Boletus queletii und die Jod - Sache

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 2.764 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

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    Hallo, Röhrlingsfans!


    Bei dem tollen Wetter heute musste ich nach der Arbeit noch mal schnell in den Wald, Hexen gucken. War auch sehr erfolgreich, schon wieder etliche junge Flockis da, aber um die geht's hier nicht.


    Weil irgendwie lag da noch ein Nicht - Flocki auf dem Weg.
    Ja, er lag. Entweder von einem unachtsamen Wanderer oder einem Reh umgetreten. Zum Glück noch recht frisch, der gute. Leider ist der genaue Standort so nicht mehr exakt zuzuordnen, aber aus der unmittelbaren Umgebung wird's schon sein.
    Odenwald, so an die 400m üNN, wärmebegünstigte Südhang - Lage, Eichen - Buchenwald, eingestreute Fichten und Kiefern, Buntsandstein, nicht sauer aber auch nicht kalkig (?), zumal an der selben Stelle auch normale Flockis wachsen (siehe Fundortbild: Vorne Flockis, hinten liegend der Glattstielige).







    Ich denke, etwas Anderes als B. queletii sollte da kaum in Betracht kommen. Höchstens noch eine der Zwischenformen zwischen B. erythropus und B. junquilleus / pseudosulphureus. Aber mit roter Stielbasis innen und außen? Genauso wahrscheinlich ist es, daß der Mond aus Massivelfenbein besteht.
    Gegen B. queletii sprechen eigentlich nur die Erscheinungzeit und der nicht kalkige Untergrund.


    Um sicher zu gehen, wollte ich allerdings noch irgendwo irgendwas raufschütten. Hatte ich beim Einsammeln des Fruchtkörpers so im Hinterkopf, daß das der Entscheidungsfindung zuträglich sei. Aber was genau wo genau raufschütten?
    Zuhause also nachgeguckt. Amylonreaktion. Aha. Weiterlesen: Melzers - Reagenz über Stielfleisch rüberkippen. Mist. Apotheke um die Ecke sicher schon zu. Also was ist da drin, in diesem teuren Säftchen? Jod! Wo habe ich Jod? Na in meiner Betalösung zur Wundendesinfektation natürlich. Blöd: Das Zeug ist ja ohnehin schon rot. Und Pilz soll lila bis blau werden. Egal mal gucken:





    Nun die eigentliche Frage:
    Hat das irgendeine Aussagekraft, was ich da mit dem Jod gemacht habe? Eine Verfärbung ist ja schon zu sehen. Ins Violett - Bläuliche. Leider habe ich gerade keinen Flocki zur Hand, um zu gucken, wie das da aussieht. Hole ich die Tage mal nach, stehen ja genug rum da draußen.
    Anderer Punkt: Jod färbt beim Glattstieligen Hexenpilz die Zellwände ein, beim Flocki nicht. In der Masse ist diese Reaktion aber schon auch ohne Mikro sichtbar?
    Müsste doch eigentlich so sein. Irgendwo las ich jedenfalls gerade, daß wäre eine beim Mikroskopieren anzuwendende Technik. Daß man's bei einer einzelnen Zelle mit blosem Auge nicht sieht, ist klar. Aber wenn sich bei 10000 Zellen nebeneinander die Wände blau färben?
    Was meinen hier die Pilzchemiker zu meinem haarsträubend stümperhaften Versuch?



    LG, Pablo.

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    Hallo, Hajdu!


    Für mich ist das auch ein Erstfund. Darum bleibt auch die Unsicherheit. Immerhin könnte man auch anführen, daß es ja nicht gerade sehr viel rotes Fleisch in der Stielbasis ist, und daß Boletus erythropus das auch gelegentlich macht.


