Boletus luridus Schaeff.
Netzstieliger Hexenröhrling, Netzhexe
Synonyme:
-Suillellus luridus (Schaeff.) Murrill
- Boletus erythrenteron Bezdek
- Boletus luridus var. erythrenteron (Bezdek) Pilat & Dermek
- Boletus luridus var. erythroteron in Engel et al.
- Boletus luridus var. rubriceps (Maire) Dermek
- Boletus luridus f. primulicolor Simonini
- Boletus subvescus J.F. Gmel.
Familie: Boletaceae
Ordnung: Boletales
Klasse: Agaricomycetes
Hut: jung fein filzig bis samtig, später teils verkahlend; farblich sehr variabel, meist in hellen Braun- und Olivtönen, aber auch mit gelben und rosa Farben oder in dunklerem Braun, bisweilen auch grauweißlich; Bei Berührung blauend
Stiel: variabel geformt, bauchig –“ keulig bis zylindrisch; meist mit bräunlicher, gelblicher oder rötlicher, kräftiger Netzzeichnung auf in der oberen Stielhälfte gelbem, zur Basis hin mehr und mehr rotem oder rotbraunem Grund, im Alter auch mit komplett rotem Stiel; Netzzeichnung seltener nur rudimentär an der Stielspitze; Stieloberfläche auf Druck intensiv blauend; Hyphen der Sielbasis stark amyloid (schwarzblau verfärbend mit Iodlösungen, zB Melzer)
Röhren: gelb, alt olivgelb; bei Verletzung stark blauend; Poren fein, jung gleichfarben, bald aber orangerot bis rot, bei Druck stark blauend; Röhrenboden meist orangerot bis rot, was sich am besten nach dem Ablösen der Röhren vom Hut beobachten lässt, aber auch in einem Hutschnitt zu erkennen ist als sog. Bataille –“ Linie; der Röhrenboden kann selten auch gelb sein
Fleisch: jung fest aber recht schnell weich und gerne von Parasiten befallen; gelblich, in der Stielbasis oft rötlich, selten im ganzen Fruchtkörper komplett rot (f. erythrenteron); im Schnitt sofort stark baluend; Hyphen der Stielbasis stark amyloid
Speisewert: roh auf jeden Fall giftig. Bis vor einigen Jahren existierte das Märchen, daß B. luridus mit Alkohol zusammen giftig wäre. Das beruht aber entweder auf individuellen Unverträglichkeiten oder auf verwechslungen mit dem Ochsenröhrling (Boletus torosus), der im Gegensatz zu B. luridus tatsächlich Coprin enthält (Giftstoff, der den Alkoholabbau behindert). Inzwischen ist bekannt, daß B. luridus wohl ähnliche Inhaltsstoffe (Involutin) enthält, wie der Kahle Krempling (Paxillus involutus). Ob diese Stoffe verantwortlich sind für das Eintreten des Paxillus –“ Syndroms (schwere allergische Reaktionen mit Hämolyse bei regelmäßigem Verzehr größerer Mengen) ist noch nicht abschließend geklärt.
Schade wäre es, wenn diese Vergiftungserscheinungen auch von B. luridus ausgelöst werden können, da der Pilz gut erhitzt ein ausgezeichneter Speisepilz wäre.
Sporenpulver: olivbraun; Sporen ca. 12-14 x 5-6 µm; Q ca. 2,0-2,5
Vorkommen: Mai bis Oktober; auf Kalkböden häufig, in gegenden mit sauren Böden kaum verbreitet, dort nur an mit Kalk angereicherten Sekundärstandorten wie Parks, Gärten, Friedhöfen, Weg- und Straßenrändern; Mykorrhiza überwiegend mit Laubbäumen, seltener mit Nadelbäumen, dabei aber nicht wählerisch, auf offenen Grasflächen sogar mit Sonnenröschen (siehe unten Kommentar von Andreas Kunze).
