Anfängerfrage zu Scheidenstreiflingen

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  • Hallo zusammen,


    ich war heute das erste Mal seit etlichen Jahren mit einer Freundin Pilze sammeln und da wir niemanden dabei hatte, der wirklich Ahnung von Pilzen hat, haben wir eher "konservativ" gesammelt und am Ende eine kleine Ausbeute Maronenröhrlinge. In dem Pilzführer, den wir dabei hatten, war auch der grüne Knollenblätterpilz drin, der hier in der Gegend (d.i. Berliner Umland) relativ häufig anzutreffen sein soll. Und so war es auch. Wir haben tatsächlich unzählige Exemplare davon gesehen. Davon abgesehen haben wir auch einen Pilz häufig gesehen, der leider nicht in dem Buch abgebildet war und der so charakteristische Riefen am Hutrand hatte. Ohne genaueres Wissen haben wir den natürlich stehen gelassen. Jetzt habe ich zuhause aber mal ein wenig recherchiert und bin mir eigentlich sicher, dass dies Scheidenstreiflinge waren. Eine Seite mit vielen Bildern ist z.B. diese hier:


    http://www.123pilze.de/DreamHC…d/RotbraunerScheidens.htm


    Prinzipiell ärgere ich mich jetzt natürlich, ihn stehen gelassen zu haben, da, auch wenn er anscheinend nicht so gut schmecken soll, uns ein größeres Erfolgserlebnis beschert hätte.


    Da ich aber auch lesen kann, bin ich ein wenig irritiert, dass dort steht, dass man diesen Pilz leicht mit dem grünen Knollenblätterpilz verwechseln kann. Ich als Laie hätte ja gesagt, dass man ihn anhand der charakteristischen Riefung am Hut gut erkennen kann und zumindest auf den ersten Blick konnte ich im Internet kein Bild eines grünen Knollenblätterpilzes finden, der eine ähnliche Riefung aufweist.


    Deswegen hier die Frage an die etwas erfahreren Pilzsammler: wie eindeutig ist ein solches Merkmal für sich? Gibt es z.B. unter Pilzen so etwas wie Kreuzungen - das Gift vom Knollenblätterpilz und die Riefen vom Scheidenstreifling? Und wie verhält man sich am sinnvollsten, wenn man Scheidenstreiflinge sammeln will, aber eigentlich keine Ahnung hat? Kann man z.B. nach der Hutfarbe gehen und nur die rotbraunen sammeln?


    Viele Grüße


    Jan

  • Hallo Jan,


    ein sehr deutliches Unterscheidungsmerkmal der Scheidenstreiflinge vom Rest der Wulstlinge- zu denen auch die Knollenblätterpilze gehören- ist die fehlende Manschette im oberen Stielteil: Knollis u.a. mit Scheide (Volva) und Manschette, Scheidenstreiflinge haben nur die Scheide. Die Hutrandriefung ist allein ein "weiches" Merkmal, da auch altersabhängig.
    Liebe Grüße
    Schlesier

  • Hallo Jan,


    das ist zwar keine Antwort auf Deine Frage, auch bin mehr oder weniger Anfänger und hab mich vor 2-3 Jahren erstmals mit den Streiflingen beschäftigt.


    Spätestens wenn Du mal welche eindeutig bestimmen kannst, die mitnimmst
    und küchenfertig machst, lässt Du schnell wieder die Finger davon.


    Mir persönlich reicht ein Längsschnitt und der Glibber im hohlen Stiel, noch dazu das extrem brüchige Fleisch und ein wenig berauschender Geschmack.


    Was ich gelesen habe , ist einzig Amanita crocea wohlschmeckend, aber auch die lass ich lieber als hübschen orangegelben Farbtupfer im Wald stehen.


    Gerade als "frischer" Anfänger würde ich mich erst mal über die Röhrlinge und die Leistlinge hermachen.

  • Danke für die beiden schnellen und wirklich hilfreichen Antworten. Und ja, jetzt wo ich das so lese, erscheint mir das doch wirklich auch sinnvoll, nur die Pilze zu sammeln, die auch wirklich schmecken, zumal die Waldbewohner ja auch von irgendwas leben müssen :)


    Also werde ich beim nächsten Mal vielleicht noch ein bisschen nach Leistlingen Ausschau halten. Nur leider werde ich aus dem Internet nicht so richtig schlau, was damit gemeint ist. Sind das nur Pfifferlinge und ihre nächsten Verwandten oder auch sowas wie der Edelreizker, der in meinem Pilzbuch drin ist? Und wenn das geklärt ist, dann die Frage: kann man bei Leistlingen eigentlich auch wie bei Röhrlingen sagen, dass es keine bis wenige Pilzdoppelgänger gibt, die hochgiftig sind bzw. dass man diese Röhrlinge gut unterscheiden kann? Apropos: diese Aussage habe ich mir auch nur sagen lassen. Kann mir einer von Euch sagen, dass dem wirklich so ist?


    Und eine Frage zu den Scheidenstreiflingen und den Riefen hätte ich dann doch noch. Was heißt denn, die Riefen seien ein "weiches" Merkmal. Kann man sagen, wenn der Pilz keine Riefen hat, dann kann er immer noch Streifling sein oder heißt dass, dass auch ein grüner Knollenblätterpilz Riefen haben kann? Oder heißt das einfach, auch wenn er Riefen hat, kann es irgendwas sein, also auch irgendwas drittes?


