Hallo, demnächst geht, entsprechendes Wetter vorausgesetzt, die Hauptsammelzeit wieder los. Sollte so etwas wie ein zweites "2010" auf uns zukommen, ist auch wieder damit zu rechnen, daß die Anzahl der Pilzneulinge sprunghaft ansteigen wird. Für einige, so traurig es ist, wird auf den Gang in den Wald der Gang auf die Toilette oder ins Krankenhaus folgen, denn viele werden sich der mit dem Pilze sammeln verbundenen und vermeidbaren Risiken nicht bewußt sein.
So artenreich wie die Welt der Pilze ist auch die Welt der Pilzsammler selbst. Da gibt es die Bestimmungsneurotiker, die mal wieder die Sättigungsbeilage versieben weil sie mit einem einzigen Pilz nach Hause kommen und erst wieder ansprechbar sind, wenn das Ding nach allen Regeln der Bestimmungskunst eindeutig zugeordnet ist. Es gibt die ewigen Nur-Steinpilz-und-Pfifferling-Sammler, die Interessierten, die unstillbar Wissensdurstigen, die Unbelehrbaren ("Ich esse seit 43 Jahren Kahle Kremplinge und lebe immer noch") und Captain Sammelwut ("Das nächste mal kauf' ich mir 'nen größeren Kombi"). Und es gibt die, die ihren faulen A.... erst gar nicht in Bewegung setzen und stattdessen ihre Kiddies in den Wald schicken, die von Pilzen so viel Ahnung haben wie eine Kuh von Kernphysik (mußte ich schon erleben). Fakt ist, mit zunehmendem Pilzwissen nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Pilzvergiftung zwar ab, aber selbst eine Wahrscheinlichkeit von "0" bleibt eine Wahrscheinlichkeit und so kommt es, daß es selbst die erfahrendsten Pilzsammler erwischen kann. So habe ich dann hier mal eine Tabelle mit den "populärsten" Pilzvergiftungen zusammengestellt, die sich vor allem Anfänger mal anschauen sollten um sich ein Bild von der Vielfalt machen zu können.
Als PDF:Tabelle Pilzvergiftungen
Nicht berücksichtigt wurden Vergiftungen durch Pilze, die nur im Rohzustand giftig sind wie Morchel, Hexenröhrling, Maronenröhrling, Hallimasch, Perlpilz und und und. Zwar ist auch das in der Giftlorchel enthaltene Gyromitrin wasserlöslich und verschwindet bis zu 90% mit dem Wasserdampf und dem Sud, aber eben auch nur 90%. Wäre Gyromitrin nicht hitzebeständig, würden auch die restlichen 10% verschwinden, tun sie aber nicht. Deswegen: Keine Frühjahrslorcheln verzehren, auch wenn sie manch einer immer noch als "Speiselorchel" bezeichnet. Selbst eingeatmeter Wasserdampf soll zu einer Vergiftung führen können.
Hinzu kommen die heimtückischen sogenannten "Individuellen Unverträglichkeitsreaktionen". Beispiel Hallimasch: auch nach Abkochen, Wasser wegschütten und weiterem Schmoren verträgt sie laut dem Organisator der letztjährigen Pilzwanderung etwa jeder zehnte trotzdem nicht und ich bin einer davon. Auf Nadelholz gewachsene Hallimasch sollen jedoch bekömmlicher sein, was mich jedoch nicht zu einem Selbstversuch animieren sollte. Weitere Pilze, die eine Individuelle Unverträglichkeitsreaktion hervorrufen können sind der Netztstielige Hexenröhrling, Butterpilz, Körnchenröhrling, Rotstieliger Ledertäubling u. a.. Zu erwähnen sei auch der beliebte Shiitake, der die mit Juckreiz und Hautrötungen begleitete Shiitake- oder Flagellanten-Dermatitis hervorrufen kann. Individuelle Unverträglichkeitsreaktionen können also verschiedenste Formen haben, meist manifestieren sie sich jedoch in Brechreiz und Darmbeschwerden, also dem gastrointestinalen Syndrom, das ich perönlich auch als "Running Man-Syndrom" bezeichne.
Leute, macht Fotos
Bisher hieß es immer man solle Pilzreste aufheben. Das sollte auch so bleiben, doch wäre mittlerweile dank fortgeschrittener Technik eine Ergänzung angebracht. Heute dürften wohl die meisten Haushalte über ein Gerät zur digitalen Bildaufzeichnung verfügen. Egal ob Handy, Digiknipse oder 8000-€-Mittelformatkamera: macht Fotos! Den Pilzfund auf dem Tisch auszubreiten und ein Gruppenfoto zu machen, dauert zwei Minuten, die das Leben retten können. Man hat nicht nur ein Erinnerungsfoto ("Da, der kleine weiße da hat euren Opa fast gekillt"), denn wer im Falle einer Pilzvergiftung neben Pilzresten auch ein Bild von dem Übeltäter vorweisen kann, eröffnet dem Pilzsachverständigen schon mal ganz andere Möglichkeiten. Ein Champignon mit weißen Lamellen oder ein grüner Täubling mit einem perfekten Ring ist für den PSV wie ein Stich ins Auge, ohne daß er erst wertvolle Zeit am Mikroskop verbringen muß.
Und immer dran denken: Der Verantwortliche liegt nicht auf dem Teller, sondern sitzt auf einem der Stühle davor.