Morchella umbrina Boud. ?

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  • Hallo,
    kaum hatte ich vor ein paar Jahren meine ersten Speisemorcheln gefunden, stellte sich heraus, dass es unterschiedlichste Ansichten über die Varianten gibt.
    Die Franzosen halten sich wohl überwiegend an das System von Boudier, der mehrere Arten unterscheidet.
    Die Morcheln verändern sich mir dem Alter ihrer Fruchtkörper schon extrem aber aus meiner Erfahrung kann ich mindestens zwei Varianten oder sogar Arten makroskopisch deutlich voneinander unterscheiden. Eine dunkelgrau grau bis honigfarbene Speisemorchel und eine sehr dunkel anthrazit bis schokoladenfarbene Speisemorchel, die sich geschmacklich nicht signifikant unterscheiden.


    An einem Nordhessischen Waldbach, der durch Rotliegend-Sandstein fliesst, wird weiter oberhalb gelöster Zechstein-Kalk in kleinen Sinterterassen ausgefällt. Das Bett besteht aus Kalksanden, die aus Brückstücken des Kalksinters bestehen.

    Bei einer Esche, die in diesen Kalksanden wurzelt, fand ich letztens sehr dunkle Speisemorcheln.

    Sie waren schokoladenbraun oder soll man ihre Farbe als umbra bezeichnen?

    Boudier hat sie 1903 auffallend ähnlich gezeichnet:


    In meiner Erinnerung sind mal für Kalkquellmoore besondere Speisemorcheln beschrieben worden aber leider kann ich mich nicht mehr erinnern wo und um welche Varietät es ging. Vielleicht hat jemand einen Hinweis für mich.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gerd,


    das einzige, was ich dazu weiß, ist, dass die ganze Thematik sehr in der Schnwebe ist. Frage 3 Experten und du erhälst 5 Fachmeinungen. Akccm hat zu einer Sammelaktion aufgerufen, wo unterschiedlich gefärbte Speisemorcheln für genetische Untersuchungen gesammelt werden sollen. Wenn du die gezeigten Morcheln noch hast und nicht verspeisen möchtest, wäre es toll, wenn du die in das genannte Labor schicken würdest, was schlussendliuch auch zur Aufklärung deiner Frage beiträgt.
    Was ich allgemein über unsere französichen Mykologiefreunde weiß, dass sie Arten gerne splitten; was gerade auch bei den Cortinarien zu einem Wirrwarr werden ließ.
    Ich persönlioch bin der Meinung, dass es sich nciht lohnt Arten zu weit aufzusplitten; es sei denn es macht wiss. (und damit meine ich nicht nur genetisch!!!) Sinn macht.


    l.g.
    Stefan


    P.S. Sehr schöne Fotos (mal wieder ;))

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Hallo Gerd,


    genau so bin ich zunächst auch vorgegangen, um - in erster Linie für mich selbst - Ordnung in die Welt der vielgestaltigen Morcheln reinzubekommen.


    Ein weiteres Beispiel wäre Morchella vulgaris (Pers.) Boud., die "Graue Speise-Morchel", wenn man mag. Sie wurde mir im Allgäu an der Wertach gezeigt und ich konnte sie dort auch selbst in verschiedenen Altersstadien finden und ablichten:


    http://www.fotocommunity.de/pc…s/526673/display/16954693
    http://www.fotocommunity.de/pc…s/526673/display/30785958


    Und hier die zugehörige Farbtafel von Boudier:
    http://biodiversitylibrary.org/page/33662303


    Ein wenig schade war, dass bei dem Treffen der kulinarische Aspekt im Vordergrund stand, weshalb ich auf den Dörrgeräten das Belegmaterial nicht trocknen konnte, weil die Geräte bereits voll mit Schnittgut belegt waren. Aufgeschnitten auf der Fensterbank in der Sonne wollten sie partout nicht trocken werden, letzten Endes hatten sich die Maden daran genüßlich getan und die Frk. begannen zu vergammeln, weshalb alles entsorgt werden musste. Leider bin ich auch nicht mehr dorthin gekommen, um neues Material zu sichern und es ggf. mit meinem eigenen Dörrgerät zu trocknen. Meine Bitte, ein anderer Morchelfreund möge mir entsprechendes Material besorgen, verhallte ohne Reaktion. Zu meinem Bedauern wiegt da wohl der Pfannenaspekt schwerer als die Wissenschaft.


    Gruß, Andreas

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  • Noch eine Ergänzung:


    Generell sind bei der Abgrenzung von Pilzarten zwei Lager zu beobachten: salopp ausgedrückt die Splitter und die Zusammenwerfer. Bei den Morcheln, so mein Eindruck, ist das besonders stark ausgeprägt. Ich vermute mal, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt. Zumindest eins konnte Harald Kellner bereits widerlegen: Es gibt in Europa nicht nur die Speise-Morchel, sondern allein in Deutschland und Frankreich mindestens drei Arten aus diesem Verwandtschaftszweig (esculenta clade).


    Könnte mir gut vorstellen, dass es noch weitere Speise-Morcheln gibt, beispielsweise die Steppen-Morchel (Morchella steppicola) aus der Puszta - ob die in Deutschland auf Trockenrasen gefundenen Speise-Morcheln tatsächlich M. steppicola darstellen, muss erst noch belegt werden, denn die Art soll auf die ungarische Steppenlandschaft mit starkem Kontinentalklima beschränkt sein. Nur weil eine Speise-Morchel auf Offengrasland fruktifiziert, muss das noch nichts heißen.


    Ich habe in dem Zusammenhang die Erfahrung gemacht, dass bestehende Beschreibungen nicht oder nur teilweise studiert werden, was dann zusätzliches Chaos erzeugt. Dabei könnte bereits ein Längsschnitt im Feld offenbaren, ob der/die Fruchtkörper den Aufbau einer Steppen-Morchel besitzt bzw. besitzen: Stiel durch dicht gedrängte, verschlungene Wände nahezu ausgefüllt; Kopfteil gekammert; dicht gedrängte Leisten mit schmalen Öffnungen anstelle von breiten, wabenartigen Gruben. in der Wikipedia findet ihr ein Buidl von typischen Exemplaren.


    Dennoch stellen sich weitere Fragen: Gibt es von diesem Taxon bereits Sequenzen in den Gen-Datenbanken? Falls ja: Stammt das Material von einer korrekt als M. steppicola bestimmten Speise-Morchel? Falls ja: Handelt es sich bei dem Taxon um eine eigene Art?


    Das war jetzt nur ein weiteres Beispiel, um die Komplexität der Abgrenzung von Morchelarten aufzuzeigen. Ich hoffe, es war der eine oder andere interessante Gedanke für euch dabei.


    Gruß, Andreas