Von Lindenpilzen - und wie man tote Lindenäste erkennt

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 3.160 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Pilzler 13.

  • Hallihallo,


    nach einigem Hickhack mit meiner Stereolupe, die zwischenzeitlich fast 4 Wochen auf Reparaturreise war, habe ich nun wieder die Möglichkeit, neue Erkenntnisse in der Makrofotografie von Ascomyceten zu präsentieren. Bei möchte ich hier mal auf die Bestimmung abgestorbener Lindenäste anhand makro- und mikroskopischer Eigenschaften eingehen. Dabei habe ich natürlich auch 2 sehr prominente und scheinbar überall häufige Arten im Gepäck, die ich gleich mit vorstellen werde :)


    Erstmal zu den Lindenästen. Tilia cordata ist die Winterlinde und für gewöhnlich findet man graubraune, glattrindrige Äste auf dem Boden oder auch abgestorben hängend am Baum. Es ist für Kleinpilze aus der Gruppe der Pyrenomyceten (= Sordariomycetes / Dothideomycetes) von Bedeutung, wo sich die Äste befinden. Nach 2 Jahren intensiver Suche kann ich sagen, dass über 60% der hochinteressanten Kernpilze an hängenden, abgestorbenen Äste gefunden wurde.


    Jedenfalls finden sich auch häufiger Äste auf dem Boden und man nimmt bekanntermaßen manchmal verschiedene Äste mit nach Hause, weil man z.B. unterwegs nichts zum Notieren dabei hat (wie ich heute). Die Rinde der Lindenäste lässt sich komplett abziehen, das darunterliegende Holz ist relativ glatt. Die Rinde selbst ist extrem faserig und lässt sich recht schwer auseinanderziehen. Dickere Äste lassen sich entsprechend auch nicht sehr leicht überbrechen, auch wenn sie bereits abgestorben sind.


    Hier ist ein Makrofoto eines solchen Lindenastes:




    Als relativ häufige Art auf solchen Lindenästen kann ich Splanchospora ampullacea hervorheben, die ich von Ende November an regelmäßig gefunden habe (Kerpen, Bergisches Land, Grevenbroich):







    Das Makrofoto zeigt S. ampullacea als im Querschnitt schwarze, kugelige Fruchtkörper, welche 0,4-0,7 mm breit werden. Diese Fruchtkörper reißen die Rinde nicht wirklich auf, sodass sie von außen kaum zu sehen sind. Es müssen also Schnitte angefertigt werden, um einen Zufallstreffer zu landen. Bei der Masse der Fruchtkörper ist das normalerweise nicht schwer.
    Direkt neben der S. ampullacea befindet sich ein Fruchtkörper von Hercospora tiliae, die ich hier nochmal abfotografiert habe:




    Diese Hercospora ist ebenfalls recht häufig und bildet bis 3 mm breite Fruchtkörper, die aus einem Stroma und darin befindlichen Perithezien bestehen. Das Stroma ist ein "Sammelfruchtkörper", welcher die Perithezien durch eine schwarze Linie vom Substrat abgrenzt. Möglicherweise ist diese Abgrenzung aufgrund der Rindenstruktur notwendig, welche aus dicken Fasern und winzigen Kristallen besteht, die ich hier auch mal abgebildet habe:



    Die Kristalle sind ein mikroskopisches Merkmal für Tilia-Äste. Makroskopisch sehen sie in der Masse aus wie Sand (siehe Makrofoto von S. ampullacea, unten links).



    lg björn

    Projekt Fungi: 3277

    [FERTIG] Band 1a: 440 Pyrenomyceten mit 0-1fach sept. Sporen; Band 1b: 380 Pyrenomyceten mit 2-M.

    Band 2a: Pezizomycetes, Hypogäische Eurotiomycetes, Lecanoromycetes, Arthoniomycetes

    Band 2b: Leotiomycetes, Geoglossomycetes, Taphrinomycetes, Laboulbeniales, Orbiliomycetes

    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
    Schwarzwälder Pilzlehrschau

  • :thumbup: Danke Björn für diesen Beitrag, und schön das du wieder deine Stereolupe hast, hast du bestimmt viel nach zu arbeiten.

    Gruß Mario
    Ein Gruß aus den Bergischen Land


    Pilzchips 40 / 13 PC fürs APR.


    Bei Geschmackprobe bitte nicht runter schlucken.

  • Hi Björn,


    schönes Comeback! :D


    Und klasse natürlich, dass die Stereolupe endlich wieder mit an Bord ist.


    Gelungenes Portrait der Splanchnospora, die ich dieses Jahr auch schon fand (Zwei Pyrenomyceten an Linde), während ich von der Hercospora tiliae bisher noch nicht einmal gehört habe!
    Über ein Mikrobild würde ich mich freuen, vielleicht kannst Du ja noch eins nachreichen?


    Lieben Gruß vom Nobi

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    Chips: 72


  • Hallo nobi, hallo Trino,


    als Mikrofoto kann ich bis jetzt nur dieses hier anbieten:
    Hercospora tiliae - Mikro


    Alle bis jetzt untersuchten Hercospora-Kollektionen waren unreif oder enthielten lediglich einige wenige, verstreut liegende Asci, sodass mir eine umfassende mikroskopische Ausarbeitung bis jetzt nicht gelungen ist.


    lg björn

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    Band 3: Rindenpilze, Heterobasidiomycetes, Cyphelloide Pilze
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  • Danke, Björn,


    jetzt habe ich einen besseren Eindruck von der Art.
    Nun muss ich sie "nur" noch finden! ;)
    Geht das eigentlich noch in dieser Jahreszeit oder sind die Pyrenos an Holz erst im nächsten Winter wieder richtig am Start?
    Ich suche ja auch erst seit kurzem und habe da keine Erfahrungen.


    Nobi

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  • Die Aktivität von S. ampullacea scheint zugenommen zu haben, im Winter habe ich hier eigentlich nur unreife oder überreife Exemplare gefunden, an dem Lindenast von heute gibt es zahlreiche in gut reifem Stadium. An den Ästen habe ich außerdem noch Caudospora taleola und Cryptovalsa protracta gefunden. Also scheint es momentan ganz gut zu laufen ;)

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