Ich habe bereits in einem <früheren Beitrag> auf die Problematik der Eselsbrücke hingewiesen, und möchte es jetzt erneut tun. Denn die spärlichen Funde des vergangenen Wochenendes sind bereits vollständig archiviert und nun weiß ich nicht wohin mit all der Langeweile. Deshalb also:
Zur Problematik der Eselsbrücke
"Wer kann mir denn einmal etwas zur Polarität des Stromes sagen? - mh?"
[Es ist nicht leicht, wissende Übereinstimmung zu signalisieren, ohne den Lehrer anzusehen.]
Es ist nicht einfach, weder durch allzu offensichtliche Nichtbeteiligung noch durch fordernde Aufmerksamkeit genau denjenigen Grad nuancierter Anwesenheit zu suggerieren, der OStR Kleinbrot davon abhält, gezielt anzusprechen.
Den Merkkasten im Physikbuch hat er natürlich nicht gelesen. Erebus weiß, dass er verloren hat. Brötchen wird IHN aufrufen.
"Nun, junger Herr Melzer, wie ist das mit der Polarität?"
Na also.
Und nein: Erebus weiß nicht, was es mit der Polarität auf sich hat. Okay, Batterien haben zwei Pole, das ist simpel, aber das will Brötchen nicht wissen. Garantiert nicht. Brötchen will mehr.
Als Mathe-Physiklehrer leidet OStR Kleinbrot an verkannter Genialität.
Diese stumpf blickenden Kretins auf der anderen Seite des Lehrerpultes wissen NICHTS. Nichts von Oszillation, nichts von Halbwertzeit und - Bei Gott! - nichts von Devitationsmomenten.
Vor allem wissen sie nicht zu würdigen, dass er, OStR Martin Kleinbrot, eine Perle ist, die das System den Säuen vorwirft.
Tag für Tag. Woche für Woche, Monat für Monat ...
Er hätte ja auch Chemie studieren können, um dann ein ruhiges Dasein als Taxifahrer zu verbringen. Hätte er machen können. Aber nein, Herrschaften! Nein.
Beseelt, befruchtet und befeuert aus gutbürgerlichem Elternhause stammend, ausgestattet mit dem Drang zu Höherem: wollte er die Flamme des Wissens hinaustragen in die tumbe Welt.
Um diesen Handyfummlern und Rutschbuchsen das Licht einzuschalten.
Doch er wird, Prometheus gleich, verheizt. Tag für Tag an den schulischen Kaukasus geschmiedet, von den Geiern beackert ... und fragt mich nicht nach Leberschaden!
"Nun?" Brötchen wird ungeduldig. Was soll er hier den ganzen Tag verplempern? Daheim wartet der große Garten, die Terrasse, das Glas Rotwein.
"Nun, wissen wir etwas von Polarität, Herr Melzer?" Er schlendert scheinbar entspannt den rechten Gang zwischen den Schulbänken entlang ... Kinders, wenn ihr wüsstet, wie man leiden kann wenn so ein dämlicher Popanz wie der Melzer nicht einmal die einfachsten Dinge in den Schädel bekommt.
Doch Erebus erleidet allen Erwartungen zum Trotz, im selben Moment, in dem Brötchen zum zweiten Mal am heutigen Dienstagmorgen über einen Krankenschein nachdenkt, einen Geistesblitz.
Irgend etwas aus der letzten Physikstunde ist hängen geblieben, und so kräht er erleichtert in das bleiernde Schweigen des Physikunterrichtes: "Rot ist Blau und Plus ist Minus".
Brötchen registriert halben Ohres -Vielleicht doch erst nach der dritten Stunde krankmelden? Sonst wird der OStD wieder pampig..- und wendet sich ab, als ihm die Ungeheuerlichkeit dieser Behauptung aufgeht.
"Wie? Was?" ... sein Verstand bildet eine Interferenz, beugt sich gleichsam am Doppelspalt, verweilt ein wenig unentschlossen und verabschiedet sich.
Ab durch die Mitte. Brötchen wird Quante und geht mit verdrehten Augen zu Boden.
Wir wollen uns nicht mit den seelischen Schäden beschäftigen, die der kleine Erebus Melzer nahm, als er den Physiklehrer mit einem Bannspruch fällte.
Nein, uns interessiert die rationale Lehre, die Erebus Melzer daraus zeiht.
Denn während Kleinbrot durch Paralleluniversen schreitet, der eilig herbeigerufenen Oberstudiendirektor Dr. Massstab ("der laufende Meter") hochbeabsatzt aus einem Meter fünfundsechzig Höhe über den säuerlichen Geruch des verehrten Kollegen nachdenkt, während der Notarzt von Zirrhose faselt, währenddessen geht Erebus Melzer der Sinn des Spruchs zu Polarität auf, seines Spruches, und er bildet für sich die erste General-Eselsbrücke: "Es ist immer genau anders herum."
LG, Uli