Ritterlingsartiger Risspilz --> Höckersporer (Kompl. margaritispora/phaeosticta)

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 3.096 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Climbingfreak.

  • Hallo,
    gestern - vor dem Regen - sah ich :


    im Mittelstreifen eines geschotterten Weges (mit größeren Steinen, auch Kies), rechts Waldwiese, links überwiegend Buchen auf Kalk (Hochrhein, 400 m)
    3 Pilze mit braun-ocker (leicht gelblicher Unterton) Hut-Färbung und schuppigem Hut (aufreißend)
    Hüte 4 bis 6 cm
    Stiele 5 bis 6 cm lang,
    Stiele vom kleinsten P. 1 cm breit, der vom größten Pilz 14 mm (nicht ganz rund)
    Basis nicht oder minimal verdickt (meist etwas gebogen)


    Stiel fast weiß, etwas gelblich faserig, nach einem Tag etwas gelblicher
    Fruchtfleisch in Hut und Stiel weiß, nach einem Tag unverändert
    Lamellen fast weiß, schmal angewachsen, nach einem Tag grauer bzw. bräunlicher


    Geruch: nicht auffällig, etwas erdig
    Geschmack: nicht getestet
    Sporenpulver: dunkles fahles Braun ---> Risspilz
    (und nicht etwa Ritterling, an den ich wegen der "Statur" gedacht hatte, obwohl "Burggraben" nicht wirklich sichtbar...)


    Und da geht es dann nicht weiter, nehme ich an, ich würde aber doch ganz gerne Meinungen und Ideen dazu hören.
    Die sehr kräftige Statur ist bei den Risspilzen ja nicht so verbreitet.
    Die meisten Kandidaten haben auch einen stärker gefärbten oder schuppigen Stiel, nicht so einen hellen fast glatten Stiel (?)
    Meine Suche brachte mich in die Region von Inocybe erinaceomorpha (Inocybe corydalina var. erinaceomorpha), bzw. Inocybe corydalina (ohne grüne Farbe) allerdings sollen diese deutlich süßlich riechen (fast so wie Birnen-Risspilz) - und das ist absolut nicht vorhanden (auch kein spermatischer Geruch, HÖCHSTENS erdig)


    Ein Tag später

  • Hallo abeja,


    würde mich nicht wundern, wenn der höckerig-sternförmige Sporen hätte und im Dunstkreis von Inocybe margaritispora läge. Ich hab mal makroskopische sehr ähnliche gefunden, die ich nicht endgültig bestimmen konnte (trotz Mikromerkmalen!), und die sicher in dieser Sektion zu suchen sind. Ich werde mal Bilder hier reinstellen (muss nur noch suchen). Makroskopisch ist bei den meisten Rißpilzen leider nichts zu machen.


    Grüßle
    Jürgen

  • Hallo Abeja,
    I. corydalina schließe ich völlig aus, der sieht ganz anders aus und riecht wie Birnen-Kompott (fruchtig).
    Bei Rißpilzen ist es wie immer nicht einfach anhand der Fotos die Art zu bestimmen. Vielleicht könnte der in Richtung I. Squamata gehen, aber wie immer: ich sage nichts ohne mein Mikroskop. Meine Adresse hast Du ja.
    LG Ulla

  • Hallo Abeja und alle, das ist nicht erinaceomorpha und meines Erachtens auch nicht eine Art der Gruppe um splendens, sondern ich halte das, wie Jürgen schon vermutete, für eine höckersporige, ganz metuloid bereifte Art um margaritispora, allerdings vermute ich hier eher Inocybe phaeosticta.
    Wenn du möchtest, kannst du sie mir schicken, ich würde sie untersuchen und im Rahmen unseres Inocybe-Projektes vielleicht auch eine DNA-Analyse von ihr machen lassen, wenn sich meine Vermutung erhärtet, zumal deine Fotos gut und aussagekräftig sind.
    Liebe Grüße in die Runde,
    Ditte

  • Hallo,
    danke @ alle und an Ulla und Ditte für die Mikroskopierangebote (siehe PN)
    Ich weiß ja, mit Risspilzen sollte man ohne Mikro eigentlich gar nicht erst anfangen...
    Aber beim Fund hatte ich ja an einen Ritterling gedacht.
    Jedenfalls toll, dass Ihr eure Erfahrungen mitteilt. Ich hatte mir natürlich nur "ein paar" angeschaut, bzw. mich von einem zum nächsten "gehangelt", der als ähnlich bezeichnet wurde.
    Da gibt es ja dann doch eine Menge in der Farbe und Größe.
    Auf manchen Seiten werden dann aber auch, weil eben die Mikromerkmale so entscheidend sind, recht wenige Angaben zum Habitat, zur Größe und zum Geruch gemacht.