    Ach, und eine Frage hätte ich dann auch noch zu der Manschette und dass ihre Abwesenheit ausschließt, dass es sich um einen grünen Knollenblätterpilz handelt. Wenn ich mir z.B. dieses Bild hier angucke, dann scheint mir das doch nicht zu stimmen


    http://www.123pilze.de/DreamHC/Download/Gruener-Knolli2.jpg


    Oder sage ich jetzt gerade was völlig doofes? Manschette ist doch gleich Ring, oder?


    So viele Fragen... danke schon mal fürs Durchlesen. Antworten wäre natürlich auch schön :)


    Viele Grüße


    Jan

  • Hallo Jan!


    Sehr gut, dass ihr dem grünen Knollenblätterpilz gleich zu Anfang so viel Aufmerksamkeit geschenkt habt :thumbup:, momentan steht er auch bei uns wie gesät im Wald. Man kann ihn nicht gut genug kennen, wenn man Lamellenpilze für die Küche sammelt. Nicht jedes Exemplar des Grünen Knollenblätterpilzes ist jedoch typisch ausgeprägt, und darin liegt eben die Gefahr, ihn bei flüchtigem Hinsehen mit anderen Pilzen ( Täublingen, Scheidenstreiflingen) zu verwechseln.


    Das von dir verlinkte Bild eines sehr jungen Grünen Knollenblätterpilzes hat übrigens sehr wohl einen Ring, dieser verdeckt, was auf dem Foto nur schwer zu sehen ist, als Schutzschicht noch die Lamellen, beim weiteren Aufschirmen des Hutes würde er dann sichtbar unterhalb des Hutes herunterhängen.


    Als relativer Anfänger würde ich dir persönlich sehr empfehlen, erstmal komplett die Finger von der Gattung Amanita als Speisepilze zu lassen. Scheidenstreiflinge lohnen (mit Ausnahme vom Safrangelben Streifling, Amanita Crocea) ohnehin nicht wirklich für die Küche, schmecken relativ muffig... Man verpasst also wirklich nicht viel. Mit wesentlich mehr Erfahrung kann man sich dann irgendwann den Perlpilz von einem Pilzsachverständigen zeigen lassen, der, wenn man ihn einmal kennen gelernt hat, gut kenntlich ist.


    Prinzipiell unterscheidet man die Streiflinge/ Scheidenstreiflinge (Amanita Sekt. vaginatae, früher Amanitopsis) von den Echten Wulstlingen (z.B. dem grünen und weißem Knollenblätterpilz) dadurch, dass erstere einen gerieften Hutrand und keinen Ring, letztere i.d. R. keinen gerieften Hutrand und dafür jedoch einen Ring (Manschette) haben. Die bescheidete Knolle des Grünen Knollenlätterpilzes ist zudem meist wesentlich stärker verdickt als bei den Scheidenstreiflingen.


    "In der Regel" heißt aber auch, dass untypischer Exemplare des grünen Kollenblätterpilzes im Einzelfall ganz anders aussehen können... Sie können eine wenig verdickte Scheide haben, der Ring kann im schlimmsten Fall auch komplett abgefallen sein (ist ja sehr fragil) und der Hutrand kann bei feuchtem Wetter und im Alter auch mal leicht gerieft (da durchsichtig werdend, und da sich die Lamellen durch die Huthaut durchdrücken können) erscheinen ( dies ist keine echte Riefung wie bei einem Scheidenstreifling, könnte aber von einem Anfänger als solche interpretiert werden).


    Erst gestern hatte ich ein sehr merkwürdiges Exemplar des grünen Kollenblätterpilzes in der Hand: die Basis und damit die Scheide war aufgrund des Regenwetters beim Herausnehmen des Pilzes abgebrochen und im Boden geblieben, der Fruchtkörper sehr klein, schmächtig und hell, fast gelb, und so im Dämmerlicht des Waldes für einen Anfänger kaum von den umstehenden Pfirsichtäublingen zu unterscheiden. Da wird man schon nachdenklich.


    Also mein Tipp wäre auch: mit leicht kenntlichen Pilzen bei den Röhrlingen anfangen, sich dann ein paar Arten mit klaren Merkmalen, wie z. B. den Parasol von jemandem mit Ahnung zeigen lassen und hinzunehmen. Und so oft wie möglich bei geführten Pilzwanderungen mitgehen. Denn was Leisten und Lamellen sind, muss man erstmal richtig verstanden haben, sonst kann man auch den Pfifferling verwechseln, wie übrigens fast jeden Pilz, den man nicht kennt. :)


    P.S.: Leistlinge meint nur die Pfifferlingsverwandtschaft, ein Edelreizker hat Lamellen.

  • Hallo Anna!


    vielen lieben Dank für diese ausführliche Antwort. Ich glaube ich bin der Zwischenzeit wirklich davon überzeugt worden, von den Scheidenstreiflingen die Finger zu lassen. Ist wohl besser für die Gesundheit :)


    Und ja, Parasol würde ich wirklich gerne sammeln, da das nämlich der einzige Pilz ist, den ich wirklich kenne. Leider scheint der hier nicht zu wachsen, ich habe zumindest keinen einzigen gesehen. Und von früher aus der Heimat weiß ich noch, dass dort immer der ganze Wald davon vollstand.


    Viele Grüße


    Jan