In der GAZ*) hatten Wetterfrösche noch die Ausstrahlung von Pausenclowns.
Zum Lachen war nicht, was sie zusammenprophezeiten, das war nicht der Punkt, nein, man musste sie ganz einfach nicht für voll nehmen. Die Trefferquote ihrer Vorhersagen entsprach in etwa der Quote, mit der man in der Samstagsziehung im Lotto drei Richtige tippte. Das kam mal vor, man freute sich ein wenig und dachte bei sich: –žNa also, geht doch. Vielleicht wird ja mal ein Vierer draus.–œ An den Fünfer wagte man nicht zu glauben, erst recht nicht an einen Sechser.
Während der Wetterbeamte im Fernsehen hin- und her hüpfte und mit bizarren Handbewegungen kindlich anmutende Zeichnungen interpretierte, legte man die Chips zurecht, blätterte nochmal in der Programmzeitung und ging auf die Toilette. Dann kam der Tatort.
Heutzutage ist das anders. Man muss diese Leute ernst nehmen.
Bitterernst. Denn sie orakeln schon lange nicht mehr, sie verkünden. Sie verkünde, was erschreckend viele Teraflops in dunklen Nächten aushecken und Morgen für Morgen diktieren.
Und die treffen den Nagel ziemlich genau auf den Kopf.
Für die zuverlässige Urlaubsplanung in einem halben Jahr reicht es natürlich nicht, wohl aber, um dem arbeitenden Deutschen jeweils zwei Wochen im Voraus die Laune zu verderben.
Grundsätzlich ist das Wetter in Deutschland arbeitnehmerfeindlich. Das war schon immer so, wird immer so sein und dafür hätte man auch keine genauere Wettervorhersage benötigt: an den Arbeitstagen scheint die Sonne und am Wochenende plästert es, wie Oma sagt.
Seit der Pilzwende ist dem Erebus das Wochenendwetter wurscht. Na, nicht ganz, ein leichter Nieselregen am Wochenende ist vorteilhaft. Er hält die Mücken fern, sorgt für ein gleichmäßiges kontrastarmes Licht und einen schönen Glanz.
Insofern ist er mit der Willkür von oben zufrieden. Seine Verbesserungsvorschläge betreffen den Rest der Woche.
Denn, so denkt er sich, wenn man dem Wetterverantwortlichen schon entgegenkommt und sich mit gnadenlos versauten Wochenenden einverstanden erklärt, dann besteht doch ein gewisses Recht auf Gegenleistung. Oder nicht? Zum Beispiel in der Wochenmitte noch ein paar zusätzliche verplästerte Tage. Das müsste doch auf Begeisterung in der Wetterbehörde stoßen.
Der Fokus der erebusischen Wetterplanung liegt jetzt nämlich auf Dienstag, Mittwoch und Donnertag. Dann darf und soll es bitteschön zusätzlich regnen. Der Wetterverursacher bekommt zwei, drei zusätzliche Tage, um auch die nicht arbeitende Menschheit zu quälen, na?
Das wär doch was.
Aber an wen soll er sich wenden, um ihm diesen grandiosen Vorschlag zu einer echten win-win-Situation schmackhaft zu machen?
Notfalls würde er sich sogar dazu überreden lassen die Gesamtkonzeption zu übernehmen, das ganze Wetter selbst zusammenzupampen, ohne Rücksicht auf Verluste.
Selbstverständlich inkognito.
Er erinnert sich an eine Geschichte aus der Grundschulzeit, als der liebe Gott irgendeinem verquärgelten westfälischen Bauern das Wettermachen überließ. Für ein ganzes Jahr. Und der Torfkopp vergaß den Wind!
Seien wir einmal ehrlich, das könnte jedem von uns passieren. Also, wenn er an das Wettermischpult mit den großen Schiebereglern dürfte, dann mit Sonnenbrille. Mit einer vollverspiegelten Schmeißfliegenbrille, nicht mit so einem uringelben Rennfahrergläschen. Sonst würden ihn die Nachbarn erkennen und lynchen.
Erebus sieht das ein wenig aus einem kindlichem Blickwinkel.
