Safranschirmling, jedenfalls in der "Guten Alten Zeit "

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 3.937 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Guten Abend zusammen,
    eigentlich wollte ich die großen Schirmlinge ignorieren, seitdem ich mitbekommen habe, wie die Taxonomie in Bewegung ist. Trotzdem konnte ich es nicht lassen, Bilder zu machen, und ich kann es nicht lassen, sie hier zu zeigen. :shy:


    In der "guten alten Zeit" waren das hier für mich Safranschirmlinge, natürlich viel zu alt, um ans Essen zu denken. Es handelt sich um zwei Exemplare, die in ca 10 m Entfernung wuchsen. Inzwischen habe ich Zweifel, ob es die gleiche Art ist. Die Gattung / Untergattung Chlorophyllum dürfte stimmen.


    Standort: Oben an der Böschung einer Forststrasse, also im Wald, kein Gras etc.
    Baumarten: Rotbuche, Lärche, Douglasie, alle in der Nähe.
    Boden: lehmig, basisch (Untergrund Basalt).
    Höhenlage: ca 300 m.


    Fleisch: rötend, Stiel: nicht genattert. Ring: s. Bild
    Hutdurchmesser: ca 8-10 cm (geschätzt)
    Sporenpulver: nicht geprüft (aber vgl. Bild (7))



    Exemplar 1 (Bild 1-2), Bilder vom 18. November::
    (1)

    Die Rötung des Fleischs ist deutlich zu sehen, dank der beiden Schnecken.


    (2)

    Farbintensität korrigiert, evtl. etwas zu stark (IrfanView: -60). Es gibt nur wenige große Schuppen - evtl. abgefressen? Auch wenn das Blatt die Mitte verdeckt: es scheint keinen auffallenden Nabel zu geben.


    (3)



    Exemplar 2 (Bild 4-8):
    (4)

    Das ist der Hut des zweiten Exemplars, mit deutlicheren Schuppen, außer im vorderen Bereich. Bild vom 18. November.


    (5)

    Ist der Ring "einfach"? Bild vom 18. November.


    (6)

    Auf dem Bild vom 21. November ist zu sehen, dass sich auch bei diesem Exemplar das Fleisch bei Verletzung rötlich verfärbt.


    (7)

    Das Bild ist unbearbeitet (außer ausgeschnitten und verkleinert), vermutlich zu farbintensiv.
    Die Lamellen sind rötlich gefleckt. Kann man über die Sporenfarbe spekulieren? Ich traue es mir nicht zu, weil ich keine Vergleiche habe.


    (8)

    Am 27. November, also 11 Tage später, habe ich die Knolle fotografiert, da ich gelesen hatte, dass sie bei der Bestimmung eine wichtige Rolle spielt. Ist das eine "abgesetzte" Knolle?
    Der Hut war schon sehr matschig,


    Ich würde mich über Hinweise freuen, um welche Art(en) es sich handeln könnte. Auch Hinweise, welche es nicht sein können, sind ok.


    LG Lothar

  • Ja, da sagst Du was ... die gute alte Zeit. Damals hieß noch alles, was wie ein Parasol (span. Sonnenschirm) aufschirmte Macrolepiota. Die makrologischen Unterscheidungen waren relativ einfach, bis so ein Giftzwerg der globalen Erwärmung folgte und Gartenlandschaften neue Anpassungen der Pilzarten hervorbrachten. Insbesondere bei den Champignonähnlichen zu denen die Schirmpilze ebenfalls gehören.
    Durch die Umsortierung der Taxa sind auch einige (Lepiota)Arten in andere Gruppen gerutscht, die heute schnell übersehen werden.
    Die optische Gruppe um den Safranschirmling ist wesentlich größer als die drei bisher in der Gruppe verbliebenen Arten und es wäre ein Fehler, nur bei diesen Drei eine Übereinstimmung erzwingen zu wollen.


    Deine Vermutung von zwei verschiedenen Arten kommt nicht von ungefähr und Du hast bestimmt vor Ort einige Ungereimtheiten gesehen, die nicht unbedingt zueinander passig sind.


    Bei den Bildern 1-3 verfärbt sich das Fruchtfleisch nicht Rot-Gelb (Safranfarbig, Zinnober), sondern Rosa in verschiedenen Farbtiefen (wie beim Parasol). Der Stiel ist deutlich glatter, als bei dem anderen Muster, welches noch eine leichte Schuppigkeit erahnen lässt.
    In den Bildern 1-3 sehe ich einen Leucoagaricus nympharum, den Jungfern-Riesenschirmling, der durch klebrige Schnecken einen Großteil seiner Schuppen glatt gebügelt bekommen hat. Die Stielrinde ist altersgemäß braunkarmin, lässt aber bei dem Schneckenbiss das innere weiße Mark erkennen.
    Früher hieß der auch mal Macrolepiota Puellaris.


