Guten Abend liebe Pilzgucker, -schmecker und -riecher,
gestern war ich bei einem Waldspaziergang gefragt worden, was denn das für auffällige hellgrauen Pilze sind, die da herumstehen. Ich konnte nur murmeln: "Die sind aus einer schwierigen Gattung, ich verzichte auf eine Artbestimmung", obwohl ich im Moment noch nicht wusste, welche Gattung. Einen Fruchkörper umgedreht, Lamellen weiß, dazwischen rosa . Verdacht: Rötling. Trotzdem habe ich zwei Fruchtkörper mitgenommen. Zu Hause am Mikroskop mit Quetschpräparat bestätigt: eckige Sporen
Zunächst die Angaben, wie sie zur Recht gewünscht werden:
Standort: nördlicher Vogelsberg, basischer Basalt, Boden lehmig
Mischwald, vor allem Rotbuche, Hainbuche (mehr am Waldrand)
Geruch: im Freien bei 5 ° -10 ° C schwach, nicht "nach Pilz", aber sonst für mich nicht eindeutig; in der Wärme zu Hause unangenehm, ich assoziiere aber nichts Konkretes damit.
Geschmack: auch bei Rötlingen probiere ich nie
Hutdurchmesser der beiden gemessenen Exemplare: ca 6 cm, Farbe: grau (-braun), stark hygrophan, trocken weißlich, dünn, brüchig; feucht schmierig (auf schlau: Ixokutis?)
Stiel: weiß, längsfaserig und -streifig, glänzend, sehr brüchig.
Stiellänge: min 10 cm
Lamellen: weißlich, ausgebuchtet angeheftet, Schneiden uneben ( wellig) (zumindest bei den 2 untersuchten Ex.)
Sporen (10 Ex.): 8,6 µm x 7,0 µm, Q = 1,2, meist 5- oder 6-eckig.
Die Sporen-Messung ist nicht ganz einfach, da an einer Stelle so eine Art Auswuchs ist (= Apikulus?).
Die Farben auf den folgenden Bildern kommen mir außer bei (5) naturnah vor.
(1) Exemplar 1+2, jung, Exemplar 2 mit Vertiefung in der Hutmitte
(2) Exemplar 3+4, alt, Exemplar 4: Hut trichterförmig
(3) Exemplar 4, Unterseite, Lamellenschneiden uneben
(4) Exemplar 5, Hut mit Buckel, hygrophan, Rand leicht gerieft, Einkerbungen
(5) Exemplar 6, Hut trichterförmig, hygrophan
Meine einzige Hoffnung für die Bestimmung: die meisten Rötlinge sind kleiner, wie ich inzwischen gelernt hatte.
Erster Ansatz: Die Großpilze Baden-Württembergs (Band 4) (GPBW).
Probleme habe ich immer dann, wenn nach Zystiden-Strukturen, Schnallen oder dem Sitz der Farbpigmente gefragt wird. In diesem Fall kann ich im Schlüssel nur so vorgehen, dass ich beide Wege gehe.
Nach einigem "Versuch und Irrtum" und mehrmaligem lesen konnte ich die in Frage kommenden Arten auf drei reduzieren:
- Entoloma lividoalbum
- Entoloma myrmecophilum
- Entoloma rhodopolium
Da ich die Unterschiede nicht auf die Reihe bekam, habe ich zwar mühsam, aber erfolgreich und sehr lehrreich, die relevanten Eigenschaften abgeschrieben (Word-Datei) und die zutreffenden und definitiv nicht zutreffenden Merkmale markiert. Danach war es klar:
Gegen Entoloma myrmecophilum spricht, dass bei dieser Art die Schneiden glatt sein sollen.
Bei E. lividoalbum war es schwieriger: mein bisher einziges Gegenargument sehe ich darin, dass die Trama soll fest sein soll, während sie bei E. rhodopolium ziemlich weich und zerbrechlich sein soll, was für die Exemplare zutrifft.
Für E. rhodopolium spricht zusätzlich, dass im Schlüssel explizit erwähnt wird, dass der Hut trichterförmig sein kann. Dass E. rhodopolium häufig sein soll, beruhigt mich zusätzlich.
Im Schlüssel gab es eine Stolperstelle: Bei ersten Schlüssel, der zu den Teilschlüsseln führt, kam ich nur weiter, wenn ich ignoriert habe, dass die Sporen größer als 6-9 µm x 5-8 µm sein sollen, was nicht der Fall war.
In den GPBW wurden zumindest in diesem Teilschlüssel bei den Arten keine Sporengrößen angegeben. Die im Internet zu findenden wichen zwar voneinander ab, waren aber alle mit meinen Messungen kompatibel.
Irritierend: beim "Pilzbuch" der Zeitschrift Tintling ist als Hutdurchmesser 2 - 4 cm angegeben, auch auf der Seite von first-nature.com stehen 3-5 cm. Bei den GPBW steht 4-10 cm, so wie es in etwa auch in anderen Beschreibungen steht. Seltsam.
Bei HORAK kam ich nach diesem ersten Weg zur gleichen Art (Sektion Entoloma der Gattung Entoloma), auch bei GRÖGER.
Kurz: ich komme zu Entoloma rhodopolium, dem Niedergedrückten Rötling.
Oder habe ich was falsch gemacht?
Über Kommentare würde ich mich freuen.
Viele Grüße
Lothar
(Gut dass es heute den ganzen Tag mehr oder minder stark geregnet hat, sonst hätte ich nicht so viele Stunden mit der Frage verbringen können).