Kein Perlpilz, aber was dann?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 3.347 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Gerd.

  • Hallo,


    nach sorgfältiger Prüfung schaffte folgender Kandidat es gestern nicht, in die Pilzmahlzeit zu gelangen. Ausgesehen hat er wie ein Perlpilz, vielleicht farblich etwas heller als das Durchschnittsexemplar. Eindeutiges Ausschlusskriterium waren jedenfalls die angewachsenen Lamellen.


    Es folgen drei gekennzeichnete Bilder. Ich bitte um eure Bestimmungshilfe.


    Anm.: für größere Darstellung bitte auf das jeweilige Bild klicken!
    2817868396_800a482f0e.jpg
    2817019541_3e1b4e0596.jpg
    2817021309_a521109652.jpg

    Achtung: hier schreibt ein Pilzneuling | alle Angaben ohne Gewähr!

    Einmal editiert, zuletzt von deep7 ()

  • Natürlich glaube ich euch Erfahrenen, dass es ein Perlpilz ist. Trotzdem: was ist mit den Lamellen???


    Hier, guckt: die sind ja wohl angewachsen, habe den Pilz noch hier gehabt und hab's eben selbst noch einmal mit eigenen Augen überprüft. Ansonsten ist mir vorhin, als ich ihn nocheinmal aus dem Müll hervorgestöbert habe, die rötliche Verfärbung aufgefallen, die der Pilz bekommen hat, ein Indiz natürlich FÜR den Perlpilz.


    Aber das mit den Lamellen kann ich einfach nicht verstehen! Die sind für mich ganz klar angeheftet und nicht frei. Wie kommt ein Perlpilz denn zu denen? Bild hier:


    2817993426_3b6d12135d.jpg


    EDIT: Ich sehe gerade, dass z.B. auf den Seiten von natur-lexikon.com die Lamellen des Perlpilzes als angeheftet beschrieben werden: "Blätter:
    (Lamellen) anfangs weiß, dann zunehmend rötlich-fleckig, breit, weich, eng stehend, am Stiel angeheftet." ( Link: fm00028.html )


    Liegt da etwa die Rita Lüder falsch? Von ihrem Buch "Grundkurs Pilzbestimmung" hab ich das mit den frei stehenden Lamellen nämlich her.


    PS: Habe heute erst diese "Labelling"-Funktion in meinem Fotobearbeitungsprogramm entdeckt - die find' ich toll :)

    Achtung: hier schreibt ein Pilzneuling | alle Angaben ohne Gewähr!

    Einmal editiert, zuletzt von deep7 ()

  • Also, ich hab mal in ein paar von meinen Büchern rumgeschaut:


    Roger Phillips, "Der große Naturführer Pilze"
    Rose Marie Dähncke, "1200 Pilze"
    Ewald Gerhardt, "Der große BLV Pilzführer für unterwegs"


    sind sich einig: die Lamellen sind "frei".
    Allerdings ist auf zwei Detailfotos davon nichts zu sehen, es sei denn, man nennt einen Abstand von weniger als einem Milimeter zwischen Stiel und Lamellen "frei" :rolleyes:, ich seh da keinen Abstand.


    Lieber Gruß,
    Meinhard


    P.S.
    Trotzdem hast du mich neugierig gemacht: wie heißt denn dein Fotobearbeitungsprogramm?

    Erfahrungen sammelt man wie Pilze: einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist.

    Einmal editiert, zuletzt von emmess2006 ()

  • Hallo Meinhard und erst einmal Dankeschön für deine Recherchen! Schon seltsam, was da noch alles unter freistehend läuft 8|


    Trotzdem hast du mich neugierig gemacht: wie heißt denn dein Fotobearbeitungsprogramm?


    Das heißt "CodedColor" und ist für seinen Status als Freeware wie ich finde ziemlich umfangreich, um nicht zu sagen: gut :thumbup:


    Du kannst es dir ja mal angucken: Foto Software zur Betrachtung, Verwaltung, Archivierung, Bearbeitung von digitalen Fotos und Bildern, inkl. Fotoalbum, Diashow, Bildeditor, Kostenloser Programm-Download.


    Ich hatte parallel Picasa, XnView sowie StudioLine Photo Basic zum testen laufen. Am Ende habe ich mich von vieren für CodedColor entschieden, aus diversen Gründen. Vllt. liegt dir eins der anderen ja besser.

    Achtung: hier schreibt ein Pilzneuling | alle Angaben ohne Gewähr!

    Einmal editiert, zuletzt von deep7 ()

  • Hallo deep,



    nach sorgfältiger Prüfung schaffte folgender Kandidat es gestern nicht, in die Pilzmahlzeit zu gelangen. Ausgesehen hat er wie ein Perlpilz, vielleicht farblich etwas heller als das Durchschnittsexemplar. Eindeutiges Ausschlusskriterium waren jedenfalls die angewachsenen Lamellen.


    - Dein Verhalten kann ich nur als "VORBILDLICH UND NACHAHMENSWERT" weiter empfehlen :thumbup:


    ---> Ein Fruchtkörper, den man nicht "150-prozentig" sicher kennt gehört bei noch so kleinen "Restzweifeln" einfach nicht in die "Pfanne".


