Brauner Ritterling bei Kiefer?

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 5.696 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Naan83.

  • Hallo liebes Forum,


    gestern fanden Pablo, Stefan und ich bei einem Ausflug in den Pfälzerwald folgende braunhütige Ritterlingsgruppe, die ich gerne näher bestimmen würde...


    Fundangaben:
    Ökologie: Lichter, sandiger Kiefernwald; vorwiegend Kiefern, in weiteren Umfeld auch Buchen, Birken, Esskastanien; Standort am Wegrand; vermutlich Kalk
    Größe: Hutdurchmesser ca 3-8 cm
    Hut: stumpf gebuckelt, alt rotbraun (jung auch wesentlich heller braun), feinfaserig, trocken, Rand deutlich gerippt und lange eingerollt
    Lamellen: cremeweiß mit stark ausgeprägtem Burggraben, gekerbt
    Stiel: unten braunrot, längsfaserig, Stielspitze leicht abgesetzt und wesentlich heller
    Geruch: mehlig-gurkig
    Geschmack: mehlig-ranzig, für meine Begriffe aber mild









    Meine Vermutung geht momentan in Richtung weißbrauner Ritterling, T. striatum.


    Was meint ihr? :)

  • In der richtigen Sektion bist du ohne Frage, aber die ist sauschwierig. Das von dir vorgeschlagene T. striatum hat laut Literatur eine Pseudoringzone am Stiel, die man hier nicht erkennen kann. Aussehensmäßig kommt am ehesten T. stans hin, obwohl die im Idealfall laut Literatur vorschriftsmäßig mehr rosa- statt orangebraun sind und bitter statt mild schmecken.


    Ich forsche an den Weißbraunen Ritterlingen schon eine ganze Weile herum, finde auch immer mal Exemplare, die alle typischen Merkmale einer konkret in der Literatur beschriebenen Art entsprechen, und dann aber auch wieder solche, bei denen es mit den Merkmalen bunt durcheinander geht. Das Problem besteht darin, dass man in dieser Sektion überhaupt nicht weiß und auch nirgends nachlesen kann, welche der reichlich vorhandenen Merkmale so zuverlässig trennend sind, dass sie als Bestimmungsmerkmale taugen. Ich werde in dieser Ritterlingssaison mal mit dem Chemiebaukasten rangehen (und zu diesem Zweck auch in die Kurpfalz fahren :) ), vielleicht sieht man damit was. Jedenfalls ist diese Artengruppe eine, die geradezu um DNS-Sequenzierung bettelt.


    Diese altbekannte Ritterlings-Geschichte von W. Neuhoff solltest du dir auf jeden Fall mal reinziehen, superspannend!
    http://wwwuser.gwdg.de/~rjahn/Pilzbriefe/PB_Bd_1_11.pdf
    In den Westfälischen Pilzbriefen sind noch einige Beiträge zu den Weißbraunen Ritterlingen drin, die man gelesen haben sollte, wenn man dort durchsteigen will.

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()

    • Offizieller Beitrag

    Hi Anna,


    wenn ihr drei schon scheitert, sollte ich lieber die Klappe halten. :P


    Ich habe allerdings mal etwas gesucht und den hier gefunden:


    Tricholoma fulvum


    Vergleichsbilder (hoffentlich richtig bestimmt):


    http://www.svampguiden.com/art.asp?art=Tricholoma_fulvum


    http://www.pilzfreun.de/wp-con…/Tricholoma-fulvum-bo.jpg


    Ich fand die Übereinstimmung in der extremen Rippung beider Pilze auffallend, also schlage ich ihn mal vorsichtig vor. ;)


    lg,


    Jan-Arne

  • Ein Schnittbild brächte hier Klarheit. T. fulvum ist durch seine zitronengelbe Fleischfarbe gut von ähnlich aussehenden Arten zu trennen.

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo Stephan, :)


    herzlichen Dank schon mal für deine Hinweise und Erläuterungen zu dieser schwierigen Gruppe, und besonders auch für den Hinweis zum Artikel über mögliche Giftwirkung in dieser Gruppe. Drastisch und geradezu unheimlich. Ich bin mehr denn je davon überzeugt, das Ritterlinge für mich keine Speisepilze sind. 8|


    Danke für deinen Hinweis zum Rotfleckenden Kiefernritterling, T. stans... :)
    T. stans passt optisch gut, für meine Begriffe.
    Edit: Ich hatte diese Art gestern abend auch in Betracht gezogen, da das Aussehen wirklich sehr gut passt, konnte dann aber beim Quetschen der Fruchtkörper (Lamellen) keine Verfärbung beobachten, auch nicht über Nacht. Wegen des zudem milden Geschmacks, der hier bitter sein müsste, hatte ich ihn dann ausgeschlossen. Ich habe eben nochmal probiert... Ich kann hier einfach keine Bitterkeit schmecken, obwohl ich den Geschmack als unangehm empfinde. <X


