Schimmelpilze auf Karotten

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 42.399 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von nobi_†.

  • Hallo zusammen,


    Wer kennt das nicht - man kauft sich einige Karotten, am besten Bio, hebt sie einige Tage in der Speisekammer auf und wenn man sie verarbeiten will hat sich bereits grau-schwarzer Schimmel darauf gebildet.
    Genau so ging's mir auch, allerdings wurde ich neugierig, welcher Pilz denn hinter folgendem Befallsbild steckt:


    Hier sind es sogar zwei Arten, wie sich herausstellte, wobei die zweite erst eine Woche später auftrat.
    Beide Arten können häufig an Karotten aus dem Supermarkt gefunden werden, dabei werden zunächst kleine Verletzungen an den Karotten befallen. Schließlich kann sich auch die gesamte Karotte schwarz färben. Soweit hab ich's hier aber nicht kommen lassen.


    Die erste, bekanntere Art hört auf den namen Thielaviopsis basicola (= Chalara elegans).


    Mikroskopisch findet man bei dieser Schlauchpilz-Anamorphe viele Phialiden, die Chalara-ähnliche Konidiosporen ausbilden, nur, dass diese Konidien hier etwas größer sind: 10-21 x 5-7 µm. Insgesamt dürfte die Schwankungsbreite noch größer sein, da die Größe sehr stark variiert. Es wachsen auch neue Phialiden aus alten heraus.


    Wichtigstes Erkennungsmerkmal für die Art sind die dunklen, mehrzelligen Chlamydosporen (=Dauersporen), die auch widrige Umstände wie Trockenheit überstehen können. Auch hier schwankt die Größe stark, 55-110 x 10-17 µm, wobei die größte Spore mit 110x17 µm schon deutlich größer war als die meisten anderen.


    Die zweite gefunden Art gehört zur gleichen Gattung: Thielaviopsis thielavioides. Im Ellis&Ellis läuft die Art unter Chalaropsis thielavioides.
    Das makioskopische Erscheinungsbild ist mit T. basicola identisch. Bei meiner Aufsammlung war der Befall kleiner und dunkler, aber das sind wohl keine konstanten Merkmale, da ich auch sehr dunkle Stellen gefunden habe, die dann T. basicola waren.


    Die durchsichtigen Phialokonidien sehen auch identisch aus wie die bei T. basicola, waren hier aber nicht so zahlreich und wohl im Mittel etwas kleiner, das kann aber reifebedingt sein.


    Leicht von T. basicola ist die Art durch ihre Chlamydosporen zu unterscheiden, die einzellig und rund etwa 13-18 µm Durchmesser haben. Diese Art gilt als weniger bekannt aber nicht als weniger häufig.
    Die Chlamydosporen sind bei meiner Aufsammlung wesentlich zahlreicher vorhanden als bei T. basicola.


    Durch meine Untersuchungen hab ich gleich ein ganz anderes Bild von Schimmel bekommen und da die Arten hier im Forum noch nicht vorgestellt wurden, hab ich mich dazu entschlossen das kurz zu machen.


    Literatur:


    - Ellis & Ellis: Microfungi on Land Plants
    - Weber, R & Tribe, H.: Moulds that should be better known: Thielaviopsis basicola and T. thielavioides, two ubiquitous moulds on carrots sold in shops, Cambridge UP, 2004
    online als PDF erhältlich unter: http://www.fungi4schools.org/R…pp006-010carrot_fungi.pdf


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Sehr hübsche Darstellung, vielen Dank :thumbup:


    Ich würde kleine pelzige Stellen großzügig wegschälen und die Möhrchen noch essen. Matthias, kannst du nicht Pröbchen mikroskopieren, wie weit unter dem Pelz noch Hyphen im Möhrenfleisch wachsen :P? Habe Weber et al. grad überflogen, die äußern sich glaub ich nicht, ob Thielaviopsis fiese Toxine macht. Aber wahrscheinlich schon :/.
    Außerdem sind meine Möhrchen nicht in der Speisekammer, sondern im Kühlschrank-Gemüsefach -> bei 4 °C soll dieser Schimmel wohl nicht wachsen :)

  • Hallo Mausmann und Verena,


    die Karotten werden heut noch gegessen (sind schon geschnitten). Bei den kleineren, pelzigen Stellen konnte ich schon nix mehr feststellen, wenn man die wegschält. Die größeren gerade am Ende werden großflächiger ausgeschnitten. Über Toxine weiß ich leider nix, müsste ich mich mal schlau machen, ob sich da was finden lässt.


    Viele Grüße,
    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Vielen Dank, sehr interessant. Immer gut, etwas über die fast unvermeidlichen Pilze des Alltags zu wissen.


    Weißt du zufällig, ob die Karottenpilze sehr gesundheitsschädlich sind? Ich mein, ich will die auch nicht mitessen, aber es interessiert mich, ob man soch damit irgendein gefährliches Zeugs im Kühlschrank züchtet, wenn mal ein paar Möhren in Vergessenheit geraten.

  • So dramatisch können diese Pilze nicht sein, auch wenn Schimmel zu den giftigsten Substanzen gehört.
    Bei den losen Karotten ohne Grün stellen sich diese Schimmel bei der Supermarktware nämlich sehr schnell ein. Oft schon nach zwei Tagen. Manchmal sogar schneller. Karotten mit Grün halten länger durch. Das ist ja auch der Sinn weshalb man es dran lässt.
    Kühlen hilft außerdem. Das was Drosophila dazu schrieb wird wohl stimmen.


  • Durch meine Untersuchungen hab ich gleich ein ganz anderes Bild von Schimmel bekommen und da die Arten hier im Forum noch nicht vorgestellt wurden, hab ich mich dazu entschlossen das kurz zu machen.


    Hallo Matthias,
    das hast du genau richtig gemacht! :thumbup:


    Ich bin äußerst beeindruckt und werde in Zukunft jede Möhre mit anderen Augen anschauen! ;)


    Deine Fotos sind mal wieder der absolute Hammer, ich wünschte mich auf ein ähnliches Niveau!


    Danke für den Weber & Tribe - Artikel.
    Den und deinen wunderbaren Beitrag habe ich längst gespeichert. :)


    LG Nobi

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