"Pilzhorizont" erweitern

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 3.823 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von ja2911.

  • Hallo zusammen,


    ich habe mir schon länger vorgenommen, öfter mal über den bisherigen Tellerrand zu schauen und weitere Pilze kulinarisch zu entdecken. Die letzte Neuentdeckung ist schon wieder über ein Jahr her. Der Hintergrund ist recht einfach, es passiert mir gelegentlich, dass ich mit nur geringer Ausbeute nach Hause gehe, weil ich voll auf die Pilze fixiert bin, die seit Generationen in meiner Familie gesammelt werden. Und sehr oft passiert es dabei, dass ich Pilze finde, bei deren Bestimmung ich mir 100%ig sicher bin und die ich einfach nicht mitnehme, weil ich sie selbst noch nie gegessen habe und niemanden persönlich kenne, der sie schon gegessen hat. Jetzt ist zwar schon recht spät in der Saison für "Neuentdeckungen", aber 1 oder 2 Wochen bleiben ja hoffentlich noch. Worauf ich hinauswill: Ich hätte gerne das letzte bisschen Sicherheit für ein besseres Gefühl. Nicht falsch verstehen, ich weiß, dass ich selbst verantwortlich bin für die Pilze die ich esse und ich nehme nur Pilze mit, bei denen ich mir 1000%ig sicher bin, dass ich sie korrekt bestimmt habe und sie essen kann. Aber ich würde zum Beispiel niemals Stockschwämmchen sammeln, weil auch wenn ich mir sicher bin sie zu erkennen der Hintergedanke an einen tödlichen Doppelgänger bleibt. Und damit wäre das kulinarische Erlebnis für mich dahin ;)


    Jetzt aber zu meinen Fragen, ich will wie gesagt nur sicherstellen, dass ich nichts übersehen habe. Ich bin zwar sicher kein absoluter Profi, aber würde mich doch als recht erfahren mit Pilzen sehen. Als Pilzarten zum ausprobieren habe ich zunächst Perlpilz, Edelreizker und Fichtenreizker ins Auge gefasst, da ich diese sicher erkenne und recht häufig finde.


    Zunächst zum Perlpilz: Die Unterscheidung zum Pantherpilz ist in meinen Augen deutlich durch die geriefte Manschette und die Rottöne gegeben. Und auch der Pilz an sich ist mir vom giftigen Doppelgänger optisch weit genug entfernt. Ich habe beide Pilze oft genug gesehen und lasse seit 10 Jahren die schönsten Perlpilze stehen, weil "wir die noch nie gesammelt haben". Nach allem was ich gelesen und gesehen habe würde ich also sagen: "Wenn die Manschette gerieft und die Knolle NICHT deutlich abgesetzt ist, kann man alle giftigen Pilze ausschließen". Kann man das so stehen lassen? Ich will schlichtweg bei allen Pilzen die ich esse gefährliche Verwechslungen ausschließen. Gefährlich heißt für mich: Verwechslungen, die auch erfahrenen Sammlern passieren können und die langanhaltende oder tödliche Folgen haben können (Beispiel Gifthäubling ;)). Eine nicht gefährliche Verwechslung wäre zum Beispiel Steinpilz-Gallenröhrling (Selbst wenn es passieren sollte, was sehr unwahrscheinlich ist, merkt man es rechtzeitig und man muss höchstens <X ;))


    Jetzt zu den Reizkern: Nach allem was ich weiß sind diese Pilze eigentlich "idiotensicher", zumindest wenn man nach dem vielzitierten Satz geht: "Wenn die Milch rot ist ist der Pilz essbar". Also hier kann man eigentlich gar nicht falsch machen, außer Edelreizker, Fichtenreizker und Lachsreizker untereinander zu verwechseln,wenn man gerade nicht auf die Bäume geschaut hat. Und ähnliche ernstzunehmend giftige Pilze sind mir auch nicht bekannt. Wenn man das so stehen lassen kann, könnte ich die Reizker mit gutem Gefühl probieren und auch genießen ;)


    Ich hoffe ihr versteht was ich meine und worauf ich hinauswill. Ich bin mir wie gesagt 100%ig sicher die genannten Pilze zu erkennen und würde sie beim geringsten Zweifel stehen lassen. Man könnte die Frage auch anders auf den Punkt bringen: Gibt es bei den genannten Arten ernstzunehmend gefährliche Doppelgänger, die ich übersehen habe? Oder kann ich mit gutem Gefühl mal probieren, ob mir diese Pilze zusagen? :)


