aus Sicht des Erebus
Die Mannschaft:
- Isa, Pilzfinderin.
- Erebus, Pilzfotomacher.
- Adele, kein Hund.
- Ludwig. Pilzfresser.
Ludwig & Adele
Die Suche.
1. Anfahrt zum Areal.
Erebus am Steuer, Isa auf dem Beifahrersitz, Ludwig und Adele im Fußraum davor.
Adele pupst, dann Ludwig, dann wieder Adele. Niemand lacht. Isa und Erebus beratschlagen mit stockendem Atem, welches Ziel in diesem Moment gültig ist (dass kann und wird in fünf Minuten wieder anders sein). Vielleicht da, wo die Trompetenpfifferlinge .. oder, wenn man den Stubben mit den Austernseitlingen wiederfände ..
Die Luft ist zum Schneiden: Fenster herunterlassen. Jetzt pläddert es herein, es wird kalt, Adele pupst.
2. Endlich da.
Verlassen des Autos, erstes Ausschwärmen (kleine Umkreissuche, Radius ca. 8m), an dem Ludwig nicht teilnimmt. Der Blödhund bleibt angeleint. Er käme sonst abhanden und übernähme die Rolle des Suchzieles. Was ihm gefallen würde. Es pläddert, aber die Luft ist gut.
Adele schnürt zum Wegrand und pinkelt verschämt, pupst. Ludwig zerrt an der Leine, nach hier, nach dort, nach vorn, nach hinten.
Erebus nimmt Ladung auf: Stativ, Klappsitze, Fotorucksack, Pilzkörbchen. Das letztere sieht jetzt wirklich lächerlich aus, eignet sich aber gut zur Ablage von Handschuhen, Objektivdeckeln und leeren Reserve-Akkus. Isa wartet.
3. Startpunkt in des Weges Mitte.
Beide Wegrändern sind jetzt gleich weit entfernt - das ist schwierig. Isa will links, Erebus rechts, Adele will nicht und Ludwig will alles.
Erebus gewinnt. Links wäre auch OK gewesen, aber eben nicht erste Wahl. Nach 15m durchs verschlungene Unterholz ein erstes Aufstöhnen.
4. Vorgehensweise.
Erebus hat die Bestimmungsliteratur im Auto vergessen. Desweiteren hat er vergessen, das Auto zuzumachen (das fällt ihm jetzt ein!). Außerdem hat er seine Kopfbedeckung vergessen. Muli Erebus stapft zurück, packt den Pilzführer ins Körbchen, stülpt sich ein Capohütchen über und dreht sich um: Isa, Ludwig und Adele sind weg. Der Regen wird stärker... Regenschirm wär schön, denkt er, verwirft den Gedanken. Man bleibt ja schon mit Stativ und Stühlchen überall hängen. Erebus hat die Brille vergessen (zu Hause) - was die nutzbare Schärfentiefe auf den Bereich zwischen 1,2m und 1,8m eingrenzt.
5. Erebus findet einen Pilz.
Erebus vergißt das Auto zuzumachen und zwängt sich erneut ins Gestrüpp.
Ein Ast bemächtigt sich des Hütchens und schleudert es meterweit zurück. Ein anderer grapscht bei der notwendigen Kehrtwendung nach dem Stativ. Das ist etwas nachlässig am Rucksack befestigt; rutsch jetzt nach unten und beginnt, impertinent wie ein verzogenes Kind, auf die linke Wade einzudreschen.
Der Himmel verfinstert sich .. doch siehe da! Aus den Unschärfen, etwa in Hüfthöhe, schiebt sich etwas ins Sensorium.
Tremella mesentericaGoldgelber Zitterling
Soetwas kann nicht einmal einem Blinden entgehen. Ein Goldgelber Zitterling hängt wie ein schlapper Beutel ausgefroren und patschig von einem Ästchen herab. Der ist für Erebus "der Pilz seiner Wahl". Ohne Brille findet er nämlich kaum etwas anderes. Seufzend entledigt er sich seines Equipments.
Einen Rucksack verlässt man, indem man sich vorsätzlich ein Schultergelenk auskugelt. Erebus ist in dieser Hinsicht traumatisiert. Verbissen klammert sich auch dieses mal der regenfeuchte Jackenärmel an den Schultergurt. Stühlchen abwerfen. Stativ unten herauszerren, abwerfen. So, jetzt: Rucksack ablegen. Stühlchen aufheben, ausklappen, draufsetzen. Puh!
