Boletus fechtneri?

Es gibt 19 Antworten in diesem Thema, welches 9.547 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von mäxxi.

  • Hallo zusammen,


    auf meiner heutigen Tour fand ich auf einer von Buchen und jungen Fichten locker bestanden Wiese oberhalb des Schliersees (Kalk!) auf etwa 950 m (Ich geb's zu: Ich wollte Orchideen photopraphieren ;)) eine Gruppe herrlichster Netzhexen:
    pict0529ay3.jpg



    Bei einem ganz in der Nähe jener Gruppe stehenden Röhrling unternahm ich (leider) vergleichsweise geringe Anstengungen, um ihn ordentlich ins Bild zu setzen, da er auf den ersten Blick zu den weniger attraktiven Exemplaren am Ort gehörte. Beim Durchsehen der Bilder jedoch wollte er gar nicht zu den anderen passen: Der Röhrenboden ist gelblich (nicht orangerot), ein Stielnetz ist kaum zu erkennen, die Röhren verfärbten sich auf Druck sofort blau, und die Huthaut schien mir Silbertöne zu enthalten.
    pict0526ve2.jpg


    Könnte es sich hier also um den Silberröhrling/Boletus fechtneri handeln? Wenn aus Eurer Sicht eine Chance darauf besteht, dass ich diesen von mir lang ersehnten Erstfund gemacht habe, dann bin ich morgen Kamera bei Fuß an derselben Stelle zurück :)!


    Danke im Voraus und liebe Grüße,
    mäxxi

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  • Hallo mäxxi,


    Die Netzhexe ist ja ein ganz stattlicher Bursche, schönes Bild :thumbup:


    Bei deinem zweiten bin ich vorsichtig, denn es könnte sich neben Boletus fechtneri auch um den Wurzelnen Bitterröhrling Boletus radicans handeln, der vom Geschmack her sehr bitter sein soll. Der Silber-Röhrling hat im oberen Teil ein mehr oder weniger ausgeprägtes gelbliches Netz und an der Basis rötliche Flöckchen. Ausserdem hat der Silber-Röhrling hellgelbliches Fleisch was sich besonders im Hutbereich himmelbläulich und im Stielbereich etwas rötlich verfärben soll.


    viele Grüße,
    Andreas

  • Hallo Andreas,


    herzlichen Dank für Deine Einschätzungen - ich werd das mal überprüfen :thumbup:! B. radicans hatte ich gar nicht auf der Rechnung, da ich am Stiel rötliche (oder doch nur bräunliche?) Töne auszumachen glaubte. Wie dem auch sei: auch B. radicans ist nochmal eine Reise wert ;) ...


    LG,
    mäxxi

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  • Hallo mäxxi,


    Ich glaub weder an B. fechtneri noch an B. radicans. Für B. fechtneri ist mir der Stiel eintönig braungelb, zudem fehlen das gelbe Netz an der Stielspitze und in der unteren Stielhälfte die fast geflammten rötlichen Zonen. Der Hut hat zuviele Brauntöne. Hier eine Archivaufnahme des Sommer- od. Silberröhrlings von 2006.
    Boletus-fechtneri.jpg


    Für B. radicans gefällt mir die Hutfarbe gar nicht. Der ist jung grau, später beigegrau. Der Stiel, mit gelblichen Netz, ist hellgelb, bisweilen auch mit rötlichen Zonen an der Basis. Bei Berührung blauen Stiel und Röhren des Bitterröhrlings extrem schnell und stark. Diesen Pilz kenn ich sehr gut...im Jura find ich ihn jedes Jahr mehrmals. Archivaufnahme von 2006:
    Boletus-radicans_8.jpg


    Für deinen Pilz hab ich noch keine Idee...ausser die Stielbasis ist weinrötlich durchgefärbt und die Röhrenmündungen werden im Alter orangefarben.
    Den NAmen getrau ich mich (noch) nicht zu sagen ;)


    Herzliche Grüsse
    Sepp

  • Hallo Sepp und Andreas,


    aus den von Sepp genannten Gründen und dem Vergleich mit seinen (im Übrigen großartigen Aufnahmen :thumbup:) können wir B. fechtneri und B. radicans also wohl auf dem großen Friedhof der unbestätigten Hypothesen begraben X/.


