"Blutender Kugelpilz"

Es gibt 21 Antworten in diesem Thema, welches 7.238 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Toffel.

  • Hallo liebe Pilzler,


    sowas habe ich noch nie gesehen, daher hinterlassen mich diese Pilze ziemlich ratlos.


    Fotografiert gestern an einem Stubben im dünennahen Mischwald bei Barth, Ostsee / Boddenküste. Den Stubben kann ich leider nicht näher bestimmen. Diese nur wenige Millimeter großen Kügelchen standen teils ganz dicht beieinander, an der einen Seite des Stubbens waren fast nur diese "blutenden" Kügelchen zu sehen. Die Pilze schienen an einer Stelle angewachsen, waren aber leicht lösbar und elastisch (zerquetschen habe ich nicht versucht).


    Ich fand sie toll, aber was ist das?


    Danke vorab
    Chris

  • Hallo Chris,


    der erinnert mich an den Blutmilchpilz (Lycogala epidendrum)... allerdings kenn ich den nur früher im Jahr. Wikipedia sagt allerdings, bis Oktober. Könnte also hinkommen.


    Aber warten wir doch nochmal auf die Experten....

    Gnüße von Gelbhex-Gnarifa und Fani ausm Süüüüdn! Sonn' is! Gnihihihii! :sun: :sun: :sun:

    Meine Bilder dürfen unter Namensnennung frei verwendet werden (CC-BY Lizenz).

  • Hallo Chris,


    das sollte in Richtung Lycogala epidendrum (Blutmilchpilz) gehen. Somit wären das Schleimpilze und diese Anfrage wäre in die Sektion "Schleimpilze" zu verschieben ;) ... (Muss doch schauen, dass auch die Schleimpilzabteilung etwas gefüllt wird, schließlich habe ich mir für die Umsetzung lange genug die Finger wundgeschrieben :D ).


    Allerdings gibt's auch hier Verwechslungsmöglichkeiten bzw. eine Verwechslungsmöglichkeit.


    Gruß,


    Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

  • Auch wenn ich nichts Substantielles zu Deiner Anfrage beitragen kann wollte ich dennoch loswerden dass Du da nicht nur ganze spannende Pilze gefunen hast sondern sie auch sehr toll fotografiert hast. Danke für zeigen!

  • Hallo Chris,
    das ist definitiv der Blutmilchpilz, Lycogala epidendrum. Wenn er noch rot, rosa ist, ist er noch unreif. Dann macht er seinem Namen "Schleimpilz" noch alle Ehre. Später reift er aus, hat dann eine graue Peridie (äußere Hülle) und im Innern ist rosagrauliches pulveriges Sporenpulver.
    Lycogala e. wächst auf ziemlich viel unterschiedlichen Substraten, sowohl auf Laub- als auch auf Nadelholz und kommt eigentlich vom Frühjahr bis zum Spätherbst vor und ist einer der häufigsten und gut kenntlichen Schleimpilze.
    Gruß Ulla

  • Hallo Fredy, natürlich hast Du recht, daß Lycogala terrestre (=L.epidendrum var. terrestre) nicht 100%ig auszuschließen ist. Aber auch wenn L. terrestre größere Fruchtkörper ausbilden soll, bin ich nicht davon überzeugt, daß man das als Unterscheidungsmerkmal nehmen kann. Ohne genauere mikroskopische Untersuchung und nur anhand der vorliegenden Fotos ist deshalb eine genauere Bestimmung nicht möglich. Anhand der Sporengröße sind die Arten nicht auseinanderzuhalten, auch muß man die Schuppen der Peridie sowie das Pseudocapillitium untersuchen. Mir ist bisher kein sicher bestimmter Fund dieser Art aus Deutschland bekannt. Falls Du da was genaueres weißt, wäre es schön, wenn Du dazu was schreiben könntest. In der Literatur geistern widersprüchliche Angaben dazu rum. Angaben in den verschiedenen Foren würde ich allerdings mit Vorsicht betrachten.
    Gruß Ulla

  • Hallo Ulla,


    leider kann ich zum Thema auch nicht mehr beitragen, als ich aus meinem verlinkten Beitrag weiss.


    Das Thema verschwindet immer mal wieder in der Versenkung und kommt dann ebenso schnell wieder für ein paar Tage nach oben.


    Konkrete Stellungnahmen kenne ich bis heute nicht, jeweils zur Sprache gebrachte Unterscheidungsmerkmale scheinen sich jedes Mal als unzuverlässig oder als äußerst subjektiv herauszustellen, selbst wenn die entsprechenden Beiträge mit viel Herzblut verfasst worden sind.