Denn in Wahrheit herrscht ein grausamer Tlaloc, der sich niemals das Zepter aus der Hand nehmen lässt, ein Wettergott, dessen Herzensanliegen das unendliches Leid der Pilzfinder ist. Nein. Die regenlose Wochenmitte hat genauso System wie das verregnete Wochenende.
Sobald Isaban und Erebus die bezaubernde Besuchsankündigung aus Heidelberg erhalten, richtet Erebus seine gesamte Wetterplanung so aus, dass ein pilzreiches Wochenende bevorsteht. Unbelehrbar.
Wir können uns denken, was das den Tlaloc juckt. Wie zu erwarten regnet es weder Dienstag noch Mittwoch noch Donnerstag. Die Wetterfrösche verkünden Nachttemperaturen unter acht Grad, das kommt hin und bis zum Samstagvormittag bleibt es pfurztrocken. Kurz bevor sich Risse in den Rabatten und Grünflächen auftun, beginnt es zu regnen. Zehn Uhr Samstagvormittag. Standardwochenende.
Aber: der Sonntag zeigt sein pilzarmes Grinsen im Sonnenschein.
Ja, und dann kommen sie–¦ Heidelberg meets Kitzingen. Neutraler Boden, Frankenwarte Würzburg, 11:00.
Anna (Naan83) und Stefan (Nafste79) aus Heidelberg, Anna und Uli (Erebus) aus Kitzingen.
Stephan (Oehrling) >verspätet sich um rund 24 Stunden<, was schade ist, sonst hätte man dieselben Pilze zur selben Zeit gefunden und Bestimmungssicherheit im Falle des Rötenden Rißpilzes Inocybe godeyi erlangt. Und vor allem: die vier von der Vorexkursion hätten den überhaupt erst zu Gesicht bekommen.
Ein risspilzlastiger Rundgang an der Frankenwarte, ein weiterer am Würzburger Waldfriedhof und einer durch Hexenopas Zauberwald. Der letzte wird allerdings vorzeitig abgebrochen, weil die Mücken des SPC (special puncture command) zahlreich sind und Antibrumm Forte (natürlich) wieder im Auto vergessen wurde (von Erebus).
Und Erebus darf zur Freude aller sein neuestes Heighttech-aquipment vorführen:
ein Spezialinstrument zur zerstörungsfreien Beantwortung der Gretchenfrage "Lamelle oder Röhre?".
Und ein Fotografierversteck: "Mama, was macht der Mann?" - "Guck da nicht hin!" ...
01 Anna KT
02
03
04
05
06 das Nest der Stinkmorchel Phallus impudicus
07 wie 06
08 ein Risspilz Inocybe spec.
09 noch ein Risspilz Inocybe spec. var. pool
10 wie 09
11 ein Schleierling Cortinarius spec. | siehe auch >Anfrage<
12 Stefan, Anna HD, Uli
13 vermutlich Käsepilzchen Marasmius spec.
14 + 15
16
17 + 18
19 Eichen-Prozessionsspinner Thaumetopoea processionea
20 Gestreifter Teuerling Cyathus striatus
21 - 23
24 Falscher Satansröhrling Boletus legaliae
25 Vielgestaltige Holzkeule Xylaria polymorpha
26 Schwefelkopf Hypholoma spec.
27 vermutlich Stadtegerling - Agaricus bitorquis | siehe auch >Anfrage<
28 wie 27
29 Trichterlinge Clitocybe spec.
30 Risspilze Inocybe spec.
31 Narzissengelber Wulstling Amanita gemmata
32 Sommersteinpilz Boletus reticulatus
Und es ist ein wunderbare Tag. Es wird viel gelacht, gerätselt und bestimmt. Auch wenn bereits tags zuvor die Exsikkative das Gelände durchschritten hat, der Falsche Satan wie ein zurückgelassener
Apfelkitsch aussieht, Steinpilze wieder eingepflanzt werden müssen und so mancher Maus Zahnfleischbluten attestiert wird.
Den Ausklang findet die gemeinsame Zeit mit einem Spaghettiessen bei Isa und anschließendem Plausch im kleinen Kitzinger Garten.
LG, Uli
*) GAZ = gute alte Zeit
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