    Ist jetzt doch länger geworden als geplant, schonmal danke fürs durchlesen und die Antworten :)
    schöne Grüße, j.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo J.,


    ich kann deine Bedenken nur zu gut verstehen. Bei mir müssen es auch 100% sein, bevor ich einen Pilz probiere. Anderen reichen da schon 90 - 95%. ;)


    Meiner Meinung nach stimmen deine zwei Aussagen. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob es nicht noch andere Wulstlinge mit geriefter Manschette gibt (von dem harmlosen, weil essbaren, aber kulinarisch nicht wertvollen Grauen Wulstling mal abgesehen). Aber die Merkmale, die du beschrieben hast, um den Perlpilz vom Pantherpilz zu unterscheiden, sind genau die richtigen. Beim Reizker ist es wirklich so, dass die rote Milch eigentlich Beweis genug ist. Natürlich kann man solche Sachen nicht ohne weitere Einschränkungen stehen lassen, denn du musst dafür natürlich den Reizker von z. B. rotmilchigen Helmlingen unterscheiden können, aber das traue ich dir wohl zu. :P


    lg,


    Jan-Arne


    Im Forum gibt es keine Verzehrfreigaben, nur Hilfestellungen zu eigenständigen Vergleichen!


    Meine Homepage mit Kurzportraits von Pilzen und Tieren: fungaundfauna

  • Hallo j.,


    auch bei mir müssen es 100% sein, nicht zuletzt weil meist die ganze Familie mit isst. Aber die von dir beschriebenen Merkmale sind schon eindeutig und wenn du bei den Reizkern auch noch auf die zugegebenermaßen oft sehr verzögerte Verfärbung bzw. die Grübchen am Stiel und die Zonen auf dem Hut achtest kann man sie sogar recht gut voneinander unterscheiden. Bei mir gehören die Reizker sogar zu den jährlichen Höhepunkten der Pilzsaison.


    Grüße
    Josch

  • Schonmal danke an Josch und Jan-Arne für die Meinungen :) Ich bin gespannt auf das neue Geschmackserlebnis, beim Perlpilz habe ich von "spitze" bis "geht so" schon alles gehört, die Reizker scheinen mir allgemein sehr beliebt zu sein...
    Würde auch sehr gerne mal Herbsttrompeten versuchen, hab aber bisher keine gefunden in meinen Buchenwäldern. Da stehen irgendwie immer "nur" Steinpilze und Hexen :D


    Gruß, Jonas

  • Puuh...
    Ich geb zu, an den Perlpilz würd ich mich nie, nie, niemals rantrauen. Manschette hin oder her, aber der Perl- und der Pantherpilz sind sich einfach in meinen Augen VIEL zu ähnlich. Und da kann der Perlpilz noch so lecker schmecken... nee, lieber nicht. :rolleyes: Genauso lass ich die Finger von Stockschwämmchen und graublättrigen Schwefelköpfen.


    Dem Thema "Reizker" nähere ich mich gerade, hab vorletztes WE meine ersten Fichtenreizker gesammelt.


    Was mich noch interessiert, ist die Familie der Täublinge...

    Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better. (Samuel Beckett)

  • Hallo ja2911,


    so ähnlich wie du habe ich es diese Saison auch gemacht, und habe mich somit nun an Reizker,Täublinge und Perlpilze getraut.


    Ich denke auch, einen essbaren Reizker als solches zu bestimmten ist tatsächlich fast schon "idiotensicher". Die genauere Unterscheidung (Edel, Lachs oder Fichte) finde ich aber teilweise doch nicht ganz so einfach (hab das Forum damit ja auch schon genügend zugemüllt). Da die aber alle essbar sind, hat das ja keine schwerwiegende Konsequenzen.


