Hallo allerseits,
angeregt durch jovos Beitrag habe ich mich entschlossen, über eine kürzlich erfolgte Pilzberatung zu berichten.
Für PSV gibt es schließlich keine "mykologische Schweigepflicht", außerdem nenne ich natürlich keine Namen!
Was jovo schreibt, ist schon ziemlich erschreckend.
Dass das keine Einzelfälle sind, möchte ich durch folgende Episode unterstreichen.
Sonntag, 28.09.2014, 18:30
Meine Frau und ich sind soeben aus dem Wald zurück.
Mit einem vollen Pilzkorb, versteht sich!
Knackige Fichtensteinpilze, Flockenhexen, Maronen, Stockschwämmchen, Perlpilze, Safran-Schirmlinge, Tompiffge und andere Leckereien.
Das will jetzt geputzt, angebraten und für Eltern und Tochter als Wintervorrat gefrostet werden.
Auch ein paar Kleinigkeiten fürs Mikroskop sind dabei.
Natürlich nicht im Korb, sondern in einer separaten Schachtel!
Aber vorher Abendbrot. So eine Pilztour macht hungrig!
Es klingelt.
Wer mag das sein.
Ah, vermutlich möchte jemand einen Pilz bestimmt haben.
Kein Problem, ich geh mal schnell vors Haus. Bin gleich wieder da.
Eine junge Frau steht vor der Tür mit einem Riiiiiiesenkorb voller Pilz.
Auf den ersten Blick alles Fichtensteinpilze, das sieht gut aus!
"Äh, ich will die Pilze verschenken. Meine beste Freundin hat heute Geburtstag und sie hat gesagt, wenn du immer im Wald joggen gehst, könntest du doch mal nach Pilzen schauen, ich ess die so gerne und habe keine Zeit, welche zu sammeln!"
Das will ich eigentlich gar nicht wissen, naja.
Als Pilzberater ist man immer auch ein wenig Sozialarbeiter und hört sich geduldig die Sorgen und Nöte der Ratsuchenden an.
"Sie haben da Fichtensteinpilze gefunden", sage ich, "sind allerdings ziemlich madig".
Ich weise sie auf den "Speisewert" stark vermadeter Pilze hin (beginnende Fäulnis, Eiweißzersetzung usw.)
Darauf sie:
"Ach, wir sehen das nicht so verbissen wegen der paar Maden!"
Gut, denke ich, das war es jetzt. Und sehe mich schon am Abendbrottisch sitzen.
"Ich würde gern den Korb ausschütten, da sind auch noch andere Sorten dabei!"
Der Korb ist so groß wie eine Babybadewanne und die "Sorten" habe ich überhört - schließlich wartet bald das Abendbrot und dann noch jede Menge Arbeit.
"Wenn es sein muss", sage ich also, "vielleicht können wie das gleich hier auf der Wiese machen?"
Schon ist es passiert.
Da liegen sie also nun.
Und das sieht schon nicht mehr so gut aus!
Unter den Steinis sind noch Unmengen anderer Pilze verborgen.
Als erstes fallen mir schwarzbraune, matschige und teilweise angeschimmelte Birkenpilze auf.
Ich versuche sie unauffällig in einen mittlerweile herbeigeholten 10 Liter Eimer zu entsorgen.
Nicht unauffällig genug!
"Was machen Sie da? Die kenn' ich und die schmecken doch ganz gut!".
"Diese nicht mehr", sage ich und knüpfe an meinen kleinen Vortrag bzgl. verdorbener Pilze an.
Im Sammelgut entdecke ich etwa 20 ungenießbare Gelbblättrige Ritterlinge (Tricholoma fulvum).
"Ach, die sahen so schön aus, da dachte ich, die kann man essen!"
Weg damit!
Zwei Graue Dachpilze (Pluteus salicinus), die aufgrund ihres geringen Psilocybingehaltes als giftig zu bewerten sind, landen ebenfalls im Eimer.
Unter Protest!
"Die sollen gut schmecken, habe ich gehört, warum tun Sie die weg?"
Nächstes Aufklärungsgespräch.
Noch ein paar verwertbare Maronen, einige grenzwertige Rotfüße, die ich diesmal wirklich unbemerkt in den Eimer befördern kann, das wars!
18:50, endlich Abendbrot!
"Ich hab' da noch paar Pilze im Auto, die würde ich schnell mal holen. Wenn Sie inzwischen die madigen Steinpilze etwas ausschneiden könnten. Ich fahre ja von hier direkt zum Geburtstag und habe selbst keine Zeit mehr dafür.!"
Widerrede zwecklos.
Irgendwann muss das doch ein Ende haben.
Also auf die Knie, Steinis großzügig ausgeschnitten.
Der Korb ist inzwischen wieder gut halb voll!
Der Eimer auch!
"Ich musste meine Jacke ausziehen und die Pilze hineintun, der Korb war ja schon voll!"
Da war sie wieder.
"Das ist doch Hallimasch!?", sagt sie und schüttet mehrere Büschel bitterer und hochgiftiger Grünblättriger Schwefelköpfe ins Gras.
Wieder muss ich sie enttäuschen und nach einigen sehr bestimmten Worten von mir landen diese ebenfalls im Abfalleimer.
19:00. Das war es hoffentlich!
Natürlich war es das noch nicht, wäre auch zu einfach gewesen!
"Es gab ja heute so viele Pilze, und nachdem mein Korb und die Jacke voll waren habe ich noch meinen Pullover ausgezogen, um sie aus dem Wald tragen zu können!"
Klar, wo sie das sagt, fällt mir auch auf, dass die gute Frau lediglich ein T-Shirt über den Jeans trägt, schon etwas mutig in der Jahreszeit!
Sie legt ihren zugeknoteten schwarzen Pullover neben den Korb und bindet ihn auseinander.
Hunderte Maden inmitten dutzender Steinpilze!
Der Pullover droht davonzukriechen!
Einige Hutfragmente sind gerade noch so verwertbar!
Ekelfaktor überwunden und auch diese Pilze mehrheitlich noch schnell in den Eimer entsorgt.
19:15. Geschafft!
Das Sammelgut ist ausssortiert!
Der Korb immerhin noch einigermaßen gefüllt!
Ein Wassereimer voller Pilzmüll auf dem Kompost gelandet!
Inzwischen habe ich mir die Maden von den Händen gewaschen!
Immerhin besitzt die Frau den Anstand, mir 10 Euro in mein Pilzsparschwein zu stecken!
Was ungewöhnlich ist.
Manchmal bekommt man ein Dankeschön für eine Beratung, meist nicht mal das!
Zum Abschied "droht" mir diese, übrigens nicht unnette Frau, einen baldigen weiteren Besuch an!
Mein verbissen gemurmeltes "Gern können Sie wiederkommen!" nimmt sie strahlend zur Kenntnis!
Nur gut, dass mich die Sammlerin noch konsultierte, bevor sie die Pilze ihrer besten Freundin schenkte!
Wer weiß, ob die Freundschaft sonst noch lange gehalten hätte!
LG Nobi