Bildungsabweichungen (Teratologie)

Es gibt 44 Antworten in diesem Thema, welches 26.535 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Gerd.

  • Hallo zusammen,


    Diese Beitragsserie, bringt mich auf die Idee einmal "Missbildungen" von Pilzen zu zeigen. Derartige Missbildungen werden als "Bildungsabweichungen an Fruchtkörpern" bezeichnet. Die Wissenschaft, die sich damit beschäftigt als Teratologie.


    ---> Ich bringe einmal ein Beispiel:



    - Diese Bildungsabweichung wird "Doppelfruchtkörper" genannt. Solche "Stockwerkpilze" sind nach [1] bekannt bei Vertretern der Ordnungen Agaricales (Blätterpilze) , Boletales (Röhrlingsartigen) und Russulales (Sprötblättler).


    Nachtrag:
    Nachtrag:
    - Ein weiterer "Doppelfruchtkörper" der Nebelkappe wird hier gezeigt.
    ----------------------


    ---> Ich fasse einmal etwas verkürzt zusammen, wie [1] die Entstehung von "Doppelfruchtkörpern erklärt:


    Ihre Entstehung hängt mit der besonderen Wachstumsweise dieser Pilzgruppen zusammen: der Fruchtkörper entwickelt sich aus einer unterirdischen Anlage (dem Primordium), die gelegentlich dicht beieinander liegen können. Im Normalfall wird nur aus einem dieser "Primordien" ein Fruchtkörper ausdifferenziert.


    ---> In seltenen Fällen kann jedoch nach der oberen noch die Untere Anlage zur Entwicklung kommen; dabei wird der Ältere Fruchtkörper emporgehoben und es kommt zu einer geringfügigen Verwachsung, so dass der obere Fruchtkörper nicht herabfallen kann.


    - Und (so nebenbei): Bei wenigen Arten wurden bereits auch "Dreifach-Fruchtkörper" wurden beobachtet.
    ----------------


    Ich zeige zur Einstimmung noch einen Beitrag, der derartige "Bildungsabweichungen" zeigt.
    ----------------


    Es gibt viele Gründe für Missbildungen [1]:
    ---> Umwelteinflüsse (Licht, Temperatur, CO2-Gehalt, Relative Luftfeuchte, Luftverschmutzung), Parasiten (inkl. Bakterien, Pilzen, Viren), genetische Ursachen.


    Auch die Art der "Bildungsabweichung" [1] ist enorm:
    ---> Riesenwuchs (Monstroität), Zwergwuchs (Nanismus), Missverhältnis von Hut und Stiel, Abweichender Stielansatz, Abweichende Hymenophore, Umorientiertes Wachstum, Verbänderungenund Verwachsungen, Doppelfruchtkörper, Horn- und geweihartige Bildungen, Zwillingsbildungen, Proliferation, Polystomasie, Prolifikationen, Tremelloide Bildungen, Sparassoide Formen, Gasteroide Formen, Gallen, Farbänderungen, Sporengröße, Sterilität.


    - Bevor ich es vergesse noch etwas:
    ---> [1] weist darauf hin, dass manches, was ein Laie für eine "Missbildung oder Monstrosität" hält, in Wahrheit zur normalen Variationsbreite eines Pilzes gehört.
    --------------


    Empfehlenswerte Literatur, die bei mir im Regal steht und die ich unter der in Klammern gesetzten ID in meine Artikelliste aufgenommen habe::


    [1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62
    ---> Eine "Goldgrube" (und Basisdokumentation, aus der ich nur Überschriften zitiert habe.


    [2] (ID-00144): Krieglsteiner G. J. (1996): Bildungsabweichungen oder eigenständige Taxa ?, Beihefte zur Kenntnis der Pilze Mitteleuropas X
    ---> Eine hervorragende Ergänzung (mit Farbabbildungen) zu [1]
    --------


    [3] (ID-04837): Staudt E. (2000): Voll daneben; Südwestdeutsche Pilzrundschau 36(2): 42-43
    ---> Zeigt und beschreibt eine beeindruckende "Morchel-ähnliche" Bildungsabweichung von "Laccaria amestystina" (Violetter Lacktrichterling)


    [4] (ID-06369]: Geiter R. (1997): Ungewöhnliche Bildungsabweichungen an Pilzen; Tintling 4:20-21
    ---> Hier werden "Bildungsabweichungen" weniger Pilzarten mit kurzem Begleittext gezeigt.
    =================================


    - Und jetzt hoffe ich, dass ihr "Blut geleckt habt" und hier "massenhaft" keine "kuriose" (dafür gibts bereits, siehe oben, eine Beitragsserie) sonders "abartig deformierte" (echte Bildungsabweichungen!) zeigt.


