Alles klar mit den Stachelpilzen?!

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 4.414 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von ingosixecho.

  • Hallo Pilzfreunde,


    da sich in den vergangenen Tagen hier im Forum einige User als Fans von Stachelpilzen entpuppten, möchte ich mich auch mal als ein solcher outen. Meist gab es ja irgendwelche dunklen Sachen zu sehen, wobei sich die Finder mit Geruchsangaben schwer taten.
    Im Prinzip ist es gar nicht so wild, zumindest bei den Arten mit Maggi-Liebstöckel-Küchenkräutergerüchen. Im Verbreitungsgebiet sollten maximal sechs dieser Arten anzutreffen sein. Glücklicherweise haben die allesamt
    helles Sporenpulver, womit sich die Arten zusätzlich zu den Arten der Gattungen Sarcodon und Hydnellum abgrenzen lassen. Was schon deswegen von Vorteil sein kann, da letztere Gattungen hierzulande weitaus artenreicher daherkommen. Auf dem Papier jedenfalls!
    Der bekannteset Vertreter der Brausporer ist ja der berühmte Habichtspilz. Momentan gibt es davon zwei. Den, der bei Fichten wächst (Sarcodon imbricatus) und den Kiefern-Habichtspilz (Sarcodon squamosus).


    Hier im Bild zwei Jungexemplare vom vergangenen WE:



    Nicht zu verwechseln mit dem extrem bitteren Sarcodon scabrosus, den ich in den vergangenen Jahren auch zwei mal im Habitat hatte. Wobei ich erstmal auf eben dieses zurück kommen möchte. Im Prinzip fand ich alle nachfolgenden Kollektionen in einem sauren und armen Flechten-Kiefernwald. Bis auf den Erstfund.


    Zurück zu den Maggipilzen. Die zwei bekannten Gattungen teilen sich auf in Schmutzstachelinge und Duftstachelinge. Letztere neigen dazu, ähnlich wie Hydnellum, mit zusammen gewachsenen Hüten aufzutreten. Schmutzstachelinge (Bankera) kommen, eher wie Sarcodon, einzeln daher und sind auch weitaus größer als Duftstachelinge.


    Die beiden heimischen Arten nennen sich Bankera fuligineoalba (Rötender Schmutzstacheling) und Bankera cinerea (Violetter Duftstacheling). Wobei man heimisch in dicke Gänsefüßchen setzen sollte. Der Violette soll hier und da in montanen Fichtenbeständen auftauchen. Zumindest gab es vereinzelte Fundmeldungen aus Thüringen bzw. Sachsen. Zum Thema Bankera fuligineoalba kann man in den BW Großpilzen Band 1 nachlesen, dass die Art mittlerweile vom Aussterben bedroht ist.


    Bei mir ist er zum Glück auch in diesem Jahr wieder aufgetaucht:




    Hier ein Jungexemplar, zusammen mit Schwarzweißen Duftstachelingen (Phellodon connatus).



    Ein paar größere Exemplare der Schwarzweißen im Porträt. Man sollte sich die Farben einprägen. Die Schwarzweißen sind deutlich erkennbar gezont, vom hellen Rand nach innen.



    Etwas ähnlich und deutlich heller braun kommen die Becherförmigen Duftstachelinge (Phellodon tomentosus) daher. Da noch keine da waren, bemühe ich mal ein Bild vom Vorjahr (Anfang Oktober).



    Sowohl die beiden Duftstachelinge als auch die Bankera riechen frisch deutlich nach den besagten Küchenkräutern, auch ohne dass man die Pilze zerbröseln muss. Die Bankera allerdings kann man mitunter schon aus fünf Metern Abstand erschnuppern.


    Ganz anders verhält sich das mit der dritten Phellodon-Art aus meinen Jagdgründen. Die roch selbst nach dem Zerschneiden und Zerreiben nur ganz leicht nach dem Gewürz. Ich muss allerdings vorausschicken, dass es sich am vergangenen Sonntag um meinen persönlichen Erstfund von Phellodon niger (Schwarzer Duftstacheling) handelte.