    Zu den Bildern 4-8 ist es einfacher. Du hast die abgesetzte Knolle schon richtig gesehen, dazu noch die typischen kastanienbraunen (rotbraunen) Flocken auf den etwas helleren, schmutzigbräunlichen Untergrund. Das Stielinnere (auch die Basisverdickung) ist in dem Alter rein braun eingefärbt und die Verletzungen sind überall in diesem Kastanienbraun gehalten. Ebenso die Pilzmadenflecken an den Lamellen.
    Darin sehe ich einen Chlorophyllum brunneum, den so genannten Garten-Safranschirmling. Der Name ist irreführend und bedeutet nur, dass er auch außerhalb des Waldes vorkommen kann.


    Der Chlorophyllum olivieri sieht vom optischen Eindruck wesentlich schmutziger und graubrauner aus, fast verholzt. Der Chlorophyllum rhacodes hat einen doppelten Ring und die Zonierungen zwischen den Flocken sind weißer als beim brunneum. Er läuft sofort Zinnoberrot an, später dunkelrot, dann bräunlich. Das innere des Stiels wird grau.



    Nun ist der Blizzard fast vorbei und das Bett ruft wieder.

  • Guten Morgen Rumpelrudi,
    vielen Dank für die Erklärungen.


    Ein Glück, dass es die Digitalfotografie gibt. Ich sehe dann am Bildschirm Details, die mir "im Feld" entgangen wären. Außerdem muss ich mich dann nicht so sehr bücken und kann einfach die Kamera hinhalten. Das einzige Problem ist die Farbechtheit, wenn man mit Blitz arbeitet, und die Farbe Weiß, die oft alles überstrahlt.


    Ein Detail war auch, dass am zweiten Standort Sauerklee wuchs. Das kann von einem darunter liegenden verrotteten Baumstumpf kommen, aber manchmal gibt es hier isoliert einige Quadratmeter, auf denen Sauerklee oder Heidelbeeren wachsen.


    Beide Exemplare standen auf der anderen Wegseite zu den Schleimpilzen, die ich in einem anderen Forum vorgestellt hatte.


    Ich habe auch noch Bilder zu einem "Parasol". Für die war es gestern nacht zu spät, den Beitrag zu schreiben. Ich musste heute früh kurz nach 6 Uhr raus um zu schauen, ob Schnee zu räumen ist - zum Glück lag kein Schnee und es war auch nichts vereist.


    Viele Grüße
    Lothar

  • Ja, der Sauerklee ist ein Zeiger für humusreichen Boden mit Altholzbestandteile, danach folgen die Walderdbeeren und das Heidekraut, die wiederum das Moos anlocken. So zumindest bei leicht torfigen Bodenverhältnissen. Ohne (eisenhaltigen) Boden übernimmt das Moos die Regie.


    Ich wollte Mönchsköpfe in den verschiedenen Entwicklungsstufen dokumentieren, aber nach den Schneefällen sind das jetzt braune Bischofsköpfe mit weißer Tiara.


    Ich mache immer zwei Aufnahmen. Einmal mit Blitz und einmal ohne. Später versuche ich aus der frischen Erinnerung den Originalfarbton herzustellen, wie wir Menschen es sehen, was oft nicht gut gelingt. Es gehört schon ein wenig Glück dazu, wenn alles sofort passt. Dann passt es nur bei mir, denn im Forum sehen viele andere die Bilder und jeder hat für sich eine andere Bildschirmeinstellung. Manchmal sind unbearbeitete Bilder ohne Blitz besser, wenn ein Vergleichsgegenstand (weißer Papierschnipsel) in der Umgebung liegt (kann später wegretuschiert werden).
    Dass die Wahrnehmung über das menschliche Auge nicht dem entspricht, was die Kamera "sieht", darüber lässt sich lange diskutieren. In einem schattigen Wald flouresziert ein weißer Pilz heller oder bei Sonnenschein reflektiert er anders, als er normal erscheinen würde. Die Kamera zeigt uns bei unverfälschter Einstellung nur das normale Aussehen.
    Die geschönten studiomäßigen Aufnahmen in vielen Dokumentationen sind in der freien Natur oft untauglich und eignen sich nur bedingt zu einer sicheren Bestimmung, manche überhaupt nicht.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Lothar!


    Zu der Nummer 1 hast du nicht vielleicht noch ein Bild der Stielbasis? Mein Monitor zeigt wenigstens im ersten Bild schon eine rosa - rötliche Verfärbung. Bei M. Nympharum sollte zudem die Basisfarbe des Hutes weiß sein, ebenso der Stiel. Mit einer Ansicht der Stielbasis (ich denke, hier würde sich etwas recht knolliges zeigen) könnte man den dann sicher ausschließen.


