Champignon auf Irrwegen? -->Agaricus cf. subfloccosus

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 2.824 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von abeja.

  • Hallo Pilzfreunde,
    dieser Champignon gibt mir Rätsel auf.
    Bisher kenne ich aus dem Wald leider nur Karbol-Egerlinge, dieser hier war anders.


    Mit den Merkmalen komme ich auf Wiesen-Champignon, Agaricus campestris - nur: dieser Pilz wuchs am Rande eines Waldweges...


    Im Einzelnen:
    Fundort: Hochrhein, ca. 350 m, am Rande eines Waldweges (schon im Wald), bei Buchen auf Kalk, Erde locker angehäufelt, humusreich aber mit Holzstückchen und Wegschotter durchsetzt, nächste Wiese (von Wald umschlossen) ca. 50 m entfernt.


    Ein einzelner Pilz
    Der Hut war gewölbt, fast noch im Erdreich, ich habe ihn "befreit",
    Hut ca. 10 cm Durchmesser, die Huthaut sehr dick und "wattig", abziehbar, weiß ohne Schüppchen, höchstens kleine rötlich-braune Verfärbungen
    Der Stiel war relativ kurz (5,5 cm) und 3 cm dick, eine Ringzone war nicht deutlich feststellbar (vergänglich).
    Höchstens leichte gelblich-rot-braune Verfärbungen (nicht chromgelb) bei Reiben und Lagern
    Lamellen schön rosa (dunkeln nach)


    Geruch: nicht Karbol, nicht Anis (o.ä), sehr neutral, wie Zuchtchampignon
    Geschmack: angenehm mild pilzig
    Sporenpulver: dunkelbraun

  • Halli hallo,
    wahrscheinlich willst Du Agaricus bitorquis auch nicht hören, da ja keine Stadt in der Nähe war.
    :)
    Aber vielleicht wissen das die Champignons auch nicht immer... also das mit den Wiesen und den Städten und nur die Menschen haben die Häufigkeit der Pilzestandorte für den (nicht immer) zutreffenden namen genutzt?


    Sage ich so dahin, mit einem vollen Bauch voll Pilzgericht, in dem u.a. auch drei noch flink gefundene Champignons waren.


    Tom

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Abeja!


    Einen Wiesenchampi kann man bei der Stielbasis schon mal ausschließen. Wenn keine Gilbung und kein Anisgeruch, dann geht's bei den anderen Rötern weiter. Das wird aber dann möglicherweise schwierig. Stadtchampi fällt auch raus, ebenso die Gruppe um den Kompostegerling (A. vaporarius / subperonatus), weil vielo zu wenig Schuppen an Hut und Stiel.


    Lohnenswert zum Vergleichen wäre hier noch die Gruppe um Agaricus bernardii (Salzwiesenegerling). Der sollte aber irgendwie unschön riechen. Vorkommen auch in küstenfernen Gebieten sind durchaus dokumentiert, allerdings dann meist an Straßenrändern, wo im Winter viel Salz gestreut wird.
    Eleganter wäre natürlich der Feinschuppige Egerling (Agaricus benesii), der aber viel deutlicher röten müsste.


    PS.:
    Warum fällt Stadtchampi raus: Ring zu schwach ausgeprägt und nicht doppelt, Hutoberfläche irgendwie wollig.



    LG, Pablo.

  • Ja, hallo,
    da war ich "gerade am Recherchieren" - wie unterscheidet man Stadt- u. Wiesenchamp.?
    Frage ja schon beantwortet :)


    Von den anderen habe ich noch NIE gehört...
    Ich hatte nur gelesen, dass der Wiesenchamp. äußerst variabel daherkommt, und die anderen in meinen (inzwischen zwei :) ) Büchern passten noch weniger.

  • Hallo Pablo,
    warum schließt Du den Städter so klar aus? Für mich wäre das der klare Treffer. Gerade der kurze Stiel, der bei festsitzenden Exemplaren am unteren Ende leicht dicklich sein kann...


    Tom

  • Hier muss ich noch ergänzen, dass die Lamellen ganz frisch wirklich extrem auffällig rosa waren.
    Am Fundort konnte ich den Champi nicht fotografieren (zu dunkel), beim Transport ca. 200 m weiter hatte sich die Farbe schon etwas abgeschwächt - und ich habe vergessen, ein schönes Lamellenbild zu machen.

  • Hast du schon mal einen bitorquis mit so einer (wollig-schuppigen!) Hutoberfläche gefunden? ...