Verwechslungen: Die Abgrenzung von Boletus mendax (Abweichender Hexenröhrling) ist nicht einfach. Die Hutfarben (eher rötlich oder rosabräunlich bei B. mendax), Stielfarben (lebhaft rot bei B. mendax) und Ausprägung des Stielnetzes (schwach, nur Stielspitze bei B. mendax) geben zwar Hinweise, aber es gibt hier wohl Überschneidungen. Die Sporengröße und vor allem Sporenform (Q ca. 2,5-2,9) ist ein sicheres Trennmerkmal, wenn man nicht über entsprechende Erfahrung verfügt.
Der Satansröhrling (Boletus satanas) blaut viel schwächer und insbesondere nie an der Hutoberfläche.
Der Ochsenröhrling kann ähnlich sehen, hat aber auffallend schweres Fleisch und wird mit einem irgendwie unangenehmen Geruch beschrieben.
Im Mittelmeerraum wächst der Büschelige Hexenröhrling (Boletus permagnificus), der sich durch inamyloide Hyphen der Stielbasis unterscheidet, meist rothütig erscheint, gelegentlich Tropfen an Poren und Stielspitze absondert und meist büschelig und mit wurzelndem Stiel auftritt.
Ebenfalls mediterran beheimatet ist der Täuschende Hexenröhrling (Boletus comptus), der nur ein rudimentäres oder gar kein Stielnetz bildet, weniger rötliche Poren entwickelt, wenig Rottöne am Stiel zeigt und eine meist deutlich spindelige bis wurzelnde Stielbasis besitzt.
Der Blaufleckende Purpurröhrling( Boletus rhodopurpureus) hat ein meist feineres Netz und immer einen gelben Röhrenboden.
Der Gelbhütige Purpurröhrling (Boletus luteocupreus) unterscheidet sich durch sein eher feines, von anfang an rötliches Stielnetz.
Der Schönfußröhrling (Boletus calopus) ist eine Art mit bitterem Geschmack und immer gelben Poren.
Der Flockenstielige Hexenröhrling hat immer einen gelben Röhrenboden, sein Stiel ist ungenetzt, die Amylonreaktion negativ.
Anmerkungen: Zu Boletus luridus wurden diverse Formen teilweise als Varietäten oder sogar eigene Arten beschrieben. Diese sind größtenteils in die Variationsbreite von B. luridus s.str. einzugliedern (siehe dazu oben unter Synonymie). Erwähnenswert wären hier die var. erythrenteron mit kirschrotem Fleisch im gesamten Fruchtkörper, die f. primulicolor mit komplett gelbem Fruchtkörper (von B. gabretae durch Ökologie und Amylonreaktion abzugrenzen) und die f. rubriceps mit komplett rotem Hut.
Insgesamt ist B. luridus ein ähnlich vielseitiges Chamäleon wie Boletus erythropus (Flocki), mit immenser Variationsbreite in Hutfarben und Wuchsform, Ausprägung der Bataille –“ Linie und Ausprägung des Stielnetzes.
Vielfach wird von einer weiteren Art berichtet, die zunächst als eine Variation von B. luridus beschrieben wurde, später Artrang erhielt.
Die Rede ist von Boletus caucasicus (Kaukasischer Hexenröhrling), der aber schwach definiert und nicht klar einzugrenzen ist. Der Status dieser vermeintlichen Art ist ungeklärt.
Unterscheiden soll sie sich von B. luridus vor allem durch den immer gelben Röhrenboden und die negative Amylonreaktion.
Bilder:
Links zu verwandten und ähnlichen Arten im Archiv:
>Boletus mendax = Abweichender Hexenröhrling<
>Boletus satanas = Satansröhrling<
>Boletus torosus = Ochsenröhrling<
>Boletus permagnificus = Büscheliger Hexenröhrling<
>Boletus rhodopurpureus = Blaufleckender Purpurröhrling<
>Boletus luteocupreus = Gelbhütiger Purpurröhrling<
>Boletus comptus = Täuschender Hexenröhrling<
>Boletus calopus = Schönfußröhrling<
>Boletus erythropus = Flockenstieliger Hexenröhrling<