Daedaleopsis tricolor = Dreifarbige Tramete

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 11.935 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wutzi.

    • Offizieller Beitrag

    Daedaleopsis tricolor (Bull.) Bondartsev & Singer
    Dreifarbige Tramete, Dreifarbige Blättertramete
    Synonyme:
    - Agaricus tricolor Bull.
    - Agaricus sepiarius var. tricolor (Bull.) Pers.
    - Lenzites tricolor (Bull.) Fr.
    - Cellularia tricolor (Bull.) Kuntze
    - Trametes tricolor (Bull.) Lloyd
    - Ischnoderma tricolor (Bull.) Zmitr.
    - Daedaleopsis confragosa var. tricolor (Bull.) Bondartsev & Singer


    Basidiomycota --> Agaricomycetes --> Incertae sedis --> Polyporales --> Polyporaceae --> Daedaleopsis --> Daedaleopsis tricolor



    Fruchtkörper: Meist recht dünnfleischig, deutlich konsolig, mit scharfen Rändern; Fruchtschicht selten kurz am Substrat herablaufend bei an der Unterseite des Substrats ansitzenden Fruchtkörpern; insgesamt meist etwas kleiner und vor allem schmächtiger als die Rötende Tramete (Daedaleopsis confragosa), Fruchtkörper kaum je eine Breite von 10 cm oder mehr erreichend;
    Oberseite unregelmäßig wellig / buckelig;
    Meist kräftig weinrot gefärbt, Färbung einheitlich oder mit helleren und dunkleren Schattierungen mehr oder weniger zoniert, je älter desto dunkler, zuletzt tief rotbraun


    Fruchtschicht: immer deutlich lamelloid, schmal, dadurch gerne wellig, gänzlich ohne oder mit wenigen, undeutlichen Anastomosen, bisweilen gegabelt; nur bei jungen, unreifen Fruchtkörpern können die Lamellen dicker und teils miteinander verbunden sein; jung weißgrau bis silbrig überzogen, später rostbraun fleckend, im Alter völlig rostbraun einfärbend; solange Fruchtschicht silbrig lässt sich auch eine rötliche Verfärbung auf Druck beobachten


    Fleisch: dünnfleischig, zähelastisch / ledrig; bräunlich, graubräunlich, ockerlich bis weinrötlich; ohne auffälligen Geruch; Hyphenstruktur trimitisch, Septen mit Schnallen; Dendrohyphidien basal dickwandig


    Speisewert: kein Speisepilz


    Sporenpulver: weiß; Sporen zylindrisch, dünnwandig, hyalin, inamyloid, acyanophil


    Vorkommen: weit verbreitet und recht häufig, ganzjährig; an verschiedenen Laubhölzern; gerne an wärmebegünstigten Standorten (scheint recht heliophil zu sein); im Rheinneckarraum gerne an Wildkirsche, fast eben so oft an Rotbuche, seltener an Weide und Birke (persönliche Funderfahrungen!); meist sehr gesellig, dachziegelig über- und durcheinander wachsend


    Verwechslungen: Die Rötende Tramete (Daedaleopsis confragosa) unterscheidet sich durch dickere und oft größere, im Schnitt eher dreieckige Fruchtkörper; blassere, eher bräunliche oder grauliche Farben; die Ausprägung der Fruchtschicht: poroid, labyrinthisch, langgezogen poroid, seltener lamelloid, dann aber zumindest im Bereich der Ansatzstelle schwach poroid --- bei D. tricolor ziehen sich die Lamellen bei reifen Fruchtkörpern bis zur Ansatzstelle; die Unterschiede in der Ökologie sind ungenau, hier gibt es große Überschneidungsbereiche. Tendenziell mag D. confragosa aber eher feuchte Standorte und toleriert auch mehr schattige Habitate
    Der Birken –“ Blättling (Lenzites betulina) und der Auen –“ Blättling (Lenzites warnieri) weisen nicht diese Rottöne auf und verfärben auch nicht auf Druck
    Der Zaunblättling (Gloeophyllum sepiarum) und der Tannen –“ Blättling (Gloeophyllum abietinum) weisen ebenfalls kaum Rottöne auf, ihre Fruchtkörper sind breiter am Substrat angewachsen und stehen weniger weit ab (also kein fächerförmiger Wuchs); wenn sie flecken, dann eher bräunlich als rötlich
    Daedaleopsis septentrionalis ist eine boreale Art (überwiegend an betula), die meines Wissens in Deutschland nicht nachgewiesen ist. Sie ist ebenfalls vollständig lamelloid, unterscheidet sich von Daedaleopsis tricolor neben dem völlig unterschiedlichen verbreitungsgebiet und der anderen ökologischen Amplitude vorwiegend durch die stark radialrunzlige Hutoberseite und die weniger rötlichen Farben (mehr bräunlich, als ausblassend).


    Wissenswertes: Zur Trennung von Daedaleopsis tricolor und Daedaleopsis confragosa gibt es unterschiedliche Ansichten. Teilweise wird für eine Synonymisierung der beiden Taxa argumentiert, teils für eine Trennung als Varitäten, oder auch eine Trennung auf Artebene.
    Persönlich favorisiere ich die Trennung auf Artebene, wobei abzuwarten ist, was die Zukunft in der Sache bringen wird (ev. Auch Sequenzierungen).
    Derzeit finde ich keine Angaben darüber, ob beide Spezies oder Subspezies kreuzbar sind. Da könnte man auch ohne Sequenzierung schlüssige Ergebnisse erwarten. Zu dem Thema lohnt sich auch ein Vergleich mit dieser [url=http://forum.pilze-bayern.de/index.php/topic,151.msg1386.html?PHPSESSID=kcd33cpumts7pq4m5u4cvjb3n2#msg1386]>Diskussion im BMG - Forum<[/url], wo der Erkenntnisstand anno 2009 mE gut zusammengefasst ist.



