aus einer ereignislosen Woche...
Nein.
Leider.
Das ist nicht möglich, leider nicht!
Erebus meint in den verschwommenen Gesichtszügen der Optikerin einen Ausdruck des Bedauerns zu erkennen –“ oder ist es Mitleid?
Er hat es sich so schön vorgestellt. Eine Gleitsichtbrille für den pilzrelevanten Weltausschnitt zwischen 1,75 und 20m.
Im unteren Bereich keine Lesezone, (so etwas ist ziemlich unpraktisch , viel zu klein um ein Buch zu lesen, da wird man ja zum Wendehals) nein, im unteren Bereich soll eine 40-fach Lupe untergebracht werden.
Nein, leider nicht. Stellen Sie sich nur einmal vor, wie Sie damit eine Treppe hinunterkommen!
Erebus will keine Treppe hinunterkommen. Er will im Wald Auffälligkeiten im Gefüge erfassen können und dann nicht minutenlang alle Taschen absuchen, um die Lupe hervorzukramen.
Das Leben könnte so schön sein.
Wären da nicht die Optiker! Die impertinente Person verzieht das Gesicht zu einem Mephistolächeln und meint: –žSuchen Sie sich doch erst mal ein Gestell heraus!–œ
Was soll er mit einem Gestell?
Die Pilze werden auch weiterhin in weiter Ferne an ihm vorbeiziehen, so wie heute, an diesem mäßig schönen Novembertag Ende Mai.
Er klappt sein Stühlchen auf, seufzt, der fehlende Gumminoppen erinnert daran, dass er eigentlich nochmal auf den Sandflächen bei Großlangheim auf die Suche gehen müsste.
Da links, auf der Aufschüttung, die über ein Rohr in den Wald führt, sieht der Untergrund verlässlich aus. Er klappt sein Stühlchen auf, setzt sich erschöpft nach einer Stunde erfolglosen Pilzesuchens am Ippesheimer Berg und geht in sich.
Heute Abend wird die Brille fertig sein. Nullachtfuffzehn, wenigstens zum Autofahren gut.
Neben ihm -oh! Da wächst ja Schachtelhalm. Lange nicht gesehen. Er greift in die Brusttasche oben links und fingert das Fläschchen heraus, scharrt mit der Schuhkante ein wenig Laub beiseite und träufelt vorsichtig einen Tropfen auf den Boden. Trankopfer?
Nein. Es dampft ein wenig, dann scheint das benetzte Stückchen Waldboden zu brodeln. Ein kurzes Gebet betreffend Kleinlebewesen.
Kalkhaltig. Komisch, drum herum ist alles eher neutral. Das wird an der aufgeschütteten Erde liegen, vermutlich Importware.
Wenn schon keine Brille, wenn schon keine Pilze, dann wenigstens das kleine Vergnügen, mit 30%-iger Salzsäure auf die Suche nach Kalkhaltigkeit zu gehen.
Lahm ergreift er den Stängel eines Doldengewächses aus dem Vorjahr, denkt an Ingo und wird doch noch die wunderbare Welt der Pilze gewahr:
01
02 + 03
04 Pyrenopeziza spec. (danke, Eike) und dazwischen ggf. noch Cistella spec. (danke, Ingo)
05 Pyrenopeziza spec. (danke, Eike) und dazwischen ggf. noch Cistella spec. (danke, Ingo)
06 Ophiobolus spec. (danke, Eike)
07 Ophiobolus spec. (danke, Eike)
08 Crocicreas cyathoideum (danke, Eike)
09 Crocicreas cyathoideum (danke, Eike)
alle Pilzchen auf Stängel eines Doldenblüter aus dem Vorjahr, Stängel ca. 2m lang, 15-20mm dick, leicht brüchig wie Oblatenpapier. Auf kleinem angeschütteten Areal mit mäßig kalkhaltigem Untergrund, Begleitpflanzen u.a. Schachtelhalm, junge Birken.
LG,
Uli