Brauchen Waldpilze Futter durch frisches Substrat?

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 2.060 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Bei jeder Pilzzucht ist das Substrat nach kurzer Zeit verbraucht und neues Futter mit frischer Brut muss angesetzt werden.
    Nur im Wald hat man den Eindruck, dass die Pilze immer auf den selben langweiligen Stellen wachsen können.


    Ich habe zwar das Gefühl, dass gerade Steinpilze durch das niederrottende Fichtengeäst nach dem Durchforsten gefördert werden, gut dass das heutzutage nicht mehr entfernt wird, aber es gibt auch, gerade im Gebirge, genug Plätze wo Jahr und Tag höchstens etwas Fichtennadeln draufrieseln und trotzdem wachsen sie.


    Bei Laubwaldbewohnern ist die Sache mit dem jährlich frischen Laubmulch am Boden klar, aber wovon leben die Pilze im Fichtenwald?

  • Hallo Mikromeister,


    Ich stelle mir das so vor, dass ein Steinpilz als Symbiosepartner des Baumes mit diesem im Wurzelwerk verbunden ist (also Mycel-Baumwurzel). Dann gibt der Steinpilz Wasser und Mineralsalze an den Baum und bekommt im Austausch seinen leckeren Zucker. Davon ernährt der sich dann.


    Bei Zuchtpilzen hat man ja keine Mykorrhiza-Partner, sondern Parasiten, die das Substrat auslutschen.


    Ich lasse mich da auch gern korrigieren, aber so denk ich mir das.


    Bester gruuz
    Fips

  • Hallo Mikromeister


    Einen Teil der Antwort hat Fips schon richtig gegeben. Im zweiten Teil ist allerdings etwas durcheinander geraten.


    Der folgende Auszug aus einer Veröffentlichung sollte Deine Frage beantworten.


    Stellt man die Frage, was überhaupt ein Pilz ist, so wird die Antwort einige Leser überraschen. Nicht bei dem, was wir sehen, handelt es sich um den Pilz, sondern bei dem, was im Boden, in Laub- und Nadelstreu, hinter Baumrinde oder im Holz und sonstigen Substraten sitzt: eine Vielzahl dünner, meist weißer Fäden, die man Myzel nennt. Was man oberirdisch sieht, sind lediglich die Fruchtkörper.


    Pilze besitzen kein Blattgrün (Chlorophyll), mit dem sie Sonnenenergie zur Photosynthese nutzen können, sondern sie verwerten fremde, organische Substanzen. Nach ihrer Ernährungsweise kann man die Großpilze in drei Gruppen einteilen.


    Die wohl umfangreichste hierunter bilden die Zersetzer (Saprophyten). Sie ernähren sich überwiegend von pflanzlichen Substanzen wie Humus, Laub, Totholz, Dung oder sogar Holzkohle.

    Mykorrhizapilze (Symbionten) hingegen bilden eine Lebensgemeinschaft mit grünen Pflanzen, meist Bäumen, wobei das Myzel eine Verbindung mit dem Wurzelwerk der ausgewählten Pflanze eingeht und wie ein vergrößertes Wurzelwerk die Nahrungsaufnahme verbessert. Die Pflanze ihrerseits beliefert den Pilz mit den für ihn notwendigen Stoffen.


    Schmarotzer (Parasiten) ernähren sich meist von lebenden Pflanzen oder auch von Pilzen, Insektenlarven usw. und machen unter den Großpilzen nur einen kleinen Teil aus. Einige Arten, wie der bekannte Echte Zunderschwamm, wachsen zunächst parasitisch und leben nach dem Absterben des Wirtsbaumes oft noch jahrelang als Saprophyten, bis das Holz vollständig zersetzt ist.


    Mykorrhiza-Gattungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit:


    Acephala
    Albatrellus
    Alnicola
    Alpova
    Amanita
    Amaurodon
    Amphinema
    Astraeus
    Aureoboletus
    Bankera
    Boletellus
    Boletinus
    Boletopsis
    Boletus
    Buchwaldoboletus
    Byssocorticium
    Cantharellus
    Catathelasma
    Chalciporus
    Chamonixia
    Choiromyces
    Chroogomphus
    Clavariadelphus
    Coltricia
    Cortinarius
    Craterellus
    Elaphomyces
    Geastrum
    Genea
    Gomphidius
    Gomphus
    Gyrodon
    Gyromitra
    Gyroporus
    Hebeloma
    Helvella
    Humaria
    Hydnangium
    Hydnellum
    Hydnotrya
    Hydnum
    Hygrophorus
    Hymenogaster
    Hysterangium
    Inocybe
    Laccaria
    Lactarius
    Leccinum
    Lenzitella
    Leucocortinarius
    Macowanites
    Melanogaster
    Morchella
    Naucoria
    Octaviania
    Paxillus
    Phellodon
    Phylloporus
    Piloderma
    Pisolithus
    Porphyrellus
    Pseudocraterellus
    Pseudotomentella
    Ptychoverpa
    Pulveroboletus
    Ramaria
    Rhizopogon
    Rozites
    Russula
    Sarcodon
    Scleroderma
    Sparassis
    Strobilomyces
    Suillus
    Thelephora
    Tomentella
    Tretomyces
    Tricholoma
    Tuber
    Tylopilus
    Tylospora
    Verpa
    Xanthoconium
    Xerocomellus
    Xerocomus


    LG Karl

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Karl!