    Alles in allem beginne ich, diese Problematik ähnlichen Vergleichs- bzw. Unterscheidungsproblemen wie sie z. B. bei den Riesenschirmlingen vorkommen (Macrolepiota venenata...), gleichzustellen.


    Mal sehen, ob sich der Nebel hinsichtlich dessen jemals lichtet oder ob gewisse Arten für immer eine Art Phantom bleiben werden...


    An dieser Stelle kurz nachgehakt: Was ist eigentlich aus Markus' (Calabaza's) Kontaktaufnahme mit Herrn Baumann geworden?


    Markus, wie schaut's da aus, kannst Du uns Neues berichten?


    Bis dann,


    Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

  • Hallo Ulla,



    Hallo Fredy, natürlich hast Du recht, daß Lycogala terrestre (=L.epidendrum var. terrestre) nicht 100%ig auszuschließen ist. Aber auch wenn L. terrestre größere Fruchtkörper ausbilden soll, bin ich nicht davon überzeugt, daß man das als Unterscheidungsmerkmal nehmen kann. Ohne genauere mikroskopische Untersuchung und nur anhand der vorliegenden Fotos ist deshalb eine genauere Bestimmung nicht möglich. Anhand der Sporengröße sind die Arten nicht auseinanderzuhalten, auch muß man die Schuppen der Peridie sowie das Pseudocapillitium untersuchen. Mir ist bisher kein sicher bestimmter Fund dieser Art aus Deutschland bekannt. Falls Du da was genaueres weißt, wäre es schön, wenn Du dazu was schreiben könntest. In der Literatur geistern widersprüchliche Angaben dazu rum. Angaben in den verschiedenen Foren würde ich allerdings mit Vorsicht betrachten.


    Lycogala terrestre soll, auch in Deutschland, häufiger sein als epidendrum. Bei den großen, blasseren, oft gedrängt wachsenden Aethalien habe ich bisher meist ein Pseudocapillitium von deutlich über 20 µm Breite gefunden, in einem Fall war es sogar bis zu 65 µm breit. Das würde ich als L. terrestre interpretieren. Bei den kleinen, dunklen bzw. kräftiger lachsfarbenen (wenn unreif) Aethalien konnte ich bisher nichts über 10 µm Breite finden. Das halte ich für L. epidendrum.


    Viele Grüße
    Toffel

  • Hallo toffel, ich glaube da gibt es zum Thema Lycogala terrestris und epidendrum noch viel Untersuchungsbedarf! Diese Arten sind bisher zu wenig untersucht und auseinander gehalten worden. Aus welcher Quelle weißt Du, daß L. terrestre in Deutschland häufiger als L. epidendrum sein soll? Würde mich sehr interessieren!
    Gruß Ulla

  • Hallo Fredy, Ulla, Toffel,


    @ Fredy : klare Anfrage ==> klare Antwort.


    Zur eigentlichen Thematik kann ich im Moment noch nichts beitragen.


    Nach dem Jahrhunderthagel hier sind wir immer noch beschäftigt, die Überreste aufzuräumen und das versicherungstechnische abzuarbeiten. Karlheinz Baumann habe ich noch nicht besucht, es fehlte einfach die Zeit.


    Karl-Heinz Baumann


    Link mit telefonischer Erreichbarkeit


    Ich behalte die Thematik aber im Auge, .....
    Beste Grüße,


    Markus

  • Hallo zusammen,


    ich habe soeben mit Karlheinz Baumann telefoniert und ihm den Link zu diesem Beitrag geschickt. Er schaut darüber und meldet sich bei mir.


    Liebe Grüße,


    Markus

  • Hallo Fredy, Ulla, Sarah, Steffen, et al.,


    ich erlaube mir das wenige Minuten zurückliegende Telefonat mit Karlheinz Baumann im Ergebnis zu zitieren.


    "Bei den gezeigten Fruchtkörpern handelt es sich um Lycogala epidendrum, bei uns im Volksmund - dieser Pilz hat damit auch einen schwäbischen Namen-, Buttermilchstäubling genannt.
    Einige der Forenmitglieder haben das völlig richtig erkannt.
    Es handelt sich dabei um einen Schleimpilz.
    Der Fruchtkörper entwickelt sich zunächst nicht an der Oberfläche des Substrats, die eigentliche Entwicklung findet im Holz statt.
    Bei Eintritt des Reifestadiums bildet der Pilz dann die roten Kügelchen, welche auf Druck regelrecht spritzen. Die Bildung der Sporenmasse findet innerhalb eines Zeitraums von 2 Tagen statt.
    Das Ausschleudern der Sporenmasse ins Umfeld läuft ähnlich deutlich wie beim bei Stäublingen / beim Bovist ab.
    Die hier gezeigten Fruchtkörper zeigen allerdings einen vom Regen zerstörten Krüppelfruchtkörper, welche durch Regen Schaden genommen haben, so dass nur noch das eigentliche Gerippe stehen blieb."