    Ich bin gespannt, was du über dieser Gruppe noch so zukünftig herausfindest, da scheint ja noch einiges an Forschungsbedarf zu bestehen. :thumbup:


    Das Fleisch der Ritterlinge war jedenfalls sehr hell cremeweiß, ganz ohne Gelbstich. Zudem kenne ich den Gelbblättrigen Ritterling von Pilzausstellungen, so dass ich ihn hier eher ausschließen würde. Ich stelle unten noch aktuelle Schnittbilder und Bilder der Stielspitze ein, um meine Angaben zu untermauern.


    Drei Exemplare der Gruppe liegen mir übrigens noch vor, und ich kann gerne weitere Angaben nachreichen, die zur Klärung beitragen. Gerne rücke ich den dreien auch mit meinem Chemiebaukasten zu Leibe, falls das Beträufeln mit gewissen Substanzen hier irgendetwas bringt... :P




    Hallo Jan-Arne, :)


    Pablo hatte da eine eigene Idee zu dem Pilz, weiß aber nicht mehr genau, welchen Kandidaten er im Sinn hatte.


    Danke vielmals für deinen Hinweis, jede Meinung und jeder Tipp ist herzlich willkommen :thumbup:


    Der Hut und die Rippung passt zu T. fulvum zugegeben gut, aber unser Pilz hatte keinerlei Gelbstich, weder im Fleisch, noch in den Lamellen. Zudem wird bei unserem Pilz der Hut bei Wiederbefeuchtung nicht schleimig, was er bei T. fulvum wohl machen müsste. Und Birke als Baumpartner halte ich an dieser Fundstelle für eher unwahrscheinlich.



    ---------------------------


    Hier die ergänzenden Bilder mit Schnittbild zum Fund:







  • Hallo Pablo! :)


    Ich hatte diese Art bei meinen Recherchen daheim v.a. wegen des starken gurkigen Mehlgeruchs unseres Fundes, den T. imbricatum nicht haben sollte (lt. Pilze der Schweiz: "krautig-pilzig", bzw. im Tintling online: "unauffällig"), eher ausgeschlossen. Im Feld waren wir da glaub ich noch zu keiner klaren Entscheidung gekommen. Dann war T. Imbricatum dein Kandidat - war mir da nicht mehr sicher?


    Weitere Kriterien: Geschmack wäre bei T. imbricatum bitterlich, sowie Stiel bei Berührung braunfleckend. Außerdem finde ich nur kaum Vergleichsbilder der Art mit einem so durchgehend geripptem Hutrand - ein solcher wird hier in der Regel in der Literatur nicht erwähnt. Das Gesamterscheinungsbild passt für mich hierzu irgendwie - auch farblich und von der Statur - nicht so richtig.

    • Offizieller Beitrag

    OK. :thumbup:


    Ob man Geruch und Geschmack und Nuancen in der Wuchsform nun als harte Kriterien bei Ritterlingen betrachten kann, da habe ich etwas Zweifel. Mich hätte jetzt auf den Bildern allerdings im Nachinein vor allem der Hutrand gestört.
    Stimmt, T. imbricatum war meine Idee, da ich den neulich mal bestimmt hatte. Sah aber etwas anders aus, und roch etwas anders (wenn auch durchaus mit leichter Mehl - komponente). Ich hab's mir da zu einfach gemacht, bin etwas Ritterlings übersättigt momentan.


    Übrigens: Wenn du hier anrückst, Stephan, dann ist die Übersättignung an der Gattung sicher ganz schnell verflogen. Sag vorher bescheid. :thumbup:



    LG, Pablo.

  • Hallo!



    Ob man Geruch und Geschmack und Nuancen in der Wuchsform nun als harte Kriterien bei Ritterlingen betrachten kann, da habe ich etwas Zweifel. Mich hätte jetzt auf den Bildern allerdings im Nachinein vor allem der Hutrand gestört.