    Zitat

    Den NAmen getrau ich mich (noch) nicht zu sagen ;)


    Mei, jetzt hast Du mich aber wirklich neugierig gemacht 8|! Leider ist momentan das Licht viel zu schlecht und ein Gewitterregen löst den nächsten ab, sonst wäre ich schon längst wieder vor Ort. Magst Du vielleicht wenigstens sagen, auf was ich bei meinem morgigen Besuch besonders zu achten habe?


    Liebe Grüße,
    mäxxi


    P.S. An B. calopus denkst Du aber nicht, oder? Den hatte ich schon häufiger in den Händen, und würde ihn ausschließen :/. Doch nicht etwa B. satanas? Oder doch B. luridus :D?

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  • Hallo Mäxxi,


    hm, hm, hm...eine harte Nuss zeigst du uns da.


    Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass du uns hier einen Rotporer zeigst, da mir ein Gelbporer, der so aussieht, nicht bekannt ist. Alleine die roten Poren fehlen. Ich würde deshalb mal vorsichtig auf einen normalen B. luridus tippen, der keine Rotpigmente besitzt -> würde den +- gleichmäßig orange gefärbten Stiel, die reingelben Poren und den gelben Röhrenboden erklären. Ich fand zwar nirgends eine Erwähnung von so einer Form, aber gerade solche Pigmentverluste kommen ja immer wieder vor.
    Das Netz von B. luridus ist für gewöhnlich rötlich gefärbt und hebt sich so von der helleren Stielgrundfarbe gut ab. Ginge man davon aus, dass der Pilz wirklich keine Rotpigmente hat, würde dies vielleicht auch erklären, weshalb das Netz deines Pilzes "kaum zu erkennen" ist: Man kann es aufgrund der Färbung, da es sich vom Stiel nicht abhebt, schlecht erkennen. Du solltest, wenn du den Pilz aufsucht, schauen, ob der Stiel nicht doch deutlich genetzt ist.


    Schwierig dürfte es sich nun gestalten, nachweisen zu können, dass es sich evtl. um B. luridus handelt, sind doch die wichtigen Merkmale aufgrund des fehlenden Rotes nicht mehr nachzuweisen. Vielleicht kann man mit folgenden zwei Merkmalen trotzdem die Vermutung noch erhärten:


    -> Huthaut fein angedrückt filzig, fühlt sich wie Leder an.
    -> Stiel deutlich grobmaschig genetzt.


    Ansonsten haben alle mir bekannten Merkmale von B. luridus, wie gesagt, etwas mit rötlichen Farben (Stielnetzfarbe, Fleischfarbe, Röhrenbodenfarbe, Porenfarbe) zu tun.


    Für meine Theorie würde ja auch sprechen, dass er direkt neben anderen Netzstieligen Hexenröhrlingen wuchs. Und so viele verschieden Boleten gibt es ja im montanen Nadelwald, wo ich mal ausgehe, dass du die gefunden hast(?), auch nicht, besonders nicht mit gelben Poren, wie sie dein Fund zeigt.


    Schöne Grüße
    Gernot


    Ps.: Vielleicht schaut ja noch jemand vorbei, der etwas mehr Ahnung und auch eine Idee hat ;).

  • Hallo mäxii

    Zitat von mäxxi


    Mei, jetzt hast Du mich aber wirklich neugierig gemacht 8|! Leider ist momentan das Licht viel zu schlecht und ein Gewitterregen löst den nächsten ab, sonst wäre ich schon längst wieder vor Ort.