    Einen lieben Gruß,


    Markus


    Edit : Ich verschiebe das Thema entsprechend zu den Schleimpilzen.

  • Hallo Ulla,



    Aus welcher Quelle weißt Du, daß L. terrestre in Deutschland häufiger als L. epidendrum sein soll? Würde mich sehr interessieren!


    das hat Gerd mal im Schwammer-Forum geschrieben. Ich habe den Beitrag gerade rausgesucht: Link.
    Ich selbst kann diese Ansicht auch nachvollziehen. Von meinen insgesamt 25 Funden von L. epidendrum s. l. sind 18 L. terrestre, zumindest so wie ich das auffasse. Ein kleines Problem habe ich mit den Angaben zu den Sporenpulverfarben, das ich bei L. terrestre als olivlich beobachtet habe und nicht, wie bei Ing angegeben, bei L. epidendrum.


    Viele Grüße
    Toffel[hr]
    Hallo Markus,



    "Bei den gezeigten Fruchtkörpern handelt es sich um Lycogala epidendrum, bei uns im Volksmund - dieser Pilz hat damit auch einen schwäbischen Namen-, Buttermilchstäubling genannt.
    [...]
    Die hier gezeigten Fruchtkörper zeigen allerdings einen vom Regen zerstörten Krüppelfruchtkörper, welche durch Regen Schaden genommen haben, so dass nur noch das eigentliche Gerippe stehen blieb."


    ich halte die Erklärung von Herrn Baumann für zu stark vereinfacht. Er hat nicht erläutert, warum es nicht L. terrestre sein kann. Daher können sich seine Ausführungen m. E. nur auf L. epidendrum s. l. beziehen.
    Ich würde L. terrestre hier noch nicht ausschließen.


    Viele Grüße
    Toffel

  • Hallo Steffen,


    ich kann Dir hinsichtlich des gesamten Spektrums nur zustimmen.


    Das war auch der Grund, warum ich die Seite und die Erreichbarkeit von Karlheinz Baumann verlinkt hatte.


    Hinsichtlich der Thematik kann ich weder Dir noch Ulla annähernd das Wasser reichen. Und das auch nicht mal ansatzweise.


    Deswegen, und keineswegs aus sonstigen Gründen, bat ich Euch um direkte Kontaktaufnahme zu Karlheinz Baumann.


    Ruf ihn bitte an, richte einen Gruß aus und Du, Ulla, er, - da finden sich Experten. Meine Möglichkeit Euch zusammenzubringen habe ich soweit es mir machbar ist, ausgeschöpft.


    Du darfst mich aber auch gerne besuchen kommen, dann fahren wir beide zu ihm hin.


    Einen lieben Gruß an Dich, :)


    Markus

  • Hallo Toffel, danke für den Link betreffs L. terrestre. Da ich Ende nächster Woche zur Cortinarien-Tagung nach Frankreich fahre, habe ich sicher die Möglichkeit mit Herrn Bellu mal über das Thema zu sprechen.
    Das Problem ist dadurch natürlich nicht gelöst. Ich denke, man sollte verstärkt Lycogala mitnehmen und wirklich genauer untersuchen. Leider hat das scheinbar kaum einer gemacht. Sogar im Myxomycetenbuch der Franzosen von Poulain et al. ist L.terrestre nur im Schlüssel vorhanden, aber es gibt keine Abbildung dazu. In der aktuellen "Roten Liste der Myxomyceten" ist die Art für Deutschland nicht erwähnt.
    Herrn Baumanns Aussage zum vorliegenden "Fall" verstehe ich, denn anhand der Fotos läßt sich nichts anderes bestimmen als L.epidendrum, da die meisten Fruchtkörper irgendwie geschädigt oder noch nicht voll ausgereift sind.
    Ich bin jedenfalls jetzt für dieses Thema sensibilisiert und werde versuchen möglichst viele Blutmilchpilze genauer zu untersuchen und hoffe auf neue Erkenntnisse.
    In der Literatur geistert zu diesem Thema leider viel zu viel wiedersprüchliches rum.
    Gruß Ulla

  • Hallo Toffel,



    Aus welcher Quelle weißt Du, daß L. terrestre in Deutschland häufiger als L. epidendrum sein soll? Würde mich sehr interessieren!


    das hat Gerd mal im Schwammer-Forum geschrieben. Ich habe den Beitrag gerade rausgesucht: Link.
    Ich selbst kann diese Ansicht auch nachvollziehen. Von meinen insgesamt 25 Funden von L. epidendrum s. l. sind 18 L. terrestre, zumindest so wie ich das auffasse. Ein kleines Problem habe ich mit den Angaben zu den Sporenpulverfarben, das ich bei L. terrestre als olivlich beobachtet habe und nicht, wie bei Ing angegeben, bei L. epidendrum.


