Agrocybe praecox, Voreilender Ackerling

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  • Agrocybe praecox (Pers.) Fayod
    Voreilender Ackerling


    Synonyme (Auswahl):
    Früher Ackerling
    Frühlings-Ackerling


    Agaricus britzelmayrii Schulzer
    Agaricus gibberosus Fr.
    Agaricus togularis Bull.
    Agrocybe gibberosa (Fr.) Fayod
    Agrocybe sphaleromorpha (Bull.) Fayod
    Conocybe togularis (Bull.) Kühner
    Hylophila togularis (Bull.) Quél.
    Pholiota gibberosa (Fr.) Sacc.
    Pholiota sphaleromorpha (Bull.) Quél.
    Pholiota togularis (Bull.) P. Kumm.
    Pholiotella gibberosa (Fr.) Rick
    Pholiotina togularis (Bull.) Fayod
    Togaria sphaleromorpha (Bull.) W.G. Sm.
    Togaria togularis (Bull.) W.G. Sm.


    Basidiomycota --> Agaricomycetes --> Agaricales --> Strophariaceae --> Agrocybe --> Agrocybe praecox


    Etymologie (=Übersetzung des wissenschaftlichen Namens):
    "Vorzeitiger Feldkopf"


    Kurzbeschreibung:
    Mittelgroßer Pilz mit ockergelbem Hut, braunen Lamellen, (ranzig-)mehligem Geruch und häutigem, weißem Ring am Stiel, der im Frühjahr wächst. Mikroskopisch ist die Art am großen, zentralen Keimporus zu erkennen.


    Merkmale:
    Hut ockerbraun, in der Mitte dunkler. 3-10, manchmal bis 20 cm breit. Gewölbt, flach, mit undeutlichem Buckel. Glatt.
    Stiel in der Regel bis 10 cm lang, 0,5-1 cm dick; in Ausnahmefällen deutlich größer (siehe Abschnitt "Wissenswertes"). Hohl, mit Zapfen. In der Basis verdickt. Hell bräunlich, mit vergänglichem, weißem, dünnen Ring.
    Lamellen angewachsen, untermischt, mit Lamelletten. Hell gräulich-bräunlich, Schneiden manchmal leicht gesägt.
    Geruch Jung angenehm bittermandel- oder kakaoartig, alt stark mehlartig-ranzig, besonders im Schnitt.
    Geschmack ranzig-bitterlich.
    Sporenpulver dunkelbraun.
    Sporen eiförmig, mit großem, zentralem Keimporus. Etwa 10 x 6 µm groß (bei var. sphaleromorpha deutlich größer, mit Längen von etwa 13 µm).


    Vorkommen:
    Saprophyt auf toten Pflanzenteilen (besonders Holzstückchen). (Scheinbar) auf dem Erdboden wachsend. Meist im Frühling und Sommer. Häufig.


    Speisewert:
    Essbar, mittelmäßiger, jung guter Speisepilz mit bitterlichem Geschmack.


    Verwechslung:
    Sehr ähnlich ist der ebenfalls essbare, deutlich seltenere Rissige Ackerling (Agrocybe dura). Sein oft rissiger Hut ist heller gefärbt, er hat selten einen Ring, eher Velumfetzen am Hutrand. Manchmal ist die Art nur mikroskopisch am kleinen Keimporus zu unterscheiden.
    Andere Ackerlinge (Agrocybe) sind kleiner, nicht ockergelb oder haben keinen Ring.
    Träuschlinge (Stropharia) unterscheiden sich durch ihre grauen Lamellen, Glockenschüpplinge (Pholiotina) durch ihr rostfarbenes Sporenpulver, Fälblinge (Hebeloma), Trichterlinge (Clitocybe) und Risspilze (Inocybe) haben keinen Ring.


    Wissenswertes
    Der Voreilende Ackerling ist eine sehr variable Art, was wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass er an vielen unterschiedlichen Standorten vorkommt. An sonnenexponierten Standorten auf Holzhächseln kommen robuste Riesenexemplare vor mit 20 cm Hutbreite, während anderswo ausgewachsene Exemplare nur 3 cm Hutbreite erreichen.
    Die Hutfarben reichen von kaffebräunlich (besonders jung) bis fast weiß. Der Ring kann recht robust sein, als Fetzen am Hutrand hängen (diese Exemplare sind dann leicht mit Agrocybe dura zu verwechseln) oder auch so vergänglich sein, dass er bald völlig fehlt.
    Var. sphaleromorpha unterscheidet sich durch größere Sporen (siehe oben). Die Varietät bleibt klein und schmächtig.



