Sie stehen vor der verschlossenen Hoftüre, dahinter Scharren, Bellen, Flüstern.
Ein Kindergesicht ist im schmalen Spalt erschienen und hatte auf "Ja. Gleich!" vertröstet. Dann ist die Pforte wieder in das Schloss gefallen.
Die Zeit vergeht. Coco.
Coco Chanel? Mehr fällt Erebus nicht ein, nur ganz flüchtig das Bild einer schwarzen Tänzerin mit Bananenröckchen. Seine Mutter war ganz angetan –žSoviel Freiheit in den Zwanzigern!–œ Aber das ist lange her und die Tänzerin hieß auch anders. Wieso kommt er auf solche Gedanken? Coco, Cocos, Kokosnuss.
Das Tor geht erneut auf, diesmal ganz, und das erebusische Vorauskommando zieht im Gänsemarsch auf den weitläufigen fränkischen Hof. Der ist mehrfach durch hohe Jägerzäune unterteilt; links hinten läuft ein Belgischer Schäferhund unruhig auf und ab, bellt, maunzt, schnurrt ... !Aus Whisky!
Der Hund verstummt, läuft weiter auf und ab. Rechts daneben ist auch abgeteilt. Hinter diesem Zaun steht ein halbleerer Swimmingpool, und, dahinter verborgen, ebenfalls Gebelle.
Zwei Mädchen, etwa zehn und vierzehn Jahre alt, stehen scheu und verlegen neben dem Hauseingang auf rechter Hand, die Ältere deutet auf den Hof. Vor den Absperrungen erstreckt sich eine Freifläche, mit geschmackvollen grauen Betonsteinen gepflastert, in deren Mitte ein leerer silberner Blechnapf steht.
Baker, Josephin Baker! Fällt es Erebus ein. Ja, aber die hat mit Coco nichts zu tun, nichts mit Coco Chanel - sicher, das waren zwei starke Frauen des letzten Jahrhunderts, schlank und grazil- aber mit Coco hatten beide nichts gemein.
Denn die wahre Coco steht plump und krummbeinig neben dem leeren Blechnapf, senkt mit schuldbewusstem Blick das dicke, kurze Haupt und hebt es wieder, zeigt den entsetzlich fehlgestellten Unterkiefer und leckt sich mit der Zunge Stirn und Brauen. Sie glotzt mit braunen Augen –“und darin schimmern grau-blau-silberne Flecke- auf die Abgesandtschaft, beginnt am ganze Körper zu zittern, schwengelt den dicken Quast an ihrem Hinterende hin- und her und umkreist die Neulinge. Leckt Hände und Schuhsohlen, benimmt sich auf der ganzen Linie daneben, hüpft auf die Holzbank an der Hauswand und streckt ihren dicken Bauch in die Sonne. Coco.
Es ist Liebe auf den ersten Blick.
LG,
Uli
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