ja doch, richtig gelesen.
Heute hatte ich zum allererstenmal richtig Angst im Wald. Schiss auf gut Deutsch.
Und dazu noch um haaresbreite einen kapitalen Herzkasper.
Meiomei..
Der Reihe nach.
Die roten Kelchbecherlinge haben es mir ja angetan. Also ging es heute in das bereits mehrfach vorgestellte Naturschutzgebiet der "Grube Cox".
Da stehen jede Menge Weiden, es ist feucht und Altholz liegt auch genug rum. Das sollten sich die roten doch wohl fühlen.
Beschreibung der Örtlichkeit:
Ein kleinerer See. Noch mit Eis bedeckt, aber zu dünn um es zu betreten. Dann ein etwa 5 Meter breiter Uferstreifen, bewachsen mit dünnen Weidenschößlingen, Brombeeren, altem Farn und sonstigem Gekraute. Dann eine steile Böschung, gut so 10 m hoch und für Mensch nur mit großer Mühe zu erklimmen.
Das ganz auf einer Länge von vielleicht 200m.
Zusammengefasst:
Ein "Weg", links Wasser, rechts Böschung. Es geht nur vor oder zurück.
So wandle ich dann am Ufer entlang, den Blick konzentriert auf den Boden gerichtet. Wie man das so macht beim Pilzesuchen.
Und als ich dann so in völliger Stille langsam vor mich hinwandle, explodiert knapp einen Meter vor mir die Erde.
Mit Urgetöse und lautem Grunzquiek springt eine Wildsau vor mir auf.
6,8 oder 10, ichweißesnicht, klitzekleine Ferkelchen rasen laut quiekend hin und her. Die Sau stürmt ein Stück die Böschung hoch, verhält. Die Ferkelchen wollen ihr hinterher, kommen aber nicht die Böschung rauf. Springen hoch, fallen wieder zurück, wuseln zwischen meinen Beinen hin und her, schreien als würde ich sie auffressen wollen.
Vom Urknall bis hierhin sind vielleicht zwei Sekunden vergangen.
Ich bin gleich tot, ganz sicher.
Da ist kein Baum, ins Wasser nur wenns gar nicht mehr anders geht. Also Blick starr nach vorne, alles ignorieren und schnell, aber ohne Panik nach vorne weg. Nur weg von den wuselnden Fröschen. Überdeutliches Desinteresse zeigen. Auch die Sau nicht anschauen.
Nur stilles beten, lauschen auf Angriffsgeräusche und, wenn die denn kommen, ab ins Wasser.
Ich kann übrigens nicht schwimmen, und der See ist sofort scheixxetief. Ist aber egal.
Nix passiert. Mit jedem Schritt wird die Hoffnung größer, dass dieser Kelch an mir vorübergeht.
Er geht. Die Sau begnadigt mich.
Meimeimei....
Schließlich erreiche ich den offiziellen Weg und offenes Gelände.
Puhh, erst mal ne Zigarette an, schauen ob die Unterhose noch sauber ist (sie war) und das geschehene rekapitulieren.
Es ist unbegreiflich. Da liegt ne Sau mit den Ausmaßen eines extrem fetten Labradors, incl. einem Haufen kleiner Frösche vor mir auf der Erde, und ich seh die nicht.
Sowas von getarnt, unglaublich. Wildschweinen bin ich schon oft begegnet, aber immer konnten die problemlos abhauen. Dass die Frösche hier nicht von mir weg und der Mutter nicht folgen konnten, war extrem brisant.
Die Sau war nicht besonders groß, was ich so in den Sekundenbruchteilen erkennen konnte, vermutlich eine Überläuferbache mit ihrem ersten Wurf. Noch unsicher, unerfahren. Drum hat sie wohl auch ausgehalten, bis ich fast draufgetreten bin. Eine gestandene Altbache hätte mich sehr sicher angenommen und in den Teich gejagt, oder sofort über den Haufen gerannt.
Glück muss man auch mal haben.:)
Ach so, Kelchbecherline gabs dort nicht.