manche hauen sich sovie Tabasco dazu, dass mir schon beim Zuschaun die Goschn brennt.


    Outing: Ich bin ein Essigmensch. Mein Kartoffelsalat ist ohne Zwiebel aber mit soviel "Alte Liebe " ( Der rote von Hengstenberg ) dass andere das Gesicht verziehen.


    Mit dem Mund schmeckt Mensch nur Süss, sauer, salzig und scharf ( grob gesagt )
    Die Aromen kommen über den Geruchssinn und der ist bei gut der Hälfte aller Menschen mehr oder weniger stark eingeschränkt.


    Dann kommen Aussagen wie: Das schmeckt nach Nichts ! und schon ist das "Maggiflascherl" im Einsatz.


    Steinpilz pur hat ein geiles Aroma welches nur über den Geruchssinn erkannt wird. Funktioniert der Sinn nicht/kaum: Schmeckt er nach nichts bzw. kaum.


    Der Mohrenkopfmilchling hat neben nussig auch nen Hauch Radieschen
    ( ohne die Schärfe )
    viele beschreiben den aber einfach nur als "mild" will heissen nix / kaum was.


    Mit Aromen kann man herrlich komponieren, bei Pilzen ist ganz wenig immer mehr.
    Besitz ich diese Wahrnehmung nicht, werd ich auch bei Pilzen
    viel Zwiebel, viel Petersilie, viel Pfeffer, viel Salz. viel Maggiwürze
    einbauen und dann schmeckt es auch nach was.... nur nicht nach den Pilzen :evil:


    Wir selbst machen auch oft Pilz pur, nur nen homöp. Hauch Majoran
    Zitronensaft, Pfeffer Salz, Rapsöl, fertig


    Ich kann aber auch Schmeichler wie Butter, Kümmel, Knoblauch
    zart hinzufügen oder damit das Pilzaroma bei zuviel Würze komplett überdecken

  • Leute tun sich mit wenig vorschmeckenden, in der Nase flüchtigen Aromen leichter, wenn sie ein gutes Geruchsgedächtnis haben, sich also Gerüche einprägen können. Wenn man vorher weiß, was man schmecken/riechen soll, ist das Wiedererkennen des bekannten Sinneseindrucks das Spannende an der Sache. Wie arm die Leute dran sind, bei denen der Geruchssinn nicht gut funktioniert, kann derjenige ermessen, der mit Schnupfen und verstopfter Nase auf einem Galadinner war (wo leider keine Maggiflasche zum Nachwürzen auf dem Tisch zu stehen pflegt).


    Deswegen ist ein künstlich erzeugtes Steinpilz-, Trüffel-, Heidelbeer- oder Schinken-Aroma (ja, das gibt es tatsächlich - als wenn natürlicher Schinken nicht aromatisch genug wäre!), welches stark und plump vorschmeckt, für einen richtigen Feinschmecker auch in keinster Weise spannend, da es mit dem natürlichen Geschmack und den damit verbundenen Erinnerungen nur wenig Ähnlichkeit hat.

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()

  • Es gab da mal ne gute Sendung:


    Klasse Köche haben mit natürlichen Stoffen ( Vanille Erdbeere etc )
    Gerichte wie Pudding hergestellt.


    Als Gegner waren gleiche Produkte aus dem Discounter mit künstlichen
    (naturidentischen ) Aromen anwesend.


    Dann kamen etliche Testesser:


    Die Supermarktprodukte haben gewonnen, war der gekünstelte Geschmack
    in den Testern schon dermassen als "echt" eingeprägt


    Beruflich hatte ich ein klein wenig Einblick in die Welt der künstlichen Aromen,
    ist voll interessant wie und aus was die hergestellt werden....


    Da sind auch Pilze dabei beteiligt ( Schimmelpilze )

  • Genau: wenn die Leute wüssten was "natürliches Aroma" als rechtlich definierter Begriff alles umfasst...

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Ich stimme den "es gibt zuviele Geschmacksverstärker" menschen zu. Gerade die Kinder der heutigen zeit werden häuffig damit überschwmmt und wissen echt oft gar nimmer was natürlicher geschmack ist. Ich hatte als ichs Kochen angefangen hab (klar wie jedes Kind) mit Tütensuppen angefangen. Das war ja noch net soo tragisch. Doch dann hatte ich ne zeit wo ich überall wirklich überall voll Kräuterlinge reingeschmissen hab und brühwürfel ohne ende. Irgentwann wurd mir das zu doof und ich entdeckte wie gut doch die sachen Natürlich schmecken, und nun verwend ich nur noch selten Kräuterlinge und Brühwürfel. Eben nur wenn ich viel Sauce aus wenig Material zaubern "muss". Und ja logischerweise schmeckt und bekommt es uns allen besser

