Waldböden - Sauer? Kalkhaltig? Sandig?

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 3.136 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von cutthroat.

  • Liebe Pilzfreunde,


    angespornt von euren Beiträgen und Bildern war ich heute auch nochmal für knapp 2 Stunden im Wald, und zwar in den Luxemburgischen Ardennen, angrenzend an die Deutsche Eifel.


    Die Ausbeute: Drei kleine Pfifferlinge, zwei zerfressene Steinpilze. Und auch an sonsten gähnende Leere. Lediglich der Kahle Krempling war am Wegesrand recht gut vertreten. Letztes Jahr ein ähnliches Szenario: In den Pilzforen darf ich ab Juli Körbeweise Röhrlinge begutachten, wobei "meine" Saison erst im September anfing. Immerhin konnte ich letztes Jahr um diese Zeit schon einen persönlichen Erstfund zelebrieren; Den wunderschönen Kornblumen-Röhrling. Doch dieses Jahr: Nichts.


    Woran könnte es liegen? Schaue ich vielleicht einfach an den falschen Orten? Vielleicht der falsche Boden für die Jahreszeit? Kommen wir also zu meiner Frage aus der Betreffszeile:


    Was genau macht einen kalkhaltigen, sandigen, sauren oder alkalischen Boden aus? Ihr lauft doch sicherlich nicht mit einem pH-Messgerät durch den Wald. Leitet ihr das lediglich von der Fauna ab? Moos? Farn? Beeren? Gestrüpp?


    Wenn in Pfalz und Eifel schon von Pilzschwemmen berichtet wird, dann müsste hierzulande doch sicherlich auch schon einiges zu finden sein. Übermorgen versuche ich es noch einmal, hoffentlich klüger als jetzt. :)


    Viele Grüße aus dem Nachbarland,


    ct

  • Hallo cutthroat,
    im Groben kann man das aus der Geologischen Karte ablesen. Es gibt für Luxemburg anscheinend sehr detailliertes Kartenmaterial:


    Übersicht zur Geologie:
    http://www.geology.lu/
    Hier ist schon generell einiges geschrieben.


    Karten:
    http://www.geology.lu/index.ph…ogique/cartes-geologiques


    Es gibt z.B. die Karte von Echternach (ich weiß, es liegt nicht in den Ardennen, aber ich war dort schon mal):
    http://www.geologie.lu/geolwiki/index.php/ae07ech
    Die eigentliche Karte findet man, wenn man den blauen Punkt von "Voir l'extension de la carte" anklickt.
    Bei den farbigen Flächen gibt es Buchstabenkombinationen, z.B. "li" westlich von Echternach.
    Auf der Seite, von der man gekommen ist, gibt es eine Legende, in der die Abkürzungen erklärt werden. Außerdem gibt es darunter eine Liste mit Links zu ausführlichen Erläuterungen. Extremfälle: Buntsandstein = sauer, Jura oder Muschelkalk = alkalisch
    Vorbildlich!


    Das Problem: die Pilze wachsen wie die Pflanzen nicht auf dem Gestein, sondern im Boden. Da ist es in Hessen so, dass in der Eiszeit Löß aus dem Südwesten hierher geweht wurde und sich im Windschatenn abgesetzt hat. Dann kann der Boden kalkhaltig sein, obwohl das Gestein keinen Kalk enthält. Ob es dieses Phänomen auch in Luxemburg gibt, weiß ich nicht.


    Aber: der Kalk kann durch Wasser aus dem Löß herausgelöst werden (entkalkter Löß).


    Auch zu beachten: wenn Waldwege mit Kalkschotter befestigt werden, kann es auch über saurem Gestein kalkliebende Pilze oder Pflanzen geben.


    Auch die Vegetation spielt eine Rolle. Selbst in Gebieten mit Kalk im Untergrund ist die oberste Bodenschicht sauer, wenn dort Nadelwald gepflanzt wurde.


    Es gibt Zeigerpflanze, die in etwa den Säuregrad angeben.


    Säurezeiger: Sauerklee, Erika, Heidelbeere sprechen für zumindest oberflächlich sauren Boden.


    Nicht wundern: es kann schon im Abstand von 50 m Unterschiedliche Anzeigerpflanzen geben.


    Viele Grüße
    Lothar
    [hr]
    Noch eine Ergänzung: es gibt auch eine Bodenkarte von Luxemburg:
    http://eusoils.jrc.ec.europa.e…DASM/lists/luxembourg.htm


    Auf sie wird aus einer Datenbank "Soil maps of Europe" verlinkt. Oberhalb der Luxemburger Karten wird auf die nationalen Karten verlinkt,


    z.B. Deutschland
    http://eusoils.jrc.ec.europa.e…metadata.cfm?mycountry=DE


    (Das habe ich auch nicht gewusst).