  • Liebe abeja (und alle, die es interessiert),
    deine Pilzlein waren leider trotz deiner intensiven Trocknungsbemühungen völlig verschimmelt, ich hatte große Mühe, noch eine einigermaßen intakte Lamelle zu finden.
    Es handelt sich, wie vermutet, um eine Art aus dem Komplex um margaritispora/phaeosticta, in dem es, wie inzwischen bekannt, auch noch mindestens eine weitere Art gibt. Ich vermute diese dritte Art bei deiner Inocybe - nur lässt sich das leider nicht mehr überprüfen, weil man wegen des Schimmels keine DNA-Analyse mehr machen lassen kann.
    Ich hänge ein Cheilofoto und ein Sporenfoto an.


    Tja, aehr schade.....
    Daher mein Appell an alle: Auch wenn ein Dörrex zugegebenermaßen ein Schweinegeld kostet (also so einer, bei dem man die Grade einstellen kann), ist er eigentlich ein Muss für alle, die ihre mit Mühe und Herzblut gesammelten interessanten Funde irgendwann mal sequenziert haben möchten. Und irgendwann ist Sequenzieren auch ein absolutes Muss, und zwar vermutlich in gar nicht allzulanger Zukunft schon.
    Falls ihr einen Dörrex habt, dann am besten zwischen 40 und 50 Grad trocknen, das noch als Zusatzinfo.
    Nun: Herzliche Abendgrüße in die Runde,
    Ditte
    [hr]
    Hier die Fotos...

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ditte,


    das klingt aber gar nicht gut. 8|8| Irgendwie schade, dass bald nur noch alles sequenziert werden muss zur Pilzbestimmung. Ist traurig zu hören, dass bald die ganze Mikroskopie abgelöst wird. Ich bin noch so ein halber klassischer Feldmykologe und finde das sehr schade, dass bald die DNA wichtiger ist als den Habitus zu beschreiben. :(
    Ich hätte da noch eine Frage zu den Exssiccaten. Was macht ein Dörrex besser als ein paar Tage auf dem Fensterbrett trocknen. Ich kriege da meine Exsiccate da staubtrocken...


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hallo Ditte,
    vielen Dank für deine Mühe, immerhin weiß man ja die Richtung.
    Falls ich diese Pilze noch mal finden sollten (jetzt traue ich es mir einfach zu, sie makroskopisch zumindest "grob" wiederzuerkennen), dann werde ich sie sofort trocknen (Heizung oder Backofen bei 50 Grad).
    Da ich bisher noch nicht so sehr in die Tiefe eingestiegen bin, habe ich keinen Dörr-Automaten, bei der "Menge" der Funde lohnt sich das für mich auch nicht (zu Esszwecken).


    Wie gesagt, haben die Pilze erst einen Tag und Nacht auf dem geschützten (teils verglasten) Balkon gelegen. Je nach Witterung trocknet er dort ... oder wird weich. Weil ich dann das Weichwerden (faulen) vermutete, habe ich noch versucht, ihn (auf der mäßig) warmen Heizung zu trocknen. Die Pilze fühlten sich auch ganz trocken an, hatten aber wahrscheinlich schon einen Schaden. Im Moment ist bei uns die Luftfeuchtigkeit draußen und auch drinnen durchgehend sehr hoch.