    Liebe Grüße
    Gerd


    PS.:
    - Wenn sich jemand (neben "Steinis, Flockis, Pfiffis" ;) ) auch für dieses Thema interessieren sollte: Schickt mir einfach eine Email (mit Email-Adresse), dann schaue ich, wie ich diesen "Wissendurst" befriedigen kann.


    - Ansonsten, bin da auch nur ein "Laie", werde ich natürlich jeden Beitrag aus meiner Sicht kommentieren.

  • Hallo Andreas,



    Das erste Bild vom Stockwerkpilz ist auch gut,


    - Die Ursache für "Stockwerkspilze" habe ich ja bereits erklärt.



    Zitat von Andreas


    ich meine aber den Parasol ;)


    - Die "Siamesische Zwillinge" haben mich ganz schön genervt, bis ich den Grund dieser in der Literatur m.W. noch nicht beschriebenen "Anomalie" entschlüsselt konnte:


    In der Tat, auch mit dem Fruchtkörper in der Hand, konnte ich nur "zwei normal ausgebildete, an der Berührungsstelle miteinander verwachsene Stiele" beobachten.


    - Doch, oh Wunder, nachdem ich die Stiele voneinander getrennt hatte, dann sah das so aus:



    - Wenn man genau hinschaut:
    ---> Beide Stiele hatten an der Berührungsstelle einen durchgängigen Riss !!!
    ---> Ich kann mir dies nur so vorstellen, dass (aus welchen Gründen auch immer) der Stiel am Beginn der Streckungsphase in der Mitte gerissen ist, beide Teilhälften sich eingerollt und dann gestreckt haben.


    Zitat von Andreas


    Wie hoch ist die wahrscheinlichkeit solch ein Pilz zu finden ?


    - Keine Ahnung. :cursing:


    Grüße
    Gerd


    PS.:
    - Wenn man beide gezeigten Bilder genau anschaut, stellt man fest, dass die Stielrinde rötet.
    ---> Folglich handelt es sich bei diesem Fund um Macrolepiota procera var. fuliginosa

  • Hi Gerd,


    ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Bilder meines Fundes in diesen hochinteressanten thread gehören. Falls nicht, bitte Bescheid sagen, dann wird mein Beitrag wieder gelöscht.:cool:


    Diese siamesischen Zwillinge fallen dadurch auf, dass der kleinere der beiden Fruchtkörper aus dem Stiel des größeren herauswächst, aber beide wieder am Hut zusammengewachsen sind.



    Ich habe das so jedenfalls bisher noch nicht gesehen.


    Lieber Gruß,
    Meinhard

    Erfahrungen sammelt man wie Pilze: einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist.

  • Hallo Meinhard,


    erst einmal herzlichen Dank für deinen Beitrag.
    ---> Evtl. lockt der Weitere aus der Reserve und belebt diese Beitragsreihe.



    ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Bilder meines Fundes in diesen hochinteressanten thread gehören. Falls nicht, bitte Bescheid sagen, dann wird mein Beitrag wieder gelöscht.:cool:


    - Löschen gilt nicht. Denn wir können hier ja durchaus auch "Kuriose Beispiele" zeigen, die man leicht als Bildungsabweichung fehlinterpretieren könnte.
    ---> Aber, ich kann dich beruhigen: Du zeigst m.E. eine "echte" Bildungsabweichung:thumbup:
    -------------------


    Zitat von Meinhard


    Diese siamesischen Zwillinge fallen dadurch auf, dass der kleinere der beiden Fruchtkörper aus dem Stiel des größeren herauswächst, aber beide wieder am Hut zusammengewachsen sind.


    Dies scheint mir eine weniger spektakuläre Form einer Doppelfruchtkörper-Bildung (Stockwerk-Pilz) zu sein, bei dem sich die beiden nahe beieinander liegenden "Primordien" nicht zeitversetzt genug entwickelt haben, um einen "Stockwerkspilz" zu bilden.