    Oft schon bin ich mit dem ersten Gedanken gut gefahren, dies ist er (Fund 2006):

    Boletus-queletii2.jpg
    Boletus queletii Glattstieliger Hexenröhrling


    Ich hab den Pilz erst ein einziges Mal selber gefunden, ihn aber schon ab und zu in den Händen gehabt. Der Pilz ist ziemlich veränderlich. Die im Stielfleisch an der Basis durchgehend weinrote Zone ist ein zuverlässiges Indiz für die Art...und wenn die Röhrenmündungen beim älterwerden noch ins orange verfärben, kannst du ihn getrost als B. queletii betiteln. Bildergoogle mal etwas im Web herum, die Varietätsbreite ist erstaunlich.
    Güsse Sepp

  • Hallo Gernot, hallo Sepp,


    vielen Dank für die weiteren Infos - jetzt weiß ich doch genauer, worauf ich zu achten habe, wenn ich den Kameraden heute nach der Arbeit aufsuche :thumbup:! Hoffentlich haben die Schnecken noch was übriggelassen ...


    Bis später,
    mäxxi

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  • Hallo Mäxxi,


    ich würde B.radicans nicht ausschließen. Ältere Exemplare besitzen am Stiel kein ausgesprochenes Netz wohl aber häufig braune Fasern die ja denke ich gut auf deinem Bild zu erkennen sind. Die Färbung der Röhren am Hutrand spricht ebenfalls nicht gegen radicans. Stielbasis und Jod-Reaktion könnten noch zusätzlich Informationen liefern.
    Ihn auszuschließen aufgrund der Hutfarbe oder vergleichbarer älterer Funde überzeugt mich nicht. Gernots Theorie klingt auch schlüssig und sollte bei einer positiven Jod -Reaktion das Rennen machen.


    Viele Grüße


    Andreas

  • Hallo zusammen,


    Andreas (pilzandy):
    Vielen Dank für Deine Hilfe :thumbup:!


    Zitat

    Gernots Theorie klingt auch schlüssig und sollte bei einer positiven Jod -Reaktion das Rennen machen.


    Leider hab ich kein Jod zur Hand :shy: ...


    So also war die Lage heute mittag - arg ramponiert bietet sich uns der Geselle dar, die Schnecken X( noch voll bei der Arbeit:


    pict0541zb0.jpg



    - Die Huthaut geht deutlich in Richtung braun (ledrig/filzig kommt hin)
    - Der Stiel zeigt ein deutliches Netz, wenn auch zum größten Teil gelb auf gelb (Gernot :thumbup:)
    - Der Stiel zeigt deutliche Rottöne
    - Das Fleisch an der Hutunterseite weist Rottöne auf
    - Die Röhren selbst sind an den Poren (und auch sonst) gelb
    - Der Geruch war (dem Zustand entsprechend) pilzig


    So richtig schlau werde ich immer noch nicht daraus, da es mir schwerfällt, mir vorzustellen, dass ein Pigmentschwund wohl in Stielnetz und Röhrenenden, nicht aber in anderen Teilen des Fruchtkörpers zu beobachten sein soll. Dennoch hat für meine bescheidenen Begriffe Gernot die Nase vorn :thumbup:.


    Zitat

    hm, hm, hm...eine harte Nuss zeigst du uns da.


    ... er wächst eben mit seinen Aufgaben :D:thumbup:!


    Mal sehen, wie Ihr die Bilder interpretiert ...


    LG,
    mäxxi

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  • Hallo Mäxxi,


    nach den neuen Bildern kann man zunächst mal eines tun: Meine Theorie ausschließen (ganz klare Rottöne am Stiel). Einen teilweisen Pigmentverlust am Fruchtkörper gibt's wohl nicht.


    Wenn ich mir deine Bilder so ansehe (großes Bild und die letzten beiden Bilder), meine ich klar und deutlich an den Fraßstellen einen orangeroten Röhrenboden zu sehen! Da es sonst nichts mit mit orangerotem Röhrenboden in Kombination mit den anderen Merkmalen gibt, was mir bekannt ist, bleibe ich dennoch bei Boletus lurdius.