Ca. 20m entfernt steht das Auto, unabgeschlossen, also doch noch nicht so sehr weit gekommen. Stativ aufheben, ausklappen, ausfahren: Drehverschlüsse. Die Finger sind klamm und kalt. Bein Drei rutscht immer wieder zurück, am besten beim nächsten Mal eine Rohrzange mitnehmen. Erebus weiß, dass er das vergessen wird und ist froh darüber. Er hätte das Hütchen beinahe vergessen, steht auf, geht hin und zieht es aus dem schwärzlichen Modder.
6. Isa findet viele Pilze.
Wunderschön. Baumschwämme posieren glänzend an der feuchten Rinde einer Kiefer. Nicht weit davon gibt der getaute Schnee die Leichen einer Herbsttrompetenfamilie frei.
Rotrandige Baumschwamm (Fomitopsis pinicola) und Herbsttrompete (Craterellus Cornucopioides)
Die strecken sich blauviolett aus smaragdfarbenem Moos, im Hintergrund schimmert rot braun schwarz das feuchte Laub.
Eine bleiche Schnecke setzt müde ihren zögerlichen Weg fort. Ludwig zerrt an der Leine, nach hier, nach dort, nach vorn, nach hinten. Adele steht beleidigt im Wald und pupst nicht: vor ihr erhebt sich Clavulinopsis laeticolor goldgelb aus den umbrabraunen Eichenblätter.
Die Schöne Wiesenkeule ist spät dran und scheint sich verlaufen zu haben.
Apropos verlaufen: - wo ist der Fotograf?
Apropos laufen: jetzt kommt Ludwig doch von der Leine. Zunächst einmal unternimmt Ludwig etwas gegen den gröbsten Hunger und isst die Herbsttrompetenkinder.
7. Die Pilzfotografie.
"Luddwik!" - jetzt weiß Erebus, wo Isa und die Hunde stecken. Wenigstens ungefähr, auf jeden Fall: weiter weg. Ca. 20m entfernt steht das Auto.
Isa hat wahrscheinlich schon die zehnfache Strecke zurückgelegt. Aber Strecke zählt hier nicht. Hier zählen Funde. Goldgelbe Zitterlinge bspw.. Der Fotoindex bewegt sich bei dieser Art bereits im dreistelligen Bereich, die Dinger sind immer wieder schön. Zumindest: entdeckbar.
Die Stativschraube plumpst hinab und versteckt sich zwischen Ästchen. Die Finger sind klamm und kalt, Bein Drei rutscht zurück, und das Stativ kippt in den Pilzkorb.
Alles im grünen Bereich. Bald wird das Ganze montiert sein.
Man muss, um an der Automatikkamera die Automatik zu überlisten, verschieden Dinge tun: Tipp, Tipp, Tipp, drehen. Blende: OK. Tipp,
Tipp, Tipp, drehen, drehen, tippen. Schärfe reicht nicht, zu nah dran. Stativ verrücken, Neiger neu ausrichten, tippen. Die Finger sind klamm und kalt, etwas gefühllos. Das Blitzgerät klappt hervor: Blitzprogramm.
Alles getilt.
Später: Stackingreihe Bild fünf von sechs: im Sack! Tippen, tippen ... Ludwig stürzt tollkühn hervor und kracht volles Rohr gegen Bein zwo.
Luhhdwick!
Isa weiß jetzt, wo der Fotograf steckt.
8. Die Strecke.
Alles, was schön und selten ist, befindet sich nun in Ludwig. Was er übrig ließ - erzwungenermaßen - befindet sich im "Kasten". Erebus hat noch zwei, drei Zitterlinge gefunden, Drüslinge, Pustelpilze, Stielporlinge. Alles ohne Brille! Ja. So etwas passiert ihm, wenn er einen halben Meter über dem Erdboden hockt und auf den Selbstauslöser (letzter Programmschritt) wartet. Außerdem hat er Isa.
Und Isa findet die "richtigen" Pilze. Sie lotst Erebus ab und an zu den Trümmern, die der Hunger übrig ließ.
Geweihförmige Holzkeule (Xylaria hypoxylon)
Flaschen-Stäubling (Lycoperdon perlatum) und ?
Nach drei bis vier Stunden sind Isa und Erebus zufrieden, Adele ist beleidigt, Ludwig abgängig. Nun wird gepfiffen und gerufen, in Intervallen spurtet der Ludwig vorbei und sucht Orientierung. Es ruft nach ihm - jedoch woher?
Das hat sich jetzt wieder einmal gelohnt. Getreu dem Motto: "Der Anfänger macht die Erstfunde" können dem Halbwissen nun ein, zwei neue Arten hinzugefügt werden. Und beim nächstes Mal doch lieber ohne Ludwig.
9. Ludwig kotzt ins Auto.
10. Adele will auf den Rücksitz.
Gruß, Isa + Uli