    ---> Die Verwachsungen an Stielbasis und am Hut erkläre ich mir so:
    - Bei der Fruchtkörperbildung wird das Myzel in arttypischer Weise miteinander verflochten. Und da es sich bei beiden Fruchtkörpern um das gleiche Myzel handelt, durchflechten sich die Myzelien locker an den Berührungsstellen.
    ---------------------------


    In diesem Zusammenhang erwähnt [1] noch eine andere "Bildungsabweichung":


    - Pseudofasciation, d.h. eine Stiel-Verwachsung zweier Fruchtkörper der gleichen Art.
    ---> Hier verwachsen große Teile der Stiele miteinander und bilden dann zwei +- voneinander getrennte Hüte aus. Typisch dabei ist eine beiderseitige "Längsfurchung" der Stiele; ähnlich wie ich sie bei meinem Parasol gezeigt habe.


    - Derartige Verwachsungen wurde bisher bei Trichterlingen (Clitocybe), Rotfuß-Röhrling (Xerocomus Chrysenteron), und auch Lorcheln, Morcheln, Verpeln, Stinkmorchel beobachtet.


    - Die Ursache ist leicht erklärbar: Gleichzeitige Entwickliung nahe benachbarter, zusammengewachsener Primordien (Fruchtkörperanlagen).


    ---> So nebenbei: Verwachsungen der Fruchtkörper von Porlingen, Schichtpilzen, Stachelingen und anderen Poriales ist "normal" und sollte nicht als "Bildungsabweichung/Missbildung" fehlinterpretiert werden.
    -------------------


    Zum Schluss noch eine "Verbänderung" genannte, sehr seltene "Bildungsabweichung", deren Ursache nach meiner Literatur noch unbekannt ist und nicht mit einer Pseudofasciation (Stielverwachsung) verwechselt werden sollte.


    ---> Der Stiel ist hier sehr flach (nicht drehrund), ohne beidseitige Längsfurchung und es wird auch nur ein Hut (abartig deformiert) ausgebildet. Beobachtet wurde diese "Bildungsabweichung" bisher an Laccaria laccata (Rötlicher Lacktrichterling), Am,anita citrina (Gelber Knollenblätterpilz) und Kuehneromyces mutabilis (Stockschwämmchen).


    Grüße
    Gerd


    [1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62
    ---> Eine "Goldgrube" (und Basisdokumentation, aus der ich nur Überschriften zitiert habe.

  • Hallo Dominik,



    ich denke mein Fund zeigt auch eine Bildungsabweichung wenn ich mich nicht irre,


    Danke für dieses Bild, das eine typische Bildungsabweichung ("Doppelfruchtkörper") zeigt. :thumbup:


    ---> Die Ursache einer solchen Bildungsabweichung habe ich in meinem Erstbeitrag erklärt.


    Grüße
    Gerd

  • Hallo zusammen,


    Hier sind nochmal die vor längerer Zeit an anderer Stelle schon mal gezeigten "vermorchelten" Rettichhelmlinge. Die Aufnahmen sind vom letzten Jahr, heuer waren aber noch keine weiteren Fruchtkörper an der deren Stelle gefunden worden. Wäre mal interessant zu sehen, ob die immer so deformiert kommen.


    Hier die Bilder:
    DSCN9203.jpg


    DSCN9200.jpg


    Beste Grüße,
    Marco

    Bei Online-Pilzbestimmungen gibt es keine Essfreigabe! Die gibt es nur bei einem Pilzsachverständigen!

  • Hallo Marco,



    Hier sind nochmal die vor längerer Zeit an anderer Stelle schon mal gezeigten "vermorchelten" Rettichhelmlinge. Die Aufnahmen sind vom letzten Jahr, heuer waren aber noch keine weiteren Fruchtkörper an der deren Stelle gefunden worden. Wäre mal interessant zu sehen, ob die immer so deformiert kommen.


    - Herzlichen Dank für diese perfekt in's Bild gesetzte sehr auffällige Bildungsabweichung.