    Die Kollektion stand etwa drei Kilometer Luftline von meinem üblichen Hotspot entfernt, in einem moosigen Kiefernareal. Leute - was hab' ich mich gefreut! Anfangs hatte ich meine Zweifel, aber das Schnittbild passt zu allen Beschreibungen. Zudem waren die Farbübergänge am Hut und auch die Beschaffenheit (fast samtig) so was von verschieden zu P. connatus, dass ich eigentlich keine Zweifel ob der Bestimmung habe.
    Hier das Schnittbild:



    Wenn alle beobachteten Merkmale konstant sind sollte es sich bei den meisten hier im Forum, in letzter Zeit geposteten Funde, um Phellodon niger handeln. Diese Art sollte landesweit auch am häufigsten sein. Die vierte Art, Phellodon confluens, sollte eher in Laubwäldern zu finden sein.


    Zuletzt entdeckte ich noch einen ziemlich untypischen Stacheling. Der hatte die Borsten oben auf dem Hut.



    Da er augenscheinlich noch extrem jung war, hatte ich darauf verzichtet, ihn aussporen zu lassen. ;-))
    Vielleicht findet sich demnächst noch ein ausgewachsenens Exemplar.


    Gruß in die Runde - Ingo

  • Hallo Ingo, danke für den tollen BEericht. Bei meinem letzten Fund vom Stachelpilz tappe ich noch ganz gewaltig im Finstern einher. Gestern war ich noch mal an der Fundstelle und habe eine Probe mit nach Hause genommen, doch einen Geruch kann ich bis heute nicht feststellen. Das Fleisch diese Pilzes ist eigentlich nur eine Lederhaut Stacheln hat er, aber die sind klein. Das Exemplar welches ich im letzten Jahr unweit des neuen gefunden hatte das duftet noch nach diesem einen Jahr ganz intensiv. Ich zeige hier unten beide noch mal im Vergleich.
    Zuerst mal die Bilder vom vergangenen Jahr.


    #1


    #2


    #3


    #4


    und nun mal das Dingens von disem Jahr


    #5


    #6


    #7


    #8


    #9


    Im übrigen, den "Pilz" auf dem letzten deiner Bilder hätte ich auch noch nicht aussporen lassen. Da wartet man besser bis er so groß ist.:D



    Auch diese Exemplare sind dazu nicht geeigent.:D:D



    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ingo,


    sehr schöne Zusammenstellung. :thumbup: Besonders der letzte Stacheling ist sehr sehenswert. :D


    Hydnellum congrescens (leider nur von oben) könnte ich noch ergänzen. Der wächst in meinem Kiefernwald in Massen.



    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

    Einmal editiert, zuletzt von Climbingfreak ()

  • Das ist ja ein ganz fantastischer Beitrag Ingo! :) :thumbup: :thumbup: :thumbup:


    Ich bin gerade aufgestanden und werde gleich in den Wald losziehen, auch um meinem möglichen Phellodon niger Guten Tag zu sagen. Da kommt dein Beitrag aber sowas von rechtzeitig auf mein Frühstückstellerlein. :cool:
    Spannend wird sein ob ich irgendwo auch einen Nadelbaum finden kann. Das war ja einer der Haken an der Sache.


    Ich hoffe ja, ich kann noch mehr solche Funde machen in diesem Herbst und bin nun gut gewappnet. Zusammen mit den Tintlingsartikeln ist das eine schöne runde Sache.

  • Wunderbarer Beitrag, Ingo, sehr anschaulich erklärt. Danke!


    ...beim Igel musste ich herzlich lachen... :D

  • Hallo Ingo,


    mal wieder großes Montagskino von Dir :thumbup: ;)
    Ein toller und informativer Beitrag über eine Gattung, die hier bei uns
    so gut wie gar nicht anzutreffen ist :(
    Nadelwälder sind hier Mangelware, mal vom Harz abgesehen, aber der liegt ja
    auch nicht gerade "um die Ecke".


    Sei lieb gegrüßt von


    Sabine & Holger

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!


    Und ob die was Feines sind, diese Stachelpilze!
    Ich habe zwar auch erst zwei gefunden, war aber total fasziniert davon.
    So schön präsentiert ist das dann jedenfalls hilfreich, auch wenn mich einige Sachen immer gut durcheinanderbringen. Aber das wird sich mit der Zeit auch klären. Solche Vorstellungen sind dann immer ein Gewinn.



    LG, Pablo.

  • Hallo Reinhilde,


    tolle Bilder! Der vom letzten Jahr könnte spannend sein. Du hattest zwar geschrieben, dass er intensiv roch und das nach einem Jahr auch noch tut. Aber nicht, wonach!?