    Viele Grüße
    Lothar

  • Ich bin ja grosser Fan von Heinz Ellenberg.
    Von ihm stammen die entsprechenden Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa.
    Jeder Pflanze werden Feuchtezahlen, Reaktionszahlen, Stickstoffzahlen u.a. zugeordnet. In der Summe koennen dann Rueckschluesse auf den Standort geschlossen werden. Man muss dann eben nur die Pflanzen kennen :)
    Oft reicht schon eine Topographische Uebersichtskarte um Informationen ueber den Untergrund zu erhalten. Es gibt dort Eintragungen wie 'Kalksteinbruch' etz. Wenn man etwas geuebter ist kann man den Untergrund auch am geomorphologischen Formenschatz, der Dichte des Gewaessernetzes etz festmachen. ... aber das ist scon recht speziell.
    Bevor man ins Gelaende geht koenmte mam auch ein wenig im Internet ueber sein Gebiet recherchieren.
    Klar duerfte sein dass Pflanzen sich auch ihren Standort selber schaffen. Nadelstreu in Fichtenforsten fuehrt zu einer oberflaechlichen Bodenversauerung etz. ...

  • Zunächst einmal ist es nicht ungewöhnlich, dass die Erscheinungszeit der Pilze geografisch sehr unterschiedlich ist. Bei uns erscheinen die Speisepilze i.d.R. auch eher spät.


    Allerdings muss man schon etwas Zeit und Mühe investieren, um gute Stellen ausfindig zu machen. 2 Stunden ist so gut wie nichts. Pilze müssen erwandert werden, zumindest bis man die Gegend sehr gut kennt. Das ist allerdings erst nach ein paar Jahren der Fall, dann weiß man ungefähr wo man wann was finden kann.
    Sich an der Bodenbeschaffenheit zu orientieren ist eher eine Sache für die spezielle Suche nach bestimmten Arten. Generell finden sich Speisepilze unterschiedlicher Art sowohl auf saueren, als auch auf kalkhaltigen Böden.


    Wichtig ist auch die regelmäßige Kontrolle. Geht man nur alle paar Wochen in ein Gebiet kann es sein, dass man grade zu früh oder zu spät kommt.


    Die beste Möglichkeit Pilze zu finden ist, regelmäßig und ausdauernd zu suchen.;)

  • Wow, vielen lieben Dank für die ganzen tollen Antworten. Insbesondere an Lothar: Ich habe mir die Karten alle angeschaut und noch bis 01:30 heute morgen studiert. Wirklich sehr interessant! Ich hätte ja nie gedacht, dass das - selbst hierzulande - mal so detailliert dokumentiert und publiziert wurde.
    Da ich nicht besonders weit vom herausgebenden Ministerium wohne, werde ich am Donnerstag auch mal bei denen vorbei schauen und fragen, ob es das ganze noch als Printmedium gibt, vielleicht ja sogar aktueller.


    Was die Fauna angeht, bin ich, wohl wie erwartet, nicht besonders Fachkundig. Die Bäume kenne ich natürlich größtenteils, doch was den Bodenbewuchs angeht muss ich in der Regel passen. Werde mich aber auch hier in Zukunft ein bisschen bemühen und morgen mal schauen, was sich da dokumentieren lässt.


    Rada: Ich bin schon ortskundig und kenne die Gegend eigentlich sehr gut. Ich bin hier schließlich aufgewachsen. Weit weg bin ich zum Pilzesammeln allerdings noch nie gefahren. Wenn's hoch kam, dann vielleicht mal 15km (anstatt 3 zum "Hauseigenen" Wald). Wald gibt's von mir aus gesehen in allen Himmelsrichtungen, da schien mir das nie nötig. Habe auch ein paar richtig tolle Stellen, die ich seit Jahren aufsuche, aber vor Ende August ist da nur vereinzelt was zu finden.


    Dank neuem Kartenmaterial werde ich morgen aber mal etwas weiter weg fahren und 'was neues ausprobieren. Ich lass euch wissen wie es gelaufen ist!


    Liebe Grüße


    ct

  • So... zum Pilzesammeln war ich ja eigentlich erst für morgen verabredet, aber dank neuen Kartenmaterials und Motivation, war ich dann heute doch nochmal im (für mich neuen) Wald unterwegs.


    Zu betrachten gab es einiges. Vor allem die Täublinge traten hier in Scharen auf, wie ich sie sonst noch nie gesehen habe. Ohne genaue Untersuchung oder besonderes Interesse tippe ich mal auf Russula mairei. So weit das Auge reicht:



    Tückisch pfaffenfertig waren auch von diesem altbekannten Kollegen einige zu finden. Erstaunlicherweise waren mir schon länger keine mehr davon begegnet. Amanita phalloides:



    Obwohl er ja anscheinend gar nicht so selten ist, habe ich mich besonders über diesen hier gefreut. Für mich ein Erstfund: Xerocomus rubellus. Habe zum Kosten lediglich ein paar Exemplare mitgenommen und den Großteil stehen gelassen:



    Und schlussendlich dann noch etwas, um erfreulicherweise das Pfannenvolumen aufzustocken. Leccinum carpini:



    So... fassen wir zusammen:



    Morgen dann nochmal am letzten meiner freien Tage in den Nordosten des Landes. :)


    Viele Grüße aus Luxemburg,


    ct