Nachdem ich 1995 aufgrund als Industrienomade im Raum Würzburg-Kitzingen gelandet war, fand ich schon bald eines meiner schönsten Ausflugsziele: den Schlossberg bei Markt Einersheim.
Der sonnenverwöhnte Berg, nach Süden hin zur Hälfte Weinberg, darüber filzig von dürrem, dornigen Strauchwerk bewachsen, bietet dem Osten und Norden zu ein ganz anderes Bild. Hier, und im Besonderen am nördlichen Abhang, herrscht schattiger Hochwald vor, Eichen, Rot- und Weißbuchen, auch Kirschen von bemerkenswertem Alter und Wuchs ragen hoch über den steilen Hang. Am Boden, den im März zunächst der blaue Schimmer der Leberblümchen und im April ein dichter grüner Bärlauchteppich bedeckt, finden sich später im Jahr stattliche Türkenbundlilien.
Den Gipfel des Berges, der nach Westen hin in einen langgestreckten Höhenzug übergeht, krönen die Reste der Burg Speckfeld, auf deren Ruinengelände ein paar provisorisch abgesperrte Einsturzkrater zu den ehemaligen unteren Geschossen und Verliesen führen. Darin nisten Fledermäuse, und obwohl das gesamte Gelände wegen Einsturzgefahr gesperrt ist, gibt es keine schönere Unternehmung, als hier im verwachsenen Gelände mit den Kindern über Ritter, Tod und Teufel zu fantasieren.
Der Schlossberg ist einer weiten Bucht, einem Einschnitt im Steigerwald vorgelagert und bietet einen grandiosen Blick auf eine weite Ebene, die im Süden mit dem Scheinberg, dem Iffigheimer Berg und dem Bullenheimer Berg ihren Abschluss findet. Dieses Land war schon lange vor der Zeitenwende besiedelt und dort unten, wo im Herbst große Strohrollen den Weg zum Horizont weisen, saßen vor siebentausend Jahren Siedler, Sammler und Hirten vor ihren Hütten, tranken Sud aus verzierten Tongefäßen und ahnten nichts von dem Fluch, der über ihre Stämme kommen sollte, als die Metallverhüttung erfunden wurde.
Als zuerst das Kupfer, dann die Bronze, und zuletzt das Eisen zu Waffen gegossen wurde, mit deren Hilfe ein ums andere Mal ganze Zivilisationen beendet wurden.
Dort unten, wo Traktoren behäbig über wellige Äcker klettern, die obstbaumgesäumten Wirtschaftswege entlang, wo in de lautlosen Ferne winzige LKW die alte Handelsstrasse Richtung Mark Bibart fahren, und weiter nach Neustadt, nach Nürnberg, oder in die andere Richtung nach Kitzingen, Würzburg, Frankfurt -dort unten erschien mir immer die Zeit stehen zu bleiben.
Und tatsächlich, nachdem ich einige Jahre lang nicht mehr dort war, erst auf der Suche nach Pilzen diesem traumhaften Fleckchen wieder einmal meine Aufmerksamkeit widmete, fand ich die Zeit stehengeblieben.
Denn im Jahr 2002 war der Berg und der umgebende Wald zum Bannwald erklärt worden. Seither gehen die Dinge dort der Welt aus dem Weg. Sie gehen langsamer, gemächlicher, die Bäume werden älter und manche fallen. Es ist so, als suche man einen Ort auf den man aus einem alten Märchen kennt: hier war das! Hier geschah das alles, einst, bevor die Welt in den Schlaf verfiel.
Und es wird ein Eldorado für Baumpilze! Denn seitdem ich wieder häufiger dort bin, kann ich verfolgen, wie sich immer mehr Totholz mit beachtlichen Dimensionen am Boden anhäuft. Irgendwann werden hier auch wieder Stachelbart & Co. Einzug halten.
Freitag war ich wieder einmal dort. Mit Christoph, und der hatte seine neue Kamera dabei. Was gut passte, denn ich hatte meine Ausrüstung im Wagen vergessen, und der stand in der Werkstatt und wollte repariert werden. Deshalb ein paar kompakte Bilder von mir und hoffentlich ein paar weitere von Christoph.
Für zwei Stunden schlenderten wir eine Strecke von vielleicht fünfhundert Metern durch ein kleines, feuchtes Tal am nördlichen Berghang hinauf und wieder zurück.
Und weil ich jetzt weiß Gott schon genug geschwafelt habe, ein paar wortlose Bilder mit später Sonne und Dämmerung
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LG, Uli
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