    Meine Bestimmungsinspirationen sind KEINE Essensfreigabe


    100 Pilzchips (beginner)


    lg. Wildpilz

  • Fischmezger: ich geh da sogar noch weiter ich verwende das Pilzpulver gemischt mit Meersalz, Kräutern und Pfeffer auch für Sahnesaucen wo zb gar kein echter Pilz drinne ist. Bzw verwende ich auch das "Gesalzte" Pilzpulver für eben Pilzgerichte

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    lg. Wildpilz


  • Hallo zusammen,
    kleiner Tipp am Rande: Getrocknete Pilze fein mahlen (Gewürzmühle) und dazugeben, dass bringt den Pilzgeschmack nochmal deutlich nach vorne ;)


    Liebe Grüße
    Andreas


    YEPP :thumbup: und wenn Du es vorher noch anröstest
    hast ein zusätzliches Doping :evil:

  • Wow, echt interessant hier :)


    Kleine Berichtigung:
    der Mensch schmeckt fünf verschiedene Geschmacksqualitäten: sauer, süß, salzig, bitter und...
    umami! Das ist eben die Geschmacksdimension, welche die umstrittenen Glutamate hinzufügen. Hab vor Kurzem mal Bio-Brühpulver billig bekommen und die zubereitete Brühe hat so schrecklich geschmeckt, dass ich mal die Zutatenliste gelesen habe: es war kein Hefeextrakt drin.
    Ich weiß nicht, ob ich einfach zu sehr auf dieses Glutamatzeug konditioniert bin... aber auf jeden Fall hat's erst einigermaßen erträglich geschmeckt, als ich ein bisschen Mononatriumglutamat (hab ich zuhause für chinesische gebratene Nudeln etc.) hinzugefügt habe... Meinen selbst zubereiteten Brühen hat auch immer "was gefehlt"...
    jaja... so kann's enden, wenn man mit Fertiggerichten aufwächst :D


    Und was Schärfe betrifft: das ist keine Geschmacksqualität, die von den Geschmacksknospen wahrgenommen wird, sondern ein "Gefühl". Da werden Hitzerezeptoren (nicht nur) im Mund angeregt.


    Gruß von mir

  • Hallo Uliko,
    wie wäre es denn mal mit einer selbstgemachten Brühe? Irgendein Gemüse putzen und kleinschneiden, ein bis zwei Knochen bzw. einen großen Schuppigen Porling (Polyporus squamosus) oder ein paar getrocknete Shiitakepilze ;) dazu und alles 1 Stunde bei geringer Hitze sieden lassen. Macht fast keine Arbeit, bzw. das Sieden funktioniert, während du andere Sachen arbeitest. Danach willst du bestimmt keine Glutamatbrühe mehr.
    Freundliche Grüße
    Stephan

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo Uliko, Hallo Stephan



    umami! Das ist eben die Geschmacksdimension, welche die umstrittenen Glutamate hinzufügen....
    Ich weiß nicht, ob ich einfach zu sehr auf dieses Glutamatzeug konditioniert bin...


    Nicht die Glutamate fügen diese "Geschmacksdimension" dazu, sondern evolutiv gibt es diese Geschmacksqualiät zum Anzeigen proteinreicher Nahrung! Deshalb ist Muttermilch auch eines der Nahrungsmittel mit den höchsten Glutamat-Gehalten. Daher ist der Mensch auch so darauf "konditioniert". Die Nahrungsmittel-Industrie nutzt das natürlich aus ;)



    ...ein bis zwei Knochen...Danach willst du bestimmt keine Glutamatbrühe


    Glutamat ist gerade in Knochen zu finden. Rate mal warum man Brühe aus Knochen macht ;)


    LG Thomas

  • Hallo bucki,


    Naja, Glutaminsäure/Glutamat in einem Nahrungsmittel fügt diese weitere Geschmacksqualität hinzu, die ansonsten in dem Essen nicht vorhanden wäre ;) Hab ich doch gesagt :)


    Hallo Öhrling :)


    ja, ich habe wie gesagt schon versucht selbst Brühe zu machen, aber die Versuche blieben bisher nur insofern erfolgreich, als mir eine selbstgemachte Brühe mit zugefügter gekörnter Brühe besser schmeckt als nur die Fertigbrühe. Nunja, man lernt ja mit der Zeit dazu, vielleicht schaff ich's auch mal irgendwann noch besser. Mit Knochen hab ich's bisher nicht versucht, nur mit Suppenfleisch und Suppenhuhn, aber danke für den Tipp :)
    Allerdings hab ich bisher auch noch nie eine selbstgemachte Brühe von jemandem gegessen, wo sonst überhaupt nix drin war und die mir geschmeckt hat... aber mal sehen...


    Viele Grüße!

