Gibt es tatsächlich Buchensteinpilze?

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 8.457 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Hallo zusammen,


    meine Frage klingt vielleicht etwas kurios, aber gibt es denn wirklich Buchensteinpilze? Der Begriff "Buchensteinpilz" wird häufig verwendet, weil der Finder diesen Röhrling vermeindlich im Buchen- oder Hainbuchenwald gefunden hat. Der lateinische Name lautet hierzu wohl "Boletus aestivalis".


    Gibt es den Namen Buchensteinpilz wirklich oder ist der Buchensteinpilz vielmehr ein Fichtensteinpilz, also ein "Boletus edulis".


    Liebe Grüße
    Emma

  • Nein, eigentlich gibt es den Buchensteinpilz nicht. Unter Buchen kann auch sowohl der eine als auch ein anderer Steinpilz wachsen.
    Deutsche Namen oder besser Bezeichnungen sind aber nicht festgeschrieben. Das wird in anderer Herren Länder sich nicht anders sein. Überall findet sich Lokalcolorid in den Namen wieder.


    Namen beschreiben aber gerne etwas typisches. Und Steinpilze findet man tatsächlich häufiger unter Buchen, bei mir unter Eichen. Den Eichensteinpilz kenne ich dann auch. :)


    Und beim Franzosen sind alle Pilze Champignons. :D

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Emma!


    Grundsätzlich kannst du die Bezeichnung "Buchensteinpilz" verwenden, wie du willst. Es ist ja kein botanischer Begriff, hat also genau null taxonomische Relevanz.


    Wenn du aber von Boletus Aestivalis = Boletus Reticulatus (beide Bezeichnungen sind als Synonym im Gebrauch, wobei Reticulatus wohl die aktuellere Version ist), wirst du damit eine Pilzart meinen, die trivial unter dem Namen "Sommersteinpilz" bekannt ist. Gerne Darf man den auch "Buchensteinpilz" nennen. Oder "Flauschhutsteini" oder "Gallierverwechselsteini". Wirklich präzise ist wie immer nur der lateinische Begriff.


    Es wird davon ausgegangen, daß der Sommersteinpilz, Boletus Reticulatus (der übrigens auch im November vorkommen kann), verschiedene Laubbäume als Partner bevorzugt. Also nicht nur Buchen, sondern auch Eichen, Linden, und wohl noch einige andere. Ich selbst fand ihn auch schon in Mischwald mit überwiegend Fichten bzw Kiefern, wenigen Buchen.


    Natürlich kann auch ein "Fichtensteinpilz" ein "Buchensteinpilz" sein. Oder eben ein "Herrenpilz", "gemeiner Steinpilz", "Porcini", usw usw. Wenn es der selbe Pilz wie auf deinem Bild ist, ist es dann immer Boletus Edulis. Diese Art ist noch variabler als Boletus Reticulatus. Auch bei der Wahl des Baumpartners. Übrigens taucht Boletus Edulis auch schon mal im Mai und Juni auf. Wachstumsphasen können also nur grob zur Artunterscheidung herangezogen werden, dürfen aber nie ein Ausschlußkriterium darstellen. Die Bäume am Fundort sind für die Abgrenzung bedeutungslos.


    Wesentliche Unterschiede zwischen Reticulatus und Edulis


    Hutoberfläche:
    - bei Reticulatus matt, feinfilzig, samtig, erst bei viel Regen und im Alter teilweise glatt werdend. Bei Trockenheit und Hitze schnell feldrig aufplatzend.
    - bei Edulis stets glatt (Cave: Runzeln, Rillen, Dellen sind freilich trotzdem gerne dabei!), oft glänzend, beim Drüberstreichen speckig, aber nicht klebrig. Häufig ist der Hutrand deutlich heller gefärbt als der Rest.


    Stiel:
    - Bei Reticulatus dunkler, gerne wie der Hut gefärbt aber auch heller, meist mit stark ausgeprägtem Netz, welches sich oft bis zur Stielbasis hinunterziehen kann. Netz weißlich bis bräunlich.
    - Bei Edulis ist die Grundfarbe immer weiß, kann aber stark bräunlich überfasert sein. Meist heller als der Hut. Netz immer weiß, aber recht vergänglich, gerade bei älteren Pilzen nur noch im Bereich der Stielspitze zu finden. In der Regel feiner als bei Reticulatus.


    Fleisch:
    Hier gibt es eigentlich keine wesentlichen Unterschiede. Geruch und Geschmack ist bei beiden Arten spezifisch mit "Steinpilz" zu beschreiben. Der einzige Unterschied besteht in der Färbung des Fleisches direkt unter der Huthaut. Hier finden sich bei Edulis meist rosa Farbtöne; bei Reticulatus in der Regel nicht.



    Und Boletus Pinophilus sowie Boletus Aereus lassen wir jetzt mal außen vor. ;)



    LG, Beorn.


  • Ergänzend zur obigen Ausführung:


    B. reticulatus toleriert auch basischen (kalkhaltigen) Untergrund, während
    B. edulis ziemlich streng an neutrale bis saure Böden gebunden ist.


    Gerald


    Aaaaaha!!!! Jetzt weiß ich endlich, warum ich hier fast ausschließlich (wenn überhaupt) ;) Fichtensteinpilze finde.
    Man lernt nie aus und das ist gut so.:)
    LG Reinhilde


  • Ergänzend zur obigen Ausführung:


    B. reticulatus toleriert auch basischen (kalkhaltigen) Untergrund, während
    B. edulis ziemlich streng an neutrale bis saure Böden gebunden ist.


    Gerald


    Hallo Gerald,


    Deine Aussage hätte ich bis vor 2 Monaten spontan bestätigt.
    Meine Pilz-Reviere auf kalkhaltigen Untergrund beschränkten sich bislang vorwiegend auf Laubwälder und Wiesen im Frühling, Sommer und Frühherbst. In der "klassischen" Pilzzeit bin ich stets auf saurem und neutralem Boden unterwegs.
    Dieses Jahr jedoch bin ich im Oktober zum ersten male in Fichtenwäldern (aber auch in Laubwäldern) auf kalkhaltigem Untergrund gewesen, und siehe da ich fand eindeutig Fichtensteinpilze. jetzt könnte man natürlich sagen, daß der Fichtenstreu den Boden versauert, aber in einem weiteren Waldstück (Buchen-/Eichenwald) fand ich wiederum Fichtensteinpilze. Die nächste Fichte war sehr weit weg vom Standort.


    VG Jorge

    Genieße jeden Tag, aber nicht jeden Pilz, es könnte sonst Dein Letzter sein

    100 Pilzchips

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!



    Wirklich präzise ist wie immer nur der lateinische Begriff.


    Der war gut....


    Allerdings auch nicht der Weisheit letzter Schluß. Bei so vielen Arten und Gattungen, die heiß diskutiert und teils neu definiert werden, ist auch das nicht immer das Allheilmittel. :evil:


    Macrolepiota?
    Xerocomellus?


    Da geht's auch mit den lateinischen Begriffen gut durcheinander. Nur um mal zwei Beispiele zu nennen.


    VG, Beorn.