    - Diese Bildungsabweichung hat sogar einen Namen:


    [1] bezeichnet sie als Prolifikation. Man versteht darunter exzessive Bildungen von Hymenophoren bei Hutpilzen, die sich als lappig-gekräuselte Aufgliederungen des Hutrandes, als Bildung von Hymenophoren (Lamellen) auf dem Hutscheitel oder im Extremfall als Überwachsung der gesamten Hutoberfläche mit einem aus gekräuselten Lamellen bestehenden oder wabenartigen Hymenophor (Morchelloide Bildung) bemerkbar machen.


    Bei deinen Fruchtkörpern handelt es sich um den o.g Extremfall einer "morchelloiden Bildung". Hierbei wird die gesamte Hutoberfkläche von mannigfach deformierten Hymenophoren überzogen. Die Lamellen sind oft wabenartig vernetzt, der Hutist so weit nach unten gebogen, dass er eine Kugelform annimmt und sein Rand den Stuiel berührt.
    - Über die Ursache herrscht Unklarheit. Da im Labor bei bestimmten Myzelien oder Kultuirstämmen immer wieder diese Missbildung beobachtet wurden, spricht einiges für einen Gendefekt oder Virusbefall. und nicht wie teilweise vermutet wird um Witterungseinflüsse.


    ---> Beobachte den Standort bitte weiter und berichte unhs, wenn nochmals derartige Fruchtkörper dort auftreten sollten.


    [2] zeigt eine "morchelloide Prolifikation" von Laccaria amethystea (Violetter Lacktrichterling) und Hydnum repandum (Semmelstoppelpilz)


    [3] zeigt eine "morchelloide Prolifikation" eines Violetten Lacktrichterlings. Er berichtet, das sein Versuch, diesen Fruchtkörper über Nacht für eine Aufnahme von A. Bollmann zu retten und legte den Fruchtkörper "auf feuchtem Papier in einer Plastikdose in den Kühlschrank".
    ---> Doch oh Wunder: Der Fruchtkörper hatte sich über Nacht zu einem "+-normalen Lacktrichterling" umentwickelt. Dies würde die These stützen, dass es evtl. doch nur Umwelteinflüsse sind, die eine derartige Missbildung verursachen.


    Liebe Grüße
    Gerd


    Literatur:


    [1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62


    [2] (ID-00144): Krieglsteiner G. J. (1996): Bildungsabweichungen oder eigenständige Taxa ?, Beihefte zur Kenntnis der Pilze Mitteleuropas X


    [3] (ID-04837): Staudt E. (2000): Voll daneben; Südwestdeutsche Pilzrundschau 36(2): 42-43

  • Hi @ all,


    ich hätte da noch einen kleinen Beitrag über siamesische Boleten. Sie scheinen wirklich nur einen gemeinsamen Hut zu haben:



    Ich hoffe, er gefällt.;)
    Lieber Gruß,
    Meinhard


    P.S.
    Marco: Deine "vermorchelten" Rettichhelmlinge sind wirklich der Hammer!:thumbup:

    Erfahrungen sammelt man wie Pilze: einzeln und mit dem Gefühl, dass die Sache nicht ganz geheuer ist.

    Einmal editiert, zuletzt von emmess2006 ()

  • Hallo Meinhard,



    ich hätte da noch einen kleinen Beitrag über siamesische Boleten. Sie scheinen wirklich nur einen gemeinsamen Hut zu haben:
    ...
    Ich hoffe, er gefällt.;)


    - Danke Meinhard, mir gefällt dieses Bild ausgesprochen gut.


    Es handelt sich dabei m.E. auch um eine "Wachstumsabweichung", die ich in dieser Form in meiner Literatur nicht gefunden habe.


    ---> Aber, mich erinnert das an eine Pseudofasciation, die ich in einem meiner Vorbeiträge angesprochen habe:


    Zitat von Gerd


    - Pseudofasciation, d.h. eine Stiel-Verwachsung zweier Fruchtkörper der gleichen Art.
    ---> Hier verwachsen große Teile der Stiele miteinander und bilden dann zwei +- voneinander getrennte Hüte aus. Typisch dabei ist eine beiderseitige "Längsfurchung" der Stiele; ähnlich wie ich sie bei meinem Parasol gezeigt habe.