    Deine Schwarzen von diesem Jahr halte ich trotzdem für Phellodon niger. Zum Einen scheint der Maggigeruch nicht so arg ausgeprägt zu sein. Du solltest frische Fruchtkörper in der Hand zerbröseln und nach fünf Minuten daran riechen. Ganz ohne Geruch kann ich mir die Pilze nicht vorstellen.
    Zum Anderen scheinen die Stielform (pyramid) und die Hutbeschaffenheit ähnlich meinem Fund zu sein.
    Du solltest trotzdem mal versuchen, einen Pilz der Länge nach zu teilen.
    Man erkennt aber auch so bereits an der Stieloberfläche die für die Art typischen Verfärbungen.


    Gruß Ingo
    [hr]


    Spannend wird sein ob ich irgendwo auch einen Nadelbaum finden kann. Das war ja einer der Haken an der Sache.


    Hallo Mausmann,


    zeige die mal. Ich bin gespannt. In den BW Pilzen ist als Symbiosepartner, neben Picea und Pinus, auch Fagus aufgeführt. voila!


    Gruß Ingo
    [hr]
    Hallo ihr Beiden,


    Ihr habt doch vor einem Jahr selbst davor gestanden. Das Kroppzeug kann man aber auch sowas von übersehen. Viellecht klappt es ja mal irgendwann.


    Gruß (auch an den kleinen Blauen) - Ingo
    [hr]
    @all: vielen Dank für die "Blumen"!

  • Da bin ich wieder.



    Der gesuchte Nadelbaum.


    Ich habe mal ein Standortfoto gemacht. Die Distanzen sind real etwas größer als sie hier auf dem Bild wirken.



    Ganz links, in geschätzten 30 m Entfernung ein halbwegs großer Nadelbaum. Weiter rechts an der Hausecke ein kleiner Nadelbaum. 20 m müßte der wohl auch noch zurücklegen. Ich glaube eher nicht daß der dort so ein großes Wurzelwerk etablieren könnte. Man muß vielleicht auch noch daran denken daß der Phellodon auf einer Fläche von ca. 10 m Breite und 5 m Höhe in dem Hang vertreten ist. Das traue ich jedenfalls nur alten Bäumen zu.
    Auch der weiter entfernte Nadelbaum ist für mich da noch sehr fragwürdig.


    Aber egal, wir haben jetzt doch einen passenden Baum gefunden.


    Zu den Pilzen.
    Den Maggigeruch habe ich weiterhin nicht. Der Pilz riecht zwar etwas streng aber Maggi erkenne ich daraus nicht. Hat ´ne Komponente von beißendem Haarspray irgendwie. Ich bekomme den Geruch nicht wirklich faßbar.
    Aber nun zu den Füßen oder den dicken Stumpen.
    Vor etwa vier Wochen sahen die ja so aus.



    Ein sprichwörtlicher Klumpfuß, breit und kompakt.


    Heute sehen die Dinge anders aus. Ich habe jetzt diese dünnen Beinchen an den Pilzen finden dürfen.
    Ein passendes Foto ist mir leider nicht untergekommen. Ich könnte das allerdings morgen nachholen. Hier liegt ja ein Exemplar unterm Glas.


    Aber was bedeutet das nun ?
    Hat der Pilz etwa die Substanz seiner Füße eingebüßt ? Gehört das vielleicht so ? Mit dicken Beinen auf die Welt kommen und mit der Reife dieses Fettpolster aufgezehrt haben ?


    Oder wachsen hier zwei Arten im Verbund ?
    Kann der Pilz evtl. nicht ganz zutreffend definiert worden sein ?
    Eine weitere Art ? Öhrling brachte diese Möglichkeit auch mal ins Spiel.
    Fragen ohne Antworten.


    Dennoch ist Phellodon niger jetzt greifbarer geworden, würde ich sagen.

  • Hallo Mausmann,


    ich glaube fast, deine Stachelpilze gehen mit den Laubäumen. Das müssten doch Buchen sein, oder? Von Phellodon soll es weltweit 10 Arten geben. Vier davon in Europa. Wenn du Zeit über hast, besorg dir mal 'ne Monographie. Obwohl - das mit den Geruchsangaben macht mir etwas Kummer.


    Gruß Ingo