    Bei Geschmack und Nuancen der Wuchsform gebe ich dir völlig Recht - das sind sicherlich recht schwmmige Kriterien. :thumbup:


    Mein zentrales Kriterium war der hier 1. Geruch und 2. der gerippte Hutrand.
    Starker Mehlgeruch ist bei den Ritterlingen denke ich schon ein bestimmungsrelevantes Merkmal, über welches manche Arten ausgeschlossen werden können. Und hier war der Geruch ( - und ich hab ja Exemplare mitgenommen, wieder und wieder beschnuppert, gedrückt und beknabbert - :D ), so richtig schön aufdringlich mehlig, ungefähr wie einem Schuppigen Porling, gekreuzt mit Maipilz und Gifthäubling. :evil:


    Zitat


    Übrigens: Wenn du hier anrückst, Stephan, dann ist die Übersättignung an der Gattung sicher ganz schnell verflogen. Sag vorher bescheid. :thumbup:


    Genau. Das wäre Klasse! Ritterlinge sind ein spannendes Feld, von dem ich leider noch keine Ahnung habe. Da wären wir Heidelberger auch zu gerne dabei. Gestern haben wir uns besonders gefreut, die seidige Taube zu bewundern.

  • Hallo Anna (und alle Freunde der Braunen Ritter),


    schöne aussagekräftige Bilder zeigst du uns hier. In einem Parallelforum gab es letzte Woche eben ähnliche zu sehen, die zur gleichen Art gehören dürften.


    Ich könnte hier und jetzt einen seitenlangen Lext zum Thema verfassen. Nur fürchte ich, dass ich damit eure Nerven überreizen könnte. Daher etwas kürzer. Tatsache ist, dass die gezeigten Merkmale in Summe keiner Art entsprechen, die mittels deutschsprachiger oder anderer europäischer Literatur geschlüsselt werden könnte.


    Nach allem, was da zu sehen ist, haben die Ritterlinge eine deutlich striate Hutoberfläche und keine abgesetzte Pseudoringzone. Im Prinzip entsprächen sie dem T. albobrunneum nach Hennig-Kreisel. In der südeuropäischen Literatur (Riva / Bon / PdS) werden die gleichen Ritterlinge als T. stans bezeichnet.
    Allerdings zeigen die Bilder einige Merkmale, welche die genannte Art nicht haben sollte. Zum Einen die deutlich gerippten Hutränder, zum Anderen die fehlenden, rötlich-hellbraunen Verfärbungen im Schnitt. Die fehlende Bitterkeit im Geschmack könnte allerdings Witterungsumständen (viel Regen?!) geschuldet sein.
    Wäre nicht die striate Hutoberfläche, könnte man die Pilze rein optisch als T. pessundatum ansprechen. Diese haben gerippte Hutränder und einen vergleichbaren Habitus, allerdings eine ziemlich glatte Hutoberfläche.


    Was nun? Dein Fund liegt irgendwo in der Mitte zwischen beiden Arten - im Bestimmungsnirwana sozusagen. Ich gebe zu, dass ich solche Ritterlinge auch schon mal gefunden hatte. Ich meine, das sollte 2008 gewesen sein. Dummerweise haben die Harvester das Biotop inzwischen gründlich zerstört und es dürfte wenigstens fünf Jahre dauern, bis sich dort wieder mal was regt.


    Liebe Anna, ich möchte dir empfehlen, das Material für eventuelle spätere Untersuchungen einstweilen sicher zu stellen, will heissen zu trocknen und irgendwo einzulagern. Experimente mit dem Chemiebaukasten dürften wohl eher nichts bringen.


    Das aktuelle Nordamerikanische Tricholoma-Werk von Bessette at al zeigt eine Art namens Tricholoma muricatum, die deinem Fund rein makroskopisch schon eher entspricht. Vielleicht ergibt sich ja irgendwann die Gelegenheit, dass den Fund Jemand in den Sequenzer legt.
    Ich für meinen Teil halte diese Ritterlinge jedenfalls für etwas Eigenes.


    Gruß Ingo

  • Hallo Ingo,


    das klingt ja alles hochspannend. :)


    Als Neuling auf dem Gebiet der Ritterlinge hatte ich natürlich nicht erwartet, dass dieser Fund gleich etwas besonderes sein könnte. 8|


    Vielen Dank jedenfalls für deine ausführlichen Erläuterungen, die mich keinesfalls gelangweilt haben - ganz im Gegenteil! :thumbup:


    Ich habe den Fund, die verbleibenden drei Fruchtkörper, soeben bei niedriger Temperatur auf den Dörrex befördert und werde ihn dann beschriften und bei mir einlagern. Ich habe ohnehin eine kleine ( :evil: ) Trockensammlung spannender oder strittiger Funde (für den Fall dass ich mal tiefer in die Materie einsteigen möchte :P ).


    Falls also jemand die Möglichkeit hat, hier mehr herauszufinden, freue ich mich darüber sehr und stelle ihm die Bilder und das Material natürlich gerne zur Verfügung.


    Edit: Der Link zur ähnlichen Anfrage im Parallelforum würde mich übrigens sehr interessieren. Ich vermute das warendie Doppelpilze? Werde mal stöbern.