    - Derartige Verwachsungen wurde bisher bei Trichterlingen (Clitocybe), Rotfuß-Röhrling (Xerocomus Chrysenteron), und auch Lorcheln, Morcheln, Verpeln, Stinkmorchel beobachtet.


    - Die Ursache ist leicht erklärbar: Gleichzeitige Entwickliung nahe benachbarter, zusammengewachsener Primordien (Fruchtkörperanlagen).


    ---> Der einzige Unterschied ist, dass die "Primordien" (Fruchtkörperanlagen) nicht an der Stielbasis sondern bevorzugt am Hut (man beachte die Hutfurchung und die doch recht lockere Verwachsung am Stiel auf Bild 1) verwachsen waren.


    Mein Fazit/meine Beurteilung dieser "Bildungsabweichung):


    (1) "Doppelfruchtkörper-Bildung" würde ich hier (eher) ausschließe.
    ---> Denn dazu sind die Hüte viel zu stark miteinander verwachsen.


    (2) Mir scheint, dass beide "Fruchtkörperanlagen" +- gleichzeitig gewachsen sind , aber der linke "größere" Fruchtkörper ein "Tick" früher. und hat dadurch wegen der Verwachsung am Hutrand den "kleineren" von seinem Myzel getrennt und dadurch die "Energiezufuhr" zur Vergrößerung dieses Fruchtkörpers unterbrochen.


    (3) Eine Zuordnung zu einer "Doppelfruchtkörperbildung (Stichwort Stockwerk-Pilz)" kann ich hier nicht nachvollziehen, da die Hüte m.E. viel zu stark miteinander verwachsen sind.
    -------------------


    Zitat von 'emmess


    Marco: Deine "vermorchelten" Rettichhelmlinge sind wirklich der Hammer!:thumbup:


    - Ja, finde ich auch: Eine solch hervorragende Darstellung einer "morchelloiden" Bildungsabweichung habe ich in meiner Literatur nicht gefunden.
    - Nochmals Dank an Marco (diese Bilder hatte er bereits HIER vorgestellt und spontan (nach meiner Anfrage :P) auch in dieser Beitragsserie eingestellt.

    Grüße
    Gerd


    PS.:
    - Nochmals Dank an alle, die diese Beitragsserie "reanimiert" haben.
    - Durchforstet bitte euer Archiv, ob ihr weitere Aufnahmen von "Bildungsabweichungen" habt.

  • Gerd:
    Die folgende Antwort schreibe ich wie gewünscht hier in den Thread. Bitte nimm mir das nicht übel. Ich schätze Deine Postings sehr, nur manchmal tauchen Formulierungen auf, die für mich abwertend klingen. Da es in textlicher Form (ohne Kenntnis des Tonfalls, der Gesichtsmimik, der Kenntnis der Person) sehr schwer ist, anderen das wirklich gemeinte gut rüberzubringen (Smilies sind nur ein schwacher Ersatz), kann es gut sein, dass Du das völlig anders meintest und ich es nur falsch verstehe. Daher meine Nachfrage, denn ich finde es besser nachzufragen, wie es jemand gemeint hat, als wenn man etwas falsch "abspeichert".


    (1) Diese Beitragsserie habe ich am 10.09.2008 eingestellt und ist am 15.09.2008 (bis dahin gab es gerade einmal einzelne Beiträge von ANDREAS) eingeschlafen.


    (2) Auch die Anzahl der Ansichten (aus der Errinnerung ca. 180), bevor ich mich kritisch über "interessiert eh keinen" äußerte war mehr als bescheiden.


    ---> Deutlich kleiner als die Ansichten zu diese Beitragsserie (aus meiner Sicht X()


    Ja, der Thread war ein wenig im Winterschlaf. Das heisst aber nicht, dass er generell keinen interessiert. Aufgrund des hohen Niveaus in Deinen Postings, können da nicht mehr viele mithalten und wie Du ja selber später geschrieben hast, hast Du im ersten Posting ja bereits Ursachen für bestimmte Bildungsabweichungen ausführlich beschrieben hast. Ich z.B. habe das mit Interesse gelesen, bin aber himmelweit davon entfernt, auch nur annähernd etwas über Ursachen oder ähnlichem beitragen zu können. Ich könnte höchstens Fotos von beobachteten Pilzen beitragen, habe aber derartige Pilze noch nicht gesehen/fotografiert. Daher poste ich dann auch nichts. So etwas ist nicht automatisch ein Zeichen von Desinteresse!
    Ja, die Zahl der Ansichten war geringer. Das hat zwei Gründe. Zum einen wird ein Thread, der ab und zu neue Postings bekommt, automatisch von der gleichen Person mehrfach aufgerufen und gezählt. Zum anderen sind die Interessen der Benutzer sicherlich unterschiedlich stark gewichtet. Und ein Board "Wissenschaftliches" kann schon viele abschrecken, weil man selber zum wissenschaftlichen nichts beitragen kann. Aber "es interessiert keinen" halte ich für übertrieben.


