Nach einem über ein Jahr andauernden Selbstversuch möchte ich in aller Kürze über meine Erfahrungen hinsichtlich der bewusstseinserweiternden Wirkung von Pilzen berichten.
Ich weiß, dies ist ein Thema, das manchem ein Dorn im Auge ist, dennoch muss es in seinen vielseitigen Facetten einmal angesprochen werden.
Bewusstseinserweiterung durch Pilze –“ gibt es das?
Ich meine ja.
Zurückblickend bin ich überglücklich, eine Vielzahl synaptischer Neuverknüpfungen vorgenommen zu haben, die mich in die Lage versetzen, die Welt neu und anders wahrzunehmen.
Betrachten wir einmal die olfaktorische Wahrnehmung. Diese, in meinem Fall stark verkümmerte Sensualität, erfuhr eine enorme Bereicherung. Heute kann ich Gerüche benennen, die vor einem Jahr noch nicht einmal zu Kenntnis genommen habe oder zur Kenntnis nehmen wollte. Zum Beispiel der Geruch nach Kartoffelkeller, Scheunenstaub, Sperma und Apotheke.
Bei anderen Gerüchen, beispielsweise dem der Lokomotive oder der Weidenbohrer-Raupe bin ich unschlüssig oder muss noch für eine endgültige Klärung sorgen. So müsste ich im Falle des Lokomotivengeruches noch die Spurweite(H0/DB) und/oder die Antriebsart in Erfahrung bringen, im Falle der Weidenbohrerraupe müsste ich wissen, ob zerquetscht oder unzerquetscht und, wo ich ein solches Tier auftreiben kann.
Andere Düfte lassen sich mittlerweile ohne weiteres identifizieren und zuordnen. Aus der Kindheit kenne ich den Geruch von Blattwanzen, Ohrenkriechern, Kokos, Spitzerdreck, frischer und ranziger Schokolade.
Schwer tue ich mich allerdings noch in der Unterscheidung verschiedener Kartoffel- und Gurkensorten, aber das wird noch. Mittlerweile achte ich viel mehr auf all die Dünste und Düfte die mir entgegen schlagen und lege ein eigenes olfaktorisches Verzeichnis an, um den Anforderungen einer einwandfreien Pilzbestimmung gerecht zu werden.
Aber Achtung! Allein auf den Geruchssinn sollte sich kein Pilzsucher verlassen. Da kann es durchaus zu Fehlbestimmungen kommen, vor denen wir uns hüten sollten.
Mit dem Öffnen der Tür zum Reich der Pilze betreten wir ein Universum neuer Eindrücke und Empfindungen. Wir machen uns ein Wissen zu eigen, das zuvor jenseits aller Möglichkeiten lag. Jedoch ist auch diese Welt gefährdet und sensibel. Sie erfordert mitunter auch unseren Einsatz zu ihrer Erhaltung.
Wer, wenn nicht der Pilzsammler, dessen Blick und Interesse zwanghaft den Erdboden gilt, nimmt die Vermüllung und Zerstörung der Umwelt derart stark wahr? So ist es verständlich, dass wir uns auch den Biotopschutz - und sei es in spektakulären Einzelaktionen - auf die Fahnen schreiben.
So mancher von uns opfert, gelenkt durch Pragmatismus und Uneigennützigkeit einen großen Teil seines Privatlebens dem Erhalt - und, wenn ihm das Schicksal gewogen ist - sogar der Verbreitung von Pilzen, die sonst keine Chance haben.
So bereichern wir nicht nur unser eigenes Leben, sondern auch das von Verwandten, Bekannten und der Nachbarschaft.
Wächst man erst einmal in das Beziehungsgestrüpp innerhalb der Besessenen, so ergeben sich zudem Möglichkeiten neuer Assoziationen, die erfrischend auf unser geistiges Wohlbefinden wirken und neue Bewusstseinsebenen erschließen.
Mannigfaltig werden die Ideen und Ansätze bei der Begegnung von Dingen, die man zuvor bestenfalls mit spitzen Fingern berührte oder ganz außer Acht ließ.
Deshalb meine ich: Ja!
Bewusstseinserweiterung durch Pilze, das ist keine leere Phrase, das ist Realität.
Und so bleibt jedem zu wünschen, dass er sich diese neue Welt erschließen, und sich mit ihrer Hilfe das Leben bereichern kann.
LG + Schöne Weihnachten,
Uli
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