    Links zu Portraits von ähnlichen / verwandten Arten:
    Ackerlinge (Agrocybe)
    Halbkugeliger Ackerling (Agrocybe pediades)



    Junge Pilze mit deutlichem Ring



    Etwas ältere Exemplare



    Sporen, 1000-fach

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Emil!


    Super, daß du dich bei dem Projekt auch beteiligst! :thumbup:
    Famose Sache und gleich mit einem Portrait zu einem vielgefragten, aber dennoch auch nicht ganz einfachen Pilz.
    Hut ab, das ist stark gemacht und sogar mit Mikrodaten.
    Ein wenig nachbessern müssen wir hier wohl, aber das ist normal. Macht ja auch nichts, passiert bei anderen Portraits ja auch.


    Zunächst mal müsstest du den Pilz etwas größer machen. Wenn der genug zu essen hat, ist es schon der größte Ackerling. Hutbreiten um 10 cm sind keine Seltenheit. Auch etwas mehr kann wohl in Ausnahmefällen möglich sein. Insgesamt ist der kräftige Habitus der Art ja auch ein gutes Erkennungsmerkmal, hast du ja geschrieben.
    Darum hätte ich auch bei deinem ersten Bild (wenn ich es so als Bestimmungsanfrage gesehen hätte) auch erstmal Zweifel angemeldet. Den Hellen Ackerling (Agrocybe dura) gibt's ja auch mit Ring. Wäre hier aber auch wieder ungewöhnlich stark ausgeprägt.
    Aber Agrocybe praecox ist offenbar ein regelrechtes Chamäleon. Wenn er nicht einigermaßen typisch ausgeprät ist, kann's mit der Bestimmung ohne Mikro schon mal knifflig werden.


    Reden müssten wir auch noch mal über den Geruch. Mehlig: Ok. So riecht der oft, insbesondere beim Rumkratzen und Drücken. Aber ranzig? Also irgendwie wie diverse Trichterlinge (Ranziger, Kleinsporiger Mehltrichterling usw), oder wie Gifthäubling, oder wie Buntstielhelmling?
    Das hätte ich noch nie gerochen. Dafür rieche ich oft Bittermandel, besonders bei jungen, frischen Fruchtkörpern.


    Ich füge mal noch ein paar Bilder an, so zur Unterstützung.
    Ein ganz typisches Habitat im Frühjahr, immer sucht man RiMuMos und findet Voreilende Ackerlinge, meist gesellig, groß und gedrungen im Habitus:


    Irgendwie machen die das recht gerne, daß der Ring am Hutrand hängen bleibt. Jedenfalls bei mir. Das sieht manchmal schon komisch aus dann:


    Angeblich ist er aber häufiger mit Ring zu finden:


    Noch ein Bild vom Sporenabwurf:



    LG, pablo.

  • Der reife Pilz riecht unter dem Rock nach Kakao, gebraten schmeckt er herrlich, ein wenig bitter, einfach genial - dieser Pilz.


    Grüße an das hessische Talent - von Brutus ;)

  • Hallo Pablo,
    danke dir für deine Ausführlichen Ergänzungen und Bildern!
    Die Pilze sind schon eindeutig bestimmt. Die eine Kollektion ist mikroskopisch abgesichert, die andere ist von besseren Pilzkennern (als ich) bestätigt.
    Die Beschreibung ist selbst angefertigt und bezieht sich hauptsächlich / fast ausschließlich auf die Kollektion mit den älteren Pilzen. Ich habe die Art vor vielen Jahren einmal gefunden, da war ich zu jung, um mich richtig daran erinnern zu können, danach erst zwei mal (beide Bilder). Deshalb habe ich die noch nie mit über 5cm Hutbreite gefunden. Ich werde es gleich ergänzen:thumbup:.
    Der Geruch war schon deutlich mehlig (mehlräslingartig), es war aber auch eine für mich ranzige Komponente dabei. Ich habe das alles aber, wie gesagt, nur bei den alten Pilzen überprüft. Dieses Ranzige hat durchaus an diesen Trichterlingsgeruch erinnert. Buntstielhelmling habe ich noch nie gerochen (du meinst sicher nicht nitrös?), Gifthäubling finde ich irgendwie wenig riechend (schwach mehlig, nicht ranzig).
    Also: Ich ergänze auch den Geruch.
    Dass der Pilz sehr variabel sein kann, habe ich auch schon mitbekommen, z.B. war hier so eine Chamäleonkollektion.
    Hier noch der Forumslink zu meiner Kollektion (A. praecox wurde mir aber auch von anderen Seiten bestätigt).
    Vereinsfreund Wolfgang S. hat schon mal Agrocybe dura mitgebracht, die war schon viel schmächtiger. Wolfgang hat gesagt, er findet A. dura immer mit im Querschnitt ovalem Hut (wenn man ihn durchschneidet, sieht man eine Zeppelinform).
    Ich habe A. dura noch nie gefunden.