    Perlpilze habe ich letztens auch mehrmals gesammelt. Beim ersten Mal bin ich dann aber tatsächlich sogar noch zur PSV (obwohl ich mir selbst 100% sicher war). Ich fand das aber auch im Nachhinein genau richtig und auch sehr angenehm, da ich dann mit einem guten Gefühl die Pilze zubereiten und essen konnte. Ich glaube ich hätte mir ansonsten doch immer mal wieder Gedanken gemacht... Auch gibt einem dann ein besseres Gefühl wenn man die beim nächsten mal sammelt. Wobei ich da auch feststellen musste, dass es halt doch immer mal wieder Unsicherheiten gibt - zumindest für mich. Ich glaube gerade junge Exemplare sind da etwas fies (die haben oft noch keinen Ring, sondern nur das Velum). Ich hatte z.B. ganz junge Exemplare bei denen auch diese rübenartige Knolle noch nicht so ausgebildet war und es am Stiel fast schon ein wenig in Richtung "Bergsteigersöckelchen" (-> vgl Pantherpilz) ging. Hab dann aber auch im Forum gelernt, dass die Rötungen doch auch ein sehr starker Indikater für den Perlpilz sind. Zudem finde ich die Farbe des Hutes (wenn auch kein harter Indikater) oft trotzdem schon sehr hilfreich, weil zumindest bei meinen Perlpilzen das immer doch leicht rötlich/farbig "schimmert" (ein kleines bisschen eben wie bei Perlen).

  • Würde auch sehr gerne mal Herbsttrompeten versuchen, hab aber bisher keine gefunden in meinen Buchenwäldern. Da stehen irgendwie immer "nur" Steinpilze und Hexen


    Törrrööö's gibt es leider nur in einer ganz bestimmten Art Buchenwald, von dem ich nicht weiß, ob er in deiner Gegend vorkommt. Im Wald müssen vorwiegend alte, dicke Buchen stehen, der Boden sollte humos und gut mit Mineralien versorgt sein. Sternenmoos ist hierfür ein guter Anzeiger, ebenso die Haargerste, falls du die erkennst. Südwesthanglagen sind ebenfalls von Vorteil. Leicht kenntliche Pilze, die sehr gern mit Totentrompeten zusammen vorkommen, wären der Laubwald-Semmelstoppelpilz, der Schwefelritterling und der Rotschuppige Raukopf.

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Das schönste am Horizont erweitern ist wenn man dann plötzlich feststellt,
    wie unendlich selbiger ist und wie wenig man eigentlich weiss :/


    Wenn plötzlich der altbekannte Rotfussröhrling mehrere Namen hat, der Safranschirmling neuerdings auch in 2 Arten unterteilt wird


    Die Rotkappe sich mit Ihren verschiedenen Arten auch ein wenig
    komplizierter darstellt als man ursprünglich mal dachte.


    Die für mich beeindruckendste Erfahrung war dass es nicht den Kleinen und den Grossen Waldegerling gibt sondern dass die Klein- und Grosssporiger heissen. Sprich: Sogar erfahrenste Sammler können da bei der Bildbetrachtung daneben liegen, wenn das Mikroskop befragt wurde.


    In diesem Sinne vielen Dank an alle hier, das Forum hilft nach und nach
    ein wenig mehr zu erfahren.

  • Ja, das mit der Horizont-Erweiterung kann doch enorme Dimensionen annehmen, gerade bei den Beispielen Rotfußröhrling und Rotkappe mach ich mir aber um die Unterscheidung ehrlich gesagt wenige Gedanken, mein Interesse an den Pilzen ist doch überwiegend kulinarisch, welche Unterart ich jetzt genau habe ist mir da zugegebenermaßen relativ egal...;)


    Oehrling, danke für diese Erklärung, annähernd passende Wälder, in denen zumindest Semmelstoppelpilze stehen habe ich, aber die beiden anderen Kandidaten habe ich noch nie dort gesehen. Vielleicht gibts einfach keine, bei der Vielfalt die meine Wälder bieten will ich mich da aber nicht beschweren :)


    Jetzt aber zum Erfahrungsbericht, gefunden und getestet habe ich am Wochenende Perlpilze und Fichtenreizker. Die Perlpilze könnte man zurzeit mit der berüchtigten Schubkarre ernten, ich habe mir 5 schöne Exemplare ausgesucht und (ohne Huthaut ;)) pur angebraten (nur mit etwas Salz und Pfeffer) probiert. Überzeugt haben sie in jedem Fall und stehen ab jetzt auch auf dem Speiseplan, zumindest solange ich nicht kiloweise Steinpilze zur Verfügung habe ;)
    Fichtenreizker habe ich nur sehr wenige an einer Stelle gefunden, auch hier habe ich mir 3 oder 4 mitgenommen und sie pur probiert. Ich muss sagen, wenn das im Vergleich zum Edelreizker der "schlechtere" ist bin ich auf letzteren umso mehr gespannt!


    Damit wird die Liste der Pilze, die ich mal probieren will wieder etwas kürzer und die Teller-Liste dürfte spätestens jetzt die 20. Position geknackt haben :)


    Gruß Jonas