    [quote = deep]
    Es folgen drei gekennzeichnete Bilder. Ich bitte um eure Bestimmungshilfe.
    [/quote]


    - Auch hier: "Hut ab", solche Anfragen und nicht ein "lieblos hingeschmissenes , teilweise unscharfes Bild (oder eine Serie von unterschiedlichsten Arten) kann ich nur weiterempfehlen.


    ---> Da macht es richtig Spass deinen Beitrag detailliert zu kommentieren:


    Bild 1: (außer Perlpilz fällt mir da nichts ein):


    - Hutrand nicht gerieft: ---> PASST, und bei älteren Exemplaren dürfte er sogar schwach gerieft sein.


    - Velumreste nicht weiß: ---> PASST


    - Keine rötliche Verfärbung auf Verletzung
    ---> Man sieht deutliche "Rottöne" im Stiel und der Stielbasis
    ---> Um die Fleischverfärbung zu beobachten ist Geduld angesagt. Die stellt sich nicht sofort ein.
    -----------------


    Bild 2: (auch hier kann ich nur einen Perlpilz erkennen):


    - Rübenförmige Stielbasis mit Rottönen, Rottöne unter der Huthaut, Stiel mit Ring.


    - Unscharfer Übergang Stiel ---> Knolle: ---> PASST


    - Schuppige Basis: ---> PASST
    ---> Es handelt sich dabei um Velumreste , die in der Literatur meist als –žWarzengürtel–œ bezeichnet werden. Und bei dieser Art haben die eine "+-weinrötliche Färbung".
    ---> Sogar, wenn du nur einen Auschnitt (Stielbasis mit dem Stielanteil mit den Warzengürteln) gezeigt hättest, dann könnte man das kaum anders als "Perlpilz" deuten.
    --------------------


    Bild 3: (dies würde ich, als Einzelbild (ohne die anderen Bilder zu kennen), nicht spontan und sicher als "Perlpilz" ansprechen)


    - Lamellen weiß: ---> PASST


    - Vertikal geriefter Ring: ---> PASST


    -Lamellen nicht freistehend: ---> PASST
    ---> Kann ich auf diesem Bild nicht erkennen, aber das zeigst du in einem Folgebeitrag ja noch auch für mich nachvollziehbar.:thumbup:


    ===> Das Problem ist, dass bezüglich des Lamellenansatzes in der Literatur viel Unsinn verbreitet wird:


    ---> Denn, wenn man den Lamellenansatz vieler Amanita-/Wulstlings-Arten kritisch bewertet, dann wäre wohl "frei bis angeheftet" (mit Betonung auf angeheftet!) treffender.


    ===> Du kannst m.E. auch beim "Perlpilz" das Merkmal "Lamellen frei" schlicht vergessen. Und wenn ich mich recht erinnere, hat auch ANDREAS (GMINDER), ein besserer Pilzkenner als ich, bei einer anderen Amanita-Art (habe vergessen in welchem Forum) auf dieses Merkmal hingewiesen.



    Grüße
    Gerd

  • Hallo zusammen,


    sehr schönes Thema!


    Sowohl die Beiträge, vor allem von deep7 (und sein (Nicht-)Essverhalten), aber auch der abschließende Kommentar von Gerd!


    Hab' ich gerne mitgelesen, denn mit dem Merkmal "Lamellenansatz" stehe ich auch hin und wieder auf Kriegsfuß.

    Gruß
    Horst

  • Hallo Gerd und Danke für die ausgezeichnete Erläuterung (die sind für mich übrigens längst zu deinem Markenzeichen geworden).


    hjp: schön, dass es nicht nur mir so geht ;)

    Achtung: hier schreibt ein Pilzneuling | alle Angaben ohne Gewähr!

  • Hallo Horst,



    ... , denn mit dem Merkmal "Lamellenansatz" stehe ich auch hin und wieder auf Kriegsfuß.


    - Das kann ich gut verstehen. Insbesondere, wenn der Stiel-/Hutübergang bogig und nicht abrupt verläuft.


    ---> Da stellt sich die Frage, wo hört der Stiel auf und wo fängt der Hut an.


    Übrigens, bei einem Schnittbild läßt sich m.E. der Lamellenansatz am Besten beurteilen. Ich zeige das an einem Beispiel:



    - Beim linken Fruchtkörper würde ich die "linke" Lamelle als "frei" bezeichnen.


    - Beim rechten Fruchtkörper würde ich die "rechte" Lamelle als "angeheftet" bezeichnen. Und dies auch dann, wenn die Lamelle noch etwas tiefer den Stielbogen treffen würde.



    - Und bei den beiden anderen Lamellen ist die Zuordnung "frei oder angeheftet" nicht so eindeutig.
    ---> Macht nichts: Insgesamt kann man den Lamellenansatz m.E. nur als +-frei bis angeheftet bezeichnen. Und genau diesen Typ von Lamellenansatz findet man in der Gattung Amanita (Wulstlinge) häufig.



    Grüße
    Gerd