    Zitat

    Wundert dich [code=php][/php]wiklich, dass ich das dann als "uninteressanntes Thema" in diesem Forum bewerte?


    Ja, denn Du hast geschrieben, dass es keinen interessiert. Ich hätte daraus allenfalls gefolgert, dass es weniger Leute interessiert, wenn überhaupt. Weil die Schlussfolgerungen über Zugriffszahlen sehr, sehr schwierig sind (s.o.).


    Zitat

    ---> Aber, ich bin zwischenzeitlich mehr als erstaunt, dass dieses Thema doch nicht so uninteressannt erscheint (beachte die aktuellen "Ansichten" und die weiteren Bildbeiträge), wie ich das bisher bewertet habe.


    Eben. q.e.d.


    Zitat

    ---> Ich führe die "Reanimation" meiner Beitragsserie übrigens auf meinen hier geäußerter "kritischen" Kommentar zurück :cool:


    Das war sicherlich der Grund, ja. Wobei auch damit bewiesen ist, das ein Thread nicht nur aufgrund von Desinteresse einschlafen kann. Dieses "interessiert keinen" im Zusammenhang mit einem (für mich) wissenschaftlichen Thread klang für mich schon abwertend. Wenn Du es anders gemeint hast, quasi als harter Stubser, um etwas wiederzubeleben, kann ich das verstehen.


    Dann werde ich auch mal versuchen eine "uninteressante" Frage zu Lebensdauer von Pilzen wiederzubeleben. ;)

  • Hallo Gerd


    viele Leute besitzen nicht mal annähernd ein derartiges Wissen wie du,nur wenigste können etwas mitschreiben,bzw etwas fachlich richtiges dazu beitragen.
    Das einzige das viele Können,ist Pilze Beitragen und aus deinen Beiträgen zu lernen,um in einigen Jahren selber einmal solche Beiträge zu schreiben (fast halt) ;)


    wie schon MacFlieger geschrieben hat schreckt das Board 'Wissenschaftliches' einige Leute ab,da sie ihrem Wissen gegenüber selbstkritisch stehen (warum auch immer)


    Ich denke nicht das es an irgent einem kritischen Posting deinerseits gelegen hat,das hier jetzt wieder recht nett dahingeschrieben wird,eher daran das dieses Thema einfach untergegangen ist,und die meisten von der Existenz gar nicht bescheid wussten (ich zb kannte es nur durch deinen Link)


    Also Gerd: die Leute interresieren sich sehr, ist doch keine Frage,untergehen kann passieren.



    Lg

  • :)Hallo Gerd,


    ich kann mich den vorigen Beiträgen nur anschließen!!!!! Es ist hoch interessant und auch da schließe ich mich Pilzsammler und McFlieger an, die meisten User lesen und Antworten in dem "Pilzträchtigsten" Monat September auf die "Riesenfundmeldungen" und auf die vielen "Neuen" die mit der Frage um Pilzbestimmung kommen. Ich glaube das daher der Zeitpunkt für Deinen wissenschaftlichen Beitrag vielleicht auch das seine dazu getan hat. Wäre er in einer "Pilzärmeren" Zeit (da haben die Leute mehr Zeit und laufen nicht nur im Wald rum) erschienen, hätte er mit Sicherheit mehr Aufmerksamkeit erlangt.
    Also bitte weiter so, auch wenn ich noch nicht alles verstehe:shy::shy:, aber was noch nicht ist kann ja durch Deine Beiträge noch werden
    Lieben Gruß
    Holger

  • Hallo Gerd,


    Ich möchte dir für deine ausführlichen Anmerkungen und das Lob danken!