    Die Sache mit der Ökologie ist mir zu vage. Da vertraue ich eher dem Erscheinungsbild des Pilzes. Denn daß zB Boletus erythropus nicht auf Kalk wachsen kann, habe ich auch schon verschiedentlich gelesen. Allerdings halte ich das für ein Gerücht. Bei Markus zB (nähe schwäbische Alp) wachsen die ja auch, und da ist der Boden absolut kalkig. Ebenso, wenn ich in Norditalien / Alpensüdrand unterwegs bin. Auch dort hat Boletus erythropus kein Problem mit Kalk.


    Andererseits: Der Fruchtkörper war ja irgendwo abgefallen. Der kann ja theoretisch (auch wenn's unwahrscheinlich ist) von überall herkommen. Möglicherweise hat ihn dort ein Wanderer aus kalkigeren Landen verloren? ;)


    Also mal abwarten. Vielleicht schaut ja Andreas Okrent hier noch rein, oder auch Andreas Kunze, der sich ja auch schon mit Röhrlingen beschäftigt hat.



    LG, Pablo.

  • Hey Pablo,


    also, mit Pilzjodreaktionen kenne ich mich auch nicht aus. Aber theoretisch sollte das doch funktionieren, auch wenn das Jod schon rot ist. Ist wohl ne Stärkereaktion - wenn du's auf ne Kartoffel träufelst, wird's auch blau. Dann kommt es halt nur darauf an, wie stark das ganze reagiert.


    Das einzige ist nur - das Ding wird ja auch beim Draufdrücken / Verletzen blau... keine Ahnung, wie zuverlässig das dann zu sehen ist...


    Guck doch auch mal, wie konzentriert deine Jodlösung ist (im Vergleich zu Melzer's). Vielleicht ist Verdünnen angesagt...


    Aber wie gesagt, ich kenne mich da nicht aus, und vielleicht geht das eh so nicht... :/

    Liebe Grüße von Sarah :sun: :sun: :sun:

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Sarah.


    Oben sieht man ja, wie das behandelte Stück aus dem Stiel geschnitten ist. Die Beta - Lösung habe ich auf der alten Schnittfläche aufgebracht (vom Längsschnitt im Wald), die ja schon nicht mehr blau war. Die wurde erst wieder blau nach dem Auftropfen.


    Skeptisch bin ich vor allem wegen der anderen Inhaltsstoffe der Lösung, weniger wegen der Konzentration. Wer weiß, was die für Reaktionen erzeugen?
    Leider bin ich gerade nicht zuhause und habe weder das Fläschchen da um die anderen Stoffe mal noch rauszuschreiben, noch einen normalen Flocki zur Gegenprobe. Aber das kommt noch.



    LG, Pablo.

  • Hallo Beorn,
    ich war die letzte Woche in Urlaub, daher erst jetzt meine Reaktion. Ich wünsche dir natürlich von ganzem Herzen für deinen Fund was Besseres, aber für meinen Teil sehe ich da nur einen angetrockneten, nicht mehr ganz frischen Flocki, der aufgrund des Angetrocknetseins seine typischen leuchtenden Farben verloren hat.


    Boletus queletii hat freudig braunrote bis orangerote Hutfarbe und in der unteren Stielhälfte sehr viel weinrotes Fleisch. Er fordert ausgesprochenen Kalkboden, stärker noch als Boletus luridus. Boletus erythropus passt dagegen perfekt in dieses Habitat.


    Freundliche Grüße Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Stephan!


    Das ist eben das Problem. Du gibst sehr schön die Zweifel wieder, die mir mehr und mehr aufkommen. Oft ist es in einer solchen Situation wohl auch so, daß man eher das sieht, was man sehen will, als das, was wirklich ist.


    Am besten besorge ich mir einfach mal richtiges Melzer. Die Amylon - Reaktion lässt sich auch an einem getrockneten Pilz noch beobachten. Dazu einen sicheren Flocki als Vergleich und die Sache ist geritzt.



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nochmal!


    Ist aufgeklärt. Hajdu und Oehrling liegen richtig: Der Pilz ist ein Flocki, (Boletus erythropus) möglicherweise mit leichter Pigmentstörung. Das wurde mir eben von absolut fachkundiger Seite vermittelt.



    LG, Pablo.