    Bei Nummer 2 passt mir der Wuchs, der Habitus für Ch. Brunneum eigentlich nicht wirklich. Alle Bilder, die ich davon sehe, zeigen einen wesentlich stämmigeren Pilz, meist ist der Hut breiter als der Stiel lang ist. Ob die Knolle wirklich klar gerandet, abgesetzt ist, ist hier schwer zu erkennen, ich denke aber eher, sie ist rundlich. Zu "gerandet / abgesetzt" vergleiche zB Amanita Citrina oder Amanita Pantherina. Dann wäre ich hier zusammen mit den klassischen Verfärbungen wider beim "normalen" Safranschirmling, Chlorophyllum Olivieri.


    Fazit:
    Lass uns nicht der guten alten Zeit nachtrauern. Die PIlze ändern sich nicht dadurch, daß sie andere Namen bekommen. Ich denke, beide Pilze hier zeigen gute, alte (!) Safranschirmlinge.
    Auch wenn's nur mein Eindruck anhand der Bilder und der Angaben ist. ;)


    LG, Pablo.

  • Hallo Beorn,
    vor Ort war es so, dass beide Exemplare in ca 10 - 15 Meter Entfernung standen und bei flüchtigem Anschauen von oben sehr ähnlich ausgesehen haben. Daher habe ich nur das zweite Exemplar ausgegraben und fotografiert. Die Zweifel, ob es sich um die gleiche Art handelt, kamen erst beim Erstellen des Beitrags, als ich mir die Bilder genauer angeschaut habe.


    Ich kann aber vom 2. Exemplar mehrere Bilder von der Knolle zeigen. Ich finde, dass die Knolle genauso deutlich abgesetzt ist wie beim Pantherpilz (Amanita Pantherina) oder dem Gelben Knollenblätterpilz (Amanita Citrina).


    Bilder (9) - (13) vom 27. November


    (9)

    Ausschnittvergrößerung von Bild (8).


    (10)


    (11)


    (12)


    (13)


    Das Exemplar hat einen einfachen Ring:
    (14)

    (Bild vom 18. November).


    Rudi hat schon darauf hingewiesen, und ich kann mich nur anschließen: auf Grund der abgesetzten Knolle und dem einfachen Ring kommt nur
    Chlorophyllum brunneum in Frage.
    Die Benennung ist im Deutschen nicht einheitlich:
    Garten-Safranschirmling oder Gift-Riesenschirmling (auf der Seite des Tintling) oder Großknolliger Safranschirmling.


    Else Vellinga schreibt übrigens im Aufsatz:
    CHLOROPHYLLUM IN GREAT BRITAIN In: Field Mycology Volume 7(4), October 2006 ,dass die Typus-Exemplare keine abgesetzte Knolle haben, dass die abgesetzte Knolle aber ein typisches Merkmal ist. Sie schreibt dort auch, wie es zur Namensgebung der Chlorophyllum-Arten gekommen ist. Sehr lesenswert.


    Gut, dass das Exemplar schon so heruntergekommen war und ich nicht in Gefahr geraten bin, es zum Essen mitzunehmen. :)


    Zum Exemplar Nr. 1 fällt mir nur auf, dass der Hut in der Mitte flach zu sein scheint und dass der Ring einfach ist. Ich habe mich mit Rudis Vorschlag für die Art, Leucoagaricus nympharum, den Jungfern-Riesenschirmling, noch nicht beschäftigen können. Es dauert halt alles seine Zeit.


    Viele Grüße
    Lothar

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Lothar!


    Jau, auf den neuen Bildern sieht das schon klar randig aus. Alleridngs ist mir eine solche Knolle auch vom "klassischen" Parasol bekannt. Der das hier natürlich nicht sein kann. Sicher kann der Ring auch etwas mitgenommen sein. Kann aber eben auch ein Brunneum - Ring sein. Nun könnte man sich höchstens noch über die dunkle Hutoberfläche (also nicht die Flocken, siondern darunter) Gedanken machen.


    Aber auch das ist müßig, denn erstens kann auch hier das Alter des Pilzes Spuren hinterlassen haben, zweitens finde ich dazu auch nicht wirklich eine einheitliche Meinung, ob die nun bei Ch. Brunneum wirklich hell sein muss.


    Wenn das aber der Kompost / Garten / Gift / Großknollige / Wasweißich / Schirmling = Chlorophyllum Brunneum ist, dann zeigt das hier mal sehr schön: Auf das Standort Merkmal darf man sich da nicht blind verlassen!



    Den Nympharum nochmal anschauen kann sicher nicht schaden. ;)
    Hab' ich dankenderweise ja auch nochmal ausgiebig getan.



    LG, Pablo.