    Die Stelle, wo der vermorchelte Rettichhelmling gefunden wurde, ist in Beobachtung, wir sind da immerhin zu zweit. Mich würde auch brennend interessieren, ob da nochmal bzw. immer wieder solche Fruchtkörper erscheinen.


    Beste Grüße,
    Marco

    Bei Online-Pilzbestimmungen gibt es keine Essfreigabe! Die gibt es nur bei einem Pilzsachverständigen!

  • Hallo und guten Tag Gerd,


    nun hast du mich nicht gerade aus der Reserve gelockt, auch habe ich kein Blut geleckt und ein kurioses Beispiel werde ich auch nicht zeigen, dafür aber Details über einen Pilzfund der mir vorgestern von Anja D aus H zugeschickt wurde und in diese Rubrik passt.


    Anjas Angaben zum Pilz:


    Fundort: In der Nähe von Karlsruhe bei Kronau in einem Buchenmischwald.
    Funddatum: 25.10.2008
    Größe: 10-15cm
    Farbe Fruchtkörper: Vor Ort –žleichter Anflug von lila–œ
    Zitat Anja: Es könnte eine Cortinarius Art sein, denn direkt daneben stand ein Cortinarius, die Art weiß ich aber nicht, er war leicht lila und hatte diese typischen wattigen Fäden zwischen Hutrand und Stiel.


    Meine Untersuchung hat ergeben:


    Geruch: Süßlich, streng, etwas unangenehm.
    Pilzhut: Großflächig morchelloid
    Innenleben: Wattig
    Sporen: Braun, breit elliptisch teils fast kugelig, rel. dicker Rand, grobwarzig, 7,5-10 x 6-7,5 µm
    Restlamellen: Textura prismatica
    Zystiden: Nicht gefunden
    Gewicht: 80g


    Nun möchte ich dich und die Leser bitten einen Blick auf die Details des Pilzes werfen um eventuell so auf die Gattung des Pilzes zukommen, ehe diese –žUmformung–œ stattgefunden hat. Auch wäre es für mich schön zu wissen wie diese Missbildung genannt wird.


    Eine gute Zeit
    Gelbfieber & Co


    PS.: Bilder einer Rüblingsgalle habe ich noch am Lager. Bei Interesse stelle ich sie ein.


    [center]yy0012.jpg

  • Hallo Uschi,



    Auch wäre es für mich schön zu wissen wie diese Missbildung genannt wird.


    - Diese Bildungsabweichung wird Prolifikation, genauer "Mochelloide Prolifikation" genannt.
    ---> Genauer erklärt wurde diese Missbildung hier


    - Bei dem von dir gezeigten Fruchtkörper fällt auf, dass auch auf der Hutunterseite fast normale, aber reduzierte Lamellen gebildet werden. Derartige Abbildungen zeigt [1] für Clitocybe odora und Cortinarius (Telamonia) scutulatus.


    ---> Zur Gattung oder Art kann ich nichts beitragen. Aber es sollte möglich sein mit dem "Schlüssel nach µ-Merkmalen in [2] zu einem Gattungsergebnis zu kommen.
    --------------------


    Zitat von gelbfieber


    PS.: Bilder einer Rüblingsgalle habe ich noch am Lager. Bei Interesse


    - Ja, auch daran wäre ich interessiert, da Rüblingsgallen in [1] auch als Bildungsabweichungen behandelt werden.


    Herzlichen Dank für's die Bilder.


    Literatur:


    [1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62


    [2] (ID-05259): Bresinsky-Besl (2003): Schlüssel zur Gattungsbestimmung der Blätter-, Leisten- und Röhrenpilze; Regensburger Schriften Band 11


    Grüße
    Gerd


    Nachtrag 01.11.2008; 14: 55Uhr in blauer Schrift

  • Hallo und guten Tag Gerd,


    wie bereits angedroht hier ein paar Details einer Rüblingsgalle. Gefunden September 2006 unter Rotbuche.


    Eine gute Zeit
    Gelbfieber & Co


    [center]galle001.jpg

  • Hallo Uschi,



    wie bereits angedroht hier ein paar Details einer Rüblingsgalle. Gefunden September 2006 unter Rotbuche.


    - Danke für diese Aufnahmen.