    Hallo Brutus,
    ich ergänze auch den Geschmack. Danke! :)


    Viele Grüße,
    Emil

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Emil!


    Ich kenne den ja auch noch nicht lange, und das mit den verschiedenen Gerüchen hat mich da auch schon ab und an verwirrt. So intensiv wie den Mehlräsling kenne ich ihn zwar nicht, aber es geht schon bisweilen in die Richtung. Es macht auch einen Unterschied, ob der Pilz unverletzt oder verletzt ist. War der Mehlgeruch jetzt beim unverletzten Pilz? Und Bittermandel + Kakao dann beim Durchschneiden? Oder war's umgekehrt?
    Vielleicht findet ja noch der Supernase Ingo (Wagner) den Weg hier hin. Was er über Gerüche schreibt, ist immer wieder sehr lesenswert.


    Buntstielhelmling (Mycena inclinata) riecht für mich eigentlich nicht wirklich mehlig, sondern mehr noch ranziger Butter. Aber auch nicht immer sehr ausgeprägt.



    LG, pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo an alle,


    ich denke ich werde bei Gelegeneit (also im Januar) mich hier auch beteiligen.
    Übrigens hab ich A. praecox letztes Frühjahr hier im Dresdner Raum sehr viel gefunden. Laut Gerhard ist der Geruch des Pilzes unverletzt kakaoartig und verletzt mehlartig.


    euch allen ein schönes Fest


    Stefan

  • Hallo Stefan,


    Zitat

    ich denke ich werde bei Gelegeneit (also im Januar) mich hier auch beteiligen.


    Ja, mach das:thumbup:. Noch sind die Portraits ja sehr vereinzelt, sodass von vielen Gattungen nur 1-2 Portraits existieren, von manchen Gattungen noch gar keins.


    Zitat

    Laut Gerhard ist der Geruch des Pilzes unverletzt kakaoartig und verletzt mehlartig.


    Ich denke, das ist die eine Sache, die andere ist das Alter (junge Pilze eher kakao-/bittermandelartig, alte eher mehlig).


    Viele Grüße,
    Emil

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Das hätte ich beinahe vergessen, hier noch einen Fund zu ergänzen.
    Aus dem Frühjahr 2015, recht hell gefärbt und eher zierlich im Wuchs (kein Wunder, wenn man völlig ohne Wasser Fruchtkörper bilden muss).




    Huthaut:


    Pleurozystiden:


    Sporen:



    LG, Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hi.


    Gute Gelegenheit, hier noch eine Kollektion aus 2016 reinzustellen.
    Fundort ist eine Eichenschonung auf sandigem Boden, eher Nährstoffarm und mit geringer Humusauflage. Also ein eher untypischer Standort.
    Die Fruchtkörper sind zahlreich, aber eher schmächtig im Wuchs. Typische Gerüche waren wegen trockener Witterung kaum feststellbar.



    Oben Huthaut, mitte Cheilozystiden, unten Pleurozystiden:


    Sporen:


    Dazwischen vereinzelt Zystiden mit öligem, lichtbrechendem Inhalt:


    Insgesamt schon eine etwas seltsame Kollektion, aber zu einer anderen Art komme ich mit keinem Schlüssel.



    LG, Pablo.

  • Hallo Ihr Lieben,




    oja.......er ist schon sehr variabel, dieser Ackerling. Der Geruch......ich konnte ihn beim besten Willen nicht gescheit zuordnen. Ihr beschreibt das sooooo genau, das ist schon fast unheimlich für mich. Lächel.
    Weil.......meine Nase ist noch so untrainiert. Schäm.


    So hier nun meine Kollektion.............aus 2017. Gefunden am Wegrand, Laubwald, vorwiegend Eiche.








    Liebe Grüße





    Heidi

    Jeder Tag an dem Du nicht gelacht hast, ist ein verlorener Tag.
    Auch von mir gibt es keine Essensfreigabe.



    100 Chips, da Islandwette verloren = 95 Chips
    95-2 Chips für Jan-Arnes Rätsel = 93 Chips
    93-5 Chips für Grünis Grauen Wulstling= 88 Chips
    88-10 Chips für APR 2017 = 78
    78 + 10 (APR 2017 als erste über die Hälfte der Gesamtpunkte gekommen) = 88

    88-3 Chipse für OPR = 85

    85 - 10 Chips für APR 2018 = 75

    75 + 5 fürs APR = 80

    80 -10 Chipse für APR 2019 = 70 Chipse

    70 +5 Apr 2019 = 75


    Keine Veröffentlichung ohne mein Einverständnis!!!!!!