    Die Parasiten sind doch recht zahlreich. Immerhin lebt eine Menge imperfekter Pilze als Parasiten, teils in höheren Tieren (auch Säugetieren wie Mensch), teils auf Pflanzen. Die ganzen Jule - Pilze zum Beispiel sind doch auch in der Masse der Arten durchaus beachtlich.


    Etwas überrascht haben mich einige der Gattungen in der Liste:
    Geastrum
    Gyromitra
    Helvella
    Humaria
    Morchella
    Ptychoverpa
    Sparassis
    Verpa


    8|


    Das sind nun Gattungen, deren Arten ich weitestgehend für Parasitär bzw. saprobiotisch gehalten hätte.
    Ein Beispiel wäre Verpa conica, die definitiv keine höheren Pflanzen zum Wachstum braucht. Oder gibt es auch eine Mykorrhiza mit Rindenmulch? bzw. mit irgendwelchen anderen Pilzen, die im Rindenmulch wohnen?
    Auch Helvellas und Gyromitras sind mir schon an Plätzen begegnet, wo keine Verbindung zu einer höheren Pflanze zu erwarten ist.
    Wenn du dazu aber eine Quelle hast mit neuen Erkenntnissen (mögliche Mykorrhiza - verbindungen von M. Esculenta mit Eschen standen immerhin schon mal zur Debatte), dann raus damit.



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo


    Natürlich ist die Zahl der Parasiten erheblich. Aus dem Auszug geht leider nicht hervor, das dabei von Großpilzen die Rede ist.
    Deine Überraschung bezüglich der Gattungen kann ich verstehen. Wenn du berücksichtigst, das nicht automatisch alle Arten einer aufgeführten Gattung Mykorrhizapilze sein müssen, sieht das sicher anders aus. Die Gattung Entoloma ist ja nicht mal enthalten, obwohl einige Arten nur bei Rosaceen vorkommen. Ob es sich dabei um eine echte Mykorrhiza handelt ist m. W. jedoch nicht sicher nachgewiesen.
    Quelle der Liste ist übrigens das Kartierungsprogramm Mykis, in welchem bundesweit Daten für die DGfM-Kartierung gesammelt werden.


    LG karl

  • Hallo Mikromeister,



    Bei Laubwaldbewohnern ist die Sache mit dem jährlich frischen Laubmulch am Boden klar, aber wovon leben die Pilze im Fichtenwald?


    Frischer Laubmulch wird nicht unbedingt sofort von Pilzen durchwachsen und abgebaut, da braucht es eine Weile, bis sich das etwas zersetzt hat. In sehr wärmebegünstigten Buchenwäldern, z.B. ein lichter Wald am Hang in S oder SW-Ausrichtung, bleibt trockenes Laub ziemlich lange liegen und häuft sich sogar an. Dort findet man kaum Pilzfruchtkörper. Auch in Nadelwäldern sammelt sich ständig Nadelstreu an, die Bäume werfen ihre Nadeln zwar nicht auf einmal ab, aber zukzessive - in richtig dickem, relativ frischem Nadelstreu findet man auch keine Pilze, und noch weniger Pflanzen.


    Im Wald, oder auch ganz allgemein in der freien Natur, erneuern sich die Böden ständig durch Sedimentation und Abbauprozesse, da sind viele Lebewesen daran beteiligt, die man gar nicht so mitbekommt (Fadenwürmer, Ringelwürmer, Hornmilben, Bodenbakterien und natürlich Pilze). Das "Substrat" geht also einem Pilz nicht aus, und er kann sich im Boden richtig ausbreiten. Stehen ihm dann noch andere Nahrungsquellen zur Verfügung, z.B. über Symbiose (Mykorrhiza), kann der Pilz praktisch unbegrenzt lange an einem Standort leben.


    Grüßle
    Jürgen

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Karl!


    Nur Großpilze: Das erklärt einiges. ;)
    Wenn auch diese einteilung recht dubios ist, aber die Diskussion muss man nicht hier noch mal anreißen, denke ich.


    Mykis als Quelle ist akzeptiert. :thumbup:
    Trotzdem würde mich schon interesieren, welche Arten denn zB bei Morchella und bei Helvella symbiontoisch leben.
    Aber bei manchen Arten ist das ja auch noch recht diffus, wie sie leben und mit welchen Partnerschaften.
    Da speilen ja teils auch noch Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Pilzarten mit rein, und damit meine ich jetzt nicht Parasitismus.
    Oder warum ist es denn so, daß manche Pilze gerne zusammen auftreten, in unmittelbarer räumlicher Nähe, die man auch in geeigneten Biotopen selten alleine findet?



    LG, Pablo.