  • Nur mal nebenbei,.... Nicht nur Knochen enthalten Glutamat auch zb Tomaten sind dafür bekannt sehr viel davon zu enthalten und sicherlich noch einige andere Gemüse/obstsorten mann muss diese nur finden

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    lg. Wildpilz

  • Jap, Glutamat ist eigentlich allgegenwärtig in der Küche. Schließlich ist Umami ja eine der Geschmacksqualitäten.
    Die Italiener haben die "natürlichen" Glutamatquellen Hartkäse, Sardellen und Tomaten. Im asiatischen Raum sind Austern-, Fisch- und Sojasaucen beliebt. In den europäischen Küchen werden Fleischbrühen und -fonds hergestellt.


    Alles glutamathaltig...


    Was natürlich nicht heißt, dass industriell hergestellte Zusatzstoffe das Gleiche sind wie aufwendig hergestellte "natürliche" Produkte. Wahrscheinlich schmecken die Zusatzstoffe nicht so gut und sind auch weniger gesund, aber sie erleichtern das Kochen und sind billig.

  • Das hier ist wirklich ein toller Thread. Er zeigt zum einen auf wie unterschiedlich jeder schmeckt und zum anderen wie sich die Modernisierung/Globalisierung der Küche auf uns auswirkt. Weiterhin regt er auch iwie zum Nachdenken an, ob man nicht mal wieder auf ein bisschen Salz und Gewürze verzichten sollte um das EIGENTLICHE zu schmecken.
    Ich bin mehr so die Sorte Mensch, die viel salzt und auch würzt, wenngleich auch eher selten Maggi sondern frische Zwiebeln, Knoblauch, Lorbeer... etc... was in meinem Fall wohl am doofen Rauchen liegt.^^
    Ich bin der Meinung, dass man das nicht so ganz pauschalisieren kann, wer es wie mag. Es liegt wohl an sehr viel verschiedenen Faktoren:
    in welcher Stimmung bin ich gerade?=> Wenn ich gerade Urlaub in Italien mache, denke ich dass mir dort besonders Pasta/Pizza mit Tomate und Kräutern schmecken wird.
    Was erwarte ich von dem Essen?(was glaube ich der Wichtigste Punkt ist) Wenn ich den ganzen Tag gearbeitet habe, werd ich mich nicht mehr ewig in die Küche stellen und da tuts dann halt auch mal irgend ein schnelles "Maggi-Gericht". Bzw. wenn ich Kohldampf habe, will ich was essen was mich auch sättigt und kein Rinder-Carpaccio mit Rucola. Wenn ich viel Zeit habe und lange hinkoche werde ich auch sehr genau auf den Geschmack achten und mehrere Gänge machen.
    Wie wurde in meiner Kindheit gekocht?
    welche Ausgangsmaterialien habe ich? Bei mir ist es zum Beispiel so: Ich bin Metzger und komme immer an das Beste Fleisch ran, dieses würze ich oft dann schon mal stärker bzw. esse einen Teil fast ohne Gewürz und würze den Rest nach. Wenn ich teuren Lachs kaufe, esse ich die Hälfte roh ohne alles, einfach um diesen feinen Fischgeschmack zu erkennen, der auch beim Braten verloren geht.


    Bei den Pilzen sehe ich es so:
    Speziell bei den Steinpilzen habe ich auch genau diese Erfahrung gemacht. Dass sie einfach nicht so aromatisch sind und meiner Meinung nach viel zu hoch gelobt werden.
    Weiterhin habe ich festgestellt, dass (und jetzt werd ich viel Widerspruch erhalten xD) die älteren Exemplare mehr Aroma haben. Hier wurde schon oft von den Pilzsammlern geschrieben, die die alten "Schlappen" mitnehmen. Ich gehöre auch zu denen, die oft Steinpilze/Maronen mit schon gelbgrünen Schwamm mitnehmen. Diese nehme ich aber nur zum Trocknen. Hierbei habe ich dann mal den Test gemacht mit ganz jungen und alten Exemplaren und dabei festgestellt, dass bei den alten dieses beliebte/erwartete Pilzaroma viel stärker ausgeprägt war.
    Ich habe die Vermutung, dass es sich bei Pilzen ganz einfach wie bei Obst verhält. Es gibt einen Punkt, in dem sie absolut vollreif und am aromatischten sind. Dieser Punkt ist dann eben auch der wo es nicht mehr weit ist zum verdorbenen Lebensmittel.
    Ist bei Fleisch auch ganz dasselbe, ich persönlich mag überhaupt kein Kalb, da es eben kein wirklichen Rindfleischgeschmack hat. Ich esse gerne mal Steaks von teils sehr alten Kühen, die sonst keiner mehr hierfür verwenden, da einfach der typische Rindfleischgeschmack am ausgeprägtesten ist.


    So, das wars mal von mir zu dem Thema. Bin auf eure Reaktionen gespannt. :)


    Lg, Fid