Was ich für Pilze getan habe, spielte sich wie folgt ab:
Ich war ca. 23 oder 24 Jahre alt (ich bin Baujahr 1975) und hatte mal wieder den großen Hund "Ben" meiner Freundin für's Wochenende zur Betreuung. Es war sozusagen eine win-win-Situation, weil ich innerhalb der Woche keine Zeit für einen Hund gehabt hätte (Arbeitszeiten!) aber schon immer einen Hund wollte und sie wiederum am Wochenende froh war, auch mal nicht mit ihm raus zu müssen
"Ben" war also bei mir, es war ein schöner, milder Frühherbsttag, die bunt verfärbten Blätter leuchteten in der Sonne, wir waren beide guter Dinge und hatten schon eine lange Fahrradtour hinter uns, als wir eine kurze Pause einlegen wollten. Wir befanden uns in einem schönen Laubwald, durch den man prima über Stock und Stein fahren konnte und fast niemanden traf, einfach herrlich
Kurzum hielt ich an einer Parkbank, die so ausgerichtet war, dass man auf einen kleinen, flachen See mit einer kleinen Insel in der Mitte schauen konnte. Ben hüpfte kurzentschlossen ins Wasser, denn Baden liebte er. Egal in welchem Tümpel (BEN !!! WIE SIEHST DU WIEDER AUS!!! ) oder einem Graben oder eben ein See, ganz egal, Hauptsache WASSER
Weil's ihm so Spaß bereitete, Stöckchen zu apportieren, warf ich einige Male ins Wasser und er platschte begeistert hinterher. Einmal warf ich fast bis zur Insel (räusper... das waren vielleicht 10 Meter ), aber weit Werfen gehört halt nicht zu meinem Stärken
Als ich also Ben mit meinen Augen verfolgte, wie er durchs Wasser pflügte, das Stöckchen anvisierend, traute ich meinen Augen kaum, als ich einen großen Pilz auf der Insel entdeckte
Und noch einer!!!! Und noch einer!!! Meine Güte, da stehen ja ganz viele!!!
Verdammt, wieso gibt es keinen Steg dorthin?
Ich war super aufgeregt, weil mir klar war, dass sie bei dieser Größe auf jeden Fall Steinpilze sein müssten und die konnte ich dort unmöglich stehen lassen, schließlich war die Saison bisher mies
Hin- und her überlegte ich: schon als Kind erfuhr ich beim Schlittschuhfahren, dass dieser See künstlich geschaffen und flach sein sollte. Aber wie flach?
Kaum war Ben zurück, ging es flugs heimwärts und ich fuhr zu meinen Eltern, weil ich wußte, mein Vater hat eine >> Wathose <<, die mir zwar zu groß sein würde (er ist 187cm groß mit Schuhgröße 45), aber egal, ich wollte trocken rüber kommen. Hose eingepackt, Korb und Messer, ab ins Auto und zurück zum Wald.
Kaum angekommen, stellte ich fest, dass ich zum Glück alleine war. Ich packte alles auf die Parkbank und schlüpfte in die Wathose. Die Träger knotete ich mir über der Schulter zusammen, die angeschweißten Gummistiefel waren leider fürchterlich groß, aber egal. Ab ins Wasser
Huuuiiiiii, ist das matschig Kein Wunder, bei den Tonnen Blätter, die auf dem Grund vor sich hinmoderten... Ich sackte mit jedem weiteren Schritt immer bis zu den Knöcheln in diesem Modder ein. Das lässt leider Raum für Phantasien *zitter*
Ich war noch nicht bis zur Hälfte gelangt und das Wasser stand mir schon fast bis unter die Brust So ein Mist!! Komme ich doch nicht trocken rüber?!
Gerade wollte ich den nächsten beherzten Schritt richtung Insel machen, als es hinter einem Strauch am Ufer ertönte: "Sie gehen jetzt bitte keinen Schritt weiter! Sonst ersaufen Sie mir noch!" *SCHOCK*
Waaas? Wo kommt denn plötzlich die Stimme her?
Wie angewurzelt blieb ich stehen, als ich den Angler entdeckte, der mit den Armen rumfuchtelte und mir Einhalt gebot. Mit etwas ruhigerer Stimme erklärte er mir, dass mir die Füsse vom Boden gerissen würden, sobald von oben Wasser in die Wathose laufen und die Luft damit eingeschlossen würde und Auftrieb bekäme... Klang überzeugend in meinen Ohren und schon ein wenig genervt watete ich zum Ufer zurück. Na toll, ergebnislos!
Da stand ich nun, zwar trocken, nicht ertrunken, aber ohne Pilze, die noch immer auf der anderen Seite lockten "los, pflücke uns"
Dann kam auch noch ein Fahrradfahrer vorbei, der mich belustigt ansah und sich offensichtlich wunderte, was ich da so trieb :shy:
DAS DARF DOCH WOHL NICHT WAHR SEIN!!! Ich wollte doch nur schnell mal rüber, ernten, ab nach Hause und schlemmen
Und wenn ich etwas will, gibt es nahezu nichts, was mich aufhält
Ich fragte den jungen Fahrradfahrer, ob er kurz auf meine Sachen aufpassen könnte, was er freundlicherweise tat. Vor seinen amüsierten Augen zog ich mich bis auf die Unterwäsche aus (ja, ist schon länger her, würde ich heute wohl nicht mehr machen ), schnappte mir den Korb, stieg ins Wasser (und wäre fast genauso schnell wieder raus, weil ar... kalt *uff*), aber egal, ich war in Kürze drüben und fand tatsächlich Bilderbuchsteinpilze, die mich für die Mühe entschädigten
Tatsächlich konnte ich gar nicht alle ernten, weil mein Korb in wenigen Minuten voll war. Das war nicht Suchen, sondern schlichtweg Sammeln
Mit dem Korb auf dem Kopf balancierend, stakste ich durchs Wasser zurück und sank bei jedem Schritt ziemlich tief in dem vermodernden Laub auf dem Grund ein - kein schönes Gefühl zumal ich ständig Angst hatte, das Gleichgewicht und damit die Beute zu verlieren
Kaum am Ufer, war ich stolz wie Bolle und zog mich hochzufrieden in Rekordzeit wieder an
Zum Glück gab es damals noch keine Handys oder kleine Digitalkameras, die man immer dabei hat, sonst hätte ich mich womöglich nächsten Tag in der Regionalzeitung wiedergefunden
Der Angler und der Fahrradfahrer begutachteten grinsend meine Pilze und beglückwünschten mich und sagten beide, sowas hätten sie noch nie erlebt, dass jemand für Pilze... also nee, für PILZE?! solch eine Mühe auf sich nehmen würde, das würde ja niemand glauben, wenn sie das berichteten
Die Pilze waren 1a und ergaben 2 üppige, leckere Mahlzeiten :plate:
Sie waren dieses Abenteuer jedenfalls wert