Pilze vom Misthaufen

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 8.182 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von nobi_†.

  • Guten Abend,


    das Leben auf dem Lande hat ja manchmal auch Vorteile ;). Z. B. findet man schnell schon makroskopisch mögliche Pilzsubstrate:



    Während einer Regenpause habe ich mich dem Substrat genähert. Mit der Nase im Mist hörte ich hinter mir eine Kinderstimme: "Mama, was macht der Mann da?" Ich: "Ich suche Pilze!" Die Mutter: "Aha!?" Also habe ich mich beeilt, bevor die Männer im weißen Kittel kommen, um mir eine weiße Weste überzuziehen.


    Folgendes habe ich gefunden:


    Coprinellus bisporus, der zweisporige Misttintling, kam in Massen vor:



    Pileozystiden in der Huthaut bis 150 µm lang:



    Sporen: 10,5-15x7-8,5 µm



    Conocybe fuscimarginata (Viersporiges Mistsamthäubchen):




    Lecythiforme Cheilozystiden:



    Sporen: 9,5-12,5x6-8 µm:



    Für die Psilofreaks:


    Panaeolus cinctulus (Dunkelrandiger Düngerling):




    Sporen: 11-14x7,5-10 µm:



    Daneben gab es noch Peziza vesiculosa, den Blasigen Becherling.


    Nach Kleinzeug habe ich nicht geschaut.


    Viele Grüße
    Jürgen

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Jürgen!


    Sehr schöne Doku! :thumbup:
    Die Conocybe - Cheilos sind immens putzig.


    Hier in der Gegend erholt sich die Natur so langsam von der Schlechtwetterperiode im April. Aber viel ist noch nicht los, auch nicht an den speziellen Substratplätzen. ;)



    LG, Pablo.

  • Hallo Jürgen!
    Zwar ist das überhaupt nicht mein Gebiet, aber sehr interessant und anschaulich, so im direkten Vergleich. Ich frage mich nur immer,wie man diese Sporen auseinanderhalten soll, bei den variablen Größen. Für mich sahen die wie Melonenkerne (Pilz 1) und Kürbiskerne (Pilz 2 und 3) aus...

  • Hallo Tuppie,


    man kann Pilze natürlich in der Regel nicht nur an der Sporengröße und -form erkennen. Eine Bestimmung besteht immer aus makro- und mikroskopischen Merkmalen. Hier konnten alle drei Pilzarten makroskopisch sicher ihrer Gattung zugeordnet werden, wobei sich die Tintlinge mittlerweile in mehrere Gattungen aufsplitten.


    Grundsätzlich fallen durch das Substrat (hier Misthaufen) auch schon viele Kandidaten durch das Raster.


    Bei dem kleinen Tintling war mikroskopisch wichtig die Form und Größe der Sporen, der dezentrale Keimporus, die zweisporigen Basidien (gut durch das Mikroskop zu sehen, die Mikrofotos davon sind leider nichts geworden) und die Pileozystiden in der Huthaut.


    Das Samthäubchen fällt schon aufgrund seiner Größe auf. Der Hutdurchmesser beim größten Exemplar betrug 7 cm! Also eigentlich eine Samthaube ;-). Allein durch die Größe blieben nur noch zwei Arten übrig. Die wiederum unterscheiden sich im wesentlichen durch die Sporengröße. Ansonsten muss man bei Conocyben das Vorkommen, die Größe und die Form der Zystiden vor allem auch am Stiel untersuchen. Oftmals haben die die Form von Mensch-ärgere-dich-nicht-Püppchen, das nennt man dann lecythiform.


    Der Düngerling war eigentlich schon makroskopisch klar. Wollte aber trotzdem die Sporen zum Vergleich zu den anderen Arten mit abbilden.


    Die Sporenfarbe ist auch in den Gattungen unterschiedlich:


    Tintlinge haben braune, dunkelbraune bis schwärzliche Sporen. Die Form kann z. B mitraförmig oder oval sein. Die Oberfläche kann glatt oder ornamentiert (z. B. rau punktiert) sein


    Samthäubchen haben ockergelblich bis rostfarbene Sporen. Conocybe fuscimarginata hat z. B. dickwandige Sporen mit zentralem Keimporus. Dies ist auf dem obigen Sporenfoto gut zu erkennen.


    Düngerlinge haben braune, braun-graue bis grau-schwärzliche Sporen, die glatt oder ornamentiert (wie z. B. beim bekannten Heudüngerling) sein können.


    Dies mal nur als ganz kurzer Einblick in die Welt der Dunkelsporer. Die machen einfach Spaß, auch unter dem Mikroskop. Wie man sich dagegen mit z. B. Trichterlingen mikroskopisch auseinandersetzen kann, bleibt mir ein Rätsel (hyaline kleine Sporen, die alle gleich aussehen)...


    VG
    Jürgen

  • Hallo Jürgen,
    so ein Misthaufen bei entsprechender Witterung kann für unsereinen schon ein Stückchen Paradies sein!
    Ich habe diese Biotope in den letzten Jahren leider etwas vernachlässigt.
    Dein gelungener Beitrag soll für mich Ansporn sein, in diesem Jahr verstärkt an solchen Standorten zu suchen.


    Coprinellus bisporus, aber auch Coprinellus marculentus, Coprinopsis macrocephala und Coprinus sterquilinus fand ich bisher nur auf Misthaufen.


    Conocybe fuscimarginata kenne ich bisher nicht; es wird mein Ehrgeiz sein, dieses kräftige Samthäubchen noch in diesem Jahr zu entdecken!



    Nach Kleinzeug habe ich nicht geschaut.


    Ascobolus mancus hat meinen Beobachtungen zufolge eine Vorliebe für verfaulende Pferdeäpfel und wäre an so einem Standort zu erwarten.


    LG Nobi

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  • Hallo Jürgen!
    Wow! Vielen Dank für den Exkurs in die "coprophile Pilz-Mikroskopie-Materie". Wie gesagt, nicht mein Metier, aber ich schaue mir öfter Threads mit den Mikroskop-Aufnahmen an, weils einfach interessant ist. Und seit ich in diesem Forum unterwegs bin weiß ich überhaupt erst, dass es Freunde der coprophilen Pilze gibt. Und wenn ich durch Wald und Flur krabbele, denke ich bei somanchem "Häufchen" das wäre doch was für Nobi... jetzt denke ich noch Jürgen dazu!


    Kleiner Exkurs: In Solnhofener Platten findet man auch Koprolithe. Das kann also auch was für die Ewigkeit sein. Bei Interesse schicke ich gerne mal einen rüber. Zum Pilze schauen ist es bei diesen Exemplaren dann wohl aber zu spät. ;)


  • Und wenn ich durch Wald und Flur krabbele, denke ich bei so manchem "Häufchen" das wäre doch was für Nobi... jetzt denke ich noch Jürgen dazu!


    Na, da freue ich mich aber, Tuppie, dass ich gelegentlich auf deinen Touren mit dabei sein darf!
    Auch anderen scheint es ähnlich wie dir zu gehen.
    Nur gewöhnungsbedürftig, dass ihr immer dann an mich denkt, wenn ihr vor einem Haufen Sch... steht! :D


    Übrigens.
    Ein Koprolith würde mich sehr interessieren!
    Als Foto oder noch besser natürlich in natura!
    Das würde sich sicher in den ein oder anderen Vortrag gut einbauen lassen.


    LG Nobi

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