    - Danke, dass du diesen Link (*) gesetzt hast.
    (*) Habe ich mühsam, nachdem ich eine Reihe von Foren durchsucht habe zwischenzeitlich auch diesen Link gefunden und dabei festgestellt, dass der Betreiber dieses Forums, mich aus mir nicht nachvollziehbarem Grund ohne meine Kenntnis ausgemustert hat.
    Macht nix, denn jetzt brauche ich mich in diesem Forum nicht mehr aktiv beteiligen.#


    - Aber ich habe noch einen weiteren Beitrag gefunden, bei dem ich mich zu diesem Komplex äußere.


    - Und dort habe ich einen noch einen Link gesetzt, der sich mit "Goldschimmel" beschäftigt. Die Parallele ist unverkennbar:
    ---> In beiden Fällen werden in der Populärliteratur hartnäckig potenzielle Doppelgänger ignoriert, auch dann, wenn es sich aktuell um die häufigere Art handelt. :cool:
    -------------------
    ---> Ansonsten: Zu der Unterscheidung "L. epidentrum vs. L. terrestre" kann ich mangels Literatur (Tante Wicke traue ich grundsätzlich eh nicht!!!) nicht viel beitragen, außer zusammenfassend:


    (1) Der sehr bekannte Südtiroler Mykologe "Belllù" hat einen auf der "Cortinarientagung 2010" (als L. epidendrum bestimmten) Fruchtkörper als fehlbestimmt bezeichnet und als "L. terrestre" bestimmt!!!


    (2) Er erwähnte, dass das auch in der BRD die häufigere Art ist und diese Art von seinem Freund (Namen habe ich vergessen) beschrieben wurde.


    - Ingo:
    ---> Wenn man MykoBank folgt, dann handelt es sich aktuell um zwei nicht synonyme "gute" Arten, die beide von Fries sanktioniert wurden.


    ---> Ich vertraue hier "Bellù", der mir das auch bestätigt hat.


    - @ Alle:
    ---> Mit Populärliteratur lassen sich Pilzarten leider oft sogar (meist!) nicht bestimmen.


    - Das kann man leicht nachvollziehen: Die Autoren der Populärliteratur gaukeln leider werbewirksam (*) vor, dass man mit ihrem Buch Pilze sicher bestimmen kann.


    (*) Besonders dreist finde ich folgende Behauptung von E. Gerhardt in einem seiner Bücher (erschienen 2002), in dem er gerade einmal ca. 200 heimische (einen Tropfen auf einen heißen Stein) Pilzarten vorstellt und dann auf der Rückseite dieses Buches behauptet:


    Das geniale einfache Bestimmungssystem: 3 Merkmale checken - die gesuchte Art zweifelsfrei bestimmen!


    ---> Hmm, da lachen selbst die Hühner :D


    Grüße
    Gerd

  • Hallo Gerd,



    - Und dort habe ich einen noch einen Link gesetzt, der sich mit "Goldschimmel" beschäftigt. Die Parallele ist unverkennbar:
    ---> In beiden Fällen werden in der Populärliteratur hartnäckig potenzielle Doppelgänger ignoriert, auch dann, wenn es sich aktuell um die häufigere Art handelt. :cool:


    die Liste der unbekannten aber häufigen Arten lässt sich noch durch einige Vertreter ergänzen. Als Beispiele wären da:
    Chlorophyllum olivieri
    Sarcodon squamosus
    Diatrype undulata
    Xerocomus cisalpinus
    Russula subfoetens
    und, wie ich seit neuestem weiß,
    Scutellinia crinita


    Zitat


    (*) Besonders dreist finde ich folgende Behauptung von E. Gerhardt in einem seiner Bücher (erschienen 2002), in dem er gerade einmal ca. 200 heimische (einen Tropfen auf einen heißen Stein) Pilzarten vorstellt und dann auf der Rückseite dieses Buches behauptet:


    Das geniale einfache Bestimmungssystem: 3 Merkmale checken - die gesuchte Art zweifelsfrei bestimmen!


    ---> Hmm, da lachen selbst die Hühner :D


    Nun kann man den Satz auch so auffassen, dass er nicht unbedingt eine leere Versprechung ist (im Register gesucht und gefunden usw. ;)). Aber das führt natürlich schon in die Irre und so versteht man den Satz normalerweise nicht.
    Sieht man mal davon ab, dass die Merkmale u. U. einer engen Artengruppe entsprechen, funktioniert die Methode m. M. n. aber recht gut für die enthaltenen Arten.


    Viele Grüße
    Toffel