    Hmmm, jetzt wo Du es sagst und ich mir die Bilder betrachte... Aber von einem "wolligen" Hut berichtete der TE in der Beschreibung gar nicht. Und bei den Bildern... bin ich mir nicht so sicher. Der ganze Pilz ist etwas ramponiert.
    Aber ok, wenn es denn ein Wollkopf ist, dann bin ich raus.
    :)


    Tom

  • Hallo,
    ich schrieb: Huthaut sehr dick und "wattig" (wollig wäre aber auch ein passender Ausdruck).
    "Schuppig" weiß ich nicht, jedenfalls keine andersfarbigen Schuppen, eher gleichfarbige längliche Fasern, die zum Abfasern neigen ....öh...äh...
    Der Pilz sieht zwar ramponiert aus, war aber erst 5 Minuten vorher aus der Erde (in der er halb drinsteckte) gebuddelt worden.
    Also Stiel und bis über Unterkante Hut war mit Erde bedeckt.
    Dann war ich zu schnell mit dem Halbieren, die Seitenansicht ist schon vom halbierten Pilz - bis zum Fotografierort hatte ich den Pilz lose in der Hand (nicht eingetütet oder in Körben hin und her geschüttelt).

  • In Großpilze BW Band 5 steht im Schlüssel genau neben A. bitorquis (Stadtchampignon) der A. subfloccosus, der sich vom Stadtchampignon u. a. durch faserfilzige Huthaut und faserflockige Stielbasis unterscheidet. Das passt hier doch recht gut. Natürlich muss man auch bedenken, dass das reichhaltig vorhandene Velum der besonderen Wuchsweise (vergraben im Erdhaufen, so hieß es doch?) geschuldet sein kann.

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo,
    auch hier danke für die Rückmeldungen und Bestimmungsvorschläge.
    Kann ich den denn jetzt als Agaricus subfloccosus ablegen (mit cf.?)
    Ich habe mir dazu etwas angeschaut, und wäre im Bildvergleich nie darauf gekommen, weil der dort meist bräunlicher und schuppiger aussieht.
    Ich las allerdings, dass der Pilz jung auch weiß sein kann.
    Auch der Standort wird mal mit bei Fichten angegeben, Pilzler berichten aber von Fundstellen bei Buchen auf Kalk.
    Den Ring habe ich dann völlig falsch interpretiert (als vergänglich). Das hier ist also ein "aufsteigender" Ring?
    Wenn ich Forumsfundstellen vergleiche, dann werden in einem Atemzug mit A. subfloccosus (als Vergleichspilze für die immer unglaublich kniffeligen Champignons) z.B. auch Agaricus aestivalis ssp. veneris und Agaricus chionodermus genannt.
    Vor allem den letzeren finde ich (optisch) relativ passend, habe allerdings jetzt noch nichts zu Standorten und Geruch gelesen (Geschmack soll Bittermandel....)
    http://forum.fungiworld.com/index.php?topic=3440.0
    http://www.naturamediterraneo.…topic.asp?TOPIC_ID=161745

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Abeja!


    Mir gefällt die Idee von Oehrling sehr gut. Sonst hätte ich schon genörgelt. :)
    Agaricus aestivalis / albosericellus und Agaricus chionoderma kannst du ausschließen, das sind beides Gilber. Auch beim Schneehütigen (A. chionoderma) müsstest du spätestens beim Trocknen eine Gilbung erkennen können.
    Das mit den Standorten ist bei vielen Champis ohnehin umstritten. Auch kann man sich nicht imemr auf Internetquellen verlassen, gerade bei Chmpis wird da einiges durcheinandergebracht. Aber du hast recht: Die Gattung ist schon knifflig. Letztlich kommt man da auch nicht an Mikroskopie vorbei, wenn man das ernsthaft betreiben will. Das gilt freilich auch für mich. Es ist Spielerei und auch wenn es einige Arten gibt, die sich gut makroskopisch ansprechen lassen, so klappt das nur, wenn sie einigermaßen klassisch ausgeprägt sind. Leider wissen die oft nicht, wie sie laut Literatur auszusehen haben.
    Also mit ich denke mal, ich würde den wahrscheinlich auch A. subfloccosus ansprechen, wenn ich den in der Hand hätte. Mit cf dran. ;)


    Der Ring wäre hier als aufsteigend zu bezeichnen, zugleich aber als vergänglich. Und auch aufsteigende Ringe können bisweilen mal runterhängen. Oder verschwinden.



    LG, pablo.

  • Hallo Pablo,
    dann nochmals danke für die Ausführungen - komisch, dass ich als zweiten wildwachsenden Champignon dann wieder ausgerechnet so was "Komisches" finden muss ... einen brauchbaren Champignon-Schlüssel für "MoMs" (Menschen ohne Mikroskop) gibt es wohl nicht? :)
    Aus den ganzen Beschreibungen - mal hier - mal dort - werde ich nicht so ganz schlau.
    Wahrscheinlich helfen da nur die mehrbändigen Werke und die Monografien (aber die lohnen sich für mich noch nicht - immer schön Step-by-Step...)