    Bilder:





    Und auch noch was Untypisches:

    Diese Fruchtkörper finden sich am selben Substrat wie die auf den beiden Bildern davor. Während alle anderen Fruchtkörper an der Stelle ein typisch ausgeprägtes Hymenophor besitzen (Lamellen bis zur Ansatzstelle durchlaufend), zeigen die jungen Fruchtkörper am Astende (hier Wildkirsche) ein zum Hutrand hin poroide Fruchtschicht. Aus meiner Sciht gehören die dennoch zur selben Kollektion, was hier die Schwierigleiten in der Zuordnung etwas verdeutlichen kann.



    Links zu verwandten und ähnlichen Arten im Archiv:
    >Daedaleopsis confragosa = Rötende Tramete<
    >Daedaleopsis septentrionalis = -?- <
    >Lenzites betulina = Birkenblättling<
    >Lenzites warnieri = Auen - Blättling<
    >Daedalea quercina = Eichenwirrling<
    >Gloeophyllum abietinum = Tannenblättling<
    >Gloeophyllum sepiarum = Zaunblättling<

  • Herzlichen Dank, lieber Pablo,


    für diesen absolut professionellen, fulminanten und sehr fachwissens- und lehrreichen Steckbrief und die tolle Bebilderung - es war mir eine Freude und sehr erkenntnisreich, hier zu lesen - Hut ab!


    Liebe Grüße


    Isa

    [font="Times New Roman"]Und wäre ich eine Eintagsfliege, ich würde tanzen, wenn die Sonne sinkt![/font]

  • Hallo,
    aus einem meiner alten Beiträge füge ich hier noch 2 Bilder an, junge Exemplare, Bilder von Oktober 2011, an Prunus avium-Totholz.


    Drei weitere Bilder von Daedaleopsis tricolor, Anfang September 2014 gefunden, auf abgebrochenen Ästen von Prunus avium (Wildkirsche), Hochrhein, ca. 400 m, Südhanglage, zum Fotografieren auf Totholz von Weide aufgelegt.


    Die Holzstückchen lagen beieinander, die Pilzoberflächen sind identisch, jedoch hat der ältere Pilz ein eindeutig lamelliges Hymenophor, während der kleinere jüngere Pilz eine grobporig-labyrinthische Unterseite hat.
    (Im Vergleich dazu habe ich bei Daedaleopsis confragosa bisher bei jungen Pilzen immer nur eine recht feinporige Unterseite gesehen).

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Abeja!


    Schau mal >hier< im Portrait zu D. confragosa.
    Die kann jung auch mal langgezogen grobporig oder labyrinthisch sein.
    Ich denke aber bei deinen Bildern dennoch an D. tricolor, nur daß da die Poren irgendwie verwachsen sind. bei dem älteren Fruchtkörper daneben ist der Fall ja klar.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,
    dein Vergleichsbild hatte ich gesehen, die Frage ist ja eigentlich auch, was wie häufig vorkommt. Es scheint ja wirklich "alles überall" zu geben.
    Das "Labyrinth" bei deinen D. confragosa sieht eigentlich genauso aus wie das "Labyrinth" hier.
    Ich habe bisher eben überwiegend porige D. confragosa gesehen, aber das mag ja ein persönlicher unzureichender Eindruck sein.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Abeja!


    Ich habe bisher eben überwiegend porige D. confragosa gesehen,


    Ich auch.
    Aber man darf die Variabilität der Arte hier nicht unterschätzen, gerade bei jungen Fruchtkörpern ist es manchmal nicht einfach.
    Das letzte Bild oben im Startbeitrag zeigt ja auch solche Fruchtkörper von D. tricolor, wo die Fruchtschicht etwas anders aussieht und eben an deinen Fund erinnert.
    Aber auch das liegt hier etwas außerhalb der norm würde ich sagen.



    LG, pablo.

    • Offizieller Beitrag

    N'Abend!


    Mir ist da neulich noch was lustiges begegnet:




    An Prunus spec. beim Ehrenfriedhof Heidelberg.
    Alle Fruchtkörper durchgehend lamelloid (waren auch keine dabei, die wuchsbedingt deformiert gewesen wären, wie zB oben bei den Bildern von abeja).
    Es könnten zwei Mycelien sein, eins mit Pigmentstörung und eins ohne, oder es ist nur ein Mycel das sowohl Fruchtkörper mit fehlendem Pigment als auch solche mit normal ausgeprägter Pigmentierung bildet.


    Naja, Sachen gibt's...


    Nachtrag:
    Noch was normales vom letzten Winter im Kaiserstuhl:



    LG, Pablo.

  • Danke für diese wunderbare Erläuterung zur Variationsbreite der Dreifarbigen Trampte. Auf diese Weise lässt sich das Ganze auch für Ungeübte recht gut einordnen.


    Liebe Grüße Claudia

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

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