    Was ich aber wirklich sehr erstaunlich finde sind die komplett gelben Poren ohne irgendwelche orangen/roten Farbtöne - das hab' ich bei B. luridus noch nie gesehen, auch meine Literatur gibt nichts darüber her. Also wohl noch kein gänzlich gelöster Fall.


    Schöne Grüße
    Gernot


    Nachtrag:


    Versuche vielleicht mal deine Bilder in ein anderes Forum zu stellen, damit noch mehr Interessierte mitlesen. Möglicherweise wird ja dadurch eine Lösung erreicht. Ich bin nun auch schon ganz gespannt, was das ist ;).

  • Hallo Mäxxi und Gernot,


    Wenn das kein B. luridus sein sollte, fällt mir momentan nur noch der Schönfußröhrling Boletus calopus ein. Aber irgendwie glaube auch ich eher an luridus. Den hatte ich übrigens schon komplett gelb und ohne jegliche Rottöne. Hier ein Foto davon (die Poren wirken auf den Bild zwar etwas 'rostig', aber in natura war das leicht bräunlich, kein Rot, kein Orange, Alterserscheinung vermutlich):
    pilz2.jpg
    Selbst der Röhrenboden wies keine Rottöne auf.
    Dieser Pilz gilt nicht umsonst als Charmälion unter den Boleten. Vielleicht klärt sich das hier ja doch noch auf.
    Beste Grüße,
    Marco

    Bei Online-Pilzbestimmungen gibt es keine Essfreigabe! Die gibt es nur bei einem Pilzsachverständigen!

    Einmal editiert, zuletzt von Marco ()

  • Hallo Mäxxi,


    großes Kompliment für deine Mühe und die Fotos :thumbup:. Ebenso für Gernot. Hut ab. Wir haben hier wohl luridus vor uns und wohl auch wieder mal einen Beweis dafür, was alles möglich ist und wie breit das Spektrum der Bestimmungsmerkmale und deren Erscheinungsformen gefächert ist.


    Viele Grüße


    Andreas

  • Hallo zusammen,


    vielen Dank für Eure tätige Mithilfe :thumbup:! Mit Eurem Fazit bin ich sehr zufrieden und ich hoffe, das Herumpuzzeln hat Euch genausoviel Freude bereitet wie mir :).


    Liebe Grüße,
    mäxxi


    P.S. Hammermäßiges Bild, Marco :thumbup:!

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  • Hallo zusammen,


    etwa 100 m von obigem Fund entfernt stolperte ich heute - allerdings in einem Buchenwäldchen - über einen vergleichbaren Röhrling: Man möchte ihne gerne Boletus luridus nennen, aber die Poren sind nicht rot etc...


    pict0698vv6.jpg


    "Schnitt"- (Bruch-) Bild vom Hut (nach ca. 30 Sekunden) ...
    pict0702ie9.jpg


    ... und nach 2 Minuten:
    pict0703xb3.jpg



    Was sagt man dazu :rolleyes:? Ist das dieselbe Art :/?


    LG,
    mäxxi

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    Einmal editiert, zuletzt von mäxxi ()

  • Hallo mäxxi,


    Hier passt alles zu Boletus luridus :thumbup:


    viele Grüße,
    Andreas


    PS: Nach Literaturangaben müssen die Poren nicht immer +- starke Rottöne aufweisen, so beschreibt [font="Courier"][Flück][/font] das die Poren im jungen Alter zwar orangerot aber im Alter orangegelblich werden können.

  • Hallo Andreas,


    danke für Deine Bestimmungshilfe :thumbup:!


    Zitat

    Hier passt alles zu Boletus luridus


    *seufz* Werd ich den Pilz eben im Stillen als "Boletus luridus subsp. stockeralmensis" ansprechen ;).


    LG,
    mäxxi

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  • Hallo Mäxxi,


    diesmal ist er ja sogar recht typisch mit rötlich überhauchten Poren und vor allem orangefarbenem Röhrenboden, den man bei den Bilder ganz besonders gut sieht. Also nix mit Subspezien erfinden ;).


    Schöne Grüße
    Gernot