  • Hallo abeja,
    ich muß Ditte völlig recht geben. Ein Dörrgerät ist sehr hilfreich, nicht nur für das Herstellen von Exsikkaten sondern natürlich auch für das Trocknen von Speisepilzen. Gerade jetzt im Herbst, wo die Luftfeuchtigkeit doch recht hoch ist und man doch noch keine Heizung an hat. So ein Gerät kostet auch nicht die Welt (unter 100 €). Pilze ziehen leider eben schnell Feuchtigkeit an und da ist das wichtig sie auch sofort möglichst luftdicht zu verpacken, denn es wirklich schade wenn dann der Beleg verschimmelt. Leider habe ich damit auch schon "negative" Erfahrungen gemacht und konnte für Pilzfreunde den Pilz nicht mehr bestimmen.
    LG Ulla

  • Lieber Stefan, liebe Alle,
    nein, so ist das natürlich gar nicht, dass die Analyse die Taxonomie ersetzt - keine Sorge!
    Bei einer Analyse kommt ja erst einmal eine unverständliche Sequenz raus, der von einem Taxonomen ein Name verpasst werden muss. Und dieser Name wird natürlich aufgrund der Merkmale gegeben, die dieser Taxonom makroskopisch und mikroskopisch feststellt. Man sieht bei den im Netz vorhandenen Analysen von Inocybe, dass die Namen teilweise (wie es Bernd Oertel ausdrückt) wie mit der Streubüchse vergeben wurden. Da haben also identische Sequenzen beispielsweise drei oder mehr verschiedene Namen, weil verschiedene Taxonomen am Werk waren, die teilweise etwa Sammelartnamen vergaben etc.


    Aber: beispielsweise im Fall von Inocybe, wo so viele Arten eingedampft wurden, ist die DNA-Analyse - und zwar großflächig - ein absolutes Muss, um zu sehen, wieviele der alten Arten tatsächlich wieder zu rehabilitieren sind - und überhaupt da Ordnung zu schaffen (zum Glück haben wir jetzt dafür den nötigen finanziellen Rahmen und Möglichkeiten zur Holotypanalyse aufgrund eines Projektes bekommen).


    Auch da aber muss zuallererst der Taxonom beim Aufsammeln und der Untersuchung entscheiden, dass es sich bei der Kollektion etwa NICHT um die zigste fuscidula handelt, sondern um eine ihr sehr ähnliche andere Art, also beispielsweise brunneoatra (die mit fuscidula synonymisiert wurde). Das bedeutet, dass hier die Taxonomie zunächst einmal an allererster Stelle steht, dann erfolgt die Überprüfung durch die DNA-Analyse, die dann ergibt, dass es sich tatsächlich um eine von fuscidula verschiedene Art handelt. Und dann müssen, soweit möglich, die Holotypen an Land gezogen werden und, soweit erlaubt und möglich, von denen auch eine DNA-Analyse gemacht werden.
    Aber der Taxonom muss zuerst entscheiden, ob sich eine bestimmte Analyse lohnt oder nicht. Also im Fall von deiner mixtilis etwa, Stefan, müsste ich aufgrund der Makro- und Mikromerkmale entscheiden, ob es eine ganz gewöhnliche mixtilis ist oder aber eine der beiden anderen Arten, die es noch gibt. Denn wir können natürlich nicht 100 mixtilisse analysieren lassen.
    So wird das nach und nach vermutlich mit allen Gattungen gehandhabt - sobald die jeweiligen Gattungsspezialisten einen Geldgeber dafür finden und den zugehörigen DNA-Spezialisten und überhaupt die facilities.


    Und wenn dann aufgrund der daraus resultierenden Ergebnisse jeweils gute Schlüssel gemacht werden, müsste eigentlich irgendwann mal jede Art auch ohne Analyse ermittelt werden können - wozu aber bei jeder Gattung natürlich auch schon Übung mit der jeweiligen Gattung gehört. ICH würde bei den buchstäblichen Haarspaltereien (also den Huthautgeschichten) bei Russula schier verzweifeln, und jemand, der von Inocybe wenig Ahnung hat, kann beispielsweise die Schlüsselfrage nicht beurteilen, ob nun die Reaktion mit KOH stark oder nicht stark ist, weil ihm die Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Usw.


    Sorry für diese längeren Ausführungen - aber kürzer hab ichs leider nicht geschafft :)


    Herzlich,
    Ditte

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ditte,


    vielen Dank für deine tolle Ausführung. :thumbup: Das beruhigt ungemein. :sun: Werde dir die lang versprochene Mail heute abend schicken.


    l.g.
    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

    Einmal editiert, zuletzt von Climbingfreak ()