    [1] bezeichnet diese Bildungsabweichung als "Tremelloide (Fruchtkörper)-Bildungen, die man besonders vom "Waldfreundrübling" kennt. Dabei wird die Hutoberfläche, manchmal auch der Stiel mit hirn- oder gekröseartigen Auswüchsen von gallertartiger Beschaffenheit bedeckt.


    - Bereits PECK erkannte, dass es sich um einen Befall durch parasitische Pilze handelt, welche Peck 1879 der Gattung Tremella, von BURT 1901 der Gattung Exobasidium und von GINNES & SUNHEDE (1978, aktueller Stand) der "corticioiden" Basidiomyzeten-Gattung Christiansenia zugewiesen wurden.


    - Hervorgerufen wird die Gallenbildung beim Waldfreundrübling durch drei offenbar wirtsspezifische Arten (Ch. effibulata, Ch. tumefaciens in Nordeuropa und Ch. mycetophila in Nordamerika), die einen dünnen Film auf der Oberfläche der Gallen bilden.


    - "Ähnliche Deformierungen" auf dem Hymenium von niederen Basidiomyzeten (Leucogyrophana, Hymenochaete) wurden, verursacht durch Ch. pallida, beobachtet.


    Grüße
    Gerd


    Literatur:


    [1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62

  • Hallo liebe Pilzfreunde, auf einer Exkursion auf die Bexbacher Halde haben wir folgenden Doppeldecker gefunden. Interessant ist, dass der kleinere umgekehrt, d.h. mit den Lamellen nach oben auf dem unteren sitzt. Weiß vielleicht jemand, um welche Art es sich handelt?
    VG Bernd

  • Hallo Bernd,


    Zitat von Bibobb


    ... haben wir folgenden Doppeldecker gefunden. Interessant ist, dass der kleinere umgekehrt, d.h. mit den Lamellen nach oben auf dem unteren sitzt. Weiß vielleicht jemand, um welche Art es sich handelt?


    - Ja, der "kleine Hut mit nach oben zeigenden Lamellen" ist das Interessante an dieser Bildungsabweichung. Aber beachte, dass dieser Hut keinen Stiel besitzt und diese Bildungsabweichung nicht als "Doppelfruchtkörper" (Stockwerkspilz, Etagenpilz, Doppeldecker) bezeichnet werden kann.


    - Diese Art der Bildungsabweichung wird "Prolifikation" genannt.


    - Was man unter Prolifikation versteht, habe ich bereits hier, da wird der Extremfall "Morchelloide" Prolifikation gezeigt, erklärt.


    ----> Auch hier wird eine "morchelloide Prolifikation gezeigt.


    Ich fasse zusammen, was [1] zu dieser Bildungsabweichung sagt:
    In diesem Falle sind auf dem Hutscheitel, seltener am Hutrand kleinere, stiellose, gleichsam auf dem Rücken liegende (auch resupinate) Hüte entwickelt, deren Lamellen schräg oder senkrecht nach oben zeigen. Die Lamellen sind mitunter gekräuselt oder netzartig anatomosierend.


    ---> Diese Form der Prolifikation ist nach [1] von zahlreichen Blätterpilzen bekannt, u.A. Collybia fusipes - Spindliger Rübling, Laccaria laccata - Rötlicher Lacktrichterling, Marasmius oreades - Nelken-Schwindling, Volvarella gloiocephala (= speciosa) - Größter Scheidling, Clitocybe nebularis - Nebelkappe, Hebeloma claviceps - Keulenförmiger Fälbling, Pholiota (Kuehneromyces) mutabilis - Stockschwämmchen.
    --------------------------


    Zur Art kann ich "wegen fehlender Details" wenig beitragen; es sei denn ich versuche es mit "Kaffeesatz"-Lesen:


    ??? "Ritterling" (Gattung Tricholoma), evtl. "Tricholoma portentosum" (Schwarzfaseriger Ritterling) ???


    Grüße
    Gerd


    Nachtrag 21.11.2008; 13:05Uhr:


    - Ich hatte vergessen, die Literatur anzugeben. War, wie meist die "Goldgrube", in der das Thema sehr ausführlich behandelt wird:


    Literatur:


    [1] (ID-05008): Michael - Hennig - Kreisel (1983): Handbuch für Pilzfreunde, Band V, S26:62